Die verwaltungsbehördliche Ermessensübung wird von den Verwaltungsgerichten in weitgehendem Umfang kontrolliert und in nicht wenigen Fällen auch selbst übernommen. In der Rechtspraxis gibt es dennoch Unsicherheit, wie anhand des Rechtsmittelverfahrens in Erstattungssachen beobachtet werden kann.
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- 1613-7663
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Inhalt der Ausgabe
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S. 225 - 225, Ermessenskontrolle – Jahrestagung des Fachbereichs öffentliches Recht 2024
Sebastian Schmid / Benjamin Kneihs -
S. 227 - 236, Ermessenskontrolle – Jahrestagung des Fachbereichs öffentliches Recht 2024
Mathis Fister -
S. 237 - 255, Ermessenskontrolle – Jahrestagung des Fachbereichs öffentliches Recht 2024
Matthias LukanArt 130 Abs 3 erster Satzteil B-VG trägt den Verwaltungsgerichten in Verwaltungsstrafsachen und dem BFG in seinem gesamten Zuständigkeitsbereich eine besondere Ermessenskontrolle auf, die vom allgemeinen System der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle des Ermessens der Verwaltungsbehörden abweicht. Der vorliegende Beitrag untersucht, aus welchen Gründen der Bundesverfassungsgesetzgeber in diesen Bereichen eine besondere verwaltungsgerichtliche Ermessenskontrolle vorsieht, wie diese Ermessenskontrolle ausgestaltet ist und welche Auswirkungen dieses Kontrollregime auf den Charakter des Ermessens iSv Art 130 Abs 3 B-VG hat.
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S. 257 - 272, Ermessenskontrolle – Jahrestagung des Fachbereichs öffentliches Recht 2024
Robert SchickDie Kontrolle von Ermessensentscheidungen der Verwaltungsgerichte erfolgt in zwei Schritten. In einem ersten Schritt ist zu klären, ob die Vorbedingungen für die eigentliche Ermessensübung durch das Verwaltungsgericht (materiell-rechtliche Eingangsvoraussetzungen, rechtswidrige Ermessensübung durch die Behörde, verfahrensrechtliche Zulässigkeit einer Entscheidung in der Sache selbst) erfüllt sind. Erst in einem zweiten Schritt ist die eigentliche Ermessensübung durch das Verwaltungsgericht (Feststellungen zu den ermessensleitenden Determinanten, Auseinandersetzung mit diesen und Begründung der gewählten Vorgangsweise innerhalb des Ermessensraums) zu überprüfen.
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S. 273 - 288, Ermessenskontrolle – Jahrestagung des Fachbereichs öffentliches Recht 2024
Benjamin KneihsWenn Ermessen die Einräumung von Spielräumen bedeutet, die der Vollziehung bewusst gegeben werden (Selbstprogrammierung), dann gibt es in der Rechtsordnung zahlreiche einfach- und verfassungsgesetzliche Beispiele dafür, dass solches Ermessen auch für die Verordnungserlassung eingeräumt wird. Da die Bundesverfassung aber eine Beschränkung der Kontrollkompetenz des VfGH auch für diesen Fall nicht verfügt, gibt es kein Verordnungsermessen, sofern man darunter die Schaffung kontrollfreier Räume versteht (Letztprogrammierung). Der VfGH ist auch in diesen Fällen allerdings bloß zur Kassation berufen, sodass die Erlassung der Ersatzverordnung wiederum im (nicht kontrollfreien) Ermessen der Behörde liegt.
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S. 289 - 298, Ermessenskontrolle – Jahrestagung des Fachbereichs öffentliches Recht 2024
Patrick SegallaDer Beitrag untersucht die Kontrolle von Ermessensentscheidungen in der Justizverwaltung. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der kollegialen Justizverwaltung, insbesondere in den Bereichen Geschäftsverteilung, Dienstbeschreibung und Besetzungsvorschläge. Aufbauend auf dem traditionellen, für die Zwecke der Untersuchung aber gelegentlich erweiterten Ermessensbegriff werden die verschiedenen Kontrollmodelle, die sich deutlich voneinander unterscheiden, und die dabei von den Kontrolleinrichtungen jeweils gewährten Ermessensspielräume dargestellt.
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S. 299 - 309, Ermessenskontrolle – Jahrestagung des Fachbereichs öffentliches Recht 2024
Maria BertelAnders als die sogenannten sukzessiven Zuständigkeiten gilt für Rechtszüge nach Art 94 Abs 2 B-VG (die dem Gesetzgeber ermöglichen, die Anrufung eines ordentlichen Gerichts anstelle eines Verwaltungsgerichts vorzusehen), dass der verwaltungsbehördliche Bescheid mit Erhebung einer Klage an das ordentliche Gericht gerade nicht außer Kraft tritt. Vor diesem Hintergrund geht der Beitrag der Frage nach, ob Art 94 Abs 2 B-VG als Ausnahme von der grundsätzlichen Allzuständigkeit der Verwaltungsgerichte auch eine andere Form der Ermessenskontrolle mit sich bringt.
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S. 311 - 322, Ermessenskontrolle – Jahrestagung des Fachbereichs öffentliches Recht 2024
Matthias NeumayrDie häufige Verwendung des Terminus „Ermessen“ in zivilrechtlichen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs darf nicht zur Annahme verleiten, den unterinstanzlichen ordentlichen Gerichten stünde bei ihren Entscheidungen ein Ermessen entsprechend Art 130 Abs 3 und Art 133 Abs 3 B-VG zu. Soweit der Terminus „Ermessen“ in einem zivilverfahrensrechtlichen Kontext verwendet wird, bezieht er sich häufig auf einen dem Gericht zweiter Instanz eingeräumten Beurteilungsspielraum, der sich aus dem Zulassungsrevisionssystem ergibt: Die Leitfunktion eines Höchstgerichts bedingt, dass es nicht jeden an ihn herangetragenen Fall in aller Tiefe inhaltlich behandelt, sondern dem Gericht zweiter Instanz einen Spielraum (in Form der „Vertretbarkeit“ der Rechtsansicht der zweiten Instanz) zugesteht. Insgesamt liegt der Verwendung des Begriffs „Ermessen“ in der Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte ein umgangssprachliches Verständnis zugrunde.
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S. 323 - 346, Aufsatz
Richard Lein / Miriam GassnerDer Rechtswissenschaftler Hans Kelsen gilt allgemein als der Vater des Österreichischen Bundes-Verfassungsgesetzes 1920 (B-VG 1920). Tatsächlich legten seine sechs im Jahr 1919 entstandenen Entwürfe den Grundstein für die Verfassungsentwicklung in Österreich nach dem Ersten Weltkrieg. Welcher der Entwürfe letztlich maßgeblich für die weitere Verfassungsentwicklung war, ist in der Forschung ebenso umstritten wie die Reihenfolge, in der diese sechs Texte entstanden. Im Zuge eines internationalen Forschungsprojekts, das sich eine vollständige Edition aller relevanten Quellen zur Entstehung des B-VG 1920 zum Ziel setzt, konnte nun eine Neubewertung der Entwürfe Kelsens und ihres Entstehungskontexts vorgenommen werden. Dabei wurden zahlreiche neue Erkenntnisse gewonnen, welche den bisherigen Forschungsstand zu den Kelsen-Entwürfen und ihrem verfassungsgeschichtlichen Umfeld wesentlich korrigieren.
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S. 347 - 367, Aufsatz
Ralph JanikDer vorliegende Beitrag widmet sich dem vermeintlichen Widerspruch zwischen einer strengen völkerrechtlichen und der durch den EU-Beitritt abgemilderten verfassungsrechtlichen Neutralität. Österreich hat im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) viel Spielraum, von dem es in der Regel allerdings keinen Gebrauch machen möchte. Gleichzeitig finden wir in einschlägigen Gesetzen, etwa zu Kriegsmaterialien oder dem Aufenthalt fremder Truppen, ausdrückliche Verweise auf außenpolitische Interessen, womit es bei Regierungswechseln zu Brüchen mit der zuvor etablierten Praxis kommen kann. Aus Sicht anderer (EU-Mitglied-)Staaten geht Österreichs Neutralität zulasten der Verlässlichkeit.