


Beschlagnahme von Datenträgern und Daten: Neue Rechtslage, alte Bedenken?
- Sprache:
- Deutsch
- Jahrgang:
- JSTBand 12
- Inhalt:
- Aufsatz
- Umfang:
- 4906 Wörter, Seiten 130-137
20,00 €
inkl MwSt




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Die jüngste Reform zur Beschlagnahme von Datenträgern und Daten (§§ 115f ff StPO) verlangt die Festlegung von Datenkategorien, -inhalten und Zeiträumen, um unverhältnismäßige Eingriffe in das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art 8 EMRK) und das Grundrecht auf Datenschutz (§ 1 DSG) zu vermeiden. Gleichwohl ist zu befürchten, dass die Praxis hinter der vom Gesetzgeber beabsichtigten „erhöhten Begründungspflicht“ zurückbleibt. Dies ist dann der Fall, wenn die Gerichte die staatsanwaltschaftliche Anordnung – wie bisher – im Rahmen eines Stampiglienbeschlusses lediglich (elektronisch) „abstempeln“ und möglicherweise aus ermittlungstaktischen Gründen weit gefasste Datenkategorien (zB Multimediadaten, Kommunikationsdaten, Standortdaten) ohne ausreichende Einschränkung auf konkrete Dateninhalte (zB Bilder mit unmittelbarem Deliktsbezug) bewilligen. Haben die Strafverfolgungsbehörden die Verfügungsgewalt über einen Datenträger erlangt, sind sie bei der Entsperrung der Endgeräte von Beschuldigten maßgeblich auf deren Kooperationsbereitschaft angewiesen. Weigert sich der Beschuldigte, wird der Nemo-tenetur-Grundsatz in besonderer Weise herausgefordert. Grundrechtlich bedenklich ist zudem die Aufbewahrung einer Originalsicherung – also einer Sicherung des gesamten Datenbestandes auf einem beschlagnahmten Datenträger – bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens (§ 115k StPO). Dies ermöglicht es den Strafverfolgungsbehörden, jederzeit Anordnungen zu treffen und damit erneut auf den gesamten Datenbestand zuzugreifen. Vor diesem Hintergrund besteht bereits kurz nach Inkrafttreten der Neuregelung Reformbedarf – etwa im Hinblick auf eine restriktivere Handhabung des Stampiglienbeschlusses, eine klarere Regelung zur Entschlüsselung von Datenträgern und Beseitigung der Möglichkeit, fortlaufend auf die Originalsicherung zugreifen zu können. Nur auf diese Weise kann der vom Gesetzgeber intendierte Schutz der Persönlichkeit auch tatsächlich gewährleistet werden.
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- Schönborn, Elias
- Thiel, Jan Uwe
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- § 115f StPO
- § 115g StPO
- § 115h StPO
- Zufallsfunde
- Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens
- Beschlagnahme von Datenträgern und Daten
- Stampiglienbeschluss
- Originalsicherung
- Arbeitskopie
- Aufbereitung von Daten
- Auswertung von Daten
- Ergebnis der Datenaufbereitung
- Aufbereitungsbericht
- Suchparameter
- Verwahrung von Datenträgern und Daten
- Nemo-tenetur-Prinzip
- JST 2025, 130
- Art 6 EMRK
- § 5 StPO
- Strafrecht- und Strafprozessrecht
- Art 8 EMRK
- Art 90 B-VG
- Verhältnismäßigkeit
- Persönlichkeitsrechte
- § 1 DSG
- Grundrecht auf Datenschutz
- Unschuldsvermutung
Die jüngste Reform zur Beschlagnahme von Datenträgern und Daten (§§ 115f ff StPO) verlangt die Festlegung von Datenkategorien, -inhalten und Zeiträumen, um unverhältnismäßige Eingriffe in das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art 8 EMRK) und das Grundrecht auf Datenschutz (§ 1 DSG) zu vermeiden. Gleichwohl ist zu befürchten, dass die Praxis hinter der vom Gesetzgeber beabsichtigten „erhöhten Begründungspflicht“ zurückbleibt. Dies ist dann der Fall, wenn die Gerichte die staatsanwaltschaftliche Anordnung – wie bisher – im Rahmen eines Stampiglienbeschlusses lediglich (elektronisch) „abstempeln“ und möglicherweise aus ermittlungstaktischen Gründen weit gefasste Datenkategorien (zB Multimediadaten, Kommunikationsdaten, Standortdaten) ohne ausreichende Einschränkung auf konkrete Dateninhalte (zB Bilder mit unmittelbarem Deliktsbezug) bewilligen. Haben die Strafverfolgungsbehörden die Verfügungsgewalt über einen Datenträger erlangt, sind sie bei der Entsperrung der Endgeräte von Beschuldigten maßgeblich auf deren Kooperationsbereitschaft angewiesen. Weigert sich der Beschuldigte, wird der Nemo-tenetur-Grundsatz in besonderer Weise herausgefordert. Grundrechtlich bedenklich ist zudem die Aufbewahrung einer Originalsicherung – also einer Sicherung des gesamten Datenbestandes auf einem beschlagnahmten Datenträger – bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens (§ 115k StPO). Dies ermöglicht es den Strafverfolgungsbehörden, jederzeit Anordnungen zu treffen und damit erneut auf den gesamten Datenbestand zuzugreifen. Vor diesem Hintergrund besteht bereits kurz nach Inkrafttreten der Neuregelung Reformbedarf – etwa im Hinblick auf eine restriktivere Handhabung des Stampiglienbeschlusses, eine klarere Regelung zur Entschlüsselung von Datenträgern und Beseitigung der Möglichkeit, fortlaufend auf die Originalsicherung zugreifen zu können. Nur auf diese Weise kann der vom Gesetzgeber intendierte Schutz der Persönlichkeit auch tatsächlich gewährleistet werden.
- Schönborn, Elias
- Thiel, Jan Uwe
- § 115f StPO
- § 115g StPO
- § 115h StPO
- Zufallsfunde
- Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens
- Beschlagnahme von Datenträgern und Daten
- Stampiglienbeschluss
- Originalsicherung
- Arbeitskopie
- Aufbereitung von Daten
- Auswertung von Daten
- Ergebnis der Datenaufbereitung
- Aufbereitungsbericht
- Suchparameter
- Verwahrung von Datenträgern und Daten
- Nemo-tenetur-Prinzip
- JST 2025, 130
- Art 6 EMRK
- § 5 StPO
- Strafrecht- und Strafprozessrecht
- Art 8 EMRK
- Art 90 B-VG
- Verhältnismäßigkeit
- Persönlichkeitsrechte
- § 1 DSG
- Grundrecht auf Datenschutz
- Unschuldsvermutung