Zum Hauptinhalt springen
JBL

Heft 11, November 2019, Band 141

eJournal-Heft
  • ISSN Online: 1613-7639

60,00 €

inkl MwSt

Sofortiger PDF-Download

Inhalt der Ausgabe

S. 677 - 689, Aufsatz

Julian Ring

Zur Anrechnung von Ersparnissen und anderweitigem Erwerb: „Getrennte“ oder „einheitliche Abrechnung“?

Scheitert ein Werk aufgrund von Umständen, die der Werkbesteller zu vertreten hat, hat dieser das Entgelt zu leisten, kann hiervon jedoch Ersparnisse und anderweitigen Erwerb des Werkunternehmers abziehen. Wurde zum Zeitpunkt des Scheiterns der Vertragserfüllung bereits ein Teil des Werks ausgeführt, kommen verschiedene Methoden zur Berechnung des Entgeltanspruchs in Frage. Für das deutsche Recht herrscht ein Meinungsstreit zwischen Vertretern der sogenannten „getrennten“ und jenen der „einheitlichen“ Abrechnung. In Österreich scheinen diese beiden konträren Ansätze auch vertreten zu werden, eine intensive diesbezügliche Auseinandersetzung hat bislang jedoch nicht stattgefunden.

S. 690 - 705, Aufsatz

Herwig Mitter

Forschungsregulierung durch Förderung

Förderungen legen Interessengegensätze offen. Vom Staat gerne als Instrument „sanfter“ Steuerung eingesetzt, um bestimmte Ziele zu verfolgen, sind sie für die Betroffenen ein zweifelhaftes Vergnügen: Nicht selten gehen mit ihnen Verhaltensdisziplinierungen einher, die in Grundrechtsgefährdungen umschlagen. Der Beitrag veranschaulicht dieses Phänomen an den Förderungen, die FWF und FFG als bedeutendste österreichische Forschungsförderungsorganisationen vergeben. Dabei zeigt er, wie die Grundrechte solchen Gefährdungen begegnen, konkret der Gleichheitssatz in Verbindung mit der Wissenschaftsfreiheit. Damit versteht sich der Beitrag auch als rechtswissenschaftliche Stellungnahme zu einer aktuellen wissenschaftspolitischen Debatte.

S. 706 - 708, Rechtsprechung

Verletzung der Meinungsäußerungsfreiheit („A.C.A.B.“-Transparent)

Verletzung im Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung nach Art 10 EMRK durch Verhängung einer Verwaltungsstrafe auf Grund Schwenkens einer Fahne mit der Aufschrift „A.C.A.B.“ (All Cops Are Bastards) bei einem Fußballmatch mangels Vorliegens einer Anstandsverletzung: Die Bestrafung ist unverhältnismäßig, weil die Art und Umstände der Äußerung nicht ausreichend beachtet wurden. Das Schwenken dieses Transparentes stellt keine konkrete „Beschimpfung“ bestimmter anderer Personen (hier: Polizeibeamter) dar, das Hochhalten von derartigen Transparenten bei einem Fußballspiel durch Fans ist – sofern nicht anderes Verhalten ohnehin durch andere Normen strafbewehrt ist – jedenfalls in einer Gesamtsicht nicht geeignet, den Tatbestand der Anstandsverletzung zu erfüllen.

S. 708 - 712, Rechtsprechung

Ulrich Krenmayr

Eigenhändige Streichungen und Ergänzungen auf Fotokopie einer formgültigen eigenhändigen Verfügung

Das eigenhändige Testament besteht aus einer eigenhändig geschriebenen Erklärung und der eigenhändigen Unterschrift des Verstorbenen. Unterschrift und Text der Urkunde müssen unmittelbar durch den Verstorbenen selbst erzeugt werden.

Eigenhändig geschriebene Änderungen samt Unterschrift auf einer Kopie einer formgültigen letztwilligen Verfügung sind daher nur dann wirksam, wenn sie für sich alleine genommen alle Elemente eines Testaments erfüllen.

S. 712 - 714, Rechtsprechung

Schutzzweck von § 18 Abs 1 StVO (Sicherheitsabstand)

Die Schutznorm des § 18 Abs 1 StVO dient der Hintanhaltung aller Gefahren, die aus dem Hintereinanderfahren von Fahrzeugen entstehen. Es liegt außerhalb des Schutzzwecks des § 18 Abs 1 StVO, eine unmittelbare Kollision mit einem entgegenkommenden, seine Fahrbahnhälfte plötzlich verlassenden und in die Gegenfahrbahn eindringenden Fahrzeug zu verhindern oder auch nur dessen Folgen geringer zu halten.

S. 714 - 715, Rechtsprechung

Zur Tilgungsreihenfolge bei ungewidmeter Teilzahlung auf verschiedene Forderungen

Der Gläubiger kann die gesetzliche Tilgungsfolge nur durch die Reihenfolge der Einforderung bestimmen und durch einen Widerspruch beeinflussen. Die Reihenfolge der Einforderung wirkt sich lediglich insofern aus, als sie den Rang innerhalb des § 1416 ABGB determiniert. Der Widerspruch gegen eine erklärte Widmung des Schuldners hat nicht zur Folge, dass sich der Gläubiger in der Folge die Widmung selbst aussuchen kann, sondern dass die gesetzliche Tilgungsfolge eintritt.

Mangels Zuordenbarkeit bilden innerhalb einer Geschäftsverbindung mehrere gleichrangig geltend gemachte (hier: gleichzeitig eingeklagte) Schuldposten insofern ein Ganzes, als Teilzahlungen nicht auf bestimmte Posten, sondern auf das Ganze geleistet werden.

S. 715 - 718, Rechtsprechung

Anforderungen nach § 5 VKrG an Werbung für Kreditverträge

„Auffallend“ iS des § 5 Abs 1 VKrG bedeutet als formale Anforderung eine Platzierung an hervorgehobener, leicht bemerkbarer Stelle, wogegen „klar und prägnant“ inhaltliche Vorgaben macht, wonach die Informationen exakt, möglichst knapp und für einen durchschnittlichen Verbraucher verständlich sein müssen.

S. 718 - 721, Rechtsprechung

§ 9 Abs 5 AHG nicht analog auf in Österreich geklagte, hoheitlich tätige ausländische Organwalter anzuwenden

§ 9 Abs 5 AHG ist eine verfahrensrechtliche Norm, die nur auf Organe österreichischer Rechtsträger ausgerichtet ist. Sie ist nicht analog auf in Österreich geklagte, hoheitlich tätige ausländische Organwalter anzuwenden.

Ob der geklagte ausländische (hier: deutsche) Organwalter hoheitlich, in Ausübung eines öffentlichen Amts, tätig war und gegenüber dem Kläger Amtspflichten verletzte, ist nach dem entsprechenden ausländischen (hier: deutschen) Recht zu klären (hier: Sportlehrer einer Gesamtschule in Deutschland, der im Rahmen seines Beschäftigungsverhältnisses mit dem Land Hessen als Begleitperson an einer „Skifreizeit“ für Schüler in einem Skigebiet in Österreich teilnahm und bei einem Skiunfall im Zuge einer Erkundungsfahrt den Kläger verletzte).

S. 721 - 725, Rechtsprechung

Florian Heindler

Verstoß gegen den österreichischen ordre public durch Unterscheidung beim gesetzlichen Erbrecht nach dem Geschlecht der Erben

Regelungen einer fremden Rechtsordnung, die beim gesetzlichen Erbrecht nach dem Geschlecht der Erben unterscheiden, sind wegen Verstoßes gegen den österreichischen ordre public nicht anzuwenden, wenn sich die Verschiedenbehandlung im konkreten Fall auswirkt und ein ausreichender Inlandsbezug vorliegt. Anderes könnte uU gelten, wenn das Ergebnis der Anwendung des fremden Rechts dem festgestellten Willen des Erblassers entspricht.

S. 725 - 728, Rechtsprechung

Zweigleisiger Rechtsschutz nach DSGVO

Der Löschungsanspruch (somit ein anderer als ein bloßer Schadenersatzanspruch) kann – unabhängig von der Übergangsbestimmung des § 69 Abs 4 DSG – auch im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht werden. Dem steht § 29 Abs 1 DSG, der sich auf Schadenersatzansprüche bezieht, nicht entgegen.

Für Klagen auf Schadenersatz normiert § 29 Abs 2 S 1 DSG für Wien eine Eigenzuständigkeit des LGZ Wien.

S. 728 - 729, Rechtsprechung

Mangelhaftigkeit der Bestellung eines Erwachsenenvertreters bei Einholung eines Aktengutachtens und Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung?

Nach § 120a AußStrG idF 2. ErwSchG (BGBl I 59/2017) ist ein Sachverständigengutachten im Bestellungsverfahren nicht mehr unbedingte Voraussetzung für die Bestellung eines Erwachsenenvertreters. Daher kann aus der Verwendung eines Aktengutachtens allein – von Fällen einer Gehörverletzung abgesehen – die Mangelhaftigkeit der Bestellung eines Erwachsenenvertreters nicht abgeleitet werden. Gleiches gilt im Hinblick auf § 121 Abs 1 AußStrG idF 2. ErwSchG für das Unterbleiben einer nicht beantragten und vom Gericht nicht für erforderlich erachteten mündlichen Verhandlung. Die Einholung eines bloßen Aktengutachtens und das Unterbleiben einer nicht erforderlichen mündlichen Verhandlung könnten nur dann einen noch in dritter Instanz allenfalls wahrzunehmenden erstinstanzlichen Verfahrensmangel begründen, wenn daraus eine dem Wohl des Betroffenen nachteilige Beschränkung der Entscheidungsgrundlage erkennbar wird.

S. 729 - 732, Rechtsprechung

Versagung der Vollstreckbarerklärung wegen Verstoß gegen den ordre public

Dem Wortlaut des Art 34 Nr 1 EuGVVO aF nach (der mit Art 45 Abs 1 lit a EuGVVO 2012 beibehalten wurde) ist der ordre public des Zweitstaats, also des Anerkennungsstaats entscheidend. Zu bejahen wäre ein Verstoß gegen den ordre public nur dann, wenn die Verfahrensrechte einer Partei in unerträglicher Weise beschnitten worden sind (hier: Vollstreckbarerklärung eines italienischen Mahnbescheids). Dafür ist stets das ausländische Verfahren als Ganzes und anhand sämtlicher Umstände zu beurteilen. Es besteht keine Bindung, wenn ein Gericht eines anderen Mitgliedsstaats (hier: OGH der Republik Slowenien) das Vorliegen eines Ordre-public-Verstoßes bejaht oder verneint hat.

S. 732 - 737, Rechtsprechung

Florian Messner

Amtsmissbrauch bei Datenabfrage zur Klärung des Vorliegens eines Anfangsverdachts

Dienen die inkriminierten Nachforschungen der Klärung, ob ein Anfangsverdacht vorliegt, stellen sie keine Ermittlungen im Rahmen eines Strafverfahrens dar. Befugnisfehlgebrauch liegt in diesem Fall vor, wenn mangels Anhaltspunkten die Abklärung, ob überhaupt ein Anfangsverdacht vorliegt, nicht in Betracht kommt. Das Bestehen eines Anfangsverdachts ist keine gesetzliche Voraussetzung für die Vornahme derartiger „Nachforschungen“.

Informationsquellen iS des § 91 Abs 2 letzter Satz StPO sind alle Aufzeichnungen oder Speicherungen von Informationen, die bereits Gegenstand der Datenverarbeitung irgendeiner Behörde waren. Ob die Nutzung durch den mit der Anzeige befassten Beamten im Wege unmittelbarer Abfrage (elektronischer Datenbanken) oder durch schriftliches oder mündliches (telefonisches) Auskunftsersuchen erfolgt, ist nicht von Bedeutung.

Ein Beamter nimmt bei der Weitergabe amtsgeheimer Informationen in der Regel keine iS des § 302 Abs 1 StGB tatbildliche Befugnis in Anspruch. Strafbarkeit nach § 302 Abs 1 StGB kommt insoweit (nur) dann in Betracht, wenn der Beamte dabei eine ihm im Zusammenhang mit einem (anderen) Amtsgeschäft zukommende Befugnis missbraucht. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn er die ihn treffende Pflicht, alles zu unterlassen, was den Zweck der (hoheitlichen) Maßnahme vereiteln könnte, verletzt. Eine solche Pflicht ergibt sich nur aus den dem Beamten konkret übertragenen Aufgaben, nicht aus seiner abstrakten Befugnis.

S. 737 - 739, Rechtsprechung

Susanne Reindl-Krauskopf

Durchsetzung der Datenschutzrechte bei Akten der Strafgerichtsbarkeit, altes und neues Recht

Das GOG umfasst keine eigenen Datenschutzansprüche, sondern regelt nur die Durchsetzung der nach dem DSG 2000 bestehenden Datenschutzrechte bei Akten der Gerichtsbarkeit, sofern die in den Verfahrensgesetzen vorgesehenen Rechtsmittel kein Aufgreifen ermöglichen. Ein auf die (unverzügliche) Löschung von in einem Strafverfahren verarbeiteten personenbezogenen Daten bezogener Anspruch ist, weil er mit in der StPO eingeräumten Rechtsmitteln aufgegriffen werden kann, nicht Gegenstand des bloß subsidiären Verfahrens nach dem GOG.