Die Information eines Journalisten über die künftige Veröffentlichung eines Artikels, in dem Gerüchte über börsennotierte Unternehmen aufgegriffen werden, kann eine Insiderinformation darstellen. Die Offenlegung der Information...
- Originalsprache: Deutsch
- OEBABand 70
- Entscheidungen des EuGH, 7499 Wörter
- Seiten 541 -548
- https://doi.org/10.47782/oeba202207054101
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Vorlage zur Vorabentscheidung – Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen – Marktmissbrauch – RL 2003/6/ EG und 2003/124/EG – Insiderinformation – Begriff – Präzise Information – Information über die bevorstehende Veröffentlichung eines Presseartikels, in dem ein Marktgerücht über einen Emittenten von Finanzinstrumenten aufgegriffen wird – Unrechtmäßigkeit der Offenlegung einer Insiderinformation – Ausnahmen – VO (EU) Nr 596/2014 – Art 10 – Offenlegung einer Insiderinformation im Zuge der normalen Ausübung eines Berufs – Art 21 – Offenlegung einer Insiderinformation für journalistische Zwecke – Pressefreiheit und freie Meinungsäußerung – Offenlegung einer Information über die bevorstehende Veröffentlichung eines Presseartikels gegenüber einer üblichen Quelle durch einen Journalisten;
1. Art 1 Nr 1 der RL 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28.1.2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch) ist dahin auszulegen, dass es sich für die Einstufung als Insiderinformation bei einer Information, die die bevorstehende Veröffentlichung eines Presseartikels betrifft, in dem ein Marktgerücht über einen Emittenten von Finanzinstrumenten aufgegriffen wird, um eine „präzise“ Information im Sinne dieser Vorschrift und im Sinne von Art 1 Abs 1 der RL 2003/124/EG der Kommission vom 22.12.2003 zur Durchführung der RL 2003/6 betreffend die Begriffsbestimmung und die Veröffentlichung von Insider-Informationen und die Begriffsbestimmung der Marktmanipulation handeln kann und dass für die Beurteilung, ob die Information präzise ist, der Umstand, dass in diesem Presseartikel der für die Wertpapiere dieses Emittenten im Rahmen eines möglichen öffentlichen Erwerbsangebots gebotene Preis genannt werden wird, sowie die Identität des Journalisten, der diesen Artikel unterzeichnet hat, und des Presseorgans, das ihn veröffentlicht hat, erheblich sind, sofern sie vor der Veröffentlichung des Artikels mitgeteilt wurden. Der tatsächliche Einfluss dieser Veröffentlichung auf den Kurs der Wertpapiere, auf die sie sich bezieht, kann zwar einen nachträglichen Beweis dafür darstellen, dass die Information über diese Veröffentlichung präzise war, kann aber für sich genommen, ohne dass weitere, vor dieser Veröffentlichung bekannte oder offengelegte Angaben geprüft werden, nicht für den Nachweis der Präzision der Information genügen.
2. Art 21 der Verordnung (EU) Nr 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.4.2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) und zur Aufhebung der RL 2003/6 und der RL 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission ist dahin auszulegen, dass die Offenlegung einer Information über die bevorstehende Veröffentlichung eines Artikels, in dem ein Marktgerücht aufgegriffen wird, durch den Journalisten, der diesen Artikel verfasst hat, an eine seiner üblichen Informationsquellen „für journalistische Zwecke“ im Sinne dieser Vorschrift geschieht, wenn sie erforderlich ist, um einer journalistischen Tätigkeit nachzukommen, die auch Untersuchungstätigkeiten im Vorfeld dieser Veröffentlichung umfasst.
3. Die Art 10 und 21 der Verordnung Nr 596/2014 sind dahin auszulegen, dass eine Offenlegung einer Insiderinformation durch einen Journalisten rechtmäßig ist, wenn sie für die Ausübung seines Berufs erforderlich ist und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt.
- Lurger, Brigitta
- Korp, Maximilian
- oeba-Slg 2022/119
- EuGH, 15.03.2022, C-302/20, (große Kammer) A/Autorité des marchés financiers
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