Was ist neu im Verlag Österreich?
Erfahren Sie es zuerst!

wirtschaftsrechtliche blätter

Heft 9, September 2015, Band 29

Anforderungen an ein Sachverständigengutachten zum Gesichtspunkt Stadtbild

eJournal-Artikel

30,00 €

inkl MwSt
Sofortiger PDF-Download

Die belangte Behörde begründet die Versagung der von der beschwerdeführenden Partei beantragten Gebrauchserlaubnis unter Hinweis auf § 2 Abs 2 GebrauchsabgabeG (GAG) damit, dass die Aufstellung der verfahrensgegenständlichen Kartenständer das Stadtbild beeinträchtigen würde. Zu diesem Versagungsgrund hat der VwGH in ständiger Rechtsprechung ausgeführt, dass festzustellen ist, ob einer beantragten Gebrauchserlaubnis Gesichtspunkte des Stadtbildes entgegenstehen, und dass diese Feststellung Gegenstand des Beweises durch Sachverständige ist. Dem Sachverständigen obliegt es hiebei, auf Grund seines Fachwissens ein Urteil (Gutachten) abzugeben. Gestützt auf das Sachverständigengutachten hat sodann die Behörde begründet darzulegen, ob die beantragte Gebrauchserlaubnis eine diesbezügliche Wirkung entfaltet oder ob dies nicht der Fall ist. Äußerungen, die nur unüberprüfbare Behauptungen enthalten und nicht die Erwägungen aufzeigen, auf Grund derer der Sachverständige zu seinem Gutachten gelangt ist, können nicht als taugliches Gutachten eines Sachverständigen angesehen werden (vgl VwGH 15. 5. 2014, 2011/05/0089, mwN).

Zwar hat die Behörde unter dem Gesichtspunkt des Stadtbildes und städtebaulicher Interessen auch das angestrebte Gestaltungsprinzip, das die Charakteristik des örtlichen Straßenraumes prägen soll, mit zu berücksichtigen (vgl VwGH 15. 6. 2010, 2009/05/0066, mwN). Dies entbindet die Behörde jedoch nicht davon, jeden Einzelfall anhand der Kriterien des § 2 Abs 2 GAG zu prüfen und auf den jeweiligen Standort einzugehen (vgl VwGH 6. 9. 2011, 2009/05/0246).

Die belangte Behörde hat sich bei ihrer Beurteilung des Stadtbildes auf Stellungnahmen der Amtssachverständigen gestützt. In diesen Stellungnahmen und - ihnen folgend - im angefochtenen Bescheid ist als Kriterium für die Beurteilung der Auswirkungen der antragsgegenständlichen Verkaufsständer auf das Stadtbild der Umstand angeführt, dass „wegen des hohen Nutzungsdruckes“ in der Kärntner Straße und des „hohen Gestaltungsdruckes“, im Einvernehmen mit der Wiener Wirtschaftskammer, der Bezirksvorstehung und (näher bezeichneter) Interessengemeinschaften von Kaufleuten der Wiener Innenstadt, die grundsätzliche Absicht formuliert worden sei, unter anderem im Bereich der Kärntner Straße und der angrenzenden Straßen keine Warenausräumungen mehr zu bewilligen. Eine Absprache vermag ein öffentliches Interesse im Sinne des § 2 Abs 2 GAG nicht zu begründen.

In der Stellungnahme der Amtssachverständigen wird einerseits damit argumentiert, dass auf Grund von Absprachen mit der Kaufmannschaft in der damit zusammenhängenden Wettbewerbsausschreibung als Entwurfskriterien für sämtliche Einrichtungen in der hier in Rede stehenden Fußgängerzone formuliert worden sei, dass der freie Durchblick in Längsrichtung der Straßen und der Blick auf die Geschäftsportale nicht eingeschränkt werden dürften und sämtliche Funktionen des Fußgängerverkehrs gesichert werden sollten. Andererseits ergibt sich aus dem in dieser Stellungnahme enthaltenen Befund jedoch nicht, auf welche Geschäftsportale der Blick durch die beiden antragsgegenständlichen Warenständer in concreto eingeschränkt würde. Die abstrakt gehaltene Äußerung der Amtssachverständigen, es solle, „wie im Befund begründet“, die Kärntner Straße von Warenausräumungen freigehalten werden und es würden die angesuchten Ständer das örtliche Stadtbild stören, „weil das Ansuchen diesem konzeptionellen Anspruch der Stadtgestaltung entgegensteht“, reicht nicht aus, nachvollziehbar darzulegen, auf Grund welcher konkreten Erwägungen es zu dieser Wirkung auf das Stadtbild gerade auf Grund dieser beiden Warenständer komme. Allein der Umstand, dass die Verkaufsständer optisch wahrnehmbar sind, kann noch nicht zur Folge haben, dass das örtliche Stadtbild beeinträchtigt wird (vgl VwGH 20. 12. 1994, 92/05/0210).

  • VwGH, 23.06.2015, 2013/05/0051
  • WBl-Slg 2015/184
  • Allgemeines Wirtschaftsrecht
  • § 2 Abs 2 wr GebrauchsabgabeG

Weitere Artikel aus diesem Heft

WBL
Das Vorbereitungsgeschäft
Band 29, Ausgabe 9, September 2015
eJournal-Artikel

30,00 €

WBL
Zur Zulässigkeit der Einschränkung des Einsatzes überlassener Arbeitskräfte
Band 29, Ausgabe 9, September 2015
eJournal-Artikel

30,00 €

WBL
Europarecht: Das Neueste auf einen Blick
Band 29, Ausgabe 9, September 2015
eJournal-Artikel

30,00 €

WBL
1. Wettbewerb
Band 29, Ausgabe 9, September 2015
eJournal-Artikel

30,00 €

WBL
2. Zusammenschlüsse
Band 29, Ausgabe 9, September 2015
eJournal-Artikel

30,00 €

WBL
3. Zugang zu Schriftstücken (Wettbewerb)
Band 29, Ausgabe 9, September 2015
eJournal-Artikel

30,00 €

WBL
Geltungsbereich der Satzung des BAGS-KollV:
Band 29, Ausgabe 9, September 2015
eJournal-Artikel

30,00 €

WBL
Vertrauensunwürdigkeit als Entlassungsgrund
Band 29, Ausgabe 9, September 2015
eJournal-Artikel

30,00 €

WBL
Mäßigung einer Vertragsstrafe
Band 29, Ausgabe 9, September 2015
eJournal-Artikel

30,00 €

WBL
Zu mangelhaften Hauptversammlungsbeschlüssen
Band 29, Ausgabe 9, September 2015
eJournal-Artikel

30,00 €

WBL
Zur Löschung und Eintragung von GmbH-Geschäftsführern
Band 29, Ausgabe 9, September 2015
eJournal-Artikel

30,00 €

WBL
Zulässiges Ausnützen fremden Vertragsbruchs; zur Erschöpfung des Markenrechts
Band 29, Ausgabe 9, September 2015
eJournal-Artikel

30,00 €

WBL
Zur Festsetzung einer Rahmengebühr in Verfahren über eine Hausdurchsuchung
Band 29, Ausgabe 9, September 2015
eJournal-Artikel

30,00 €

WBL
Persönliche oder dingliche Gebundenheit eines Wasserbenutzungsrechts
Band 29, Ausgabe 9, September 2015
eJournal-Artikel

30,00 €

WBL
Anforderungen an ein Sachverständigengutachten zum Gesichtspunkt Stadtbild
Band 29, Ausgabe 9, September 2015
eJournal-Artikel

30,00 €

WBL
Verhandlungspflicht im Baubewilligungsverfahren vor dem Verwaltungsgericht
Band 29, Ausgabe 9, September 2015
eJournal-Artikel

30,00 €

WBL
Entscheidungspflicht und Säumnisschutz bei Zurückziehung einer Beschwerde
Band 29, Ausgabe 9, September 2015
eJournal-Artikel

30,00 €