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Der Umstand, dass ein Beschuldigter durch einen Verteidiger vertreten ist, ist ein taugliches Kriterium für die Prüfung der Erforderlichkeit schriftlicher Übersetzungshilfe

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Gemäß § 56 Abs 4 StPO sind dem Beschuldigten auf sein Verlangen weitere (als in Abs 3 leg cit genannte) konkret zu bezeichnende Aktenstücke schriftlich zu übersetzen, soweit die Erforderlichkeit einer Übersetzung im Sinne des Abs 1 (in welchem mit Beziehung auf Übersetzungshilfe nach Abs 3 leg cit als deren Maßstab die Wahrung der Verteidigungsrechte und die Wahrung eines fairen Verfahrens genannt werden) begründet wird oder offenkundig ist.

§ 56 StPO (in der Fassung des Strafprozessrechtsänderungsgesetzes 2013, BGBl I 2013/195) normiert somit keine unbedingte Verpflichtung zu schriftlicher Übersetzung der darin (Abs 3 und Abs 4) bezeichneten Aktenstücke, sondern eine an den Kriterien der zuvor bezeichneten Erforderlichkeit zu orientierende Ermessensentscheidung, ob unter der Prämisse des fairen Verfahrens eine schriftliche Übersetzung einzelner Aktenstücke unter Berücksichtigung auch des Umstandes, dass der Beschuldigte durch einen Verteidiger vertreten ist, mit Blick auf eine wirksame Verteidigung (§ 7 StPO) notwendig ist (vgl RIS-Justiz RL0000141 [OLG Linz]).

Der Umstand, dass ein Beschuldigter durch einen Verteidiger, dem die Ausübung (§ 57 Abs 1 StPO) des Rechtes des Beschuldigten auf Akteneinsicht zukommt (§§ 51 Abs 1, 52 Abs 1 StPO iVm § 57 Abs 2 erster Satz StPO), vertreten ist, stellt solcherart – auch im Hinblick auf die auf diesen Umstand ausdrücklich Bezug nehmenden Erwägungen in den Gesetzesmaterialien zum Strafprozessrechtsänderungsgesetz 2013 (ErläutRV 2402 BlgNR 24. GP 9), wonach in Strafverfahren, in welchen der Beschuldigte durch einen Verteidiger vertreten ist, dem für die maßgeblichen Kontakte mit seinem Mandanten eine mündliche Dolmetschleistung im Sinne des § 56 Abs 2 StPO zur Verfügung zu stellen ist, in aller Regel zusätzlich keine schriftlichen Übersetzungen gewährt werden müssen – ein nach dem Gesetz taugliches Kriterium für die Prüfung der Erforderlichkeit schriftlicher Übersetzungshilfe nach § 56 Abs 1 und Abs 4 StPO dar.

  • Rechtssatz der Generalprokuratur, 02.06.2017, Gw 164/16z
  • Strafrecht- und Strafprozessrecht
  • § 56 Abs 1 StPO
  • § 56 Abs 4 StPO
  • § 56 Abs 3 StPO
  • Rechtssatz der Generalprokuratur, 02.06.2017, Gw 163/16b
  • JST-Slg 2017/6

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