Jüngere Gerichtsentscheidungen und Rechtsetzungsinitiativen der EU und ihrer Mitgliedstaaten, mit denen Investitionsströme aus Drittstaaten reguliert werden sollten, haben offengelegt, in welchem Ausmaß die staatliche Regelungsfreiheit durch Vorgaben des EU-Rechts und des internationalen Rechts diesbezüglich bereits beschränkt ist. Dieser Artikel versucht, relevante Problembereiche und rechtliche Leitlinien auf den Ebenen des EU-Rechts und des internationalen Wirtschaftsrechts herauszuarbeiten und durch die Erörterung rezenter Beispiele wie der EU-Elektrizitäts- und Gas-Binnenmarktrichtlinien sowie nationaler Regelungsmaßnahmen zu illustrieren. Nach einer kurzen Rekapitulation der für EU-interne grenzüberschreitende Investitionen geltenden Regeln untersucht der Beitrag das wesentlich komplexere Regelwerk für Investitionen aus Drittstaaten. In diesem Zusammenhang wird die jüngere Rsp des EuGH, der Drittstaatsinvestoren die Berufung auf die Kapitalverkehrsfreiheit zu unterbinden sucht, kritisiert und ein systemadäquater alternativer Lösungsvorschlag unterbreitet. Darüber hinaus wird aufgezeigt, dass es gewichtige Argumente dafür gibt, dass die ausschließliche EU-Außenkompetenz für ausländische Direktinvestitionen auch unilaterale (autonome) Maßnahmen gegenüber Drittstaaten umfasst und dass die EU-Kompetenz eventuell sogar Portfolioinvestitionen mit einschließt. Des Weiteren unterstreicht dieser Artikel, dass in den Vorstudien zu diesem Themenbereich die Investitionsschutzdimension des GATS wiederholt unterschätzt bzw missverstanden worden ist, und dass der restriktive EuGH-Ansatz gegenüber Investoren aus Drittstaaten künftig vor allem durch die Rechtswirkungen von bilateralen Investitionsschutzabkommen mehr als wettgemacht werden könnte.
- ISSN Online: 1613-7663
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Inhalt der Ausgabe
S. 639 - 677, Aufsatz
State Measures Protecting Against “Undesirable” Foreign Investment. Issues in EU and International Law
Der Beitrag unternimmt den Versuch einer nüchterneren Diskussion der von den europäischen Gerichten gefällten Entscheidungen in Sachen Kadi, die im völker- wie europarechtlichen Schrifttum recht hitzig diskutiert wurden. Die Urteile waren zeitweise als bahnbrechend für die Frage des Verhältnisses von Europarecht und allgemeinem Völkerrecht angesehen worden, wobei die Debatte durch aktuelle politische Fragestellungen im „Krieg gegen den Terror“ und das Spannungsfeld zwischen Sicherheitspolitik und Grundrechtsschutz belastet wurde. Demgegenüber vertritt der Beitrag den Standpunkt, dass die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes in Kadi nicht anders ausfallen konnte, weil sie sich zwingend aus längst etablierter Rechtsprechung zu Wirkung und Rang von Völkerrecht innerhalb der Europäischen Gemeinschaft bzw Union ergab. Der Gerichtshof hat mit der Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils seine bisherige Rechtsprechung weder geändert noch modifiziert, sondern im Gegenteil seit Jahrzehnten geltende Prinzipien lediglich – wenn auch spektakulär – bestätigt. Dies soll anhand einer von der konkreten Fallkonstellation und ihren sicherheitspolitischen Implikationen losgelösten Betrachtung vorangegangenen case laws nachgewiesen werden.
S. 703 - 720, Aufsatz
Neuartige Aufgaben der RechtsschutzbeauftragtenThe Novel Tasks of Legal Protection Officers
Den Rechtsschutzbeauftragten werden zusehends mehr Aufgaben übertragen. Einige davon haben mit ihrer ursprünglichen und nach wie vor hauptsächlichen Funktion als kommissarische Rechtsschutzeinrichtungen wenig bis nichts gemein. Die Kombination aus zunehmender Aufgabenlast und neuartiger Funktionen schlägt negativ zurück auf ihre grundrechtsschützende Rolle im Bereich geheimer Überwachungen. Da ihnen diesbezüglich eine Schlüsselfunktion zukommt, droht den betreffenden Eingriffen die Grundrechtswidrigkeit. Darüber hinaus scheint man bei der Einführung des sKp Aspekten der Gewaltentrennung zu wenig Augenmerk geschenkt zu haben. Ein Gutteil der dem RSB-StPO übertragenen Aufgaben verletzt die gebotene Trennung zwischen Verwaltung und Gerichtsbarkeit. Darüber kann auch nicht die Ergänzung des Art 94 B-VG hinweghelfen, weil die Verfassungswidrigkeit in Art 20 Abs 2 Z 2 B-VG wurzelt.
Seit dem Berichtsjahr 2003 in ZÖR 59 (2004) berichtet das Österreichische Institut für Menschenrechte alljährlich über die Entwicklungen in der österreichischen höchstgerichtlichen Judikatur zur Europäischen Menschenrechtskonvention und ihren Protokollen. Im Einleitungsteil werden die ausgewählten Entscheidungen kurz angesprochen und kommentiert und hierauf im Berichtsteil im Dreitakt von Leitgedanken – Sachverhalt – Rechtsausführungen gerafft dargestellt.
Für 2011 werden 24 Entscheidungen präsentiert, wobei jene zum Schutz des Privat- und Familienlebens (Art 8) und jene zur Freiheit der Meinungsäußerung (Art 10) schon quantitativ hervorstechen. Bemerkenswert auch, dass es zu letzteren kein einziges Urteil in Straßburg mehr gab, was die Vermutung nahelegt, dass der OGH bei den Medienfällen die Rolle des EGMR übernommen hat.
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