In Europa wird seit geraumer Zeit die Einführung neuer Gesellschaftsformen diskutiert. In Österreich steht unter anderem eine neue Kapitalgesellschaftsform, die Austrian Limited, zur Debatte. In diesem Zusammenhang wird der Einwand erhoben, die Einführung einer solchen Rechtsform verstoße wegen gewisser Gemeinsamkeiten der Austrian Limited mit der AG gegen die zwingenden Kapitalvorschriften der Gesellschaftsrechts-RL. Diese unionsrechtlichen Vorgaben dürften durch den österreichischen Gesetzgeber nicht unterlaufen werden. Der Beitrag unterzieht diesen Einwand einer vertieften Prüfung. Dazu entwickelt er im europäischen Gesellschaftsrecht eine allgemeine Dogmatik der Richtlinienanhänge zu nationalen Rechtsformen sowie darauf bezogener delegierter Rechtsakte der Kommission. Auf dieser Grundlage lässt sich zeigen, dass der Einführung einer Austrian Limited sowie überhaupt entsprechender Reformprojekte in Österreich oder in anderen Mitgliedstaaten kein zwingendes Unionsrecht entgegensteht.
- ISSN Online: 1613-7639
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Inhalt der Ausgabe
S. 637 - 647, Aufsatz
Willkür: Geschichte und Gestalt eines verfassungsgerichtlichen Maßstabs
Die Bestimmung in § 364c S 2 ABGB betreffend den Ausschluss der Möglichkeit, ein zwischen Lebensgefährten vereinbartes Veräußerungs- und Belastungsverbot mit Drittwirksamkeit im Grundbuch einzutragen, ist nicht unsachlich. Mit dieser Regelung wird ein Ausgleich zwischen dem Interesse am Erhalt des Familienvermögens einerseits und dem Interesse der Allgemeinheit an der Verkehrsfähigkeit von Liegenschaften andererseits verfolgt. Ein Veräußerungs- und Belastungsverbot mit Drittwirksamkeit soll nur in engen Grenzen erlangt werden können, um die Veräußerbarkeit von Liegenschaftsvermögen nicht in unbilliger Weise zu beschränken. Daher überschreitet der Gesetzgeber seinen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum nicht, wenn er Lebensgefährten von der Möglichkeit ausschließt, ein zwischen ihnen geschlossenes Veräußerungs- und Belastungsverbot im Grundbuch eintragen zu lassen und dadurch mit Wirkung gegenüber Dritten auszustatten.
S. 652 - 654, Rechtsprechung
Keine gemeinsame Obsorge eines leiblichen Elternteils und dessen Lebensgefährten als Pflegeelternteil
Eine gemeinsame Obsorge eines leiblichen Elternteils und eines Pflegeelternteils ist mangels einer gesetzlichen Grundlage nicht zulässig; solange einem leiblichen Elternteil die Obsorge zusteht, kann er nicht gemeinsam mit einem Dritten (und sei es auch ein Pflege- oder Stiefelternteil) mit der Obsorge betraut werden. Dies gilt auch für die Rechtslage nach dem KindNamRÄG 2013.
S. 654 - 656, Rechtsprechung
Unterbringung: Fixierung des Kranken bei Blutabnahme durch Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdiensts unzulässig
Der Begriff der „Heilbehandlung“ nach dem UbG umfasst nicht nur unmittelbar therapeutische, sondern auch diagnostische und physikalische Maßnahmen, wie etwa eine Blutabnahme.
Das der Anlegung einer Vier-Punkt-Fixierung vorangehende Festhalten des Kranken gehört bereits zur psychiatrischen Gesundheits- und Krankenpflege und ist damit dem Pflegepersonal nach den Regelungen des GuKG vorbehalten.
Mangels gesetzlicher Grundlage dürfen Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdienstes keine Pflegemaßnahme wie das Festhalten des Kranken bei der Blutabnahme setzen.
Der Enteignete kann im Rahmen des außerstreitigen Entschädigungsverfahrens Schadenersatz für unter § 364a ABGB fallende zu duldende Immissionen geltend machen (anders OGH 7 Ob 39/13f).
Zumindest im Fall der ausdrücklichen Ausschlagung der Erbschaft für sich und die Nachkommen müssen die Formerfordernisse des § 1278 Abs 2 ABGB nicht eingehalten werden; die Erklärung führt auch ohne Notariatsaktsform dazu, dass die – abgesehen von den ebenfalls „weggefallenen“ Nachkommen – Nächstberufenen gültig zum Zug kommen.
Grundsätzlich kann auch ein „konkurrierender“ Miterbe als Bote einer Erbausschlagungserklärung fungieren.
S. 662 - 667, Rechtsprechung
Einrede der laesio enormis nach Rücktritt von Werkvertrag mit Pauschalpreisvereinbarung
Das Rechtsinstitut der laesio enormis (§ 934 ABGB) knüpft an ein objektives Wertmissverhältnis an, das sich aus dem Vergleich der vertraglich vereinbarten Leistungen ergibt.
Die Anfechtung wegen laesio enormis steht auch zu, wenn die Parteien einen Pauschalpreis zur Abgeltung eines Werkes vereinbart haben. Die Pauschalpreisvereinbarung macht den Werkvertrag nicht zum Glücksvertrag iS des § 1268 ABGB, bei dem eine Verkürzung über die Hälfte hinzunehmen ist.
Der Verkürzte kann die Nichtigkeit des Vertrages auch dann noch einwenden, wenn sein Vertragspartner zuvor bereits den Rücktritt erklärt hat.
Die 30-jährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB beginnt bereits von dem Zeitpunkt an zu laufen, zu dem die den Schaden verursachende Handlung begangen wurde. Auf den Zeitpunkt des Schadenseintritts kommt es nicht an. Mit Ablauf dieser langen, objektiven Verjährungsfrist ist der späteste Zeitpunkt für die Geltendmachung des Ersatzanspruchs verstrichen. An dieser stRsp ist weiterhin festzuhalten.
Die Verjährungsvorschriften des § 1478 ABGB und des § 1489 ABGB betreffen unterschiedliche Fälle; aus der allgemeinen Regel des § 1478 ABGB kann für die Verjährung nach § 1489 ABGB daher nichts abgeleitet werden.
Erbringt der Kaskoversicherer nach einem Verkehrsunfall die Versicherungsleistung nicht an den Versicherungsnehmer, sondern direkt an den Versicherten (hier: Fahrzeugeigentümer und Leasinggeber), so bewirkt dies den Forderungsübergang nach § 67 Abs 1 VersVG, wenn der Versicherte empfangsberechtigt ist. Der Kaskoversicherer ist in diesem Fall zum Regress gegen den Schädiger aktiv legitimiert.
S. 672 - 677, Rechtsprechung
Allgemein strafbare Handlungen als Amtsmissbrauch und deren Konkurrenzverhältnis
Stellt die Begehung einer allgemein strafbaren, nicht strenger strafbedrohten (eine gemäß § 313 StGB mögliche Strafschärfung bleibt außer Betracht), Handlung phasenweise Befugnisfehlgebrauch iS des § 302 StGB dar, wird diese von einem (eintätig zusammentreffenden) Missbrauch der Amtsgewalt (als subsidiär) verdrängt. Nicht erforderlich ist, dass alle Merkmale der allgemein strafbaren Handlung im Tatbestand des § 302 StGB enthalten sind. Der Einsatz physischer Gewalt ist Gebrauch einer Polizeibeamten zukommenden Befugnis, im Namen des Bundes in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wenn er intentional auf Durchsetzung von strafprozessualen Ermittlungs- und Zwangsmaßnahmen gerichtet ist. Bei Befugnisfehlgebrauch kann es sich um einen iS des § 302 Abs 1 StGB tatbildlichen Missbrauch handeln.
S. 677 - 679, Rechtsprechung
Girokonto-Guthaben ist kein Nachweis, zum Rechtserwerb in der Lage zu sein
Ein Nachweis über einen stichtagsbezogenen Saldo (hier: Bestätigung einer Bank über ein auf einem Girokonto verfügbares Guthaben) erfüllt die Anforderungen des § 8a Abs 3 Stmk GVG an den Nachweis, zum Rechtserwerb in der Lage zu sein, schon deshalb nicht, weil er keine über diesen Zeitpunkt hinausgehende Auskunft über die Bonität des Erwerbers gibt.
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