Nach § 2 Abs 1 Z 7 UWG bilden Täuschungen über die „Rechte des Verbrauchers“ eine irreführende Geschäftspraktik. Die Anwendung dieses unionsrechtlich vorgegebenen Irreführungstatbestandes liegt – zumindest in Österreich – weitgehend im Dunkeln, da sich bisher weder Lit noch Rsp näher mit ihm beschäftigt haben. Wesentlicher Grund dafür dürfte die sprachlich nicht ganz geglückte Umsetzung der UGP-Richtlinie sein, wodurch die potentielle Reichweite von § 2 Abs 1 Z 7 UWG verdeckt wird. Nach Ansicht des Autors könnte indes bei konsequenter Anwendung des Irreführungsverbots nach Z 7 die verbreitete Praxis, Ansprüche von Verbrauchern pauschal bzw überschießend zu bestreiten, als UWG-Verstoß qualifiziert werden. Der vorliegende Beitrag prüft die Anwendung der Z 7 auf die außergerichtliche Bestreitung von Ansprüchen des Verbrauchers und setzt sich mit den Kriterien auseinander, die zur Unterscheidung zwischen erlaubter Rechtsverteidigung und unlauterer Irreführung über die Rechtslage dienen können.
- ISSN Online: 1864-3434
60,00 €
inkl MwSt
Inhalt der Ausgabe
S. 625 - 634, Aufsatz
Die außergerichtliche Bestreitung von Ansprüchen des Verbrauchers als irreführende Geschäftspraktik iSd § 2 Abs 1 Z 7 UWG
Der folgende Beitrag befasst sich mit der Frage, ob Art 6 EMRK (= Recht auf ein faires Verfahren) zur Begründung eines prozessualen Beweisverwertungsverbots rechtsgebietsübergreifend herangezogen werden kann. Diese Frage wird anhand der Figur des Lockspitzels (franz.: agent provocateur) untersucht. Ein Lockspitzel versucht mit unlauteren Mitteln (zB Druck, Provokation) eine Zielperson zu einer rechtswidrigen Handlung zu bewegen. Lässt sich die Zielperson dazu verleiten, wird sie vom Lockspitzel – dessen Anstiftung kausal für die rechtswidrige Handlung war – verklagt. Klar ist, dass eine solche heimtückische Beweiserhebung materiellrechtlich nicht zulässig sein kann. Im Schrifttum wird aber diskutiert, welche prozessualen Folgen eine solche Beweiserhebung hat.
Diesmal: Kommissionspräsidentin von der Leyen stellt das neue Kollegium und damit auch ihre politischen Leitlinien für die nächste Funktionsperiode 2024-2029 vor. Neben Wohlstand, Sicherheit und Demokratie liegt die Kernpriorität in der Wettbewerbsfähigkeit im aktuellen digitalen und ökologischen Wandel. In diesem Zeichen stehen auch die aktuellen Entwicklungen der EU-Organe: Mit dem Bericht zur Lage der Energieunion 2024 und dem „Draghi-Bericht“ wurden im September zwei Berichte veröffentlicht, die zentral für die zukünftigen Tätigkeiten der Europäischen Kommission sind. Daneben reiht sich das von der Europäischen Kommission eingeleitete (erste) Verfahren zur Festlegung der Interoperabilitätsverpflichtungen von Apple nach dem Digital Markets Act ein. Mit den Rechtssachen Apple und Google Shopping hat der EuGH im September wichtige Entscheidungen im Wettbewerbsrecht und der Regulierung von „Big Tech“ getroffen.
S. 651 - 654, Rechtsprechung
Insolvenzrecht: Zur Zuständigkeit für das Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Aufsichtsratsvorsitzenden
1. Art 3 Abs 1 Unterabs 3 der VO (EU) 2015/848 ist dahin auszulegen, dass der Begriff „Hauptniederlassung“ einer natürlichen Person, die eine selbständige gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit iS dieser Bestimmung ausübt, nicht dem in Art 2 Nr 10 dieser VO definierten Begriff „Niederlassung“ entspricht.
2. Art 3 Abs 1 Unterabs 3 der VO 2015/848 ist dahin auszulegen, dass bei einer natürlichen Person, die eine selbständige gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit ausübt, bis zum Beweis des Gegenteils vermutet wird, dass sich der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen dieser Person am Ort der Hauptniederlassung dieser Person befindet, auch wenn für diese Tätigkeit kein Personal oder keine Vermögenswerte erforderlich sind.
Die VO (EWG) Nr 1408/71, geändert und aktualisiert durch die VO (EG) Nr 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996, in ihrer durch die VO (EG) Nr 631/2004 des EP und des Rates vom 31. März 2004 geänderten Fassung, und die VO (EG) Nr 883/2004 des EP und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in ihrer durch die VO (EU) Nr 465/2012 des EP und des Rates vom 22. Mai 2012 geänderten Fassung iVm der VO (EG) Nr 987/2009 des EP und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der VO (EG) Nr 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in ihrer durch die VO (EU) Nr 465/2012 des EP und des Rates vom 22. Mai 2012 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass sie nach dem Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 in der durch das Übereinkommen über die Beteiligung der Republik Bulgarien und Rumäniens am Europäischen Wirtschaftsraum geänderten Fassung und dem am 21. Juni 1999 in Luxemburg unterzeichneten Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren MS einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit auf einen Sachverhalt Anwendung finden, in dem ein gleichzeitig in einem MS der Union und einem Staat der Europäischen Freihandelsassoziation, der Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist, selbständig erwerbstätiger Unionsbürger in der Schweiz eine zusätzliche selbständige Erwerbstätigkeit aufnimmt. Nach den einschlägigen Bestimmungen dieser VO sind die anwendbaren Rechtsvorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit getrennt zu bestimmen, zum einen im Rahmen des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und zum anderen im Rahmen des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren MS einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit.
Art 6a Abs 1 und 2 der RL 98/6/EG in der durch die RL (EU) 2019/2161 des EP und des Rates vom 27. November 2019 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er verlangt, dass eine Preisermäßigung für ein Erzeugnis, die von einem Händler in Form eines Prozentsatzes oder einer Werbeaussage, mit der die Vorteilhaftigkeit des angegebenen Preises hervorgehoben werden soll, bekannt gegeben wird, auf der Grundlage des „vorherigen Preises“ iS von Abs 2 dieses Artikels zu bestimmen ist.
Eine durch Betriebsvereinbarung erfolgte Pensionszusage wandelt sich mit dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Betrieb in einen einzelvertraglichen Anspruch des Pensionisten gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber. Die in der Betriebsvereinbarung vereinbarten Änderungsvorbehalte gelten auch gegenüber ausgeschiedenen Arbeitnehmern. Ein Änderungsvorbehalt darf nur nach billigem Ermessen ausgeübt werden.
Ein Pensionskassenvertrag ist ein echter Vertrag zu Gunsten Dritter. Die an eine Pensionskasse gezahlten Beiträge des Arbeitgebers sind keine Leistungen an den Arbeitnehmer. Ist die Pensionszusage des Arbeitgebers nichtig, können die gezahlten Beiträge nicht vom Arbeitnehmer zurückgefordert werden.
Der Kondiktionsanspruch des Arbeitgebers auf Rückzahlung von geleistetem Entgelt aus einem nichtigen Arbeitsvertrag umfasst auch die vom Arbeitgeber abgeführte Lohnsteuer. Der Kondiktionsanspruch auf Rückzahlung von Entgelt unterliegt der kurzen Verjährungsfrist für Forderungen aus Dienstverträgen.
Wird ein Arbeitsverhältnis während einer Arbeitsverhinderung infolge Krankheit einvernehmlich aufgelöst, besteht der Anspruch auf Entgeltfortzahlung bis zur Ausschöpfung der nicht verbrauchten Fortzahlung aus dem laufenden Arbeitsjahr. Der Anspruch endet nicht mit dem (fiktiven) Ende des letzten Arbeitsjahres.
Die Mitgliedstaaten und die Sozialpartner auf nationaler Ebene haben bei der Entscheidung, welches konkrete Ziel sie im Bereich der Sozialpolitik verfolgen wollen, einen weiten Gestaltungsspielraum.
Eine kollektivvertragliche Regelung, die für eine unbefristete betriebliche Hinterbliebenenpension eine Kürzung vorsieht, wenn der Altersunterschied zwischen verstorbenem Arbeitnehmer und dessen Ehegatten mehr als 15 Jahre beträgt, verfolgt ein legitimes sozialpolitisches Ziel und bewirkt keine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters oder Geschlechts.
Für den Erwerb der Akien nach § 22 Abs 4 ÜbG 2006 war auf den Zeitpunkt des Verfügungs- und nicht auf den des Verpflichtungsgeschäfts abzustellen.
Die spätere Eintragung der Nachgründungsprüfung wirkt sachenrechtlich ex tunc.
Übertragungen innerhalb einer Gruppe gemeinsam vorgehender Rechtsträger führen grundsätzlich nicht zu einer Angebotspflicht nach § 22 Abs 4 ÜbG 2006, weil sich der Stimmrechtsanteil der Gruppe gemeinsam vorgehender Rechtsträger insgesamt nicht ändert.
Ein gemeinsames Vorgehen nach § 23 Abs 1 ÜbG 2001 lag dann vor, wenn Rechtsträger im Hinblick auf den Erwerb ständig stimmberechtigter Aktien oder auf die Ausübung der Stimmrechte gemeinsam vorgehen, sei es auf Grund der Zugehörigkeit zu demselben Konzern, auf Grund eines Vertrags oder sonst auf Grund abgestimmten Verhaltens.
Aus dem Umstand, dass der Entscheidung über die Schiedsrichterbestellung nach § 587 ZPO keine Bindungswirkung in Bezug auf die als Vorfrage zu prüfende Zuständigkeit des Schiedsgerichts zukommt, ist abzuleiten, dass die Gültigkeit der Schiedsklausel nur eingeschränkt und summarisch zu prüfen ist.
Unter Statuten nach § 581 ZPO sind sowohl die Satzungen juristischer Personen, die Gesellschaftsverträge von Personengesellschaften, als auch Vereinsstatuten zu verstehen, sofern sie echte Schiedsgerichte nach §§ 577 ff ZPO vorsehen.
Die Bindung der am Gesellschaftsvertrag nicht beteiligten GmbH an dessen Vorgaben ist ein dem Verbandsrecht wesensimmanentes Phänomen, das auch Schiedsklauseln erfasst.
Die Beurteilung, dass ein Streit zwischen ausgeschiedenen Gesellschaftern und verbliebenen Gesellschaften sowie zwischen (ausgeschiedenen) Gesellschaftern und der Gesellschaft ein Streit aus dem Gesellschaftsverhältnis und damit aus dem Gesellschaftsvertrag ist, hält sich im Rahmen der Grundsätze der Rsp zur Auslegung einer Schiedsvereinbarung.
Der Aufsichtsrat ist weder Vorgesetzter der Geschäftsleiter noch obliegt ihm die „Oberleitung“ der Gesellschaft.
Nach seinem Umfang sind das Aufgabengebiet sowie die zu erwartende Tätigkeit des Aufsichtsrats an sich geringer als jene der Geschäftsleiter und beschränken sich im Wesentlichen auf die vergangenheitsbezogene und vorausschauende Überwachung der Geschäftsführung des Vorstands auf ihre Rechtmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit, die Wahrnehmung der Pflichten in der Krise des Unternehmens, die Veranlassung der Geschäftsführer, bei Zutreffen der Voraussetzungen die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu beantragen, sowie die Prüfung des Jahresabschlusses.
Im Konzern erweitert sich die Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats der Muttergesellschaft um die Überwachung der Tätigkeit des Vorstands in Zusammenhang mit dessen Konzernüberwachung und Konzernleitung.
Mittel der Überwachung durch den Aufsichtsrat ist in erster Linie die vom Vorstand erstellte Information. Der Aufsichtsrat darf in der Regel auf die Richtigkeit dieser ihm erstatteten Information vertrauen. Er ist jedoch zur Plausibilitätskontrolle verpflichtet und muss für Aufklärung allfälliger Ungereimtheiten sorgen. Weitere Aufklärungen können erforderlich sein, wenn sonstige Anhaltspunkte für unrichtige oder unvollständige Berichterstattung bestehen oder der Vorstand in der Vergangenheit mangelhaft informierte.
Der Aufsichtsrat darf bei seiner Prüfung der Rechtmäßigkeit in der Regel auf die Ergebnisse des Abschlussprüfers vertrauen und sich auf diese stützen. Es findet keine Doppelprüfung statt. Er muss bei seiner nachprüfenden Kontrolle den Prüfungsgegenstand jedoch anhand des Prüfberichts eigenständig kritisch würdigen und hat mithilfe des Prüfberichts eine selbständige Plausibilitätsprüfung vorzunehmen. Liegen Hinweise auf Mängel der Abschlussprüfung oder Rechnungslegung vor, muss der Aufsichtsrat dem nachgehen. Einer umfassenden Prüfung bedarf es, wenn der Abschlussprüfer den Bestätigungsvermerk einschränkt oder versagt.
Ein Aufsichtsratsmitglied haftet für den Mangel jener Sorgfalt, die man von einem ordentlichen Aufsichtsratsmitglied nach der besonderen Lage des Einzelfalls verlangen kann. Er muss in geschäftlichen und finanziellen Dingen ein größeres Maß an Erfahrung und Wissen besitzen als ein durchschnittlicher Kaufmann und die Fähigkeit haben, schwierige rechtliche und wirtschaftliche Zusammenhänge zu erkennen und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft zu beurteilen. Der einzuhaltende Sorgfaltsmaßstab wird durch die typischen und demnach objektiv bestimmten Fähigkeiten eines ordentlichen Aufsichtsratsmitglieds bestimmt. Für außergewöhnliche Fähigkeiten und außergewöhnlichen Fleiß wird regelmäßig nicht gehaftet.
Gegenstand des urheberrechtlichen Schutzes ist nicht der Stil, die Technik, oder der dem Werk zugrundeliegende, aber noch ungeformte Gedanke, sondern nur die eigenpersönliche körperliche Formung und Festlegung einer schöpferischen Idee.
Bei einer Identität der Waren oder Dienstleistungen ist die Verwechslungsgefahr allein nach der Zeichenähnlichkeit zu prüfen. Dafür sind die Zeichen in Bild, Klang und Bedeutung einer gesamthaften Würdigung zu unterziehen, wobei in der Regel die Verwechslungsgefahr nach einem Gesichtspunkte genügt. Entscheidend ist die Wirkung auf den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren oder Dienstleistungen, der die Marke regelmäßig als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die Einzelheiten achtet. Diese ist anhand des Gesamteindrucks und nicht anhand einer zergliedernden Betrachtung der Einzelheiten zu ermitteln. Bei Wortbildzeichen ist in der Regel der Wortbestandteil maßgebend, sofern er unterscheidungskräftig ist. Nicht schützbare oder schwache Bestandteile, die den Zeichen gemeinsam sind, tragen im Regelfall nur wenig zum Gesamteindruck bei, sodass schon geringe Abweichungen in den übrigen Bestandteilen ausreichen können, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen.
Die Zuständigkeit eines Verwaltungsgerichts zur Entscheidung über eine Beschwerde bestimmt sich danach, welche Verwaltungsbehörde den bekämpften Bescheid tatsächlich erlassen hat, und nicht danach, welche Verwaltungsbehörde richtigerweise zur Bescheiderlassung zuständig gewesen wäre. Eine allfällige Unzuständigkeit der bescheiderlassenden Verwaltungsbehörde hat das Verwaltungsgericht jedoch im Beschwerdeverfahren aufzugreifen und den bekämpften Bescheid zu beheben.
Eine Partei kann nicht dadurch die Zuständigkeit einer Behörde bzw eines Verwaltungsgerichts begründen, dass sie einen Antrag bei einer unzuständigen Behörde einbringt bzw eine Beschwerde an ein unzuständiges Verwaltungsgericht richtet und deren bzw dessen Zuständigkeit behauptet. Dadurch wird diese Behörde bzw dieses Verwaltungsgericht niemals zur Entscheidung in der Sache, sondern allenfalls dafür zuständig, den Antrag bzw die Beschwerde mangels Zuständigkeit zurückzuweisen.
Andererseits verliert eine nach der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung zuständige Behörde bzw ein zuständiges Verwaltungsgericht seine Zuständigkeit nicht dadurch, dass eine Partei diese Zuständigkeit (in welcher Form auch immer) bestreitet. Aus § 6 Abs 2 AVG ergibt sich, dass das Recht auf Entscheidung durch die zuständige Behörde bzw das zuständige Verwaltungsgericht unverzichtbar ist. Jede nach dem Gesetz für zuständig erklärte Behörde hat ihrerseits die Pflicht, die ihr eingeräumten Befugnisse auszuüben; niemand, auch nicht eine Partei des Verfahrens, ist berechtigt, ihr diese Zuständigkeit abzusprechen.
S. 686 - 688, Rechtsprechung
Übermittlung eines Anbringens an eine bloß am amtlichen Vordruck bekannt gegebene E-Mail-Adresse der Behörde
Anbringen an Behörden per E-Mail können „organisatorischen Beschränkungen“ iS des § 13 Abs 2 letzter Satz AVG unterworfen werden, zB Beschränkungen auf bestimmte Formen der elektronischen Übermittlung oder Beschränkungen auf bestimmte elektronische Adressen. Solche organisatorischen Beschränkungen sind gem § 13 Abs 2 AVG im Internet bekanntzumachen.
Entgegen derartiger Beschränkungen übermittelte Anbringen sind unwirksam und reichen für die Wahrung der Frist nicht hin. Die Verwendung einer anderen als der von einer Behörde in Entsprechung und unter ausdrücklicher Anführung des § 13 AVG im Internet kundgemachten E-Mail-Adresse geht nach der stRsp des VwGH zu Lasten des Einschreiters.
Das AVG verwehrt es einer Behörde jedoch nicht, die einmal getroffene „organisatorische Beschränkung“ für jedermann zurückzunehmen, indem sie einen „contrarius actus“ setzt (also die im Internet vorgenommene Kundmachung löscht oder abändert), oder die elektronischen Einbringungsmöglichkeiten – unter Aufrechterhaltung der allgemeinen Beschränkungen – im Einzelfall gegenüber einer bestimmten Person um eine (oder mehrere) Einbringungsmöglichkeiten zu erweitern.
Für eine – von der Behörde im Einzelfall – vorgenommene Erweiterung der Einbringungsmöglichkeiten sieht das AVG keine explizite Regelung vor. Insbesondere verlangt es nicht, dass auch eine solche Erweiterung – bei Aufrechterhaltung der allgemeinen „organisatorischen Beschränkungen“ – im Internet kundgemacht werden müsste. Allerdings wird zu verlangen sein, dass die Behörde, die eine „organisatorische Beschränkung“ des elektronischen Verkehrs vorgenommen hat, die Erweiterung der Einbringungsmöglichkeiten gegenüber einem einzelnen Betroffenen in einer solchen Art und Weise bekanntgegeben hat, dass dieser mit Grund annehmen konnte, Eingaben an die genannte Adresse seien in diesem Verfahren zulässig und fristwahrend. Davon ist jedenfalls dann auszugehen, wenn die Behörde einem Beschuldigten – wie im vorliegenden Fall – eine (weitere) E-Mail-Adresse auf ihren behördlichen Schriftstücken im Vordruck bekannt gibt.
Weitere Hefte aus dieser Zeitschrift