Der Markt für grüne Finanzprodukte wächst beständig, was den Gesetzgeber dazu veranlasst, die Regulierung der Sustainable Finance auszubauen. Seit August 2022 müssen Finanzmarktakteure neben der Offenlegungs-VO und der Taxonomie-VO die Bestimmungen über die Exploration und Berücksichtigung von Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden einhalten, was den Vertrieb von Finanzprodukten vor neue Herausforderungen stellt. Vor diesem Hintergrund beleuchtet der Beitrag das Zusammenspiel der ESG-bezogenen Regelwerke im Finanzmarktbereich, wobei er neben den Pflichten auch die Sanktionsinstrumente in den Blick nimmt.
Heft 12, Dezember 2022, Band 70
40,00 €
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Inhalt der Ausgabe
S. 882 - 901, Abhandlung
ESG (Environmental Social Governance) beim Vertrieb von Finanzprodukten
S. 902 - 908, Abhandlung
Neue Regeln im Zusammenspiel zwischen der Klausel-RL und dem nationalen Verfahrensrecht
Dass sich Fragen der Gewährleistung eines europaweiten Verbraucherschutzes keineswegs auf die Harmonisierung der einschlägigen materiellen Schutzbestimmungen beschränken, sondern auch zentral im Bereich der Ausgestaltung des unvereinheitlichten Zivilverfahrensrechts der Mitgliedstaaten zu verorten sind, wird wieder anhand von fünf im Jahr 2022 ergangenen Entscheidungen des EuGH augenscheinlich, in denen sich der Gerichtshof erneut mit Rechtsfragen zum Spannungsverhältnis zwischen der Klausel-RL und Grundsätzen mitgliedstaatlicher Zivilprozessrechtsordnungen auseinandergesetzt und seine Judikaturlinie zur amtswegigen Überprüfung von missbräuchlichen Klauseln weiterentwickelt hat. Der Beitrag soll die neuesten, insb für das österreichische Zivilverfahrensund Verbraucherschutzrecht brisanten Entwicklungen beleuchten. Vorab wird die bisherige Judikatur des Gerichtshofes zur amtswegigen Kontrolle missbräuchlicher Klauseln in Verbraucherverträgen auf das Wesentlichste konzentriert dargestellt.
S. 909 - 913, Berichte und Analysen
Pensionskassen und Betriebliche Vorsorgekassen in Österreich
Die heimischen Pensionskassen erzielen ein Plus von 7,62 Prozent im Jahr 2021, die sehr konservativ veranlagenden Vorsorgekassen (Abfertigung Neu) erwirtschaften ein Plus von 4 Prozent in der Veranlagung.
Seit Jänner 2022 gibt es eine gemeinsame Vertretung der Pensionsund Vorsorgekassen in Österreich: Der Fachverband der Pensions- und Vorsorgekassen in der WKO vertritt nun die acht Pensions- sowie die acht Vorsorgekassen. Hinsichtlich der Anspruchsberechtigten vervierfacht sich die Größe somit auf mehr als vier Millionen Menschen. Durch den Zusammenschluss steigt das vom Verband der 16 Pensions- und Vorsorgekassen repräsentierte Vermögen von € 27,30 Mrd. auf knapp € 43,87 Mrd. Mit Ende 2021 verwalten acht Pensionskassen bereits ein Vermögen von über € 27 Mrd. für mittlerweile über eine Million Personen. Das für die Pensionskassen-Kunden besonders wichtige langjährige durchschnittliche Jahresergebnis über 30 Jahre liegt inklusive dem Jahr 2021 bei plus 5,37 Prozent pro Jahr.
In den letzten zehn Jahren der nach wie vor anhaltenden Null-Zins-Phase, die eine klassische Veranlagungsstrategie erschwert, erwirtschafteten die Pensionskassen eine durchschnittliche Wertsteigerung von plus 5,06 Prozent – und das jedes Jahr.
S. 914 - 915, Berichte und Analysen
Was ist eigentlich … Marketing Management?
S. 916 - 923, Rechtsprechung des OGH
Internationale Zuständigkeit: Anknüpfung bei Verstoß gegen Verbot der Einlagenrückgewähr.
§ 905 ABGB; §§ 2, 3 IO; Art 6 EuInsVO; Art 7 EuGVVO. Eine rechtsgrundlose Vermögensverschiebung ist eine die Insolvenzmasse schädigende Handlung, die als „Rechtshandlung“ iSd § 3 Abs 1 IO den Gläubigern ex lege gegenüber ohne Anfechtung unwirksam ist.
Die – zumindest auch – auf § 3 Abs 1 IO gestützte Unwirksamkeit einer nach Insolvenzeröffnung vorgenommenen Rechtshandlung begründet die internationale Zuständigkeit des Eröffnungsstaats gemäß Art 6 Nr 1 EuInsVO für das auf diese Unwirksamkeit gegründete Rückforderungsbegehren.
Eine auf das Verbot der Einlagenrückgewähr gestützte Klage ist nicht „insolvenznahe“ iSd Art 6 Nr 1 EuInsVO. Ein solches Begehren ist als gesellschaftsvertraglich iSv Art 7 Nr 1 EuGVVO 2012 zu qualifizieren. Die Gerichte des Erfüllungsortes sind international zuständig.
Aufgrund der Natur des Gesellschaftsvertrags sind Ansprüche daraus grundsätzlich am Sitz der Gesellschaft zu erfüllen. Dies gilt auch für Ansprüche wegen einer Verletzung des Verbots der Einlagenrückgewähr.
S. 923 - 926, Rechtsprechung des OGH
Klauselentscheidung zu Zustimmungsfiktionen.
§§ 863, 879 ABGB; §§ 6, 28 KSchG; § 50 ZaDiG 2018; Art 52 Zahlungsdienste-RL II; § 409 ZPO. Klauselentscheidung zu Zustimmungsfiktionen.
S. 926 - 928, Rechtsprechung des OGH
Zur (grenzüberschreitenden) Wirksamkeit von Mobiliarsicherheiten.
§§ 7, 31 IPRG; §§ 367, 863, 929, 930, 931 BGB; §§ 37, 258 EO. Sieht das Recht eines Staates den wirksamen Erwerb von Sicherungseigentum ohne Publizitätsakt vor, bleibt der abgeschlossene Erwerb des Sicherungsrechts auch wirksam, wenn am neuen Lageort eine andere Rechtslage gilt. Der Pfanderwerber muss jede Fahrlässigkeit vertreten. Ein ihm unterlaufener Irrtum muss in jeder Hinsicht entschuldbar und unvermeidlich sein, damit er gutgläubig ein Pfandrecht erwirbt.
S. 928 - 929, Rechtsprechung des OGH
Zur Bestimmtheit der Kreditschuld bei einem FX-Kreditvertrag.
§§ 863, 879, 907b ABGB; § 6 KSchG. Ein FX-Kreditvertrag kann auch ohne Geldwechselvertrag durchgeführt werden. Ist der Geldwechselvertrag unwirksam, fällt der FX-Kreditvertrag nicht automatisch weg. Entfielen beim FX-Kreditvertrag die „Konvertierungsklauseln“ und käme auch eine Anwendung des § 907b Abs 1 ABGB nicht in Betracht, so hätte die Kreditrückzahlung dennoch in der Fremdwährung zu erfolgen. Der Kreditvertrag wäre auf dieser Basis zu erfüllen und könnte ohne die beanstandeten Klauseln fortbestehen. Der Kreditnehmer müsste sich die von ihm in fremder Währung zu leistenden Beträge dann – nicht notwendigerweise beim Kreditgeber – selbst beschaffen. Von einer allfälligen Intransparenz oder Missbräuchlichkeit von Umrechnungsklauseln des Geldwechselvertrags ist zu trennen, ob der FX-Kreditvertrag als solcher wirksam zustande gekommen ist, um auch ohne den Geldwechselvertrag bestehen und durchgeführt werden zu können. Dafür müssen die Kreditsumme als Hauptleistungspflicht des Kreditgebers und die Rückzahlungspflicht als Hauptleistungspflicht des Kreditnehmers als essentialia negotii ausreichend bestimmt iS einer eindeutigen Bestimmbarkeit sein. Darüber hinaus ist selbst ein durch die Unbestimmtheit entstehender Mangel „heilbar“ iS eines neuen Vertragsabschlusses, wenn ein späteres Verhalten nach § 863 ABGB eindeutige Schlüsse auf den dann gegebenen bestimmten Bindungswillen zulässt.
S. 929 - 931, Rechtsprechung des OGH
Zu Anwendbarkeit des FAGG während eines „Lockdowns“.
§§ 1, 3, 11 FAGG. Ein Kriterium des „Fernabsatzvertrags“ nach § 3 Z 2 FAGG ist, dass ein Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit des Unternehmers und des Verbrauchers im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems geschlossen wird. Dafür, dass ein behördliches Betretungsverbot (Lockdown I) der Anwendung des FAGG im Allgemeinen oder dem Rücktrittsrecht im Besonderen entgegenstehen könnte, bestehen keinerlei Anhaltspunkte.
S. 931 - 932, Rechtsprechung des OGH
Übergangsregelung für verkürzte Abschöpfungsverfahren nach dem IRÄG 2017.
§§ 198, 199, 213 IO. Bei Abschöpfungsverfahren, die vor dem 1.11.2017 eingeleitet wurden, ist § 213 Abs 1 IO idF BGBl 2010/29 anzuwenden, wonach das Gericht das Abschöpfungsverfahren für beendet zu erklären hat, wenn drei Jahre verstrichen sind und die Insolvenzgläubiger zumindest 50% ihrer Forderungen oder nach Ablauf der Abtretungserklärung zumindest 10% ihrer Forderungen erhalten haben.
S. 932 - 933, Rechtsprechung des OGH
Zum Verbot der Einlagenrückgewähr nach § 82 GmbHG.
§ 82 GmbHG. Es ist kein Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr des § 82 GmbHG, wenn – wie hier – ein Gesellschafter durch die Gesellschaft von der „Last“ befreit wird, eine unberechtigte Forderung der Bank „abzuwehren“.
S. 933 - 939, Entscheidungen des EuGH
Die bereits bei Einleitung des Vollstreckungsverfahrens erfolgte gerichtliche Überprüfung der Vertragsklauseln auf ihre Missbräuchlichkeit kann einer Verbraucherin nicht entgegengehalten werden, wenn in dem Urteil keine Bestäti...
Vorlage zur Vorabentscheidung – Richtlinie 93/13/EWG – Missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen – Äquivalenzgrundsatz – Effektivitätsgrundsatz – Hypothekenvollstreckungsverfahren – Missbräuchlichkeit der Klausel, mit der der Nominalverzugszinssatz festgelegt wird, und der Klausel über die vorzeitige Fälligstellung, die in dem Darlehensvertrag enthalten sind – Rechtskraft und Ausschlusswirkung – Verlust der Möglichkeit, die Missbräuchlichkeit einer Klausel des Vertrags vor einem Gericht geltend zu machen – Kontrollbefugnis von Amts wegen durch das nationale Gericht;
1. Art 6 Abs 1 und Art 7 Abs 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen sind dahin auszulegen, dass sie nationalen Rechtsvorschriften entgegenstehen, die in Anbetracht von Rechtskraft und Ausschlusswirkung weder dem Gericht erlauben, von Amts wegen die Missbräuchlichkeit von Vertragsklauseln im Rahmen eines Hypothekenvollstreckungsverfahrens zu prüfen, noch dem Verbraucher erlauben, nach dem Ablauf der Einspruchsfrist die Missbräuchlichkeit dieser Klauseln in diesem Verfahren oder einem späteren Erkenntnisverfahren geltend zu machen, wenn diese Klauseln bereits bei der Einleitung des Hypothekenvollstreckungsverfahrens von Amts wegen von dem Gericht auf ihre etwaige Missbräuchlichkeit hin geprüft wurden, die gerichtliche Entscheidung, mit der die Zwangsvollstreckung aus der Hypothek gestattet wird, aber keine – selbst summarische – Begründung enthält, die diese Prüfung belegt, und in dieser Entscheidung nicht darauf hingewiesen wird, dass die Beurteilung, zu der das Gericht am Ende dieser Prüfung werden kann, wenn nicht fristgemäß Einspruch eingelegt wird.
2. Art 6 Abs 1 und Art 7 Abs 1 der Richtlinie 93/13 sind dahin auszulegen, dass sie nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen, die einem nationalen Gericht weder von Amts wegen noch auf Antrag des Verbrauchers erlauben, die etwaige Missbräuchlichkeit von Vertragsklauseln zu prüfen, wenn die hypothekarische Sicherheit verwertet wurde, die mit einer Hypothek belastete Immobilie verkauft wurde und die Eigentumsrechte an der Immobilie auf einen Dritten übertragen wurden, sofern der Verbraucher, dessen Immobilie Gegenstand eines Hypothekenvollstreckungsverfahrens war, seine Rechte in einem nachfolgenden Verfahren geltend machen kann, um gemäß dieser Richtlinie Ersatz für die finanziellen Folgen zu erlangen, die sich aus der Anwendung missbräuchlicher Klauseln ergeben.
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