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ZIIR

Zeitschrift für Informationsrecht

Heft 3, August 2022, Band 10

eJournal-Heft
  • ISSN Online: 2309-754X

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Inhalt der Ausgabe

S. 250 - 252, Kurznachrichten und -Beiträge / Tagungsberichte

Burgstaller, Peter

Aktuelle Ereignisse und Entwicklungen zum Informationsrecht

S. 253 - 258, Aufsatz

Burgstaller, Christine

Europäische Auftragsverarbeiter im internationalen Datentransfer

Europäische Dienstleister, die Datenverarbeitungen auch für Kunden außerhalb Europas anbieten, stehen vor der Herausforderung, nicht nur ihre eigenen Rechte und Pflichten im Kontext der datenschutzrechtlichen Anforderungen zu beachten, sondern nebenher noch eine datenschutzrechtlich rechtssichere Vertragsgestaltung zu erreichen, die ihnen auf Basis ihrer Marktmacht oft gar nicht zukommt. Im Beitrag sollen die derzeitigen datenschutzrechtlichen Anforderungen an diese Dienstleister zusammengefasst und mögliche Wege zur Erlangung von rechtssicheren Datentransfers erläutert werden.

S. 259 - 264, Aufsatz

Briem, Stephan

Die Aufsichtsbehörde für Verwertungsgesellschaften – Aufgaben, Befugnisse und deren Grenzen

Mit Inkrafttreten des VerwGesG 2006 wurde die Aufsichtsbehörde für Verwertungsgesellschaften („Aufsichtsbehörde“) als Teil der dem Bundeskanzleramt unterstehenden KommAustria eingerichtet. Seit dem Jahr 2010 ist sie eine nachgeordnete Behörde des Bundesministeriums für Justiz. Primäre Aufgabe der Aufsichtsbehörde ist die Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des VerwGesG durch die Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung, die in Österreich traditionell als Verwertungsgesellschaften bezeichnet werden. Daneben hat die Aufsichtsbehörde auch noch eine Mediationskompetenz, wenn sie bei Streitigkeiten zwischen Verwertungsgesellschaften einerseits und anderen Verwertungsgesellschaften, Nutzerorganisationen, Nutzern, Bezugsberechtigten oder Rechteinhabern andererseits, um Vermittlung ersucht wird.

S. 265 - 269, Aufsatz

Thiele, Clemens

The Unknowable – Das urheberrechtliche Pastiche als unbekanntes Wesen

Appropriation Art, Remix, Meme oder Mashup – diese Begriffe beschreiben Kunstformen und -techniken, die mehr oder weniger stark das Kopieren anderer Werke voraussetzen. Häufig führen solche Nutzungen zu (Rechts-)Streitigkeiten, denn der Urheber des kopierten Werkes kann grundsätzlich jede Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Wiedergabe seines Werkes verbieten. Die unionsweite Umsetzung von Art 17 Abs 7 lit b DSM-RL hat nunmehr sowohl in Österreich als auch in Deutschland den Begriff „Pastiche“ im Urheberrecht etabliert. Während § 51a dUrhG seit 07.06.2021 insoweit eine echte vergütungspflichtige Schrankenbestimmung vorsieht, regelt § 42f Abs 2 öUrhG seit 01.01.2022 diese „Wiederholungskunst“ als Teil der Online-Plattformregulierung. Ein kürzlich bestätigtes Urteil gibt Anlass, sich mit dem Meinungsstand „hüben wie drüben“ auseinanderzusetzen und erste Diskussionspunkte festzumachen.

S. 270 - 282, Aufsatz

Bajrami, Urim/​Pachschwöll, Lukas

„LOOTBOXEN“

Das Phänomen „Lootboxen“ beschäftigt unsere Gesellschaft nunmehr schon seit einigen Jahren. So kommt fast jede Person, die sich für digitale Anwendungen interessiert, notgedrungen damit in Berührung: Sei es durch Videospiele, durch Handy-Applikationen oder einfach durch Medienberichte. Während manche Menschen Lootboxen lieben, kann wohl getrost gesagt werden, dass der Großteil der Spieler*innen (entgeltlichen) Lootboxen eher ablehnend gegenübersteht. Nachstehend folgt eine Darstellung des Themas nach österreichischem Recht; in der nächsten Ausgabe wird dazu die Rechtslage in der Schweiz dargestellt.

S. 291 - 293, Judikatur

VwGH: Unterbrechung des Verfahrens zur Klärung der Verwaltungsstrafbarkeit einer juristischen Person

Das Revisionsverfahren über die Verhängung einer Millionengeldstrafe gegen die Österreichische Post AG wegen zahlreicher Datenschutzverstöße wird bis zur Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union in der Rechtssache C-807/21 (Deutsche Wohnen) über das Ersuchen des Kammergerichts Berlin zur Klärung der Frage ausgesetzt, ob ein Bußgeld nach der DSGVO gegen ein Unternehmen verhängt werden kann ohne Feststellung eines konkreten Vorwurfs gegen eine natürliche Person.

Redaktioneller Leitsatz

S. 294 - 299, Judikatur

Thiele, Clemens

EuGH: Sonderkündigungsschutz für Datenschutzbeauftragte mit DSGVO vereinbar

Art 38 Abs 3 Satz 2 DSGVO steht einer nationalen Regelung grundsätzlich nicht entgegen, nach der ein Datenschutzbeauftragter, der bei einem Verantwortlichen oder einem Auftragsverarbeiter beschäftigt ist, nur aus wichtigem Grund gekündigt werden kann, auch wenn die Kündigung nicht mit der Erfüllung seiner Aufgaben zusammenhängt.

Der auch für Mitarbeiter in der Probezeit gültige Sonderkündigungsschutz nach § 6 Abs 6 Satz 2 iVm § 38 Abs 3 BDSG verstärkt die unabhängige Stellung des DSBA in Erfüllung seiner Aufgaben, und kann daher beibehalten werden.

Redaktionelle Leitsätze

S. 300 - 308, Judikatur

Thiele, Clemens

EuGH: Klagebefugnis der Verbraucherverbände in Datenschutzsachen

Für die Erhebung einer Verbandsklage iSv Art 80 Abs 2 DSGVO ist es ausreichend, dass eine vertretene Person von der Datenverarbeitung konkret betroffen ist oder individuell bestimmt wird.

Die in Art 80 Abs 1 DSGVO klagslegitimierte Einrichtung muss im Voraus keine betroffenen Personen individualisieren, sondern es genügt die bloße Benennung einer Kategorie oder Gruppe von Personen, die von einer datenschutzwidrigen Verarbeitung betroffen sein könnten.

Nach dem Recht der Mitgliedstaaten befugte Verbände zur Wahrung von Verbraucherinteressen können gleichermaßen gegen Verletzungen der in der DSGVO vorgesehenen Rechte gegebenenfalls mit Klagen vorgehen, die auf Rechtsvorschriften zum Schutz der Verbraucher oder zur Bekämpfung unlauterer Geschäftspraktiken beruhen.

Redaktionelle Leitsätze

S. 309 - 317, Judikatur

Thiele, Clemens

OGH: Haftung der Domain-Vergabestelle als Mittäter/Gehilfe

Ein Unterlassungsanspruch ist auch dann zu bejahen, wenn die Störungshandlung zwar nicht vom Beklagten selbst, aber doch von ihm direkt veranlasst wurde, indem er durch Handlungen oder Unterlassungen die Voraussetzung dafür schuf, dass der Dritte die Störung begehen konnte.

Haftet die Vergabestelle als mittelbar Beteiligte, kann sie auch vor oder neben dem unmittelbaren Störer und nicht nur dann in Anspruch genommen werden, wenn die Rechtsdurchsetzung gegen den Inhaber der Domain unmöglich oder unzumutbar schwierig sein sollte.

Die Beurteilung der Passivlegitimation der Vergabestelle für Domains richtet sich nach jenen Grundsätzen, die für Fälle mittelbarer Beteiligung an der Störung entwickelt wurden. Das gilt auch für den hier auf § 43 ABGB gestützten Unterlassungsanspruch.

Genauso wie derjenige, der den Wettbewerbsverstoß eines Anderen durch eigenes Verhalten gefördert oder ermöglicht hat, für das wettbewerbswidrige Verhalten des unmittelbaren Täters (Störers) einzustehen hat, haftet der Mittäter/Gehilfe bei einem namensrechtlichen Verstoß.

Voraussetzung für eine Mittäter-/Gehilfenhaftung ist, dass dem Beklagten die Störungshandlung, deren Förderung ihm vorgeworfen wird, in tatsächlicher Hinsicht bekannt war oder diesbezüglich eine Prüfungspflicht auf allfällige Verstöße bestand („kennen müssen“).

Die Weigerung trotz Kenntnis von einer Rechtsverletzung, eine Domain zu sperren, bedeutet eine Förderung des offenkundigen Verstoßes des unmittelbaren Täters. Hingegen kann der Vergabestelle (auch in Anlehnung an die zu verneinende Haftung von Presseunternehmen für wettbewerbswidrige Anzeigen) eine allgemeine Prüfungspflicht nicht zugemutet werden.

Eine Domain-Namensverwalterin haftet für das rechtswidrige Verhalten des unmittelbaren Täters dann, wenn der Verletzte unter Darlegung des entsprechenden Sachverhalts ein Einschreiten verlangt und die Rechtsverletzung auch für einen juristischen Laien ohne weitere Nachforschungen offenkundig ist. In einem solchen Fall ist es der Vergabestelle auch zumutbar, Maßnahmen zur Verhinderung einer Fortsetzung der Rechtsverletzung vorzunehmen.

Der Einwand der ausnahmsweise fehlenden Zumutbarkeit im konkreten Einzelfall ist nicht im Titelverfahren, sondern im Impugnationsprozess zu erheben. Diesen Grundsatz vertritt die Rechtsprechung ganz allgemein bei Unterlassungsansprüchen (auch) gegen Gehilfen/Beitragstäter bzw mittelbare Störer und auch bei Namensrechtsverletzungen.

Nach der Judikatur kann einem Unterlassungsbegehren durchaus eine allgemeinere Fassung gegeben werden, um Umgehungen zu vermeiden. Das verbotene Verhalten muss aber so deutlich umschrieben sein, dass es dem Beklagten als Richtschnur für sein künftiges Verhalten dienen kann. Es ist daher zulässig, die konkrete Verletzungshandlung zu nennen und das Verbot auf ähnliche Eingriffe zu erstrecken, oder das unzulässige Verhalten verallgemeinernd zu umschreiben und durch „insbesondere“ aufgezählte Einzelverbote zu verdeutlichen. Ein Unterlassungsgebot hat sich in seinem Umfang aber stets am konkreten Verstoß zu orientieren.

Amtliche Leitsätze

S. 318 - 325, Judikatur

Bruckmüller , Georg

OGH: Auskunftsanspruch gegenüber Onlinemedien

Der wirtschaftliche Ruf von Unternehmen wird zunehmend durch soziale Medien bestimmt. Unter welchen Voraussetzungen Bewertungsplattformen betroffenen Unternehmen – neben dem Anspruch auf Löschung von unliebsamen Postings – die Daten der Personen, die die Inhalte auf dem sozialen Medium verbreiten, bekannt zu geben haben, behandelt diese Entscheidung erstmals. Dabei ist auch von entscheidender Bedeutung, welches Recht auf den jeweiligen Sachverhalt anzuwenden ist.

Redaktioneller Leitsatz

S. 326 - 334, Judikatur

Thiele, Clemens

EuGH: Verpflichtung zur Verbraucherinformation über Garantie durch Online-Händler

Nach Art 6 Abs 1 lit m RL 2011/83/EU (Verbraucherrechte-RL) besteht im Fernabsatz eine Informationspflicht des Händlers im Online-Shop über eine bestehende Herstellergarantie nur dann, wenn der Unternehmer eine solche Herstellergarantie zu einem zentralen Merkmal seines Angebots macht. Das reine Bestehen einer Herstellergarantie oder ihre beiläufige Erwähnung lösen diese Verpflichtung nicht aus.

Redaktioneller Leitsatz

S. 335 - 336, Judikatur

OGH: Online-Werbung und Inlandsbezug

Die Verwendung einer Firma als Warenzeichen kann in Rechte an einer Marke eingreifen und daher unter den Voraussetzungen des § 10 Abs 1 MSchG Unterlassungsansprüche begründen.

Das Vorliegen einer Markenverletzung durch Werbung im Internet setzt einen über die bloße Abrufbarkeit einer Website hinausgehenden Inlandsbezug voraus.

Die Beurteilungskriterien für einen Inlandsbezug sind ua die Top-Level-Domain, die Sprache der Website, deren Inhalt und die wirtschaftliche Ausrichtung des Unternehmens.

Ein Inlandsbezug ist vertretbar, wenn bspw die Website in deutscher Sprache verfasst ist und tatsächlich Kunden in Österreich beliefert wurden, die ihre Bestellungen bei der Beklagten per E-Mail tätigten.

Amtliche Leitsätze

S. 337 - 339, Judikatur

OGH: Haftung für verlinkte Inhalte

Der Inhalt einer (iaR eigenen) Website, auf den ein Unternehmer mit einem Link verweist, ist bei der Beurteilung der Irreführung einer Werbeaussage nach § 2 UWG grundsätzlich zu berücksichtigen.

Ein Linksetzer muss sich den Inhalt einer fremden Website als eigenen Inhalt zurechnen lassen, wenn der Link eigene Ausführungen ersetzen soll. Der Linksetzer bringt in einem solchen Fall zum Ausdruck, dass seine Website ohne die fremde Leistung nicht so vollständig wäre, wie dies aus Sicht des Anbieters erforderlich ist.

Das Erfordernis des „Zu-eigen-Machens“ des fremden Inhalts zeigt, dass der Setzer eines Links lauterkeitsrechtlich nicht in jedem Fall und ohne weitere Voraussetzungen für den Inhalt der fremden Website haftet.

Dem Linksetzer ist der Inhalt einer fremden Website als eigener Inhalt dann zurechenbar, wenn der Link eigene Ausführungen ersetzen soll. Der Setzer eines Links zu einer fremden Website will in einem solchen Fall, dass der Internet-Nutzer von seiner Seite auch auf den Inhalt der über den Link erreichbaren fremden Seite zugreifen kann. Er vermittelt den Zugriff auf die fremde Seite und trägt zu deren Sichtbarmachung bei.

Ob sich der Linksetzer die fremden Inhalte zu eigen macht, kann naturgemäß nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden.

Amtliche Leitsätze

S. 340 - 342, Judikatur

OGH: Leistungen aufgrund staatsvertraglicher Pflicht zur Sicherung des Standorts von Internationalen Organisationen in Wien

Wie andere Tatbestände des UWG auch, setzt auch § 1 Abs 1 Z 1 UWG ein „Handeln im geschäftlichen Verkehr“ voraus.

Dabei muss es sich nicht um die eigene Erwerbstätigkeit des in Anspruch Genommenen handeln. Ansprüche nach dem UWG können auch auf die Förderung fremden Wettbewerbs gestützt werden.

Eine derartige tatbestandsrelevante Förderung fremden Wettbewerbs kommt nicht in Betracht, wenn bei objektiver Betrachtung eine andere Zielsetzung eindeutig überwiegt.

Ein lauterkeitsrechtlicher Unterlassungsanspruch scheitert am fehlenden Handeln im geschäftlichen Verkehr auch dann, wenn einzelne Unternehmer aus solchen Maßnahmen mittelbar (bzw faktisch) als Reflexwirkung einen Vorteil ziehen.

Bei Leistungen der öffentlichen Hand, die im überwiegenden öffentlichen Interesse erbracht werden, ist der unternehmerische Charakter und damit ein Handeln im geschäftlichen Verkehr im Allgemeinen zu verneinen.

Keine marktbezogene wirtschaftliche Tätigkeit liegt auch vor, wenn staatliche oder supranationale Organe in Wahrnehmung ihrer gesetzlichen oder statutarischen Befugnisse ihre typischen Aufgaben erfüllen und die Verfolgung öffentlicher Interessen oder Ziele eindeutig im Vordergrund steht.

Die Einräumung eines Baurechts an einer Liegenschaft mit einem jährlichen Baurechtszins idHv 1 EUR für schulische Zwecke diene der – sachlich gerechtfertigten – Unterstützung Internationaler Organisationen und nicht der Förderung eines bestimmten Schulträgers.

Amtliche Leitsätze

S. 343 - 343, Judikatur

OGH: 27 % sind nicht fast jeder Dritte

Bei Werbeaussagen unterscheidet die Rechtsprechung in objektiv nachprüfbare Tatsachenbehauptungen einerseits und Werturteile als rein subjektive, unüberprüfbare Meinungsäußerungen andererseits.

Der Bedeutungsinhalt von Äußerungen richtet sich nach dem Gesamtzusammenhang und dem dadurch vermittelten Gesamteindruck, den ein redlicher Mitteilungsempfänger gewinnt.

Der Gesamteindruck einer Ankündigung ist aber nicht gleichbedeutend mit ihrem Gesamtinhalt. Insbesondere kann der Gesamteindruck durch einzelne Teile, die als Blickfang besonders herausgestellt sind, entscheidend geprägt werden. In solchen Fällen darf auch der blickfangartig herausgestellte Teil der Ankündigung für sich allein nicht irreführend im Sinne des § 2 UWG sein.

Amtliche Leitsätze

S. 344 - 347, Judikatur

Thiele, Clemens

OGH: BREXIT und Prozesskostensicherheit

Nach den Vorgaben des HGÜ ist ein Urteil (einschließlich Kostenzuspruch) im Staat des gewöhnlichen Aufenthalts des Klägers zu vollstrecken.

Das Vereinte Königreich hat das Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen in Zivil- und Handelssachen (HGÜ) ratifiziert; es ist aufgrund des Private International Law (Implementation of Agreements) Act 2020 am 1. 1. 2021 in Kraft getreten und auf ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarungen anzuwenden.

Ein im Vereinigten Königreich wohnender britischer Staatsbürger ist als Kläger nach § 57 Abs 2 Z 1a ZPO vom Erlag einer Prozesskostensicherheit befreit.

Amtliche Leitsätze

S. 348 - 356, Judikatur

Epler, Alice

OGH: Zum Verhältnis von Unschuldsvermutung und Opferschutz

Die Betreiberin eines (öffentlichen) Facebook-Accounts ist als Medieninhaberin und damit Letztverantwortliche iSd § 1 Abs 1 Z 8 lit c MedienG für deren inhaltliche Gesamtgestaltung verantwortlich.

Im heiklen, weil die Persönlichkeitsinteressen der Betroffenen besonders tangierenden Bereich der Berichterstattung im Zusammenhang mit Gerichtsverfahren hat der Gesetzgeber durch Einführung der (einfach gesetzlichen) Bestimmungen der §§ 7a ff MedienG eine Konkretisierung der grundrechtlichen Spannungslage zwischen Meinungsäußerungsfreiheit und Persönlichkeitsschutz vorgenommen, deren Wertungen in erforderliche Abwägungen nach § 78 UrhG und § 1330 ABGB einzubringen sind.

Ein Social Media-Posting über einen erweislich wahren bzw. als wahr bescheinigten Sachverhalt ist auch dann zulässig, wenn es für den Betroffenen nachteilig, bloßstellend oder herabsetzend wirkt; denn soweit es im Persönlichkeitsschutz um den Schutz der Ehre geht, wird – abgesehen von Angriffen auf die menschliche Würde – immer nur die verdiente Ehre geschützt.

Nach der für die Beurteilung nach § 1330 ABGB aber auch §§ 7a ff MedienG maßgeblichen (laienhaften) Auffassung ist unter „Vergewaltigung“ ganz allgemein die Vornahme geschlechtlicher Handlungen an einer Person gegen deren Willen zu verstehen.

Postete die (Noch-)Ehefrau daher auf ihrem Facebook-Account, sie sei „vor physischer und psychischer Gewalt durch ihren US-amerikanischen Ehemann [...] nach Österreich mehr oder weniger geflohen“ besteht darin keine Verletzung der Unschuldsvermutung entgegen § 7b MedienG. Denn die zugrundeliegende familienrechtliche Auseinandersetzung iZm dem Rückführungsverfahren nach dem HKÜ und der ausführlichen medialen Berichterstattung darüber stellt ein ausreichendes Sachsubstrat für dieses Outing des mutmaßlichen Opfers sexueller Gewalt dar.

Dass ein Opfer über seine eigene Vergewaltigung berichtet, kann ihm nach § 7b MedienG – unabhängig vom Umstand, dass derzeit keine strafgerichtliche Verurteilung des von der Äußerung Betroffenen vorliegt – nicht verwehrt werden.

Redaktionelle Leitsätze

S. 357 - 364, Judikatur

Thiele, Clemens

OGH: Meinungsäußerungsfreiheit vs vergütungsfreie Werknutzung

Die Generalklausel des Zitatrechts rechtfertigt die vergütungsfreie Werknutzung zur Ausübung von verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechten (hier: Meinungs- und Versammlungsfreiheit).

Bei der Beurteilung, ob eine vergütungsfreie Werknutzung gerechtfertigt ist, ist eine Interessensabwägung zwischen Meinungsäußerungsfreiheit einerseits und Recht an der Werknutzung andererseits vorzunehmen.

Amtliche Leitsätze

S. 365 - 381, Judikatur

EuGH: Haftung von Online-Plattformbetreibern nach Art 17 Abs 4 lit b und c DSM-RL ist verhältnismäßig

Seitens des Betreibers einer Video-Sharing- oder Sharehosting-Plattform, auf der Nutzer geschützte Inhalte rechtswidrig öffentlich zugänglich machen können, erfolgt keine „öffentliche Wiedergabe“ dieser Inhalte im Sinne dieser Bestimmung, es sei denn, er trägt über die bloße Bereitstellung der Plattform hinaus dazu bei, der Öffentlichkeit unter Verletzung von Urheberrechten Zugang zu solchen Inhalten zu verschaffen.

Die Tätigkeit des Betreibers einer Video-Sharing- oder Sharehosting-Plattform fällt in den Anwendungsbereich von Art 14 Abs 1 der E-Commerce RL, sofern dieser Betreiber keine aktive Rolle spielt, die ihm Kenntnis von den auf seine Plattform hochgeladenen Inhalten oder Kontrolle über sie verschafft. Ein solcher Betreiber ist dabei nur dann gemäß Art 14 Abs 1 Buchst a von der in Art 14 Abs 1 vorgesehenen Haftungsbefreiung ausgeschlossen, wenn er Kenntnis von den konkreten rechtswidrigen Handlungen seiner Nutzer hat, die damit zusammenhängen, dass geschützte Inhalte auf seine Plattform hochgeladen wurden.

Art 17 Abs 1 DSM-RL sieht vor, dass ein Diensteanbieter für das Teilen von Online-Inhalten eine Handlung der öffentlichen Wiedergabe oder eine Handlung der öffentlichen Zugänglichmachung vornimmt, wenn er der Öffentlichkeit Zugang zu von seinen Nutzern hochgeladenen urheberrechtlich geschützten Werken oder sonstigen Schutzgegenständen verschafft, und deshalb die Erlaubnis dafür von den Rechteinhabern einholen muss, etwa durch den Abschluss einer Lizenzvereinbarung.

Die durch Art 17 Abs 4 DSM-RL für die Diensteanbieter für das Teilen von Online-Inhalten eingeführte spezielle Haftungsregelung bewirkt eine Einschränkung der Ausübung des in Art 11 GRC garantierten Rechts der Nutzer der entsprechenden Dienste auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit.

Die den Diensteanbietern für das Teilen von Online-Inhalten durch Art 17 Abs 4 DSM-RL auferlegten Verpflichtungen beschränken das Recht der Nutzer dieser Dienste auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit aber nicht unverhältnismäßig.

Redaktionelle Leitsätze

S. 382 - 383, EuGH Vorlagefragen

EuGH Vorlagefragen

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