Zum Hauptinhalt springen
JBL

Heft 2, Februar 2012, Band 134

eJournal-Heft
  • ISSN Online: 1613-7639

60,00 €

inkl MwSt

Sofortiger PDF-Download

Inhalt der Ausgabe

S. 73 - 86, Aufsatz

Günter H. Roth

Kapitalerhaltung versus Prospekthaftung: Die europäischen Richtlinien

Die Prospekthaftung kann ebenso wie diejenige aus anderen kapitalmarktrechtlichen Informationspflichten mit der aktienrechtlich gebotenen Kapitalerhaltung beim Emittenten kollidieren, wenn der von Kursverlusten betroffene Anleger seine Ansprüche gegen diesen richtet. Die deutsche Rsp hat schon vor Jahren dem Anlegerschutz den Vorrang zuerkannt, und der OGH ist dem unlängst gefolgt. Dieses Ergebnis ist alles andere als zweifelsfrei; vor allem aber erstaunt, dass keine Vorlage zum EuGH erfolgte, ja deren Notwendigkeit nicht einmal in Erwägung gezogen wurde. Denn hier sind im nationalen Recht die Vorgaben einschlägiger Richtlinien zu befolgen. Der Beitrag weist erstens nach, dass eine Vorlage unumgänglich ist, und begründet zweitens, warum die nationale Judikatur in der Sache den europäischen Maßstäben nicht standhält.

S. 87 - 93, Aufsatz

Walter H. Rechberger

Zur „Vollstreckungsnähe“ der Oppositionsklage

Das Verhältnis der Europäischen Vollstreckungstitel-VO (EuVTVO) zu den vollstreckungsrechtlichen Rechtsbehelfen des nationalen Rechts ist bekanntermaßen ambivalent. Im Fokus der diesbezüglich in Österreich geführten Diskussion steht die Oppositionsklage, die in diesem Zusammenhang in der Literatur immer wieder als unzulässig erachtet wird. Der gegenständliche Beitrag untersucht die Zulässigkeit der Oppositionsklage im Anwendungsbereich der EuVTVO und unterzieht die jüngst dazu ergangene Rsp des OGH einer kritischen Würdigung.

S. 94 - 111, Aufsatz

Andreas Geroldinger

Die Zurechnung Dritter nach § 875 ABGB

S. 112 - 112, Aufsatz

Peter Rummel

Karl Spielbüchler †

S. 116 - 117, Rechtsprechung

Beschränkung des Besuchsrechts nur bei konkreter Gefährdung der psychischen oder physischen Integrität des Kindes

Eine Beschränkung des Besuchsrechts iSd § 148 Abs 2 ABGB (hier: durch Auflagen über die Örtlichkeit, an der der persönliche Kontakt stattfinden soll) kommt nur dann in Betracht, wenn konkrete Umstände vorliegen, die eine Gefährdung der psychischen oder physischen Integrität des Kindes besorgen lassen. Bloß abstrakte Befürchtungen des obsorgeberechtigten Elternteils rechtfertigen weder Einschränkungen noch Auflagen oder Verbote im Zusammenhang mit der Ausübung des Besuchsrechts.

Für die Zuerkennung vorläufiger Verbindlichkeit oder Vollstreckbarkeit gem § 44 AußStrG ist jeweils das Gericht zuständig, bei dem das Verfahren gerade anhängig ist.

S. 117 - 120, Rechtsprechung

Keine Zurechnung des „Herstellungsgehilfen“ nach § 1313a ABGB analog

Der Geschädigte muss sich das Verhalten des „Herstellungsgehilfen“, den er mit der Schadensbeseitigung beauftragt hat, nicht nach § 1313a ABGB analog zurechnen lassen. Er muss nur vertreten, den Herstellungsgehilfen nicht ordnungsgemäß ausgewählt zu haben.

S. 120 - 122, Rechtsprechung

Bauwerkehaftung für versenkbaren Sperrpfosten (Pilomat)

Ein in die Fahrbahn eingelassener Pilomat (versenkbarer Sperrpfosten) ist ein Werk iSd § 1319 ABGB.

Ist ein auf einem Weg aufgeführtes Werk iSd § 1319 ABGB nicht zugleich eine Anlage iSd § 1319a ABGB, so besteht grundsätzlich Anspruchskonkurrenz zwischen den beiden Bestimmungen. Als „im Zuge eines Weges befindliche Anlagen“ sind solche zu verstehen, die dem Verkehr auf dem Weg dienen. Wo die Funktion einer Baulichkeit als Verkehrsweg klar im Vordergrund steht, ist § 1319a gegenüber § 1319 ABGB als lex specialis anzusehen. Ein Pilomat, der die Benutzung des Weges hindert, ist keine „im Zuge eines Weges befindliche Anlage“ iSd § 1319a ABGB.

S. 122 - 122, Rechtsprechung

Keine „Streitigkeit aus dem Vereinsverhältnis“ iSd § 8 VerG bei Streit über ein Darlehen an ein Vereinsmitglied

Die Wendung „Streitigkeit aus dem Vereinsverhältnis“ (§ 8 VerG) erfasst alle privatrechtlichen Streitigkeiten zwischen Vereinsmitgliedern und dem Verein oder Vereinsmitgliedern untereinander, sofern sie in der Vereinsmitgliedschaft wurzeln. Dazu gehören zunächst Streitigkeiten über die Zahlung der Mitgliedsbeiträge, aber auch über die Erbringung anderer mit der Mitgliedschaft verknüpfter vermögenswerter Leistungen an den Verein.

Beruht der Anspruch nach dem Klagebegehren auf einem selbstständigen vertraglichen Schuldverhältnis, für dessen Zustandekommen die Vereinszugehörigkeit nicht denknotwendig Voraussetzung ist, liegt seine Grundlage nicht im Vereinsverhältnis, sondern in dem zwischen den Streitparteien abgeschlossenen Vertrag. Auch der Umstand, dass die Stellung als Mitglied und/oder Funktionär des Vereins das entscheidende Motiv für den Vertragsschluss zu nicht fremdüblichen Konditionen ist (hier: Gewährung eines zinsenlosen Darlehens), führt nicht dazu, dass das Grundgeschäft denknotwendig in der Vereinszugehörigkeit wurzelt.

S. 123 - 124, Rechtsprechung

Klagszurücknahme im Eheverfahren

Im Eheverfahren ist nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz eine Zurücknahme der Klage nur mit Zustimmung der beklagten Partei zulässig. Eine Zurücknahme der Klage unter Anspruchsverzicht genügt nicht.

Der Beschluss, mit dem festgestellt wird, dass die Zurücknahme der Klage nach § 483a Abs 1 ZPO wirkungslos ist, ist ein deklarativer Beschluss iSd § 483 Abs 3 letzter Halbsatz ZPO.

S. 123 - 123, Rechtsprechung

Anfangs- und Endtermine von Fristenhemmung nach § 222 ZPO umfasst

Die in § 222 Abs 1 ZPO idF BudgetbegleitG 2011 angegebenen Anfangs- und Endtermine sind bei der Berechnung der Fristenhemmung mitzuzählen. Die Verwendung der Präposition „zwischen“ schließt ein solches Verständnis keineswegs aus; der Anfangs- und der Endtermin fallen damit in den Hemmungszeitraum.

S. 124 - 125, Rechtsprechung

Wiederaufnahme nur bei kausaler strafbarer Amtspflichtverletzung des Richters

Eine Wiederaufnahme wegen strafbarer Amtspflichtverletzung des Richters (§ 530 Abs 1 Z 4 ZPO) setzt voraus, dass die strafbare Amtspflichtverletzung für das Zustandekommen der Entscheidung kausal war. Das Kausalitätserfordernis ist insofern gelockert, als schon eine Amtspflichtverletzung bei einer Entscheidung in einem früheren Verfahrensstadium ausreicht.

Befangenheit als solche ist kein Nichtigkeits- oder Wiederaufnahmegrund. Für eine Wiederaufnahme nach § 530 Abs 1 Z 4 ZPO muss die Befangenheit im konkreten Verfahren zu einer strafbaren Amtspflichtverletzung geführt haben.

S. 125 - 127, Rechtsprechung

Klage auf Rückabwicklung einer widerrufenen Schenkung am Erfüllungsort iSd Art 5 Nr 1 lit a EuGVVO?

Zu den „Ansprüchen aus einem Vertrag“ (Art 5 Nr 1 lit a EuGVVO) gehören nicht nur die unmittelbaren vertraglichen Pflichten – etwa Leistungs-, Zahlungs-, Duldungs- oder Unterlassungspflichten –, sondern auch die Verpflichtungen, die an die Stelle einer nicht erfüllten vertraglichen Verbindlichkeit treten (sogenannte Sekundärverpflichtungen), also vor allem Schadenersatz- und Rückerstattungsansprüche, und zwar auch dann, wenn sie (erst) aus dem Gesetz folgen. Diese Sekundäransprüche fallen aber nur dann in den Anwendungsbereich des Art 5 Nr 1 lit a EuGVVO, wenn sie ihren Ursprung in der Verletzung einer sich aus dem Vertrag ergebenden Pflicht haben, mag der Anspruch dem Kläger auch bloß aufgrund einer Legalzession übertragen worden sein. Erfasst sind weiters nur solche Pflichten, die selbstständig gerichtlich eingeklagt werden können.

Die Bestimmung des Erfüllungsorts hat in den Fällen des Art 5 Nr 1 lit a EuGVVO nach der (materiellen) lex causae zu erfolgen. Der Schuldner soll dort, wo er nach materiellem Recht leisten muss, auch gerichtlich zu belangen sein. Werden sekundäre vertragliche Ansprüche – wie Schadenersatz oder Rückerstattung – geltend gemacht, so kommt es auf den Erfüllungsort jener vertraglichen „primären“ Verpflichtung an, deren Nichterfüllung zur Begründung des Anspruchs behauptet wird.

Art 5 Nr 1 lit a EuGVVO ist auf eine geografisch unbegrenzt geltende Unterlassungspflicht nicht anzuwenden.

S. 127 - 129, Rechtsprechung

Aufrechnung mittels Oppositionsklage bei Europäischem Vollstreckungstitel?

Forderungen, die bereits vor dem Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs, der im Ursprungsstaat als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt wurde, zur Aufrechnung zur Verfügung gestanden wären, können in Österreich als Vollstreckungsstaat dem betriebenen Anspruch nicht mittels Oppositionsklage entgegengesetzt werden.

S. 129 - 131, Rechtsprechung

Insolvenz-Entgelt bei Insolvenzverfahrenseröffnung erst Jahre nach dem Austritt?

§ 3a Abs 1 IESG erfordert lediglich die Einleitung eines (in der Regel) arbeitsgerichtlichen Verfahrens sowie dessen gehörige Fortsetzung einschließlich eines Exekutionsverfahrens. Hingegen ist die (unverzügliche) Einbringung eines Antrags auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers nicht Teil des nach § 3a Abs 1 S 2 IESG gehörig fortzusetzenden Verfahrens. Verstreichen zwischen der (erfolgreichen) gerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche des Arbeitnehmers und der Einleitung eines Insolvenzverfahrens (hier: acht) Jahre, bleibt als Prüfungsmaßstab nur die Frage nach einer allfälligen sittenwidrigen Verlagerung des Finanzierungsrisikos auf die IEF-Service GmbH.

S. 131 - 132, Rechtsprechung

Konvaleszenz prozessordnungswidriger Verlesungen

Durch prozessordnungskonforme Verlesung einer Niederschrift wird ein zuvor durch deren prozessordnungswidrige Verlesung geschehener Verstoß gegen § 252 Abs 1 StPO jedenfalls mit Blick auf § 281 Abs 3 StPO saniert.

S. 132 - 134, Rechtsprechung

Robert Kert

Tilgungsfrist von im Verhältnis des § 31 StGB stehenden Verurteilungen, Umfang des Entschlagungsrechts

Das Gesetz sieht für die Berechnung der Tilgungsfrist eine privilegierende Regelung für Verurteilungen, die im Verhältnis des § 31 StGB stehen, ausschließlich darin, dass diese als eine Verurteilung gelten, deren Tilgungsfrist unter Zugrundelegung der Summe der verhängten Strafen nach § 3 TilgG zu bestimmen ist. Eine „Einrechnung“ der Zeit seit dem Vollzugsdatum der vorangegangenen, im Verhältnis des § 31 StGB stehenden Verurteilung, kennt das Gesetz nicht, sondern setzt den Beginn der Tilgungsfrist einheitlich mit dem Zeitpunkt fest, zu dem alle Freiheits- oder Geldstrafen und die mit Freiheitsentzug verbundenen vorbeugenden Maßnahmen vollzogen sind, als vollzogen gelten, nachgesehen worden sind oder nicht mehr vollzogen werden dürfen.

§ 157 Abs 1 Z 1 StPO billigt ua jenen Zeugen ein Entschlagungsrecht zu, die sich im Zusammenhang mit einem gegen sie geführten Strafverfahren der Gefahr aussetzen würden, sich über ihre bisherige Aussage hinaus selbst zu belasten, ohne dass insoweit zwischen gerichtlicher und kriminalpolizeilicher Vernehmung unterschieden würde. Einem Zeugen, der bei seiner vorangegangenen kriminalpolizeilichen Vernehmung als Beschuldigter ein Geständnis abgelegt hat, steht in diesem Umfang kein Entschlagungsrecht nach § 157 Abs 1 Z 1 StPO zu. Eine in der Hauptverhandlung trotz Widerspruchs der Verteidigung erfolgte Verlesung der Aussage des geständigen, bloß polizeilich vernommenen Zeugen begründet keinen Verstoß gegen § 252 Abs 1 Z 3 StPO.

Die Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Zeugen steht grundsätzlich dem Gericht zu, eine Hilfestellung durch Sachverständige kommt nur in Ausnahmefällen, wie bei Entwicklungsstörungen oder geistigen Defekten unmündiger oder jugendlicher Zeugen, in Betracht.

S. 134 - 136, Rechtsprechung

Betriebsanlagengenehmigung, Gutachten

Sachverständigengutachten aus den Jahren 1999 bzw 2002 können für die Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit einer Betriebsanlage im Jahre 2011 keine taugliche Grundlage bilden.

Der zum Beweis des Vorliegens der Genehmigungsvoraussetzungen des § 77 GewO 1994 herangezogene Sachverständige kann seiner Beurteilung vom Konsenswerber vorgelegte Messberichte zu Grunde legen, sofern er diese nach eigenverantwortlicher Überprüfung für unbedenklich hält.