Der Beitrag thematisiert die Zukunft des Menschenrechtsschutzes in Europa und Amerika vor dem Hintergrund zunehmender Backlash-Tendenzen in beiden regionalen Menschenrechtsschutzsystemen. Er argumentiert, dass das Subsidiaritätsprinzip diesfalls Orientierung bieten kann: Eine Bezugnahme auf das Subsidiaritätsprinzip hilft nicht nur, die Zugänge der im Rahmen der Systeme errichteten Gerichtshöfe, des Europäischen und des Interamerikanischen Menschenrechtsgerichtshofs (EGMR, IAGMR), deskriptiv zu erfassen. Sie gibt auch Parameter und Leitlinien für die Rollenverteilung zwischen nationaler und internationaler (regionaler) Ebene an die Hand und hilft so, populistische Abgrenzungstendenzen normativ zu verorten und einzuordnen. Auch Lösungsansätze für einen möglichst konstruktiven Umgang mit diesen werden geboten. Dies zeigt sich auch in der Rechtsprechung von EGMR und IAGMR. Zwar ist ihr Umgang mit der nationalen Ebene traditionell sehr unterschiedlich. Allerdings lässt rezentere Judikatur eine gewisse Annäherung dahingehend erkennen, dass beide Gerichtshöfe zunehmend auf das „gute“ Funktionieren innerstaatlicher Institutionen Bezug nehmen, was als Ausdruck einer kooperativen Dimension der Subsidiarität gewertet werden kann. Dies weist auch den Weg in die Zukunft des regionalen Menschenrechtsschutzes.
- ISSN Online: 1613-7663
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Inhalt der Ausgabe
Vor 100 Jahren, im Jahr 1922, wurde die Commission International de Coopération Intellectuelle (CICI), die Internationale Kommission für geistige Zusammenarbeit, gegründet. Ihr Ziel und ihre Aufgabe waren es, die friedliche Zusammenarbeit zwischen den Völkern durch erzieherische und kulturelle Mittel zu fördern. Diese Kommission, welche durch das 1925 gegründete Institut International de Coopération Intellectuelle (IICI) unterstützt wurde, teilte gewissermaßen das Schicksal des Völkerbundes. Die Nachfolgerin der CICI bzw des IICI, die Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO), war jedoch erfolgreicher und legte den Grundstein für verschiedene internationale Abkommen zum Schutz von Kulturgütern sowie des kulturellen Erbes. Dieser Beitrag gibt einen Überblick von den Anfängen des institutionalisierten Kulturgüter- und Kulturerbeschutzes in Friedenszeiten vor fast 100 Jahren bis heute – einer Zeit, in welcher beide UN-Sonderberichterstatterinnen für kulturelle Rechte ein Menschenrecht auf kulturelles Erbe proklamiert haben. Während dieser Beitrag zu dem Schluss kommt, dass ein solches spezielles Menschenrecht erst im Entstehen begriffen ist, lässt die Skizzierung der Entwicklung des Kulturgüter- und Kulturerbeschutzes der letzten 100 Jahre bis ins 21. Jahrhundert durchaus positiv in die Zukunft blicken.
S. 59 - 91, Aufsatz
The Construction of Territory in Nineteenth and Early Twentieth Century International Legal Doctrine
S. 93 - 111, Aufsatz
Rechtsstaat statt AusnahmezustandRechtsstaat Rather Than State of Exception
Die Pandemie fordert die Idee des Rechtsstaats unter dem Grundgesetz heraus, denn die Kombination aus dichter Programmierung und grundsätzlicher Vollkontrolle muss dort an Grenzen stoßen, wo es an Erfahrungswissen fehlt, das Grundlage sinnvoller Normgebung und gerichtlicher Kontrolle sein kann. Vor diesem Hintergrund erweisen sich die Spielräume der Verwaltung als wichtiges Instrument. Sie ermöglichen nicht nur pandemieadäquates Handeln, sie erlauben es in kontrollfreier Distanz zu den anderen Gewalten vielmehr auch, dringend benötigtes Erfahrungswissen zu generieren. Weil der Rechtsstaat in der Pandemie kein Ausnahmezustand ist, muss die gerichtliche Kontrolle ihr Gewicht daher von der inhaltlichen Richtigkeit zur Ermöglichung experimenteller Wissensgenerierung verlagern.
Die Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie wurden in der Schweiz vorwiegend durch die Regierungen von Bund und Kantonen in Form von Verordnungen erlassen. Die formelle Gesetzgebung durch Parlamente und Stimmberechtigte erlitt in der Folge einen erheblichen Bedeutungsverlust. Aufgrund der weitreichenden Eröffnung gerichtlichen Rechtsschutzes gegen kantonale Verordnungen rückte die Frage der Ausweitung der Verfassungsgerichtsbarkeit auf Bundesebene in den rechtspolitischen Fokus. Die Auswertung erster Leiturteile des Bundesgerichts und kantonaler Gerichte im Zusammenhang mit der Verordnungsgebung zeigt zum einen, dass die verfassungsrechtlichen Bindungen auch während der Pandemie ihre Wirkung entfalteten. Zum anderen traten aber funktionale Schwächen zutage, da gerichtlicher Rechtsschutz aus strukturellen Gründen kaum rechtzeitig erlangt werden konnte.
Dass die Verwaltung über Spielräume verfügt, war bereits im B-VG 1920 vorgesehen und führt nicht erst seit der COVID-19-Pandemie zu Diskussionen. Einerseits treten sie in Form einer Ermessensübung bei Einzelfallentscheidungen in Erscheinung, andererseits besteht auch im Bereich der allgemeinen Rechtsetzung durch Verordnungen ein gewisser Spielraum. Insofern wird die Verwaltung häufig als „Gesetzgeber im materiellen Sinne“ bezeichnet. Gerade diese Zuständigkeit der Verwaltung spielte bei der rechtlichen Bewältigung der COVID-19-Pandemie eine nicht zu unterschätzende Rolle. Damit stellt sich die Frage nach dem Umfang und insofern auch nach den Grenzen der verwaltungsrechtlichen Normsetzungskompetenz.
S. 153 - 202, Aufsatz
Recent Austrian Practice in the Field of International Law
Diese Auswahl aus der aktuellen österreichischen Völkerrechtspraxis wurde nun ein weiteres Mal von Angehörigen der Rechtssektion des österreichischen Außenministeriums („Völkerrechtsbüro“, VRB) zusammengestellt. Auch zur europarechtlichen Praxis des VRB wird in dieser Zeitschrift jährlich eine interessante Auswahl publiziert.
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