Die einerseits mit einer ganzen Reihe von Vorteilen verknüpfte moderne Informationsgesellschaft birgt zugleich auch ein für den Einzelnen nicht zu unterschätzendes Bedrohungspotential in Bezug auf den möglichen Verlust seiner Privat- und Individualsphäre. Gerade diesem sollen die grundrechtlichen Verbürgungen, seien es jene des StGG 1867 oder der EMRK, entgegenwirken. Vor diesem Hintergrund stellt sich nun in Bezug auf das Fernmeldegeheimnis die Frage, ob dieses, vergleichbar dem Briefgeheimnis, nur den Inhalt der Kommunikation oder aber auch die äußeren Verkehrsdaten der Kommunikation, sohin die Identität derjenigen die die Nachrichten übermitteln, schützt.
- ISSN Online: 2309-754X
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Inhalt der Ausgabe
S. 5 - 6, Kurznachrichten und -Beiträge / Tagungsberichte
Aktuelle Ereignisse und Entwicklungen zum Informationsrecht
S. 7 - 11, Aufsatz
Lost in Transmission? Wen oder Was schützt das Fernmeldegeheimnis eigentlich?
S. 12 - 21, Aufsatz
The legal status of data – Proposal for a Directive on Data Access (Part I)
S. 22 - 36, Aufsatz
Verwaiste Werke zwischen Harmonisierungsstreben und Umsetzungsvielfalt (Teil 1)
Der vorliegende Beitrag befasst sich mit der Richtlinie 2012/28/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über bestimmte zulässige Formen der Nutzung verwaister Werke und deren Umsetzung in nationales Recht. Dabei werden die Regelungen verglichen, die in Österreich und Deutschland geschaffen wurden, um verwaiste Werke einer Nutzung durch die von der Richtlinie privilegierten Einrichtungen zuzuführen. Trotz einer vollharmonisierenden Richtlinie finden sich einige Unterschiede in der Umsetzung, die durchaus Relevanz aufweisen. Neben diesen Unterschieden scheinen wiederum auch unerwartete Gemeinsamkeiten auf, die trotz unterschiedlichen Wortlauts und unterschiedlicher Systematik zu einer inhaltlichen Übereinstimmung führen. In diesem Beitrag wird außerdem noch kurz auf einige technische Aspekte, vor allem im Zusammenhang mit der Datenbank über verwaiste Werke, eingegangen.
Immer wieder werden die Rollen des Datenschutzbeauftragten (DSB) und des Informationssicherheitsbeauftragten (ISB oder CISO = Chief Information Security Officer) von einer Person ausgeübt und wahrgenommen. Es stellt sich dabei naturgemäß die Frage, ob die Ausübung dieser beiden Rollen in Personalunion zulässig ist. Nachstehend werden der rechtliche Rahmen und der Meinungsstand zu dieser Thematik dargestellt.
S. 42 - 42, Judikaturspiegel
OGH Urteil 24.3.2019, 8 ObA 24/19s – Rechte an einer Dienstnehmersoftware
Der Dienstgeber erwirbt die exklusiven und uneingeschränkten Rechte an den von einem Dienstnehmer in Erfüllung seiner dienstlichen Obliegenheiten geschaffenen Computerprogrammen, es sei denn gegenteiliges wurde vereinbart. Voraussetzung dafür ist, dass die Programme während des bestehenden Dienstverhältnisses geschaffen wurden. Auch Bearbeitungen von Computerprogrammen können Urheberrechtsschutz genießen, wobei bloß geringfügige Anpassungen, Fehlerbehebungen oder Aktualisierungen aufgrund geänderter gesetzlicher Vorgaben keinen eigenständigen Schutz entstehen lassen.
S. 42 - 42, Judikaturspiegel
OGH Urteil 20.12.2018, 6 Ob 131/18k – Emails und Chatprotokolle – Briefschutz
Nach § 77 UrhG ist die Verbreitung (= öffentliche Vorlesung oder andere Art, wodurch sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden) von vertraulichen Aufzeichnungen an die Öffentlichkeit unzulässig. Vertrauliche Aufzeichnungen sind neben Briefe und Tagebücher vor allem auch Emails oder Chat-Protokolle. Die Vertraulichkeit ist dabei nach der Intention des Verfassers zu beurteilen. Eine Vorlage von vertraulichen Unterlagen zu Beweiszwecken in einem Gerichtsverfahren ist nach § 41 UrhG zulässig, und zwar auch dann, wenn diese Aufzeichnungen rechtswidrig erlangt worden wären.
S. 42 - 42, Judikaturspiegel
OGH Urteil 29.1.2019, 4 Ob 239/18b – Zuständigkeit für UWG-Streitigkeiten
Die ausschließliche Zuständigkeit des HG Wein nach § 53 JN (Streitigkeiten über die Verletzung von gewerblichen Schutzrechten; dies gilt auch für einstweilige Verfügungen) ist für Kennzeichenmissbrauchs nach § 9 UWG, insb für Firmennamen, nicht einschlägig.
S. 42 - 42, Judikaturspiegel
OGH Urteil 13.6.2019, 4 Ob 100/19p – Breitbandleitungen sind Teil des Grundes
Der Grundsatz „superficies solo cedit“ nach § 297 ABGB gilt auch für in der Erde verlegte Leitungen (insb Breitbandleitungen). Zwar können Leitungsrechte dinglich oder obligatorisch oder durch Sondergesetze/Rechtsakte begründet werde, fehlt eine solche Rechtsgrundlage, dann sind Breitbandleitungen wirtschaftlich untrennbar mit dem Grundstück verbunden und stehen damit im Eigentum des Grundeigentümers.
S. 42 - 42, Judikaturspiegel
OGH Urteil 27.6.2019, 6 Ob 30/19h – nicht öffentlich getätigte Rufschädigung
Eine nicht öffentlich vorgebrachte Rufschädigung liegt nur dann vor, wenn der Mitteilende mit der vertraulichen Behandlung durch den Mitteilungsempfänger rechnen kann. Dies ist bspw der Fall, wenn die Mitteilung gegenüber Institutionen getätigt wird, die einer gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen; gleiches gilt für Straf-/Disziplinaranzeigen an die zuständigen Stellen.
Die Weitergabe der Zusammensetzung einer konkreten Schulnote eines Schülers durch den Lehrer an den Klassensprecher, um Unstimmigkeiten in der Klasse zu beseitigen, verletzt das Recht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten des betreffenden Schülers.
S. 43 - 43, Judikaturspiegel
OGH Urteil 22.8.2019, 4 Ob 135/19k – Zur Reichweite von Nutzungsrechten
Die Befugnis zur Nutzung von Lichtbildern kann auch schlüssig eingeräumt werden, wobei der Nutzungsberechtigte im Zweifel nicht mehr Befugnisse erwirbt, als für den praktischen Zweck der vorgesehen Nutzung erforderlich ist. Wird das Nutzungsrecht für die einmalige Nutzung auf einer Facebook-Seite für kurze Zeit eingeräumt, ist damit ausreichend klar zum Ausdruck gebracht, dass die Nutzung nicht andere Veröffentlichungen im Internet umfasst. Im Zweifel ist die Weitergabe eines Nutzungsrechts an die Zustimmung des Urhebers gebunden (§ 27 Abs 2 UrhG). Eine Nutzung zu privaten Zwecken ist nicht gleichzusetzen mit einer nicht gewerbsmäßigen Verwendung; auch der Umstand, dass keine „Geschäfte“ mit der Nutzung eines Werkes gemacht werden, bedeutet nicht, dass es sich um eine Nutzung zu privaten Zwecken handelt.
Wenn ein in eine Website eingebundenes social Plugin (hier: „Like-Button“) den Browser des Besuchers der Website die Bekanntgabe von personenbezogenen Daten (hier: IP-Adresse) abverlangt, liegt eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten vor, die insb nur im Rahmen der Verarbeitungsgrundsätze (Art 5 DSGVO) und bei Vorliegen einer Rechtsgrundlage (Art 5 DSGVO) zulässig ist. Im Konkreten bedarf es einer Einwilligung des Websitebesuchers für die Verarbeitung der Daten durch den Websitebetreiber, allerdings nur soweit der Websitebetreiber über Zweck und Mittel der Verarbeitung entscheidet (also nicht auch dafür, welche Verarbeitungen bspw Facebook mit diesen Daten durchführt).
S. 43 - 43, Judikaturspiegel
DSB Bescheid 23.7.2019, D123.822/0005-DSB/2019 – Kunden-Bonusprogramm; keine partielle Löschung bestimmter Daten
Wenn die partielle Löschung von bestimmten Daten in einem Kunden-Bonusprogramm nicht möglich ist, ist eine gänzliche Löschung der Daten des Betroffenen aus dem Bonusprogramm zulässig, weil damit keine schwerwiegenden, nennenswerten wirtschaftlichen Nachteile entstehen. Anderes würde gelten, wenn daraus nennenswerte wirtschaftliche Nachteile entstünden, so wie bspw im Falle einer Bonitätsdatenbank, weil ein Eintrag oft Voraussetzung für Vertragsabschlüsse ist.
S. 43 - 43, Judikaturspiegel
OGH Teilurteil 22.8.2019, 4 Ob 53/19a – Zitatrecht und Berichterstattung über Tagesereignisse
Eine Analyse einer Berichterstattung eines Konkurrenzmediums ist grundsätzlich keine Berichterstattung über Tagesereignisse. Ein Zitat, und im Konkreten ein Bildzitat, muss Zitat- und Belegfunktion haben und darf nicht nur der Illustration dienen, um beim Leser/Zuseher Aufmerksamkeit zu erheischen. Die zentrale („vorrangige“) Funktion der Presse zur kritischen Berichterstattung umfasst idR keine Berichte die der bloßen Sensationslustbefriedung dient. Ein (Bild-)Zitat ist allerdings nicht generell subsidiär gegenüber einem Quellenverweis, weil Sinn und Zweck eines Zitats auch ist, dass der Betrachter, der das Original nicht/nicht sofort zur Verfügung hat, sich eine (aufwendige) Recherchearbeit erspart. Grundsätzlich gilt aber, dass die freie Werknutzung zugunsten der Berichterstattung über Tagesereignisse nur für Werke gilt, die im Rahmen eines Tagesereignisses wahrnehmbar werden, nicht aber für Bilder eines Tagesereignisses.
S. 43 - 43, Judikaturspiegel
DSB Bescheid 4.7.2019, D123.652/0001-DSB/2019 – Kennzeichenerfassung bei Parkgaragennutzung
Die automatisierte Kennzeichenerfassung zwecks Abrechnung der Garagennutzung ist nicht unüblich und liegt im berechtigten Interesse des Garagenanbieters, um rasch und effizient Kurznutzungsverträge abzuwickeln. Wenn eine Datenverarbeitung aus einem berechtigten Interesse gerechtfertigt ist, kann kein „Koppelungsverbot“ vorliegen, weil dieses nur im Zusammenhang mit Einwilligungen einschlägig ist.
S. 44 - 44, Judikaturspiegel
OGH Urteil 24.10.2019, 4 Ob 85/19g – Umgehung der Buchpreisbindung ist unlauter
Das Verbot, Waren zu mehr als 5 % unter dem festgesetzten Letztverkaufspreis zu veräußern, gilt nur für Waren iSd § 1 BPrBG, also für Bücher, E-Books und Musikalien. Ein Geschäftsmodell (wie im Konkreten Fall jenes der Beklagten), bei dem in zwei Verkaufsakte der Geschäftsvorgang aufgelöst wird, einerseits Ankauf eines Gutscheines von der Beklagten und andererseits deren Einlösung beim begünstigten Buchhändler, ist nicht anders zu beurteilen, als bei der Abgabe verbilligter Gutscheine durch den Buchhändler selbst. Ein solches Vorgehen unterläuft den Gesetzeszweck des BPrBG, nämlich einen für preisgeregelte Bücher verpönten Preiswettbewerb zu ermöglichen. Die gewerbsmäßige Abgabe verbilligter Gutscheine zugunsten eines bestimmten Buchhändlers kann auch ohne dessen direkte Beteiligung eine große Anzahl von Kunden zu diesem umlenken, wobei einzige Motivation dafür der (gesetzlich verpönte) Preisvorteil ist. Ein solches Geschäftsmodell gefährdet die Vielfalt des Buchmarkts, weil es kleine Anbieter aufgrund preislicher Erwägungen aus dem Markt drängen kann.
S. 44 - 44, Judikaturspiegel
DSB Bescheid 2.9.2019, D123.862/0008-DSB/2019 – Auskunft während des Verfahrens durch die Datenschutzbehörde
Nach § 24 Abs 6 DSG hat ein Verantwortlicher die Möglichkeit, eine behauptete Rechtsverletzung bis zum Abschluss des Verfahrens vor der DSB zu beseitigen (hier: Auskunftserteilung). Da das DSG nicht vorsieht, dass eine Handlung direkt gegenüber dem Betroffenen (Beschwerdeführer) zu erfolgen hat, kann die geforderte Handlung (Auskunft) auch gegenüber der DSB, im Verfahren vor der DSB, nachgeholt werden.
S. 44 - 44, Judikaturspiegel
DSB Bescheid 29.8.2019, D123.874/0016-DSB/2019 – Recht auf Auskunft (Daten in verschlossenem Umschlag)
Die DSGVO ist auf rein manuelle Datenverarbeitungen nicht anzuwenden, es sei denn sie werden (sollen) in einem Dateisystem gespeichert (werden). Unter einem Dateisystem nach Art 4 Z 6 DSGVO ist jede strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien zugänglich sind, unabhängig davon, ob diese Sammlung zentral, dezentral oder nach funktionalen oder geografischen Gesichtspunkten geordnet geführt wird, zu verstehen. Eine Beschriftung eines verschlossenen Umschlages mit Kriterien, die eine leichtere Wiederauffindbarkeit bzw Zuordenbarkeit ermöglicht, erfüllt das Kriterium eines Dateisystems, weshalb dieser Umschlag mit den Daten in den Anwendungsbereich der DSGVO fällt und das Auskunftsrecht zusteht.
S. 44 - 44, Judikaturspiegel
OGH Urteil 11.9.2019, 15 Os 66/19y – Haftung für Link auf eigene Website
Nach § 17 ECG haftet ein Linksetzer nicht für die verlinkten Inhalte, sofern er von den rechtswidrigen Inhalten auf der verlinkten Seite keine tatsächliche Kenntnis hatte bzw sobald er Kenntnis erlangt hat, den Link unverzüglich entfernt. Wenn aber jemand auf eine Website mittels Links verweist, deren Medieninhaber der Linksetzer selbst ist, so fällt dieser nicht mehr unter die Haftungsprivilegierung des § 17 ECG, sondern er wird vielmehr Content-Provider samt den damit verbundenen Konsequenzen.
S. 44 - 44, Judikaturspiegel
OGH Beschluss 26.11.2019, 4 Ob 173/19y – Gerichtszuständigkeit im Urheberrecht/angemessenes Entgelt
Für Unterlassungsansprüche nach dem UrhG ist der Erfolgsort nach Art 7 Nr 2 EuGVVO 2012 zuständigkeitsbegründend. Gerichte mit umfassender Kognitionsbefugnis über Unterlassungsbegehren mit weltumspannender Tragweite existieren nicht. Wenn daher der Kläger einen auf Österreich beschränkten Unterlassungsanspruch geltend macht, ist die Zuständigkeit jenes Gerichts mit eingeschränkter Kognitionsbefugnis gegeben, das nach dem urheberrechtlichen Territorialitätsgrundsatz den im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, in dem es liegt, verursachten Schaden am besten beurteilen kann, und zwar auch dann, wenn sowohl Kläger als auch Beklagter Italiener sind (im Konkreten war der Kläger ein südtiroler Fotograf und die Beklagte eine südtiroler Gemeinde). Das angemessene Entgelt nach § 86 UrhG ist ein Verwendungsanspruch, das nicht dem Art 7 Nr 2 EuGVVO 2012 unterliegt, sondern vielmehr nach Art 4 EuGVVO vor dem allgemeinen Gerichtsstand der Beklagten geltend zu machen ist.
S. 45 - 45, Judikaturspiegel
EuGH Urteil 19.12.2019, C-390/18 – Airbnb ist ein Dienst der Informationsgesellschaft
Wer eine elektronische Plattform verwaltet, die es gegen Entrichtung einer Gebühr ermöglicht, eine Geschäftsbeziehung zwischen gewerblichen und nichtgewerblichen Vermietern, die kurzfristige Beherbergungsleistungen anbieten, und Personen anzubahnen, die solche Unterkünfte suchen, erbringt einen Dienst der Informationsgesellschaft iSd EC-RL und keine Tätigkeit eines Immobilienmaklers. Werden zudem Zusatzleistungen angeboten, wie eine Vorlage zur Festlegung des Inhalts ihres Angebots, eine Haftpflichtversicherung, ein Tool zur Schätzung des Mietpreises oder auch auf diese Leistungen bezogene Zahlungsdienstleistungen, ändert das nichts daran, die Tätigkeit als Dienst der Informationsgesellschaft iSd EC-RL einzustufen (eingehend dazu in der Judikatur-Rubrik „E-Commerce“).
S. 45 - 45, Judikaturspiegel
OGH Beschluss 19.12.2019, 4 Ob 96/19z – unlauterer Vertrieb der digitalen Vignette
Die Nichtgewährung des Rücktrittsrechts an Verbraucher bei einem Fernabsatzgeschäft verletzt das Fern- und Auswärtsgeschäftegesetz (FAGG) und damit auch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb.
S. 46 - 54, Judikatur
EuGH: Videoüberwachungssystem ohne Einwilligung der betroffenen Personen
Eine Überwachung mittels einer Videoaufzeichnung von Personen auf einer kontinuierlichen Speichervorrichtung (hier: einer Festplatte) stellt eine automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten gemäß Art 3 Abs 1 RL 95/46/EG und damit eine solche nach Art 4 Z 2 DSGVO dar (hier: Videoüberwachungssystem in den allgemeinen Teilen des Wohngebäudes).
Ist ein kamerabasiertes Videoüberwachungssystem als automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten einzustufen, muss es nicht nur zulässig gemäß Art 6 Abs 1 lit f RL 95/46/EG sein, sondern auch, um als rechtmäßig angesehen werden zu können, nach Art 7 Abs 1 lit f RL 95/46/EG drei kumulative Voraussetzungen erfüllen, nämlich
die Wahrnehmung eines berechtigten Interesses durch den für die Verarbeitung Verantwortlichen oder den bzw die Dritten, denen die Daten übermittelt werden,
die Erforderlichkeit der Verarbeitung der personenbezogenen Daten zur Verwirklichung des berechtigten Interesses und
kein Überwiegen der Grundrechte und Grundfreiheiten der vom Datenschutz betroffenen Person über das wahrgenommene berechtigte Interesse
Die Rechtmäßigkeit setzt insoweit die Einwilligung der betroffenen Person nicht voraus.
Die von der Eigentümergemeinschaft mehrheitlich beschlossene Videoüberwachung in Gemeinschaftsbereichen eines Wohngebäudes auf Basis berechtigter Interessen zum Eigentumsschutz und zum Schutz von Personen setzt nicht zwingend voraus, dass diese Interessen zuvor beeinträchtigt wurden.
Im Übrigen hat die Videoüberwachung den weiteren, unter (2.) genannten Rechtsmäßigkeitsanforderungen des Art 7 lit f RL 95/46/EG zu entsprechen, welche im Einzelfall zu prüfen, Sache des vorlegenden Gerichts ist.
Redaktionelle Leitsätze
S. 55 - 60, Judikatur
DSB: Automatisierte Kennzeichenerfassung bei Parkgarage eines größeren Einkaufszentrums zulässig
Die elektronische Erfassung von Zeit, Ort und Kfz-Kennzeichen zur Abwicklung einer Parkraumbewirtschaftung in der Tiefgarage eines Einkaufszentrums stellt eine Datenverarbeitung iSv Art 4 Z 2 DSGVO dar, für die allein der Betreiber des Einkaufszentrums verantwortlich ist. Die eine Bildverarbeitung tatsächlich durchführende Garagengesellschaft ist lediglich Auftragsverarbeiterin iSv Art 4 Z 8 DSGVO.
Es besteht keine Verletzung von berechtigten Geheimhaltungsinteressen nach § 1 DSG durch die Nutzung der Kfz-Kennzeichen-Daten als elektronische Parktickets. Die DSGVO und insbesondere auch die darin verankerten Grundsätze sind zur Auslegung des Rechts auf Geheimhaltung nach § 1 DSG jedenfalls zu berücksichtigen.
Das Vorliegen von berechtigten Interessen des Verantwortlichen nach Art 6 Abs 1 lit f DSGVO kann eine Verarbeitung nach § 1 Abs 2 DSG rechtfertigen. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind die Voraussetzungen der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit zu erfüllen.
Die Erforderlichkeit kann auch durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen hergestellt werden. Die Implementierung von Schutzmaßnahmen für eine betroffene Person kann dazu beitragen, dass eine Interessenabwägung zugunsten des Verantwortlichen ausfällt.
Die Verhältnismäßigkeit ist nicht schon allein deshalb zu verneinen, weil grundsätzlich Alternativen denkbar sind, welche mit einem geringeren Eingriff in das Grundrecht auf Geheimhaltung verbunden wären, wie etwa die Kontrolle durch einen Parkwächter.
Redaktionelle Leitsätze
S. 61 - 64, Judikatur
DSB: Fotoanlage auf der Sommerrodelbahn – Neues zum Koppelungsverbot
Die Koppelung der Einwilligung zur Fotoaufnahme mit einer Actioncam an den Benützungsvertrag eines Fahrgeschäftes (hier: Sommerrodelbahn) mit einer untrennbaren Einwilligungserklärung zu einer Bildverarbeitung ist nach Art 7 Abs 4 DSGVO rechtswidrig. Der Verantwortliche (hier: eine Bergbahn) ist daher durch Behördenauftrag angehalten, binnen acht Wochen einen rechtskonformen Zustand herzustellen.
Redaktioneller Leitsatz
S. 65 - 68, Judikatur
OGH: Keine Provision für Immobilienmakler bei Rücktritt im Fernabsatz
Die Wirkungen eines ausdrücklichen Verlangens des Verbrauchers (§ 18 Abs 1 Z 1 FAGG) kommen auch dann zum Tragen, wenn er von sich aus eine Vertragserfüllung vor Ablauf der Rücktrittsfrist verlangt, weil der hierauf abzielenden Aufforderung des Unternehmers (§ 10 FAGG) in diesem Fall kein eigenständiger Wert zukommt.
Unter einem „Verlangen“ nach § 10 FAGG versteht dieses Bundesgesetz, dass der Verbraucher „wünscht“, „dass der Unternehmer noch vor Ablauf der Rücktrittsfrist nach § 11 mit der Vertragserfüllung beginnt“ und normiert für diesen Fall, dass der Unternehmer ihn dazu auffordern muss, „ihm ein ausdrücklich auf diese vorzeitige Vertragserfüllung gerichtetes Verlangen – im Fall eines außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrags auf einem dauerhaften Datenträger – zu erklären“.
Daher ist der Rücktritt des Verbrauchers von einem dem FAGG unterliegenden – allenfalls konkludent geschlossenen – Maklervertrag wirksam und führt zu einem Verlust des Provisionsanspruchs.
Redaktionelle Leitsätze
Der Betreiber einer elektronische Plattform (hier: Airbnb Ireland Ltd), die potentielle Gäste gegen Bezahlung mit Gastgebern verbindet, die kurzfristige Unterbringungsdienstleistungen anbieten, wobei der Beherbergungsvertrag direkt zwischen Gastgeber und Gast abgeschlossen wird, stellt als reiner Vermittler einen Dienst der Informationsgesellschaft iSv Art 1 Abs 1 lit b RL (EU) 2015/1535 dar.
Die Gesetzgebung eines Mitgliedstaates (hier: Frankreich) darf von diesem Plattformbetreiber daher nicht verlangen, dass er über einen Gewerbeausweis für Immobilienmakler verfügt, da diese Anforderung der Kommission nicht gemäß der Richtlinie über den elektronischen Rechtsverkehr mitgeteilt wurde.
Redaktionelle Leitsätze
S. 81 - 88, Judikatur
EuGH: Grenzen des Widerrufsrechts bei im Fernabsatz geschlossenem Finanzdienstleistungsvertrag
Es verstößt gegen Unionsrecht (hier: RL 2002/65/EG), wenn das nationale Recht bzw die nationale Rechtsprechung bei im Fernabsatz geschlossenen Darlehensverträgen auch dann noch eine Möglichkeit zum Widerruf vorsieht, wenn der Vertrag bereits auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers von beiden Seiten voll erfüllt ist.
Es besteht eine unionsrechtliche Verpflichtung des Unternehmers, im Fernabsatz einem Verbraucher vor Vertragsschluss auf klare und verständliche Weise die Information über das Bestehen eines Widerrufsrechts zu erteilen.
Diese Rechtspflicht ist aber dann nicht verletzt, wenn der Unternehmer dem Verbraucher mitteilt, dass das Widerrufsrecht bei einem Vertrag ausgeschlossen ist, der auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers von beiden Seiten bereits voll erfüllt ist, bevor der Verbraucher sein Widerrufsrecht ausübt. Dies gilt auch dann, wenn diese Information nicht dem nationalen Recht in seiner Auslegung durch die nationale Rechtsprechung entspricht, wonach das Widerrufsrecht in einem solchen Fall besteht.
Redaktionelle Leitsätze
S. 89 - 97, Judikatur
EuGH: Kein Verkauf „gebrauchter“ E-Books ohne Zustimmung des Urhebers
Die Überlassung von E-Books zur dauerhaften Nutzung durch Herunterladen aus dem Internet (hier: im Rahmen eines „Leseklubs“, für den sich jeder Interessent registrieren kann) unterliegt nicht dem Verbreitungsrecht iSv Art 4 RL 2001/29/EG (InfoSoc-RL), sondern dem Recht der öffentlichen Wiedergabe nach Art 3 Abs 1 InfoSoc-RL.
Demzufolge stellt der Verkauf „gebrauchter“ E-Books über eine Website eine öffentliche Wiedergabe dar, die der Erlaubnis des Urhebers bedarf.
Redaktionelle Leitsätze
S. 98 - 104, Judikatur
BGH: Unlauterkeit der Aufforderung zur Bezahlung nicht bestellter Dienstleistungen
Die Aufforderung zur Bezahlung nicht bestellter Dienstleistungen ist als irreführende geschäftliche Handlung im Sinne von § 5 Abs 1 Satz 2 Fall 1 dUWG anzusehen, wenn der angesprochene Verbraucher der Aufforderung die Behauptung entnimmt, er habe die Dienstleistung bestellt. Einer Unlauterkeit nach § 5 Abs 1 Satz 1 dUWG steht nicht entgegen, dass der Unternehmer bei der Zahlungsaufforderung in der ihm nicht vorwerfbaren irrtümlichen Annahme einer tatsächlich vorliegenden Bestellung gehandelt hat.
Die Aufforderung zur Bezahlung nicht bestellter, aber erbrachter Dienstleistungen fällt auch dann unter Nr 29 des Anhangs zu § 3 Abs 3 dUWG, wenn der Unternehmer irrtümlich von einer Bestellung ausgeht und der Irrtum seine Ursache nicht im Verantwortungsbereich des Unternehmers hat.
Amtliche Leitsätze
Die Staatsgewalt muss bei einem hoheitlichen Einsatz mit Zwangsgewalt akzeptieren, dass diese Vorgänge festgehalten werden, zumal dadurch auch ein gewisser präventiver Effekt gegen allfällige rechtswidrige Übergriffe erreicht wird.
Die Veröffentlichung der Aufnahme der Amtshandlung ist unzulässig, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Veröffentlichung des Videos gerade dazu dienen sollte, die Staatsgewalt und somit auch den Kläger, der als Polizist für diese einschritt, herunterzumachen.
Nach rechtswidriger Veröffentlichung (hier: auf YouTube) kann auch jene Person, welche die Aufnahme angefertigt hat (hier: Ehefrau des Verpflichteten), als mittelbare Störerin auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Denn sie hat zumindest durch unterlassene Vorkehrungen einen Beitrag zur Verbreitung geleistet. Dass sie die Veröffentlichung selbst veranlasst hat, muss der Kläger nicht nachweisen.
Redaktionelle Leitsätze