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wirtschaftsrechtliche blätter

Heft 7, Juli 2014, Band 28

Entgegennahme schriftlicher Anbringen

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„Organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs“ (§ 13 Abs 2 letzter Satz AVG) und die Festlegung der Amtsstunden, während derer die Behörde zur Entgegennahme von schriftlichen Anbringen jeglicher Art verpflichtet ist (§ 13 Abs 5 AVG), sind ausschließlich eine Angelegenheit des Verwaltungsorganisationsrechts und keine Angelegenheit des Verwaltungsverfahrensrechts. Dies zeigt sich unter anderem daran, dass der – gem § 4 Abs 2 Übergangsgesetz, BGBl 2/1920, als Landesgesetz übergeleitete – § 36 der Amtsinstruktion für die politischen Bezirksämter, RGBI 52/1855, mit der Einführung der Verwaltungsverfahrensgesetze nicht aufgehoben wurde (vgl Art III Abs 1 und Abs 2 Z 8 EGVG, BGBl 273/1925). Innerhalb des Organisationsrechts sind Regelungen betreffend die Amtsstunden und den Parteienverkehr der sog „inneren Organisation“ zuzuordnen.

Aus diesem Grund können § 13 Abs 2 letzter Satz und § 13 Abs 5 AVG nicht so verstanden werden, dass sie organisatorische (zeitliche) Beschränkungen schriftlicher Anbringen, zu denen auch Anbringen in Form von E-Mail zählen, ermöglichen. Die in Prüfung gezogenen Gesetzesbestimmungen knüpfen lediglich an Regelungen an, die ihre Grundlage in der Verwaltungsorganisation haben. Diese Anknüpfung war bereits in der Stammfassung des AVG (BGBl 274/1925) in § 13 Abs 2 AVG vorgesehen.

Ungeachtet der zahlreichen Novellierungen des § 13 AVG sind § 13 Abs 2 letzter Satz und § 13 Abs 5 AVG seit der Stammfassung hinsichtlich der Verpflichtung zur Entgegennahme schriftlicher Anbringen während der Amtsstunden insoweit unverändert geblieben, als der Verwaltungsverfahrensgesetzgeber stets an die organisatorisch festgelegten Amtsstunden und deren Kundmachung angeknüpft hat. § 13 Abs 2 letzter Satz AVG ist dementsprechend keine Ermächtigungsnorm, sondern lediglich eine Publizitätsvorschrift für etwaige organisatorische Beschränkungen. Nur wenn das in § 13 Abs 2 letzter Satz AVG vorgesehene Publizitätserfordernis für organisatorische (zeitliche) Beschränkungen eingehalten wird, liegt tatsächlich eine solche Beschränkung der Entgegennahme schriftlicher Anbringen in Form von E-Mails vor. Durch das Gebot der Publizität wird gewährleistet, dass jedermann erkennen kann, ob entsprechende „organisatorische Beschränkungen“ (durch das Organisationsrecht) für schriftliche Anbringen in Form von E-Mails festgelegt worden sind.

Der VfGH hält daher seine im Prüfungsbeschluss unter dem Gesichtspunkt des Bestimmtheitsgebots des Art 18 B-VG geäußerten Bedenken nicht mehr aufrecht.

Nach Auffassung des VfGH ist es nicht unsachlich, wenn der Gesetzgeber bei der Regelung hinsichtlich des Einbringens einerseits zwischen schriftlichen Anbringen (gleichgültig ob sie elektronisch oder nicht elektronisch sind), die direkt der Behörde übergeben werden, und andererseits schriftlichen Anbringen, welche einem Zustelldienst iSd § 2 Z 7 Zustellgesetz übergeben werden, unterscheidet. Die sachliche Rechtfertigung liegt darin, dass nur bei jenen schriftlichen Anbringen, die einem Zustelldienst iSd § 2 Z 7 Zustellgesetz übergeben werden, ohne Schwierigkeiten der tatsächliche Zeitpunkt der Übergabe nachweisbar ist (vgl idZ die Verpflichtungen der Universaldienstbetreiber nach dem Postmarktgesetz, BGBl I 123/2009, idF BGBl I 96/2013). Da dieser Nachweis für direkt bei der Behörde übergebene, schriftliche (elektronische oder nicht elektronische) Anbringen nicht in derselben Art möglich ist, gibt es eine sachliche Rechtfertigung für die unterschiedliche Behandlung. Aus diesem Grund verstoßen § 13 Abs 2 letzter Satz und § 13 Abs 5 AVG nicht gegen den Gleichheitssatz.

  • VfGH, 03.03.2014, G 106/2013
  • WBl-Slg 2014/147
  • Art 18 B-VG
  • § 13 Abs 5 AVG
  • Art 7 B-VG
  • § 13 Abs 2 AVG
  • Allgemeines Wirtschaftsrecht

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