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Andre, Peter

Gewaltschutz in der internationalen Rechtsprechung

eJournal-Artikel
  • Originalsprache: Deutsch
  • SIAK-JOURNALBand 19
  • Beitrag, 7858 Wörter
  • Seiten 4 -19

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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat im Fall Kurt gegen Österreich, in dem ein Familienvater, gegen den ein aufrechtes Betretungsverbot bestand, seinen Sohn in der Schule getötet hatte, eine grundsätzliche und weitreichende Entscheidung zu Fragen der positiven Verpflichtung Pflicht der Behörden zur Verhinderung (tödlicher) häuslicher Gewalt getroffen. Der EGMR stellte mit Mehrheit fest, dass keine Verletzung des Art 2 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) durch Österreich vorlag. Dem Urteil sind zustimmende und abweichende Meinungen einzelner Richter angeschlossen. Der EGMR prüfte den Fall anhand der von ihm zu den positiven Gewährleistungspflichten des Art 2 EMRK entwickelten Grundsätze zu einem Risikomanagement und einer Gefährdungseinschätzung und hat festgestellt, dass in Fällen häuslicher Gewalt und der Verhängung von Maßnahmen (Betretungs- und Annäherungsverbot) eine Risikobewertung nach standardisierten Risikobewertungsinstrumenten vorzunehmen ist. Es werden auch Risikomanagementpläne und koordinierte Unterstützungsdienste für Opfer häuslicher Gewalt sowie ein schneller Informationsaustausch angesprochen. Der EGMR betont, dass Behörden eine eigenständige, proaktive und umfassende Risikobewertung zur Prüfung auch der Frage, ob eine tatsächliche und unmittelbare Lebensgefahr besteht, durchführen müssen. Österreich ist durch Gewaltschutzgesetzgebung und im Vollzug international Vorbild in der Gewaltprävention. Im Sicherheitspolizeirecht wurde mit der Möglichkeit der Verhängung von Betretungsverboten ein bedeutendes und praktisch häufig angewendetes Mittel geschaffen, um Gefahrensituationen für gefährdete Personen rasch wirksam begegnen zu können. Adaptierungen in den vergangenen Jahren haben dieses Schutzinstrument weiter verbessert und ausgebaut, zuletzt im Jahr 2019 durch die Schaffung des mit dem Betretungsverbot ex lege verbundenen Annäherungsverbotes oder die Einführung einer Gewaltpräventionsberatung für Gefährder durch Beratungsstellen für Gewaltprävention.

  • Andre, Peter
  • SIAK-JOURNAL 2022, 4

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