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Zeitschrift der Verwaltungsgerichtsbarkeit

Heft 3-4, August 2024, Band 11

eJournal-Heft
  • ISSN Online: 2309-5121

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Inhalt der Ausgabe

S. 169 - 169, Aufsatz

Wimmer, Andreas

Einleitung

S. 170 - 182, Aufsatz

Obwexer, Walter

Das Kindeswohl im Völker- und Unionsrecht

Mit der Unterzeichnung der UN-Kinderrechte-Konvention im Jahr 1989 wurde eine richtungsweisende Entwicklung im Schutz der Rechte von Kindern eingeleitet. In den folgenden Jahren konnten weltweit schrittweise beachtliche Fortschritte erzielt werden. Kindern wurden zunehmend eigene Rechte eingeräumt. In der EU gehören der Schutz und die Förderung der Rechte des Kindes seit fünfzehn Jahren zu einem Kernziel. In Verfolgung dieses Ziel wurden zahlreiche Maßnahmen verabschiedet und ein hohes Schutzniveau erreicht. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Vorrang des Kindeswohls zu. Dies gilt auch – aber nicht nur – im Bereich des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems. Doch selbst in der Union sind Kinder nach wie vor Opfer verschiedener Formen von Gewalt sowie wirtschaftlicher und sozialer Ausgrenzung. Ein neuer, umfassender Ansatz soll sich ändernden Gegebenheiten und anhaltenden Herausforderungen Rechnung tragen.

S. 183 - 188, Aufsatz

Pabel, Katharina

Das Kindeswohl im Verfassungsrecht des Bundes (und der Länder)

Das BVG Kinderrechte räumt Kindern eine Reihe von subjektiven Rechten ein und bewirkt so einen Perspektivenwechsel hin zu Kindern als eigenständigen Grundrechtsträgern. Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit der Systematik des BVG Kinderrechte sowie dem Zusammenspiel mit anderen verfassungsrechtlich relevanten Bestimmungen, die sich auf das Kindeswohl beziehen. Art 1 BVG Kinderrechte, der Gesetzgebung und Vollziehung zur vorrangigen Erwägung des Kindeswohls verpflichtet und in einigen Entscheidungen dem VfGH als Prüfungsmaßstab diente, kommt besondere Bedeutung zu. Darüber hinaus enthalten auch die Landesverfassungen in unterschiedlicher Weise rechtlichen Schutz des Kindeswohls.

S. 189 - 194, Aufsatz

Czech, Philip

Das Kindeswohl bei der Aufenthaltsbegründung

Aus der völker-, unions- und verfassungsrechtlichen Verpflichtung, das Kindeswohl bei allen Entscheidungen, die Kinder betreffen, vorrangig zu berücksichtigen, kann sich ein Recht von Kindern bzw ihren Eltern auf Gestattung der Einreise und des Aufenthalts in Österreich ergeben. Anhand welcher Kriterien dies zu prüfen ist und welche Anforderungen sich daraus an das Verfahren der Behörden und Verwaltungsgerichte ergeben, wird in diesem Beitrag dargelegt.

S. 195 - 201, Aufsatz

Bertel, Maria

Das Kindeswohl während des Aufenthalts

Vom Kindeswohl während des Aufenthalts sind verschiedenste Lebensbereiche berührt. Das verfassungsrechtlich verankerte Kindeswohl fließt damit im Kontext des Migrationsrechts in sämtliche Entscheidungen, und nicht nur in solche, die die Begründung oder Beendigung des Aufenthalts betreffen, ein. Der Beitrag zeigt an ausgewählten Beispielen, welche Bindungswirkungen das BVG Kinderrechte während des Aufenthalts entfaltet.

S. 202 - 214, Aufsatz

Kofler-​Schlögl, Martina

Das Kindeswohl bei der Aufenthaltsbeendigung

Aufgrund völker-, unions- und verfassungsrechtlicher Vorgaben ist das Kindeswohl auch bei den unterschiedlichen Formen der Aufenthaltsbeendigung „vorrangig“ im Einzelfall zu berücksichtigten. Der einfachgesetzlichen Rechtslandschaft lässt sich dieses Erfordernis nur bedingt entnehmen. Der folgende Beitrag analysiert den rechtlichen Rahmen, an dem sich Asyl- und Fremdenpolizeibehörden zu orientieren haben.

S. 215 - 224, Aufsatz

Leeb, David

Das Kindeswohl im Allgemeinen (Migrations-)Verfahrensrecht

Eine explizite Bezugnahme auf das „Kindeswohl“ findet sich weder im AVG noch im VwGVG. Gerade eine rezente Entscheidung des VwGH aus dem Bereich des Migrationsrechts hat aber unter Rekurs auf diesen Parameter wesentliche Leitsätze für die Einvernahme von Minderjährigen (sowie diesbezügliche Beweisanträge) entwickelt. Abgesehen davon erfassen nicht nur einzelne Verfahrensregelungen (§ 9 und § 48 Z 1 AVG sowie § 25 Abs 1 VwGVG) insbesondere auch Minderjährige, sondern dienen auch die rechtsstaatlichen Grundsätze des allgemeinen Verfahrensrechts dazu, dem Kindeswohl als materieller Determinante zum Durchbruch zu verhelfen.

S. 225 - 245, Aufsatz

Neusiedler, Manuel

Kindeswohlbezüge im besonderen Verfahrensrecht in Asyl- und Migrationsangelegenheiten

Einige asyl- und fremdenrechtliche (Sonder-)Verfahrensbestimmungen adressieren ausdrücklich Minderjährige und scheinen dazu bestimmt, dem Kindeswohl zu dienen. Diese Bestimmungen betreffen unter anderem ihre Prozessfähigkeit und gesetzliche Vertretung, Erleichterungen bei der Stellung von Anträgen, Ermittlungen, aber auch das Rechtsmittelverfahren. Eine strukturierte Aufbereitung der einschlägigen (Verfahrens-)Regelungen steht im Zentrum des vorliegenden Beitrags.

S. 246 - 249, Aufsatz

Pfundmair, Michaela

Kulturpsychologie: Besonderheiten bei der Einvernahme von Kindern fremder Kulturen und der Beurteilung ihrer Lebenswelten

Der kulturelle Hintergrund eines Menschen hat einen gewichtigen Einfluss auf dessen Erleben und Verhalten. Insbesondere die Kulturdimension Individualismus – Kollektivismus, die bislang am intensivsten beforscht wurde, macht deutlich, dass Denken, Fühlen und Handeln stark davon geprägt sind, in welcher Kultur eine Person sozialisiert wurde. Dies zeigt sich bereits im Kleinkindalter, da kulturelle Spezifika schon im jüngsten Alter durch die elterliche Erziehung angeeignet werden. Um Kinder fremder Kulturen erfolgreich einzuvernehmen und ihre Lebenswelten valide zu beurteilen, ist es daher zentral, kulturpsychologische Grundlagen zu kennen und deren Erkenntnisse gezielt einzusetzen.

S. 250 - 255, Aufsatz

Fuchs, Claudia/​Kristler, Irene

Art 1 BVG Kinderrechte: Wohl des Kindes als vorrangige Erwägung

Welche Bedeutung dem in Art 1 Satz 2 BVG Kinderrechte normierten Gebot zukommt, bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen das Wohl des Kindes vorrangig zu erwägen, steht seit Inkrafttreten des BVG Kinderrechte immer wieder in Diskussion. Der Kurzbeitrag nähert sich dieser Frage über Beobachtung der Strukturelemente von Abwägungsentscheidungen im Einzelfall. Dabei wird sichtbar, dass das Gebot der „vorrangigen Erwägung“ neben der Notwendigkeit (inhaltlicher) Abwägung auch Verfahrensanforderungen und insbesondere die Pflicht zur sorgfältig begründeten Auseinandersetzung mit dem Kindeswohl im Rahmen der Entscheidungsfindung in sich birgt.

S. 257 - 264, Materienrecht

Absolute Wartefrist für Familienzusammenführung bei subsidiär Schutzberechtigten

Eine gesetzlich festgelegte dreijährige Wartefrist für die Familienzusammenführung betreffend Personen, denen subsidiärer oder vorübergehender Schutz gewährt wurde, die keinen Raum für eine individuelle Interessenabwägung lässt, verletzt Artikel 8 EMRK.

S. 264 - 268, Materienrecht

Behandlung eines Minderjährigen als erwachsenen Schutzsuchenden

Die Behandlung eines unbegleiteten Minderjährigen als erwachsenen Schutzsuchenden über mehrere Monate widerspricht dem Grundsatz der Minderjährigkeitsvermutung nach Art 8 EMRK. Zwar kann die Altersfeststellung einer Person ein notwendiger Schritt sein, wenn Zweifel an ihrer Minderjährigkeit bestehen. Doch impliziert dieser Grundsatz, dass das betreffende Verfahren von ausreichenden Verfahrensgarantien begleitet sein muss.

S. 268 - 273, Materienrecht

Einschränkung der Familienzusammenführung bei subsidiär Schutzberechtigten

Eine vorübergehende, drei Jahre andauernde Einschränkung der Familienzusammenführung von subsidiär Schutzberechtigten, die schrittweise verkürzt wurde und eine individuelle Interessenabwägung ermöglichte, stellt keine Verletzung von Art 8 EMRK dar. Ebenso wenig liegt eine Verletzung von Art 14 EMRK iVm Art 8 EMRK durch die Anwendung der Einschränkung lediglich auf subsidiär Schutzberechtigte, nicht jedoch auf Personen, denen „Flüchtlingsstatus“ zukommt, vor.

S. 273 - 280, Materienrecht

Keine Pflicht des persönlichen Erscheinens für die Antragstellung auf Einreise und Aufenthalt bei der zuständigen diplomatischen oder konsularischen Vertretung eines Mitgliedstaates bei übermäßigen Schwierigkeiten

Art 5 Abs 1 der Richtlinie 2003/86/EG des Rates steht einer nationalen Regelung entgegen, nach der für die Stellung eines Antrags auf Einreise und Aufenthalt zum Zweck der Familienzusammenführung die Familienangehörigen des Zusammenführenden, die für den Ort ihres Wohnsitzes oder ihres Aufenthalts im Ausland zuständige diplomatische oder konsularische Vertretung eines Mitgliedstaats auch dann persönlich aufsuchen müssen, wenn es für sie unmöglich oder übermäßig schwierig ist, sich zu dieser Vertretung zu begeben. Es bleibt diesem Mitgliedstaat unbenommen, das persönliche Erscheinen dieser Angehörigen in einem späteren Stadium des Verfahrens zur Beantragung der Familienzusammenführung zu verlangen.

S. 280 - 291, Materienrecht

Recht auf Familienzusammenführung eines unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings, der im Laufe des Verfahrens volljährig wird

Das Recht auf Familienzusammenführung ist dahin auszulegen, dass die Verwandten in gerader aufsteigender Linie ersten Grades eines unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings, wenn dieser zum Zeitpunkt der Antragstellung noch minderjährig ist und im Laufe des Verfahrens auf Familienzusammenführung volljährig wird, nach dieser Bestimmung nicht dazu verpflichtet sind, den Antrag auf Einreise und Aufenthalt zum Zweck der Familienzusammenführung mit diesem Flüchtling innerhalb einer bestimmten Frist zu stellen.Einer volljährigen Schwester eines minderjährigen Flüchtlings, die aufgrund einer schweren Krankheit vollständig und dauerhaft auf die Unterstützung ihrer Eltern angewiesen ist, muss ein Aufenthaltstitel erteilt werden, wenn die Weigerung, diesen Aufenthaltstitel zu erteilen, dazu führen würde, dass diesem Flüchtling das Recht auf Familienzusammenführung mit seinen Verwandten in gerader aufsteigender Linie ersten Grades genommen wird.Ein Mitgliedstaat kann nicht verlangen, dass ein unbegleiteter minderjähriger Flüchtling oder seine Verwandten in gerader aufsteigender Linie ersten Grades die Voraussetzungen von Art 7 Abs 1 dieser Richtlinie erfüllen, damit dieser das Recht auf Familienzusammenführung in Anspruch nehmen kann, unabhängig davon, ob der Antrag in der vorgesehenen Frist gestellt wurde.

S. 291 - 292, Materienrecht

Keine Verfassungswidrigkeit einer Anordnung einer dreijährigen Wartefrist für den Familiennachzug bei subsidiär Schutzberechtigten

Keine Bedenken gegen die Anordnung einer dreijährigen Wartefrist für den Familiennachzug bei subsidiär Schutzberechtigten gem § 35 AsylG 2005 auch angesichts EGMR 09.07.2021, Fall M.A., Appl 6697/18: Das BVwG hat sich mit den konkreten Umständen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt und nachvollziehbar dargelegt, warum die Verweigerung der Familienzusammenführung des – bei Ablauf der Wartefrist bereits volljährigen – Beschwerdeführers mit seiner Mutter, zu der in den letzten Jahren kaum Kontakt bestand, keine Verletzung seines durch Art 8 EMRK gewährleisteten Familienlebens bewirke.

S. 292 - 294, Materienrecht

Erteilung eines Aufenthaltstitels bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen nach § 11 Abs 2 Z 1 bis 7 NAG, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß Art 8 EMRK geboten ist

Nach § 11 Abs 3 NAG kann ein Aufenthaltstitel trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs 1 Z 2a, 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs 2 Z 1 bis 7 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK geboten ist. Der Umstand, dass ein Antrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ eingebracht wurde, über den auf Grund von ausschließlichem Verschulden der Behörde nicht fristgerecht entschieden wurde, findet dabei keine weitere Berücksichtigung. Das VwG muss dabei Überlegungen oder Ermittlungen zu den Auswirkungen der Entscheidungen auf das Kindeswohl anstellen.

S. 294 - 297, Materienrecht

Würdigung der Beziehung zwischen Elternteil und Kind sowie des Kindeswohls allgemein bei der Interessenabwägung nach Art 8 EMRK im Zuge eines Verfahrens nach § 46 Abs 1 Z 2 NAG

Die Feststellung, dass es dem Beschwerdeführer zum Zeitpunkt des Ablaufes seines Visums zuzumuten gewesen wäre, bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zu stellen und im Ausland das Verfahren abzuwarten, ersetzt jedoch keinesfalls eine Auseinandersetzung mit den zum Zeitpunkt der Entscheidung aktuellen Umständen bei der Interessenabwägung nach Art 8 EMRK.Bei der Entscheidung muss berücksichtigt werden, wenn der Ehepartner über den Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EU“ verfügt und damit zum dauernden Aufenthalt in Österreich berechtigt ist und das VwG muss sich mit den Auswirkungen einer solchen Übersiedlung der gesamten Familie auf das Kindeswohl auseinandersetzen. Dabei sind insbesondere Ermittlungen oder Überlegungen zu der Frage anzustellen, welche Auswirkungen die Entscheidung auf das Kindeswohl hätte.

S. 297 - 299, Materienrecht

Beachtung falscher Identitätsangaben zur Verhinderung aufenthaltsbeendender Maßnahmen bei der Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG 2014

Die Fälle, in denen im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ von Amts wegen oder auf begründeten Antrag zu erteilen ist, sind in den Z 1 bis 3 des § 57 Abs 1 AsylG 2005 taxativ aufgelistet (vgl ErläutRV 1803 BlgNR 24. GP 47). Im Rahmen der Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG 2014 darf das BVwG auch miteinbeziehen, dass Fremde jahrelang falsche Identitätsangaben zur Verhinderung aufenthaltsbeendender Maßnahmen gemacht haben (zur Zurechnung eines solchen [Fehl-]Verhaltens von Eltern zulasten ihrer Kinder vgl etwa VwGH 26.6.2019, Ra 2019/21/0032, mwN).

S. 300 - 301, Materienrecht

Berücksichtigung der Minderjährigkeit des Antragstellers bei der Beweiswürdigung im Verfahren über den Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005

Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben werden. Die für entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung muss in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt werden. Die Minderjährigkeit des Revisionswerbers ist bei der Beurteilung seines Vorbringens entsprechend zu berücksichtigen.

S. 301 - 302, Materienrecht

Beurteilung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG anhand des erstatteten Vorbringens

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung in der Revision erstatteten Vorbringens ist darauf hinzuweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in der gesonderten Zulässigkeitsbegründung konkret darzulegen ist, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Der VwGH prüft das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur im Rahmen des Vorbringens.

S. 302 - 304, Materienrecht

Maßgeblichkeit des Zeitpunkts der Antragstellung bei der Qualifikation von minderjährigen Familienangehörigen gemäß § 35 AsylG 2005

Für die Qualifikation von minderjährigen ledigen Kindern als Familienangehörige ist nach dem klaren Wortlaut des § 35 Abs 5 AsylG 2005 der Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblich. Dem Eintritt der Volljährigkeit vor dem Entscheidungszeitpunkt kommt somit keine Bedeutung zu. Der Zeitpunkt der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ist ebenfalls nicht maßgeblich. Dass der Gesetzgeber das Verhältnis zwischen Eltern und leiblichen Kindern unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Geburt schützen wollte, wird auch in den Materialien zum Fremdenrechtspaket 2005 zum insoweit gleichlautenden Wortlaut der Legaldefinition des § 2 Abs 1 Z 22 AsylG 2005 zum Ausdruck gebracht, wonach „nach Verlassen des Herkunftsstaates geborene Kinder von der Begriffsbestimmung jedenfalls erfasst“ werden. Ebensowenig ist für die Rechtsstellung von minderjährigen ledigen Kindern von anerkannten Flüchtlingen das Bestehen einer Ehe maßgeblich.

S. 304 - 306, Materienrecht

Zur Beachtung der besonderen Vulnerabilität einer Familie mit minderjährigen Kindern bei Interessensabwägungen nach Art 2 und 3 EMRK bei Rückkehrentscheidungen

Die besondere Vulnerabilität einer Familie mit minderjährigen Kindern als besonders schutzwürdige Personengruppe ist bei der Beurteilung, ob den revisionswerbenden Parteien bei einer Rückkehr in die Heimat eine Verletzung ihrer durch Art 2 und 3 EMRK geschützten Rechte droht, im Speziellen zu berücksichtigen. Dies erfordert insbesondere eine konkrete Auseinandersetzung damit, welche Rückkehrsituation die revisionswerbenden Parteien tatsächlich vorfinden.

S. 306 - 308, Materienrecht

Bedachtnahme der Interessen und des Wohlergehens von Kindern im Zuge einer Einzelfallprüfung nach Art 8 EMRK bei der Erlassung einer Rückkehrentscheidung

Die Prüfung, ob die Erlassung einer Rückkehrentscheidung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die nach Art 8 EMRK geschützten Rechte eines Fremden darstellt, hat unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles stattzufinden. Dabei ist insbesondere das Wohlergehen von Kinder zu beachten. Sofern die Revision das Fehlen einer Rechtsprechung zur Frage behauptet, bei Erfüllung welcher Kriterien von einer herausragenden Integration auszugehen sei, wird darauf verwiesen, dass es sich hierbei stets um eine Frage des Einzelfalles handelt und nicht allgemein beantwortet werden kann.

S. 309 - 312, Materienrecht

Beachtung der privaten und familiären Interessen bei der Festsetzung der Dauer eines Einreiseverbotes

Bei der Festsetzung der Dauer eines Einreiseverbotes ist immer eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, bei der nicht nur auf das bisherige Verhalten des Fremden und das deshalb prognostizierte Vorliegen der von ihm ausgehenden Gefährdung, sondern auch auf seine privaten und familiären Interessen Bedacht zu nehmen ist.

S. 312 - 322, Materienrecht

Zur Ausrichtung der Entscheidung des VwG an die zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgebliche Sach- und Rechtslage und zur Vernehmung von Minderjährigen

Sofern sich aus dem Gesetz nicht anderes ergibt, hat das VwG seine Entscheidung an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten. Das hat im Besonderen auch bei Beurteilung der Zulässigkeit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung, die mit der Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz nach § 68 Abs 1 AVG einhergeht, zu gelten. Nur dann, wenn sich diese Entscheidung über die Aufenthaltsbeendigung auf die aktuelle Sach- und Rechtslage bezieht, ist nämlich gewährleistet, dass der Zweck zur Vermeidung weiterer nachfolgender Verfahren (samt der diesbezüglich in Betracht kommenden Rechtsmittelverfahren) – hier: ein allfälliges weiteres Verfahren zur Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 – erreicht werden kann. Nichts anderes hat zu gelten, wenn nach bereits erfolgter Erlassung einer Rückkehrentscheidung ein (allenfalls: weiterer) Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird und dieser nicht zurückgewiesen, sondern nach inhaltlicher Behandlung abgewiesen wird und im Gefolge der Antragsabweisung zu prüfen ist, ob (neuerlich) eine Rückkehrentscheidung zu erlassen ist.

S. 322 - 325, Materienrecht

Kindeswohl als Berücksichtigungskriterium bei einer Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG

Bei einer Rückkehrentscheidung, die zwangsläufig zu einer Trennung eines Kleinkindes von Mutter oder Vater führt, handelt es sich um eine maßgebliche Beeinträchtigung des Kindeswohls. Es ist daher bei Rückkehrentscheidungen eine besondere Rechtfertigung notwendig. Dabei ist auf die kindesspezifische Situation der Minderjährigen einzugehen, allgemeine Kriterien zur Rechtfertigung der Beeinträchtigung des Kindeswohls können nicht getroffen werden. Eine Beeinträchtigung ist aber nicht erst dann gegeben, wenn eine „nachhaltige Schädigung“ des Kindes oder „tiefgreifende Entwicklungsstörungen“ zu erwarten sind.

S. 325 - 340, Materienrecht

Besondere Beachtung der Interessen und der Bindungen an den Heimat- bzw Aufenthaltsstaat einer Minderjährigen bei Ausweisungsentscheidungen

Bei minderjährigen Kindern handelt es sich um besonders vulnerable Personen, sodass sich das Gericht im Besonderen mit der Lage der minderjährigen Beschwerdeführer im Rückkehrfall auseinanderzusetzen hat. Dabei sind die besten Interessen und das Wohlergehen dieser Kinder, insbesondere das Maß an Schwierigkeiten, denen sie im Heimatstaat begegnen, sowie die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen sowohl zum Aufenthaltsstaat als auch zum Heimatstaat zu berücksichtigen. Die Ausweisung eines Fremden, dessen Aufenthalt lediglich auf Grund der Stellung von einem oder mehreren Asylanträgen oder Anträgen aus humanitären Gründen besteht und der weder ein niedergelassener Migrant noch sonst zum Aufenthalt im Aufenthaltsstaat berechtigt ist, stellt in Abwägung zum berechtigten öffentlichen Interesse einer wirksamen Einwanderungskontrolle keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das Privatleben dieses Fremden dar, wenn dessen diesbezüglichen Anträge abgelehnt werden. Eine Ausweisung hat immer dann zu unterbleiben, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

S. 340 - 344, Materienrecht

Rechtswidrigkeit einer Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz eines in Österreich geborenen Kindes aufgrund der Abschiebung der Eltern

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird. „Partielle asylrechtliche Ausweisungen“ einzelner Familienmitglieder, während andere nur zukünftig einer fremdenpolizeilichen Ausweisung unterzogen werden könnten, sind vorübergehend unzulässig. Von der Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung auf Dauer wird regelmäßig auszugehen sein, wenn familiäre Bindungen zu einer Ankerperson einer Aufenthaltsbeendigung entgegenstehen und anzunehmen ist, dass sich diese Ankerperson weiterhin auf Dauer rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten wird.

S. 345 - 350, Materienrecht

Zulässigkeit einer verfrühten Antragstellung auf Zuerkennung eines Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß Art 35 Abs 2 AsylG 2005 aufgrund der Berücksichtigung von Art 8 EMRK

Es genügt nach § 34 Abs 1 AsylG, dass ein Angehöriger eines Schutzberechtigten einen Antrag auf internationalen Schutz stellt. Es obliegt in der Folge somit der Behörde zu prüfen, welche Art von Schutz der Bezugsperson zukommt, und ist dem Antragsteller in der Folge derselbe Schutzumfang zu gewähren. Aus Art 8 EMRK ist keine generelle Verpflichtung abzuleiten, dem Wunsch des Fremden, sich in einem bestimmten Konventionsstaat aufzuhalten, nachzukommen. Die EMRK verbürgt Ausländern demnach kein Recht auf Einreise, Einbürgerung und Aufenthalt. Allerdings kann sich unter besonderen Umständen aus Art 8 EMRK eine Verpflichtung der Konventionsstaaten ergeben, den Aufenthalt eines Fremden zu ermöglichen. In Fällen, die sowohl das Familienleben als auch die Immigration betreffen, hängt das Ausmaß der staatlichen Verpflichtung, Verwandte von in dem Staat aufhältigen Personen zuzulassen, nach den besonderen Umständen der betroffenen Personen und dem Allgemeininteresse ab.

S. 350 - 360, Materienrecht

Notwendigkeit der Glaubhaftmachung einer Bedrohung oder Gefährdung iSd Art 3 EMRK als Unzulässigkeitsgrund einer Abschiebung

Die bloße Möglichkeit einer dem Art 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art 3 EMRK vorliegen, bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter auf den betreffenden Fremden bezogenen Umständen, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen. Bei der Abwägung der öffentlichen Interessen an ihrer Außerlandesbringung im Verhältnis zu ihrem Privatinteresse am weiteren Verbleib im Bundesgebiet ist insbesondere das Kindeswohl gemäß Art 8 EMRK mitzuberücksichtigen. Kindeswohl ist nur ein Aspekt der Interessensabwägung, sodass nicht jede Beeinträchtigung des Kindeswohls per se zur Folge hat, dass ein Verbleib im Bundesgebiet zu garantieren wäre.

S. 360 - 363, Materienrecht

Pflicht zur Beachtung des Art 2 Abs 2 und Abs 3 4. ZPEMRK im Verfahren nach § 88 FPG

Der Schutzbereich des Art 2 Abs 2 4. ZPEMRK erstreckt sich auf Konstellationen wie § 88 FPG. Es besteht keine generelle Verpflichtung, Ausländern, die sich in ihrem Hoheitsstaat aufhalten, ein bestimmtes Dokument auszustellen, das ihnen Auslandsreisen ermöglicht.

Die Weigerung, einen Fremdenpass auszustellen, kann aber einen Eingriff in das verfassungsgesetzlich geschützte Recht gemäß Art 2 Abs 2 4. ZPEMRK darstellen und kann auch in Widerspruch zu Art 8 EMRK stehen, wenn die betroffene Person über kein Reisedokument verfügt und nicht in der Lage ist, ein solches zu erhalten.

S. 363 - 367, Materienrecht

Überwiegen der Interessen der Beschwerdeführerin und ihres Kindes an der Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens trotz Verwirklichung des Versagungsgrundes des § 21 Abs 6 NAG

Durch den unrechtmäßigen Verbleib im Bundesgebiet nach dem Ablauf der Gültigkeit des Visums wird der Versagungsgrund gemäß § 11 Abs 1 Z 5 NAG iVm § 21 Abs 6 NAG verwirklicht. Das Kindeswohl muss in solch einer Entscheidung bei der Interessensabwägung gemäß Art 8 EMRK beachtet werden, selbst dann, wenn es sich um eine Entscheidung über die Mutter handelt.

S. 367 - 376, Materienrecht

Interessenabwägung nach § 21 Abs 3 NAG bei Antragsstellung durch die gesetzliche Vertreterin (= Mutter) im Inland und Aufenthalt des Antragstellers (= Kind) im Herkunftsland

Zwar spricht § 21 Abs 3 NAG davon, dass eine Inlandsantragstellung dann zulässig ist, wenn dem Fremden eine Ausreise aus dem Bundesgebiet zum Zweck der Antragstellung nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Es ist jedoch nicht ersichtlich, warum dies nicht auch für den gesetzlichen Vertreter des Antragstellers zu gelten hat, wenn dieser verpflichtet ist, für den handlungsfähigen Antragsteller persönlich einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels einzubringen, zumal keine sachliche Rechtfertigung besteht, solche Fälle generell vom Anwendungsbereich des § 21 Abs 3 NAG auszuschließen.

S. 376 - 382, Materienrecht

Zur Vornahme einer Interessenabwägung im Zusammenhang mit einer Inlandsantragsstellung unter besonderer Berücksichtigung des Kindeswohls und der Reiseunfähigkeit der Beschwerdeführerin

Eine Inlandsantragstellung auf begründeten Antrag kann dann zugelassen werden, wenn – ausnahmsweise, nämlich für den Fall der Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Ausreise des Fremden – ein aus Art 8 EMRK direkt abzuleitender Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht. Es ist eine Abwägung des öffentlichen Interesses an der Versagung eines Aufenthaltstitels mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 11 Abs 3 NAG genannten Kriterien in Form einer Gesamtbetrachtung, vorzunehmen. Der Trennung der Familie, auch in Bezug auf ein ungeborenes Kind, ist dabei größeres Gewicht beizumessen. Auch die Reiseunfähigkeit eines Fremden ist in die Interessenabwägung nach § 11 Abs 3 NAG einzubeziehen.

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