Die Diversität des österreichischen Hochschulwesens ist rechtlich durch die unterschiedliche Rechtsstellung der Bildungseinrichtungen vorgegeben. Diese Unterschiede gilt es rechtsdogmatisch festzumachen, da die einschlägigen Rechtsnormen unvollständig und imperfekt sind. Die Bundesverfassung trifft keine eindeutige Abgrenzung hinsichtlich der Unterscheidung der öffentlichen Universitäten zu anderen postsekundären Bildungseinrichtungen. Folglich stellen sich zahlreiche Auslegungsfragen auf einfachgesetzlicher Ebene, die auch rechtspolitisch relevant sind und erst zum Teil ausjudiziert wurden. Zu den wichtigen judizierten Bereichen zählt die 2013 vom VfGH entschiedene Frage der Studiengebühren an öffentlichen Universitäten und die diesbezüglichen Ansprüche an das UG 2002. Die Abgrenzung hoheitlicher und nicht-hoheitlicher Entscheidungen im Studienrecht berührt Fragen der Gleichwertigkeit der Rechtschutzwege und wirft grundlegende Probleme der Ausrichtung und des (noch) verbliebenen Umfangs des „klassischen“ Verwaltungsrechts im Verhältnis zu neuen Justizzuständigkeiten auf. Fragen im Zusammenhang mit den organisatorischen Strukturen der Bildungseinrichtungen, der Qualitätssicherung, dem Studienrechtsrahmen und dem Rechtsschutzweg werden daher trotz einiger Leitentscheidungen auch künftig zu klären sein.
- ISSN Online: 1613-754X
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Inhalt der Ausgabe
Zufolge Art 147 Abs 6 B-VG endet das Amt der Mitglieder und Ersatzmitglieder des VfGH mit 31. Dezember des Jahres, in dem das Mitglied oder das Ersatzmitglied das siebzigste Lebensjahr vollendet hat. Der vorliegende Beitrag wirft vor dem Hintergrund der in den letzten 80 Jahren massiv gestiegenen Lebenserwartung die rechtspolitische Frage auf, ob diese Altersgrenze noch zeitgemäß ist, wobei Erfahrungen mit alten Richtern am US Supreme Court ausführlich diskutiert werden.
S. 230 - 237, Abhandlung
Aktuelle Rechtsprechung des VfGH zu Fragen des Adoptionsrechts (VfSlg 19.941/2014; 19.942/2014)
Im Dezember 2014 entschied der VfGH in zwei Fällen über Fragen des Adoptionsrechts und erklärte die zugrunde liegenden Vorschriften für verfassungswidrig. In einem Fall ging es um den gesetzlich vorgeschriebenen Altersunterschied zwischen den Wahleltern und dem Wahlkind, im zweiten Fall stand der Ausschluss der Fremdkindadoption durch gleichgeschlechtliche Paare in Frage. Im Licht der Rechtsprechung des EGMR erscheinen die jeweiligen Auslegungen und Anwendungen des Diskriminierungsverbotes nicht überraschend.
S. 238 - 244, Abhandlung
Alkoholverbot in Innsbruck – Überlegungen zu VfGH 09.12.2015, E 50/2015
Im Beitrag werden Überlegungen zum Erkenntnis des VfGH E 50/2015 vom 9. Dezember 2015 angestellt. Darin befasst sich der VfGH mit Fragen der Verfassungskonformität einer ortspolizeilichen Verordnung, mit der in Innsbruck ein sektorales Alkoholverbot verfügt wurde.
Ortspolizeiliche Verordnungen, mit denen für bestimmte Plätze oder Straßenabschnitte ein Alkoholverbot erlassen wird, lassen sich – wie das Beispiel einschlägiger Innsbrucker ortspolizeilicher Verordnungen zeigt – als eine Risikoregulierung verstehen. Keine Risikoregulierung kann ethisch neutral sein. Sie muss implizit Stellung nehmen zu den Gefahren von Aktivitäten, die für bestimmte gesellschaftliche Gruppen als wertvoll gelten. Die zum Alkoholverbot in Innsbruck ergangene Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH 09.12.2015, E 50/2015) lässt sich als Versuch begreifen, die Verfassungsgerichtsbarkeit aus einem gesellschaftlichen Wertkonflikt herauszuhalten.
Mit einer tiefgreifenden Reform der Verfassung (Vf) will die italienische Regierung von Ministerpräsident Matteo Renzi den Staatsapparat Italiens effizienter gestalten. Das Parlament hat die Reform bereits im Frühjahr genehmigt. Da zwar eine absolute, aber keine zwei Drittel Mehrheit erreicht wurde, kann darüber im Herbst 2016 das Wahlvolk entscheiden (138 Vf).
Unabhängig davon, wie das Referendum ausgeht, kennzeichnet die Reformvorlage eine Wende in der italienischen Politik. Die Vf Italiens von 1948 ist von einem großen demokratischen und sozialen Auftrag beseelt. Der Staatsaufbau allerdings war zentralistisch. Nach vielen gescheiterten Anläufen gelang 2001 eine Vf-Reform in Richtung einer stärkeren Regionalisierung. Aber noch gar nicht ganz vollzogen, scheint sich der Wind zu drehen. Das derzeit geltende perfekte Zweikammersystem soll ebenso überwunden werden. Kombiniert mit dem neuen, kürzlich in Kraft getretenen Wahlgesetz soll analysiert werden, in wieweit die Macht in Rom zentralisiert wird.
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