Mit dem Entwurf eines Strafrechtlichen EU-Anpassungsgesetzes 2025 soll die Verordnung (EU) 2019/816 zur Einrichtung eines zentralisierten Systems für die Ermittlung der Mitgliedstaaten, in denen Informationen zu Verurteilungen von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen (ECRIS-TCN) vorliegen (ECRIS-TCN VO) innerstaatlich durchgeführt werden. Darüber hinaus wird Entscheidungen des EuGH insbesondere hinsichtlich des Verbots der Doppelverfolgung und Doppelbestrafung Rechnung getragen. Demnach sind Änderungen im StRegG, im TilgG, im EU-JZG, im ARHG, im EuStA-DG und im INÜG geplant. Die Änderungen sind vielfach verfahrenstechnischer Natur, so dass die geringe Zahl an Stellungnahmen nicht wundert.
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Inhalt der Ausgabe
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S. 109 - 111, Aktuelle Gesetzesvorhaben
Alexander Tipold -
S. 112 - 121, Aufsatz
Sergio PollakNach hA ist das geschützte Rechtsgut des § 105 StGB die Freiheit der Willensbildung (oder -entschließung) und der Willensbetätigung. Das geschützte Rechtsgut des § 99 StGB wird in der aktuellen und potenziellen Fortbewegungsfreiheit erblickt. In der philosophischen Diskussion wird zwischen ‚Willens-‘ und ‚Handlungsfreiheit‘ differenziert. Es ist kritisch zu hinterfragen, ob dabei nicht derselbe Gegenstand unter verschiedenen Begriffen die Debatte beherrscht. Nach Ansicht des Verfassers ist das Nötigungsmittel der absoluten Gewalt (vis absoluta) unter dem Schutzaspekt einer umfassenden Handlungsfreiheit zu betrachten. Die Analyse erweist darüber hinaus, dass das geschützte Rechtsgut der §§ 99, 105 StGB einzig die Handlungsfreiheit ist.
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S. 122 - 129, Aufsatz
Laura HauserSeit Beginn 2022 ist eine Hilfeleistung bei der Selbsttötung nicht mehr allgemein verboten, sondern nur noch unter bestimmten Umständen. Der Gesetzgeber hat sich dazu entschlossen, die Suizidassistenz in den Fällen zuzulassen, in denen eine sterbewillige Person an einer schweren Krankheit leidet und eine ärztliche Aufklärung – zur Sicherstellung eines freien Sterbeentschlusses – stattgefunden hat. Straflos ist die Hilfeleistung aber nur, wenn sie nicht auf einem verwerflichen Beweggrund beruht und wenn die sterbewillige Person bereits volljährig ist. Dies führt dazu, dass einer minderjährigen Person, selbst bei Vorliegen der weiteren Voraussetzung, keinesfalls Suizidunterstützung geleistet werden darf. Der vorliegende Beitrag untersucht, inwiefern der generelle Ausschluss Minderjähriger mit den Grundrechten, insbesondere mit dem Gleichheitsgrundsatz, vereinbar ist.
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S. 130 - 137, Aufsatz
Jan Uwe Thiel / Elias SchönbornDie jüngste Reform zur Beschlagnahme von Datenträgern und Daten (§§ 115f ff StPO) verlangt die Festlegung von Datenkategorien, -inhalten und Zeiträumen, um unverhältnismäßige Eingriffe in das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art 8 EMRK) und das Grundrecht auf Datenschutz (§ 1 DSG) zu vermeiden. Gleichwohl ist zu befürchten, dass die Praxis hinter der vom Gesetzgeber beabsichtigten „erhöhten Begründungspflicht“ zurückbleibt. Dies ist dann der Fall, wenn die Gerichte die staatsanwaltschaftliche Anordnung – wie bisher – im Rahmen eines Stampiglienbeschlusses lediglich (elektronisch) „abstempeln“ und möglicherweise aus ermittlungstaktischen Gründen weit gefasste Datenkategorien (zB Multimediadaten, Kommunikationsdaten, Standortdaten) ohne ausreichende Einschränkung auf konkrete Dateninhalte (zB Bilder mit unmittelbarem Deliktsbezug) bewilligen. Haben die Strafverfolgungsbehörden die Verfügungsgewalt über einen Datenträger erlangt, sind sie bei der Entsperrung der Endgeräte von Beschuldigten maßgeblich auf deren Kooperationsbereitschaft angewiesen. Weigert sich der Beschuldigte, wird der Nemo-tenetur-Grundsatz in besonderer Weise herausgefordert. Grundrechtlich bedenklich ist zudem die Aufbewahrung einer Originalsicherung – also einer Sicherung des gesamten Datenbestandes auf einem beschlagnahmten Datenträger – bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens (§ 115k StPO). Dies ermöglicht es den Strafverfolgungsbehörden, jederzeit Anordnungen zu treffen und damit erneut auf den gesamten Datenbestand zuzugreifen. Vor diesem Hintergrund besteht bereits kurz nach Inkrafttreten der Neuregelung Reformbedarf – etwa im Hinblick auf eine restriktivere Handhabung des Stampiglienbeschlusses, eine klarere Regelung zur Entschlüsselung von Datenträgern und Beseitigung der Möglichkeit, fortlaufend auf die Originalsicherung zugreifen zu können. Nur auf diese Weise kann der vom Gesetzgeber intendierte Schutz der Persönlichkeit auch tatsächlich gewährleistet werden.
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S. 138 - 145, Aufsatz
Ingrid MitgutschNachdem sich der Internationale Strafgerichtshof in den ersten 20 Jahren seiner Tätigkeit vor allem auf Krisenherde in Afrika fokussiert hat, erweiterte er seine Tätigkeit in den letzten Jahren auf Schauplätze in anderen Kontinenten. Jüngst hat das Gericht unter großem medialem Aufsehen Haftbefehle gegen die führenden Akteure des Israel-Palästina-Konflikts erlassen. Der Beitrag beleuchtet in der Folge die wesentlichen ihnen zugrunde liegenden Fakten, Verfahrenseckpunkte und inhaltlichen Anschuldigungen.
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S. 146 - 150, Aufsatz
Franziska BeerMit dem im Rahmen der Diversion möglichen Tatausgleich (§ 204 StPO) ist der Gedanke der Restorative Justice bereits seit 25 Jahren im allgemeinen österreichischen Strafverfahren verankert. Der Tatausgleich – und damit ein persönlicher Ausgleich, im Idealfall eine Schadenswiedergutmachung zwischen Opfer und Täter:in – ist bis dato jedoch nur im Bereich der leichten und mittelschweren Kriminalität und nicht in allen Phasen des Strafverfahrens möglich. Seit Februar 2025 wird nun mit dem Modellversuch „Opfer-Täter-Dialog“ ein Opfer-Täter-Dialog in allen Stadien des Strafverfahrens erprobt. Dieser Beitrag behandelt zunächst das Konzept der Restorative Justice allgemein sowie dessen internationale Entwicklungen. Nach einem kurzen Rückblick auf die Genese des (außergerichtlichen) Tatausgleichs in Österreich werden der genannte Modellversuch vorgestellt und seine Ziele, sein Ablauf und seine verfahrensrechtlichen Aspekte dargelegt.
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S. 151 - 156, Aufsatz
Andreas Florian SengerAls am 1.1.2014 die zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit und unter einem auch das aktuelle System im Beschwerdeverfahren nach dem StVG eingeführt wurde, war die Gewährung von Verfahrenshilfe allein auf das Beschwerdeverfahren in Verwaltungsstrafsachen vor dem (Landes-) Verwaltungsgericht beschränkt. Nachdem der Verfassungsgerichtshof (VfGH) aufgrund eines amtswegigen Prüfungsbeschlusses dies als verfassungswidrig festgestellt und die entsprechende Bestimmung im VwGVG unter Setzung einer „Reparaturfrist“ aufgehoben hat, wurde das VwGVG entsprechend adaptiert, und es ist nunmehr die Gewährung von Verfahrenshilfe in Administrativverfahren möglich. An den einschlägigen Bestimmungen im StVG wurde jedoch nichts verändert. Der Verfasser hegt aufgrund dieses Umstands Bedenken an der Verfassungskonformität der Bestimmung des StVG über das Verfahren vor den Vollzugssenaten (Landesgerichte in Strafsachen und OLG Wien, § 17 Abs 2 StVG). Diese Bedenken wurden durch ein jüngst ergangenes, weiteres Erkenntnis des VfGH nochmals bestärkt bzw bestätigt. Im Rahmen dieses Aufsatzes sollen diese Bedenken, nach Darlegung der Vorgeschichte und weiterer relevanter Begleitumstände, erörtert und Lösungsvorschläge präsentiert werden.
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S. 157 - 160, Aufsatz
Felix Karl VoglMit BGBl I 2024/107 neu in den Rechtsbestand eingeführt wurde die Finanzordnungswidrigkeit nach § 51b FinStrG. Dieser Beitrag unternimmt es, die neue Strafnorm interpretatorisch auszuleuchten und einige Erwägungen zur Stellung der Norm im System des Finanzstrafrechts anzustellen. Gleichzeitig sollen auch Überlegungen zur praktischen Anwendung und Bedeutung der Norm in der künftigen Praxis angestellt werden.
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S. 161 - 166, Aufsatz
Wolfgang Gföllner / Vivienne Lane Mijatovic / Fabiola Gattringer / Siegmar LengauerDie bedingte Entlassung aus der vorbeugenden Maßnahmen nach § 21 StGB setzt eine positive Legalprognose voraus. Zugleich mit der bedingten Entlassung sind zweckmäßige Weisungen zu erteilen. Regelmäßig muss der bedingt Entlassene daher in einer dafür bestimmten Einrichtung wohnen. Kommt es dort zu beträchtlichem Problemverhalten, wird dies dem zuständigen Vollzugsgericht mitgeteilt. Das Gericht hat dann zu entscheiden, ob die bedingte Entlassung widerrufen werden muss. Mitunter dauert dies mehrere Wochen oder Monate. In der Zwischenzeit kann es aber auch zu einer Wohnplatzkündigung durch die Betreuungseinrichtung kommen. Dies führt vollzugsrechtlich weder zur Rückkehr in ein forensisch-therapeutisches Zentrum noch zu einer Art von Krisenintervention. Bis zur Entscheidung des Vollzugsgericht kann es in solchen Extrem- oder Wiederholungsfällen also zur Obdachlosigkeit des bedingt Entlassenen kommen. Der vorliegende Beitrag analysiert diese außergewöhnliche Herausforderung im Rahmen der Nachbetreuung und diskutiert praxisnahe Lösungsoptionen.
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S. 167 - 171, Judikatur
Nina Beganović / Bettina Caspar-BuresDie Zulässigkeit der Verwertung von Beweisen richtet sich nach nationalen Bestimmungen, allenfalls rechtswidrig erlangte Beweise sind nicht per se unzulässig.
Die herangezogene Methode des BGH, die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme anhand der Kriterien der – vergleichbaren – Online-Durchsuchung zu lösen, ist rechtskonform.
Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Verwertung von „EncroChat“-Daten in deutschen Strafverfahren.
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S. 171 - 173, Judikatur
Michael OfnerDie Durchführung der Hauptverhandlung und die Verkündung des Urteils in Abwesenheit des nicht (ordnungsgemäß) geladenen Haftungsbeteiligten führen zu einer Urteilsnichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 3 iVm Z 11 StPO. Trotz der nicht ordnungsgemäßen Ladung beginnt jedoch die Frist zur Anmeldung eines Rechtsmittels gegen das Urteil auch für den Haftungsbeteiligten unmittelbar mit der Urteilsverkündung zu laufen. Die Nichtbeteiligung des Haftungsbeteiligten für sich allein begründet kein zur Wiedereinsetzung berechtigendes Ereignis, und es bleibt diesem die Möglichkeit offen, die übergangenen Ansprüche auf dem Zivilrechtsweg (allenfalls auch zusätzlich im Wege der Amtshaftung) gegen den Bund geltend zu machen.
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S. 173 - 175, Judikatur
Dass die Tatrichter aus den Beweisergebnissen nicht andere, für den Beschwerdeführer günstigere Schlüsse ziehen, stellt einen zulässigen Akt freier richterlicher Beweiswürdigung dar.
Eine Anklageüberschreitung iSd § 281 Abs 1 Z 8 StPO kann nur durch den Spruch (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) und nicht bloß durch Ausführungen in den Gründen erfolgen.
Der Schluss vom gezeigten Verhalten auf die subjektive Tatseite des Angeklagten ist keineswegs unstatthaft, sondern beim leugnenden Angeklagten in aller Regel methodisch gar nicht zu ersetzen.
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S. 175 - 177, Judikatur
Dass dem Angeklagten aus seinem Aussage- und sonstigen Prozessverhalten im Strafverfahren prinzipiell (auch bei der Sanktionsfindung) kein Nachteil erwachsen darf, folgt aus dem verfassungsrechtlich aus Art 6 Abs 2 MRK abzuleitenden, einfachgesetzlich in § 7 Abs 2 1. Satz StPO ausdrücklich normierten Verbot des Zwangs zur Selbstbelastung (Nemo-tenetur-Grundsatz).
Im Zusammenhang mit unwahren Angaben findet das Verteidigungsrecht dort seine Grenze, wo sich der Angeklagte nicht mehr bloß auf die Abwehr der ihn belastenden Tatsachen beschränkt, sondern seine Stellung als Tatverdächtige zur Verletzung der Rechte anderer benützt.
Nachtatverhalten darf grundsätzlich nicht als erschwerend gewertet werden.
Greift das Gericht bei der Strafbemessung auf die Begehung einer Straftat als tatsächlichen Anknüpfungspunkt zurück, die nicht Gegenstand des im angefochtenen Urteil gefällten oder eines sonstigen, rechtskräftigen Schuldspruchs ist, wird dadurch die Unschuldsvermutung verletzt.
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S. 177 - 178, Judikatur
Zur konkreten Bemessung des Verteidigerkostenbeitrags wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass ein durchschnittliches Standardverfahren eine Besprechung mit dem Mandanten, eine Vollmachtsbekanntgabe bzw einen Antrag auf Akteneinsicht, ein angemessenes Aktenstudium bzw Vorbereitungstätigkeit und Teilnahme an einer Vernehmung in der Dauer von zwei Stunden umfasst und damit unter Heranziehung der Kostenansätze der allgemeinen Honorarkriterien rund 1.500 Euro (bezirksanwaltliches Verfahren) an Aufwand für die Verteidigung verursachen wird, wobei in diese Berechnung zwar der Einheitssatz, jedoch (Erfolgs- und Erschwernis-) Zuschläge nicht einzubeziehen sind.
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S. 179 - 180, Judikatur
§ 28 Abs 1 1. und 2. Fall SMG wird als „Vorbereitungsdelikt“ im technischen Sinn grundsätzlich von Suchtgifthandel nach § 28a Abs 1 5. Fall SMG als stillschweigend subsidiär verdrängt, wenn der Täter in weiterer Folge dieses Suchtgift (in zumindest tatbildlich großer Menge) überlässt oder dies versucht.
Von besonderen Konstellationen abgesehen bleibt auch für die Annahme selbständiger Strafbarkeit des Besitzes einer „Restmenge“ des ursprünglich erworbenen und besessenen Suchtgifts nach dessen (zumindest teilweisem) Überlassen kein Raum.
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S. 180 - 181, Judikatur
Überlassen ist die faktische oder rechtliche Übertragung des Gewahrsams am Suchtgift von einer Person auf eine andere. Hat der Übernehmer von Anfang an (Mit-)Gewahrsam am Suchtgift, kann ihm kein Gewahrsam übertragen werden.
Der Begriff Gewahrsam ist in gleicher Weise auszulegen wie jener bei Vermögensdelikten, sodass er auch bei bloß „gelockertem Gewahrsam“ erfüllt ist.
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S. 182 - 183, Judikatur
Überlassen besteht in der Übertragung der Verfügungsgewalt über das Suchtgift durch den Täter an eine Person, die vorher noch keinen Gewahrsam an der Substanz hatte.
Erlangt bei einem von mehreren Personen betriebenen Suchtgiftankauf vorerst nur eine dieser Personen Gewahrsam an Suchtgift, so stellt (auch) die vom unmittelbaren Erwerber vorgenommene Abgabe eines angekauften Suchtgifts an die übrigen Mitglieder dieser Personengruppe ein Überlassen dar.
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S. 184 - 184, Judikatur
Von Büchern, die mit einer von einem Strafgefangenen absolvierten Lehre unmittelbar in Zusammenhang gebracht werden können, ist eine konkrete Förderung des Fortkommens nach der Entlassung zu erwarten. Dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, dass die Anwendung des § 54a Abs 3 StVG eine aktuell besuchte Fortbildungsmaßnahme voraussetzen würde.
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S. 184 - 185, Judikatur
Die Akteneinsicht ist im StVG selbst nicht geregelt, sondern in § 17 AVG. Der Einsichtswerber muss daher an einem vollzuglichen Verfahren vermöge eines Rechtsanspruchs oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sein. Der laufende Vollzug ist kein einziges behördliches Dauerverfahren. Es kann nur im Rahmen des jeweiligen (Teil)Verfahrens Akteneinsicht genommen werden, das im Antrag entsprechend zu bezeichnen ist.
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S. 185 - 186, Judikatur
Ein Widerrufsgrund liegt nicht nur bei Nichteinhalten einer auferlegten Bedingung in schwerwiegender Weise, sondern auch dann vor, wenn dies trotz erteilter förmlicher Mahnung geschieht. Sinn der Mahnung ist es, dem Strafgefangenen in nicht schwerwiegenden Fällen die festgelegten Bedingungen und Voraussetzungen für diese Vollzugsform noch einmal nachdrücklich in Erinnerung zu rufen und solcherart die Notwendigkeit ihrer Befolgung vor Augen zu führen. Es kommt nicht darauf an, dass die förmliche Mahnung wegen exakt desselben Fehlverhaltens erteilt wurde; auch Mutwilligkeit der Nichtbefolgung ist zur Begründung des Widerrufes nicht erforderlich.
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Opfer iSd § 65 Z 1 lit c zweiter Fall StPO ist jede Person, die – außer einer Schädigung sonst – in ihren strafrechtlich geschützten Rechtsgütern beeinträchtigt worden sein könnte.
§ 283 StGB gehört zu den Friedensdelikten: Mit dieser, unter anderem Angriffe gegen nach den dort genannten Kriterien definierte Gruppen von Personen inkriminierenden Bestimmung geschütztes Rechtsgut ist primär als Allgemeinrechtsgut der öffentliche Friede bzw die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit.
Mitgeschützt wird aber auch – als Individualrechtsgut – die Menschenwürde aller Angehörigen von nach bestimmten Kriterien definierten Gruppen sowie einzelner Menschen bei tatbestandsmäßigen Angriffen wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer solchen Gruppe (vgl Plöchl in WK2 StGB § 283 Rz 5; Leukauf/Steininger/Tipold StGB4 § 283 Rz 5).
Eine, nach den in § 283 Abs 1 Z 1 StGB genannten Kriterien definierte Gruppe von Personen ist demnach zwar Schutzobjekt dieser Strafbestimmung, aber weder Träger des damit geschützten Allgemeinrechtsguts noch des mitgeschützten Individualrechtsguts der – nicht einer Gruppe von Menschen als solcher, sondern auch als Mitgliedern einer Gruppe nur natürlichen Personen zukommenden (vgl § 283 Abs 1 Z 2 StGB idF des HiNBG, BGBl I 2020/148, sowie EBRV 481 BlgNR 27. GP 17) – Menschenwürde.
Eine solche Gruppe von Personen wird daher durch Angriffe nicht iSd § 65 Z 1 lit c zweiter Fall StPO in ihren strafrechtlich geschützten Rechtsgütern beeinträchtigt, ist daher nicht Opfer iS dieser Bestimmung und somit als solches zur Stellung eines Antrags auf Fortführung eines Ermittlungsverfahrens nicht legitimiert.
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S. 188 - 191, Judikatur