Berittene Polizeieinheiten haben Tradition und blicken auf eine lange Geschichte zurück. In vielen Staaten der Welt stehen Polizeireiterstaffeln bis heute im Einsatz und werden mit verschiedensten Aufgaben betraut. Auch in Österreich waren sie lange Zeit ein alltäglicher Anblick. Der vorliegende Beitrag soll einen allgemeinen historischen Überblick über die Polizei in Österreich bieten und dabei den berittenen Einheiten besondere Aufmerksamkeit zuteilwerden lassen. Eine isolierte Betrachtung der berittenen Polizei macht wenig Sinn, denn die Berittenen waren nie ein eigenständiger Wachkörper, sondern immer Teil der Polizei und ein Einsatzmittel zur Erfüllung polizeilicher Aufgaben. Die Vorgeschichte bis hin zur Etablierung berittener Einheiten im Rahmen von sich allmählich ausbildenden polizeilichen Strukturen wird in ihren Grundzügen behandelt. Der Schwerpunkt liegt auf den Entwicklungen der letzten 100 Jahre. Wie zu Zeiten der Monarchie setzten auch die Entscheidungsträger der noch jungen Republik auf berittene Polizeieinheiten. Reiterstaffeln wurden für zahlreiche Aufgaben herangezogen und in der spannungsgeladenen Atmosphäre der Ersten Republik in teils schwere Auseinandersetzungen verwickelt. Die schrecklichen Ereignisse rund um den Brand des Justizpalastes im Jahr 1927 stellen diesbezüglich eine Zäsur dar; insbesondere in der öffentlichen Wahrnehmung der berittenen Polizei. Die autoritären Machthaber der 1930er und 1940er Jahre (Dollfuß-Schuschnigg-Regime, NS-Staat) hielten an den berittenen Polizeieinheiten fest. Erst der Zweite Weltkrieg und seine verheerenden Folgen leiteten ihr Ende in Österreich ein. Die nationalsozialistische Zeit, die Auflösung der berittenen Polizei in der Nachkriegszeit und die von da an regelmäßig wiederkehrenden Diskussionen einer Neuaufstellung bis hin zu den gescheiterten Bemühungen einer für das Jahr 2019 vorgesehenen Wiedereinführung werden im zweiten Teil dieses Beitrages behandelt.
- ISSN Online: 2410-745X
Inhalt der Ausgabe
S. 21 - 30, Beitrag
Vom Autoritätsverlust zum Widerstand. Wenn die Interaktion mit der Polizei eskaliert
Widerstand ist ein ambivalentes Verhalten, das einerseits in bestimmten Situationen zur Aufrechterhaltung demokratischer Verhältnisse erforderlich ist, das andererseits aber auch zu anarchischen Verhältnissen in einer Gesellschaft führen kann. Nach einem kurzen historischen Abriss zum Widerstand der Bevölkerung im Nachkriegsdeutschland gegen politische Entscheidungen und gesellschaftliche Autoritäten konzentriert sich der Autor auf den Widerstand gegen Polizeibeamte, die sich im 21. Jahrhundert nicht mehr auf die natürliche Autorität ihres Amtes stützen können: In der Gegenwart muss jede Form von unmittelbarem Zwang hinsichtlich der rechtlichen Folgen reflektiert werden. Am vergleichenden Beispiel des einfachen Diebstahls wird aufgezeigt, dass Widerstand gegen Polizeibeamte kein jugendtypisches Delikt ist. Widerstände konzentrieren sich auf die Nachtstunden an Wochenenden auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen, wobei die Täter sehr häufig unter Alkoholeinfluss stehen. Im weiteren Verlauf werden die Stufen im Eskalationsprozess zwischen Bürger und Polizeibeamtem unter Berücksichtigung des Einsatzgrundes differenziert nachgezeichnet. Analysiert werden auf einer ersten Ebene die Ankündigung der polizeilichen Handlung am Einsatzort und die Reaktion des Bürgers darauf. Die zweite Ebene untersucht den Vollzug der polizeilichen Maßnahme mit der anschließenden Reaktion des Bürgers. Auf einer dritten Ebene werden weitere polizeiliche Handlungen und die darauf folgenden Reaktionen des Gegenübers ausgewertet. Im Ergebnis kann festgehalten werden, dass ab dem Zeitpunkt des Einsatzes physischer Gewalt durch die Polizei eine Beruhigung der Situation kaum mehr zu erwarten ist. Deeskalierende Maßnahmen müssen daher vor der ersten körperlichen Aggression eingeleitet werden; im Mittelpunkt steht dabei zum einen die verbale Kommunikation, zum anderen die Ablösung des Polizeibeamten in einem sich verbal verschärfenden Interaktionsprozess mit dem Bürger durch einen Kollegen.
S. 31 - 41, Beitrag
Lagedaten, Datenlage, Prognoseansätze
Mit PreMAP (Predictive Mobile Analytics for Police) wurde auch in Niedersachsen ein Ansatz des „Predictive Policing“ entwickelt und in einem Pilotprojekt erprobt. Für die Bewertung des Mehrwerts wurden u.a. eine umfangreiche Online-Befragung der Nutzerinnen und Nutzer, qualitative leitfadengestützte Interviews und Beobachtungen der Praxis durchgeführt. Ferner wurden Aufzeichnungen des Systems PreMAP und die Bewegungsmuster der Streifenwagen, die zur Durchführung von Maßnahmen eingesetzt wurden, analysiert. Im Ergebnis wurden Optimierungsbedarfe, aber auch das Potential, insbesondere im Vergleich zu bisherigen Vorgehensweisen, erkannt. Im Rahmen einer so genannten erweiterten Pilotierung soll daher das Potential weiter ausgeschöpft werden. Dieser Artikel zeigt, welche Daten und welche Methoden in diesem Zusammenhang genutzt werden sollen bzw. werden.
Die Räumung des Schlossgartens in Stuttgart 2010 (Stuttgart 21), die Loveparade-Katastrophe in Duisburg 2010 oder der G20-Gipfel der Regierungs- und Staatschefs in Hamburg 2017 waren mit Risiken verbunden, die von der Polizeiführung bereits im Vorfeld der Gefahrensituation hätten erkannt werden können. Gab es womöglich erste alarmierende Anzeichen, die auf Gefährdungsmomente oder sich anbahnende gravierende Fehlleistungen hinwiesen? Hätten sie erkannt werden können und wären sie bei achtsamer Planung bzw. Organisation unterblieben? In komplexen Lagen, wie der Großveranstaltung Loveparade am 24. Juli 2010 in Duisburg, können auf Grund der gegebenen großen Menschenansammlung viele Unsicherheitsfaktoren auftreten, die zu unvorhersehbaren Situationen und letztlich katastrophalen Ereignissen führen. Angefangen in der dafür erforderlichen interorganisationalen Kooperation verschiedenster Stakeholder (Polizei, private Sicherheitsdienste, Veranstalter, Genehmigungsbehörden etc.) bis zur videogestützten Überwachung der dynamischen Personenmengen, vor allem an kritischen Punkten auf dem Veranstaltungsgelände. Für die Polizei als staatlichen Sicherheitsakteur ergeben sich daraus wachsende Herausforderungen hinsichtlich der Veranstaltungssicherheit und der Dynamik der Abläufe in einem komplexen Umfeld. Der praxisnahe Ansatz von High Reliability Organizations (HROs) (Weick/ Sutcliffe 2016) könnte für die Untersuchung von komplexen und unerwarteten Einsatzlagen der Polizei nützlich sein. Diese neue Form des Organisierens bzw. Managens von komplexen Systemen basiert auf den fünf HRO-Prinzipien achtsamen Organisierens, die auf Fehler, Vereinfachung, Abläufe, Resilienz und Expertise aufbauen. Für die zivile Sicherheitsforschung bietet der organisationale Ansatz genügend Anknüpfungspunkte, damit die Polizei eine anhaltend zuverlässige Leistung zur Gefahrenabwehr erbringen kann und besser versteht, welche Rolle der Faktor Mensch für das Gelingen von Planungs- und Entscheidungsprozessen für den Einsatz spielt.
Dieser Beitrag untersucht einführend die Phänomenbereiche Rechtsextremismus und rechtsextremistischer Terrorismus auf der Ebene der Definitionen und Analysemerkmale und nutzt dabei Definitionen des deutschen Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) und des österreichischen Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) im Bundesministerium für Inneres. Darauf folgen die aktuellen Lageanalysen dieser Phänomenbereiche durch die österreichischen und deutschen Verfassungsschutzbehörden. Nach Angaben der österreichischen und der deutschen Verfassungsschutzbehörden bilden aktuell die Themen „Anti-Asyl“, „Anti-Multikulturalismus“ und „Anti-Islam“ die zentralen Agitations- und Aktionsschwerpunkte im Phänomenbereich Rechtsextremismus in Europa. In Bezug auf Deutschland betont das Bundesamt für Verfassungsschutz die Bedeutung des aktuellen Phänomens rechtsextremistischer „Bürgerwehren“. Mit dieser leicht zu realisierenden Aktionsform versuchen deutsche Rechtsextremisten eine Anschlussfähigkeit rechtsextremistischer Positionen an die bürgerlich-demokratische Mehrheitsgesellschaft herzustellen. Gleichzeitig wurde wiederholt deutlich, dass sich innerhalb dieser als Bürgerwehren auftretenden Gruppierungen auch Ansätze für rechtsextremistisch-terroristische Potenziale herausbilden können. Weiters werden rechtsextremistisch-terroristische Gruppierungen und Einzeltäter untersucht, dabei der Anschlag in Halle, der Mord an Walter Lübcke, der Anschlag auf zwei Moscheen in Christchurch/Neuseeland, die „Gruppe Freital“, die Gruppe „Nordadler“, die Gruppe „Oldschool Society“ (OSS), der Anschlag auf die Kölner Oberbürgermeisterkandidatin Henriette Reker sowie die Anschläge und Morde der Gruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) in Deutschland.
Interkulturelle bzw. transkulturelle Kompetenz (der Begriff der Transkulturalität löste als kulturwissenschaftliches Paradigma größtenteils das Konzept der Interkulturalität ab) wird vielfach als eine Schlüsselkompetenz des 21. Jahrhunderts bezeichnet - auch oder gerade für die Polizei. Unsere Gesellschaft verändert sich demografisch rasant, sie entwickelt sich weiter, hin zu einer multiethnischen (und gleichzeitig multilingualen) Gesellschaft. Diese Entwicklung ist keineswegs eine neue Erscheinungsform, die etwa durch Fluchtzuwanderung in den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten entstanden ist. Das „deutsche Volk“ war - hauptsächlich bedingt durch seine zentrale Lage in Mitteleuropa - seit Angedenken bunt und Deutschland historisch betrachtet immer ein „Vielvölkerstaat“ (Mai 2006; Schulze 2007; Enzyklopädie deutscher Geschichte). Daran hat sich bis heute nichts geändert. Ende 2018 hatten laut Statistischem Bundesamt 20,8 Millionen Menschen in Deutschland einen Migrationshintergrund. Das entspricht einem Anteil von rund 25 % der Gesamtbevölkerung. Davon besitzen knapp 10 Millionen Menschen (48 %) ausschließlich eine ausländische Staatsangehörigkeit. Um ihrem gesetzlichen und gesellschaftlichen Auftrag gerecht werden zu können, bemühen sich die Polizeiführungen in Deutschland, ihre Institution dieser Entwicklung anzupassen. Dies geschieht in unterschiedlichem Maße und in unterschiedlicher Intensität (Klimke 2020; Köpke/Hahn 2019, 242). Schaut man sich bundesweit die Realität in der polizeilichen Aus- und Fortbildung an, stellt man fest, dass die Vermittlung der transkulturellen Kompetenz oftmals immer noch nicht mehr als eine Absichtserklärung ist. Das ist bedauerlich, denn hier wird eine vielversprechende Chance für erfolgreiche Polizeiarbeit - und für zufriedenere Polizistinnen und Polizisten - verschenkt. Das große Potenzial des transkulturellen Wissens für die Polizei ist bisher kaum ins Bewusstsein der Verantwortlichen gerückt.
Die vorliegende Studie beschäftigt sich mit der Thematik, ob es einen Zusammenhang zwischen der Einstellung zu Korruption und der persönlichen psychischen/physischen Belastung gibt. Zur Beantwortung dieser Fragestellung wurden 52 Studierende der Juridischen Fakultät Wien online mit den standardisierten Fragebögen HKS 38 Ö (Hannoversche Korruptionsskala 38 Österreich-Version) und BSI 53 (Brief Symptom Inventory 53) befragt. Weiters wurden soziodemografische Daten erhoben. Die Ergebnisse zeigen, dass insgesamt 21 Prozent als psychisch auffällig belastet einzustufen waren. Die Auswertung der HKS 38 Ö ergab, dass der HKS 38 Ö PR (Prozentrang)-Gesamtwert oberhalb von 50 Prozent liegt und die Grundgesamtheit daher vermutlich eher korruptionsaffin eingestellt ist. Die Kovariaten Geschlecht und Alter wiesen jeweils keinen Einfluss auf die Einstellung zu Korruption auf. Die Hypothese, dass eine stärkere körperliche und/oder psychische Belastung der Studierenden eine korruptionsaffinere Einstellung bewirkt, kann angenommen werden, jedoch ist der Beitrag der einzelnen Prädiktoren je Kriterium zu differenzieren und der Gesamteffekt der untersuchten Prädiktoren im Allgemeinen eher schwach. Weiters ist anzumerken, dass eine relativ kleine und vermutlich recht homogene Stichprobe vorliegt. Es empfiehlt sich daher, weitere Stichproben aus verschiedenen Fakultäten und in unterschiedlichen Studienabschnitten zu untersuchen.
S. 100 - 101, Rezension