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Zeitschrift für öffentliches Recht

Heft 1, März 2013, Band 68

Drinóczi, Tímea

Constitutional dialogue theories – extension of the concept and examples from Hungary

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Dieser Aufsatz unternimmt den Versuch einer Aufzählung und Systematisierung von hauptsächlich in common law Staaten entwickelten Dialogtheorien. Weiters sollen mögliche andere Arten von Verfassungsdialog und dialogischer Interaktion in civil law Staaten Beachtung finden. Vor dem Hintergrund des common law entwickelte Theorien des Verfassungsdialogs behandeln das Problem der richterlichen Kontrolle von durch demokratische Mehrheiten gesatztem Recht – die sogenannte counter-majoritarian difficulty –, die korrekte normative Erfassung der Rolle der Judikative in einem demokratischen Verfassungsstaat und die Ermittlung der Bedeutung von Verfassungsrecht, insbesondere in der Auslegung von Menschenrechten. Die Hauptfragen des Verfassungsdialogs in einem common law System (die counter-majoritarian difficulty und die Rolle der Judikative) stellen jedoch in einem civil law System im Großen und Ganzen kein Problem dar, insoferne eine Theorie der richterlichen Normenkontrolle im Sinne von Kelsen akzeptiert wird. Dagegen wird die richtige Auslegung von Verfassungsrecht in demokratischen Rechtsstaaten auf jeden Fall angestrebt. Aus genau diesem Grund kann eine modifizierte Version der Idee des Verfassungsdialogs in der Betrachtung der bestehenden Dialogmechanismen in civil law Staaten zur Anwendung kommen. Der Verfassungsdialog wird als ein komplexer Entscheidungsfindungsprozess im demokratischen Verfassungsstaat definiert. Davon ausgehend ist es möglich, die um die Rolle der Justiz kreisenden Verfassungsdialogtheorien aus common law Kontexten und die Verfassungsdialogtheorien, die sich mit der Ebene der gesetzlichen Regulierung befassen, als miteinander verknüpfte konstitutive Elemente dieses Prozesses zu begreifen. In demokratischen Rechtsstaaten findet ein derartiger Verfassungsdialog statt. Ein solcher Verfassungsdialog muss jedoch nicht notwendigerweise dem substanziellen oder materiellen Gehalt eines demokratischen Verfassungsstaates folgen. Vielmehr kann unter bestimmten Umständen ein Transfer in einen stärker formalen Konstitutionalismus stattfinden, was zu einer Erosion der Demokratie und zu einem formaleren Verfassungsdialog führt. Es besteht die Gefahr, dass ein derartiger Prozess seit dem Jahr 2010 in Ungarn in Gang gekommen sein könnte.

Die vorliegende Arbeit benennt die Theorien des Verfassungsdialogs und anderer dialogischer Interaktionen, die in der Forschung beschrieben worden sind (Abschnitt I.A.) und zeigt auf, wie diese Theorien auf weitere Verfassungsorgane und andere (verfassungsgemäße) Verfahren in demokratischen Verfassungsstaaten ausgeweitet werden können (Abschnitt I.B.). Schließlich werden Beispiele von Verfassungsdialog auf der Ebene der (Verfassungs-)Gesetzgebung aus der jüngsten Verfassungsentwicklung in Ungarn dargestellt (Abschnitt II.3).

  • Drinóczi, Tímea