2022 waren weltweit mehr als 108 Mio Menschen auf der Flucht (inkl Binnenmigration), Ende 2015 erst 65 Mio. Viele wollen in die EU – diese „verhakt“ sich jedoch im „Klein-Klein“, wäre dem zu erwartenden Zustrom trotz der 2023 beschlossenen Reformen nicht gewachsen. Die Flüchtlingskrise 2015/16 hatte die Dysfunktionalität des Asylsystems aufgezeigt. Gefordert ist nun die Rechtspolitik mit hinreichenden und im Zusammenwirken stimmigen Maßnahmen. Zwei neue Gesamtkonzepte versprechen sowohl die Menschenrechte für Flüchtlinge zu gewährleisten als auch die Belastungen von EU und Aufnahmestaaten zu begrenzen. In welchen zentralen Punkten stimmen sie überein? Und was bedeutet das schließlich für jede Reform-Strategie?
Die Zugangsweisen von Ruud Koopmans und Lothar Häberle zum Asylsystem in Europa könnten kaum unterschiedlicher sein: Koopmans argumentiert als Soziologe und Migrationswissenschaftler, Häberle aus europa- und staatsrechtlicher Perspektive. Umso gewichtiger ist es, wenn beide in zentralen Punkten übereinstimmen.
Einem Abriss des Konzepts von Koopmans (unter I.) folgt eine (gedrängte) Darstellung des Häberle-Konzepts, verbunden mit einer kurzen Analyse der Abweichungen (II.) beider Konzeptionen. Deren Konsequenzen für eine Reform des Europäischen Asylsystems (unter IV.) gehen – nach Exkurs und Einordnungen zu zwei Streitfragen (III.) – einem Fazit (V.) voraus.