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ZIIR

Zeitschrift für Informationsrecht

Heft 4, November 2016, Band 2016

eJournal-Heft
  • ISSN Online: 2309-754X

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Inhalt der Ausgabe

S. 396 - 398, Kurznachrichten und -Beiträge

Burgstaller, Peter

Kurznachrichten und -beiträge

S. 398 - 399, Kurznachrichten und -beiträge

Schimpl, Verena

Auch dem EU-Patent droht das Aus durch Brexit

Vor bereits mehr als 5 Jahren wurde der rechtliche Grundstein zum jahrelang diskutierten Europäischen Patent mit einheitlicher Wirkung (kurz: EU-Patent) durch den Beschluss 2011/167/EU gelegt. Seitdem wurden in 2012 die Verordnungen VO (EU) 1257/2012 und VO (EU) 1260/2012 zur Umsetzung des Gemeinschaftspatents erlassen, sowie 2013 das Übereinkommen 2013/C 175/01 über ein einheitliches Patentgericht unterzeichnet, welches mit der Ratifikation von 13 Mitgliedstaaten in Kraft tritt. Mit Stand September 2016 konnte eine Ratifikation von 11 Ländern verzeichnet werden. Deutschland und das Vereinigte Königreich – zwei der drei patentstärksten Mitgliedstaaten, welche zwingend für das Inkrafttreten des Übereinkommens ratifizieren müssen – haben bisher der Ratifikation nicht zugestimmt. Obwohl von Experten vor dem Brexit ein prognostizierter Start des EU-Patents für 2017 vorausgesagt wurde, bedeutet ein EU-Austritt des Vereinigten Königreichs vermutlich erneut eine unabsehbare Verzögerung des langersehnten EU-Patents.

S. 400 - 405, Aufsatz

Schweiger, Thomas/​Lackner, Wolfgang

Der Mindestbuchpreis im grenzüberschreitenden Internethandel

Beim Buchpreisbindungsgesetz handelt es sich um ein Unikat unter den österreichischen Gesetzen, da das Festsetzen von Mindestpreisen für Waren dem vorherrschenden marktwirtschaftlichen Denken widerspricht. In anderen Branchen wäre eine Preisbindung für Waren nicht vorstellbar. Für Bücher werden die Preise für Letztverbraucher zwingend festgelegt. Allerdings gerät die Preisbindung zunehmend in Bedrängnis. Einerseits der Eintritt in die EU und andererseits der zunehmende Handel von Büchern im Internet veranlassten den Gesetzgeber in den letzten Jahrzehnten zu mehreren Novellierungen des Buchpreisbindungsgesetzes (BPrBG). Im Zuge der letzten Novelle 2014 erweiterte der Gesetzgeber die Preisbindung auf den grenzüberschreitenden Onlinehandel. Der EuGH prüfte die neue Rechtslage nach 2014 auf die Vereinbarkeit mit dem EU-Recht noch nicht.

Im Folgenden wird zum besseren Verständnis eingangs auf die Entstehung und die Funktionsweise der Buchpreisbindung eingegangen, um anschließend die Anwendbarkeit im grenzüberschreitenden Onlinehandel und die Vereinbarkeit mit dem EU-Recht zu prüfen.

S. 406 - 410, Aufsatz

Knoll, Martin

Blockchain und Smart Contracts – ein kurzer Abriss

Als Blockchain wird die Technologie bezeichnet, die der Kryptowährung Bitcoin zugrunde liegt. Wegen ihrer besonderen Eigenschaften wird derzeit geforscht, ob sie abseits von Bitcoins auch in anderen Bereichen des Wirtschaftslebens Anwendung finden könnte: Ihr Prinzip der dezentralen Buchführung soll Transaktionen allgemein vereinfachen und kostensparender machen. Demgegenüber ist von einem Smart Contract die Rede, wenn eine Transaktion, über die zB mittels einer Blockchain buchgeführt wird, automatisch ausgeführt wird. Der vorliegende Beitrag soll einen kurzen Überblick über die Materie bieten. Er nimmt nicht in Anspruch, abschließende juristische Lösungen aufzuzeigen.

S. 411 - 416, Aufsatz

Peschel, Oliver/​Schwamberger, Sebastian

Der Vertragspartner beim App-Erwerb

Apps sind mittlerweile zum ständigen Begleiter unseres Privat- und Wirtschaftslebens geworden und gewinnen stetig an Bedeutung im digitalen Zeitalter. Umso wichtiger ist es deshalb, bedeutende Fragen des App-Erwerbs zu untersuchen. Der Beitrag zeigt auf, dass die Thematik des Vertragspartners beim App-Erwerb in Österreich bisher noch nicht ausreichend behandelt wurde und versucht die Problemstellung anhand eines Vergleichs mit dem stationären Handel zu lösen.

S. 420 - 427, Judikatur

Thiele, Clemens

OGH: Zulässige Verwendung strafrechtsrelevanter Daten

Das Recht auf Datenschutz nach dem § 1 DSG 2000 umfasst nur die in einer Datei aufscheinenden personenbezogenen Daten.

Während § 1 Abs 3 DSG 2000 für das Recht auf Auskunft, Richtigstellung und Löschung explizit von „Daten, die zur automationsunterstützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuell geführten Dateien bestimmt sind“ spricht, beschränkt sich das Recht auf Geheimhaltung gemäß § 1 Abs 1 DSG aufgrund des dort verwendeten allgemeinen Begriffs „Daten“ nicht auf personenbezogene Daten, die in einer Datei aufscheinen.

Ein Eingriff in das Recht auf Datenschutz kann nach der gebotenen Interessenabwägung gerechtfertigt sein. Bei dieser sind die von der Judikatur zu anderen Interessenkollisionen (zB Meinungsfreiheit gegenüber Recht auf Ehre) entwickelten Grundsätze anwendbar.

Für den Unterlassungsanspruch nach § 32 Abs 2 DSG hat der Kläger zu beweisen, dass die Übermittlung (hier: einer PDF-Datei mit personenbezogenen Daten) an einen für den Übermittlungszweck tatsächlich nicht befugten Empfänger erfolgte.

Die Abwägung zwischen Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen und der Verwendung strafrechtsbezogener Daten der Kläger durch den Beklagten rechtfertigt die Verwendung, da der Beklagte dafür im verfassungsrechtlich garantierten Recht auf Eigentum (Art 5 StGG) eine rechtliche Basis hatte und für die Durchsetzung seiner Rechtsposition dies auch erforderlich war.

Redaktionelle Leitsätze

S. 428 - 437, Judikatur

Thiele, Clemens

OGH: Begründetes Widerspruchsrecht bei Bewertungs-plattformen

Die Eintragung des Vor- und Nachnamens sowie der Ordinationsadresse samt Kontaktdaten eines Mediziners in ein Ärzte-Suchportal stellt keine Verletzung der Privatsphäre dar. Diese Daten sind bereits nach § 27 ÄrzteG der breiten Öffentlichkeit zugänglich. Die demgemäß geführte Ärzteliste der Österreichischen Ärztekammer ist für die in dieser Gesetzesstelle genannten Daten öffentlich, also jedermann zugänglich und erfüllt damit die Funktion eines öffentlichen Registers, in dem jedermann jederzeit nachprüfen kann, wer zur Ausübung des ärztlichen Berufs und in welcher Form berechtigt ist.

Nach § 8 Abs 2 DSG 2000 sind zulässigerweise veröffentlichte Daten keineswegs vom Anwendungsbereich der einfachgesetzlichen Regelungen des Datenschutzgesetzes ausgenommen. Bei allgemeiner Verfügbarkeit von Daten werden zwar schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen nicht verletzt, die weiteren Voraussetzungen der (einfachgesetzlichen) Zulässigkeitsprüfung müssen aber sehr wohl erfüllt sein, wie etwa das Vorliegen der rechtlichen Befugnis des Auftraggebers nach § 7 Abs 1 DSG 2000, die Verhältnismäßigkeitsprüfung des § 7 Abs 3 DSG 2000 oder die Einhaltung der allgemeinen Datenverarbeitungsgrundsätze des § 6 DSG 2000.

Bei der nach § 28 Abs 1 DSG für die Begründung des Widerspruchs durchzuführenden Interessenabwägung ist nicht nur auf die unmittelbaren Geheimhaltungsinteressen, sondern auf sämtliche schutzwürdigen Interessen des Betroffenen zu achten; allerdings ist der Betroffene für seine zu berücksichtigenden Schutzpositionen grundsätzlich behauptungs- und beweispflichtig.

Redaktionelle Leitsätze

S. 438 - 442, Judikatur

Thiele, Clemens

OGH: Sammelklagen österreichischer Verbraucher gegen Facebook

Ist Art 15 VO (EG) 44/2001, dahin auszulegen, dass ein „Verbraucher“ im Sinne dieser Bestimmung diese Eigenschaft verliert, wenn er nach längerer Nutzung eines privaten Facebook-Kontos im Zusammenhang mit der Durchsetzung seiner Ansprüche Bücher publiziert, teilweise auch entlohnte Vorträge hält, Webseiten betreibt, Spenden zur Durchsetzung der Ansprüche sammelt und sich die Ansprüche von zahlreichen Verbrauchern gegen die Zusicherung abtreten lässt, diesen einen allfälligen Prozesserfolg nach Abzug der Prozesskosten zukommen zu lassen?

Ist Art 16 VO (EG) 44/2001 dahin auszulegen, dass ein Verbraucher in einem Mitgliedstaat gleichzeitig mit seinen eigenen Ansprüchen aus einem Verbrauchergeschäft am Klägergericht-stand auch gleichgerichtete Ansprüche anderer Verbraucher mit Wohnsitz

im gleichen Mitgliedstaat,

in einem anderen Mitgliedstaat oder

in einem Drittstaat

geltend machen kann, wenn ihm diese aus Verbrauchergeschäften mit derselben beklagten Partei aus demselben rechtlichen Zusammenhang zediert wurden und wenn das Zessionsgeschäft nicht in eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Klägers fällt, sondern der gemeinsamen Durchsetzung der Ansprüche dient?

Redaktionelle Leitsätze

S. 443 - 448, Judikatur

Thiele, Clemens

VwGH: Identifikation des Auskunftswerbers bei Videoüberwachung

Die Bestimmung des § 26 DSG 2000 hat den klar erkennbaren Zweck, einem Missbrauch des Auskunftsrechts zur Informationsbeschaffung durch Dritte einen Riegel vorzuschieben. Ein Auftraggeber darf ohne Vorliegen eines Identitätsnachweises keine Daten an den Auskunftswerber – von dem er in diesem Moment nur annehmen kann, dass er tatsächlich der Betroffene ist – übermitteln, weil er sonst das Datengeheimnis gemäß § 15 Abs. 1 DSG 2000 verletzen könnte.

Das Ansuchen um Auskunftserteilung nach § 26 DSG 2000 hat schriftlich zu ergehen, wobei es mit Zustimmung des Auftraggebers auch mündlich gestellt werden kann. Die vom Gesetz vorgesehene Formvorschrift soll (auch) sicherstellen, dass für den Auftraggeber der Umfang des Auskunftsbegehrens klar umrissen ist.

Es kann für die Annahme eines Identitätsnachweises nach § 26 Abs 1 DSG 2000 hinreichend sein, wenn fallbezogen ausreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der (datenschutzrechtliche) Auftraggeber keine Zweifel an der Identität der Auskunftswerberin hegen musste.

Die zulässige Abweichung von der Schriftlichkeit gilt auch für den mit dem Auskunftsersuchen verbundenen Identitätsnachweis, der in diesem Fall dann zB durch den Augenschein erbracht werden kann. Entscheidend bleibt, dass es dem Auftraggeber ermöglicht wird, die Identität des Auskunftswerbers zuverlässig zu überprüfen.

Für einen Identitätsnachweis nach § 26 Abs 1 DSG 2000 ist ein hoher Grad an Verlässlichkeit zu fordern, sodass die Berufung auf § 8 RAO durch den anwaltlichen Vertreter des Auskunftswerbers nicht ausreicht, sondern grundsätzlich die Vorlage eines urkundlichen Nachweises der Bevollmächtigung erfolgen muss, um einen geeigneten Identitätsnachweis alleine im Wege einer Vertretung durch einen Rechtsanwalt zu erbringen.

Wird aber ein Auskunftswerber von einem Rechtsanwalt vertreten und schreitet dieser für den Auskunftswerber gemäß § 26 Abs 1 DSG 2000 ein, so ist davon auszugehen, dass neben dem Nachweis der Bevollmächtigung ein weiterer Identitätsnachweis nicht erforderlich ist.

Ein Identitätsdokument in Form einer öffentlichen Urkunde ist ein geeigneter Nachweis gem § 26 Abs 1 DSG 2000, nicht jedoch eine Meldebestätigung des Auskunftswerbers nach § 19 MeldeG 1991.

Redaktionelle Leitsätze

S. 449 - 452, Judikatur

Thiele, Clemens

DSB: Digitale Aufzeichnung vs Videoüberwachung

Aus den Bestimmungen des 9a. Abschnitts des DSG 2000 kann nicht abgeleitet werden, dass jede digitale Aufzeichnung bewegter Bilder eine Videoüberwachung ist.

Erfolgt das anlassbezogene Filmen eines bestimmten Objekts (hier: Heliport C***) von wechselnden Standorten aus mittels einer von Hand geführten Kamera zwecks Dokumentation von Ereignissen (Flugbewegungen) und der Sicherung von Beweisen nicht systematisch, insbesondere nicht mittels einer fest installierten Anlage, und auch nicht fortlaufend, liegt keine Videoüberwachung iSv § 50a Abs 1 DSG 2000 vor.

Da demzufolge keine Bilddaten einer Videoüberwachung vorliegen, kommt auch das Auskunftsrecht gemäß § 50e DSG 2000 nicht zur Anwendung.

Redaktionelle Leitsätze

S. 453 - 457, Judikatur

Thiele, Clemens

OGH: Keine Kostentragung bei „Schockrechnung“ eines Access-Providers

Der Haftungsausschluss nach § 13 ECG betrifft lediglich Schäden Dritter durch übermittelte rechtswidrige Informationen nicht hingegen die vertraglichen Ansprüche des Access-Providers gegenüber seinen Kunden, die Opfer eines Telefon-Hackings geworden sind.

Im Rahmen seiner Schutz- und Sorgfaltspflichten hat der Betreiber von Kommunikationsdiensten – bei sonstigem Entfall seiner Entgeltansprüche – Maßnahmen zur Abwehr von Hackerangriffen ergreifen, die ihm leicht möglich sind.

Einem Telekom-Diensteanbieter ist es sowohl personell als auch technisch leicht möglich und zumutbar ein automatisches Gebührenmonitoring sowie eine entsprechende Warnung der Kunden zu installieren. Dadurch werden seine Schutz- und Sorgfaltspflichten nicht überspannt.

Die nebenvertraglichen Schutz- und Sorgfaltspflichten eines Access-Providers umfassen das Ergreifen von leicht möglichen Maßnahmen zur Abwehr von Hackerangriffen. Daher sind jene Leistungen, die unter Verletzung von Schutz- und Sorgfaltspflichten entstanden sind bzw die bei Einhaltung der gebotenen Sorgfalt nicht angefallen wären, nicht zu vergüten.

Redaktionelle Leitsätze

S. 458 - 472, Judikatur

Thiele, Clemens

EuGH: Rechtswahlklauseln im Online-Handel beschränkt zulässig

Nach Art 6 Abs 1 Rom II-VO ist für die Verbandsklage einer Verbraucherschutzorganisation gegen missbräuchliche AGB-Klauseln an das Recht der außervertragliche Schuldverhältnisse aus unlauterem Wettbewerbsverhalten anzuknüpfen und jene Rechtsordnung des Staats maßgeblich, in dem die Verbraucher, deren kollektive Interessen wahrgenommen werden, ihren Wohnsitz haben.

Die inhaltliche Klauselkontrolle selbst hat jedoch unabhängig davon, ob es sich um einen Individual- oder Verbandsprozess handelt, nach dem von Art 6 Rom I-VO anwendbaren Recht zu erfolgen, dh regelmäßig aufgrund der Rechtswahlklausel in den zu prüfenden AGB nach dem Recht des Unternehmenssitzes und den zwingenden Schutzbestimmungen des Verbraucherstaats.

Nach Art 3 Abs 1 Klausel-RL kann eine Klausel gegenüber Konsumenten im Online-Handel dann unzulässig sein, wenn sie den Verbraucher in die Irre führt, indem sie ihm den Eindruck vermittelt, auf den Vertrag sei nur das Recht dieses Mitgliedstaats anwendbar, ohne ihn darüber zu unterrichten, dass er nach Art 6 Abs 2 Rom-II VO auch den Schutz der zwingenden Bestimmungen des Rechts genießt, das ohne diese Klausel anzuwenden wäre; dies hat das nationale Gericht im Licht aller relevanten Umstände im Einzelnen zu prüfen.

Die Verarbeitung personenbezogener Daten durch ein im elektronischen Geschäftsverkehr tätiges Unternehmen unterliegt dem Recht jenes Mitgliedstaats, auf den das Unternehmen seine Geschäftstätigkeit ausrichtet, wenn sich zeigt, dass das Unternehmen die fragliche Datenverarbeitung im Rahmen der Tätigkeiten einer Niederlassung iSv Art 4 Abs 1 lit a DS-RL vornimmt, die sich in diesem Mitgliedstaat befindet. Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu beurteilen, ob dies konkret der Fall ist.

Redaktionelle Leitsätze

S. 473 - 476, Judikatur

Thiele, Clemens

VwGH: Weiterverwendung widersprochener AGB im TK-Bereich strafbar

§ 25 TKG 2003, BGBl I 70/2003 idF BGBl I 102/2011, der die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Entgeltbestimmungen der Betreiber von Kommunikationsnetzen bestimmten Melde- und Prüfpflichten der Regulierungsbehörde unterwirft, ist vor dem Hintergrund des Art 6 iVm Anh Absch A Z 8 der RL 2002/20/EG (Genehmigungsrichtlinie) nicht unionsrechtswidrig.

Wer einem Bescheid der RTR-GmbH zuwider handelt (hier: Weiterverwendung von nach § 25 TKG behördlich widersprochenen AGB), begeht ein Ungehorsamsdelikt nach § 109 Abs 4 Z 6 TKG 2003 iVm § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG. Es liegt deshalb am Beschuldigten, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Ihm obliegt jedenfalls, sich mit den einschlägigen Normen seines Betätigungsfelds ausreichend vertraut zu machen. Unterlässt der TK-Betreiber daher die Einholung einer Auskunft der zuständigen Behörde, kann von seinem Verschulden ausgegangen werden.

Nach dem Wortlaut des § 25 Abs 6 zweiter Satz TKG 2003, wonach der Widerspruch jedenfalls die „Untersagung der weiteren Verwendung“ der AGB bewirkt, ist die Gesetzeslage jedenfalls insofern eindeutig, als die weitere Verwendung der von einem Widerspruch erfassten AGB durch den betroffenen TK-Betreiber unzulässig ist.

Redaktionelle Leitsätze

S. 477 - 478, Judikatur

BGH: Kein Schadenersatz nach abgebrochener eBay-Auktion

Das Schadenersatzverlangen von systematischen „Abbruchjägern“ im Rahmen von Online-Auktionen ist rechtsmissbräuchlich, wenn die Beteiligung an diesen Auktionen vorwiegend zum Ziel hat, im Fall eines vorzeitigen Auktionsabbruchs Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung geltend zu machen. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Abbruchjäger innerhalb eines Sommers bei eBay Gebote in Höhe von € 215.000,00 abgibt, um dann, jedes Mal unter Beantragung von Prozesskostenhilfe, vier Gerichtsverfahren einzu-leiten.

Ein rechtsschutzwürdiges Eigeninteresse des Zedenten einer unentgeltlich abgetretenen Forderung, diese im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft gerichtlich geltend zu machen, wird durch sein bloßes Interesse an einer technischen Erleichterung der Prozessführung nicht begründet.

Redaktionelle Leitsätze

S. 479 - 486, Judikatur

Thiele, Clemens

BGH: Nicht offengelegte Treuhand führt zum Domainverlust bei Gleichnamigen

Der Registrierung eines aus einem bürgerlichen Namen bestehenden Domainnamens durch einen Treuhänder kommt im Verhältnis zu Gleichnamigen die Priorität zu, wenn für alle Gleichnamigen eine einfache und zuverlässige Möglichkeit besteht zu überprüfen, ob die Registrierung des Namens als Domainname im Auftrag eines Namensträgers erfolgt ist oder ob der Namensträger die Eintragung nachträglich genehmigt hat, bevor der gleichnamige Prätendent – etwa im Wege eines Dispute-Eintrags bei der DENIC – den Domainnamen beansprucht.

Wird zu dem Zeitpunkt, in dem ein gleichnamiger Prätendent erstmals Ansprüche auf den Domainnamen anmeldet, unter dem Domainnamen im Internet lediglich der Hinweis „Hier entsteht eine neue Internetpräsenz“ angezeigt, rechtfertigt dies nicht die Annahme, dass die Registrierung des Domainnamens im Auftrag des Namensträgers erfolgt ist.

Amtliche Leitsätze

S. 487 - 500, Judikatur

Thiele, Clemens

BGH: Zur Reichweite inländischer Kennzeichenrechte bei ausländischen Domains

Auf § 12 Satz 1 BGB gestützte Ansprüche eines Namensträgers (hier: ProfitBricks GmbH), die gegen den Inhaber von Domainnamen mit auf das Ausland bezogenen länderspezifischen Top-Level-Domains (hier: profitbricks.es und profitbricks.us) gerichtet sind, setzen die Feststellung voraus, dass konkrete schutzwürdige Interessen des Namensträgers an dem Gebrauch seines Namens unter der fremden länderspezifischen Top-Level-Domain beeinträchtigt werden.

Amtlicher Leitsatz

S. 501 - 510, Judikatur

Thiele, Clemens

EuGH: Bundeling im Softwarevertrieb grundsätzlich zulässig

Der Vertrieb von Computern mit vorinstallierter Software (sog „Bundeling“) ist als Kopplungsgeschäft per se keine unlautere Geschäftspraxis nach Art 5 Abs 5 UGP-RL, da die vorinstallierten Betriebssysteme die Erwartungen der meisten Verbraucher erfüllen, einen sofort nutzbaren Computer zu kaufen.

Bundeling stellt dann keine irreführende Geschäftspraxis nach Art 5 Abs 4 iVm Art 6 und 7 UGP-RL, wenn der Kunde vom Händler über die vorinstallierte Software gebührend informiert und ihm auch ermöglicht worden ist, den Kauf zu widerrufen.

Ob das Koppelungsgeschäft unter dem Gesichtspunkt des Art 5 Abs 2 UGP-RL zulässig ist, dh ob durch das Bundeling ein Verstoß gegen die berufliche Sorgfalt vorliegt, haben die nationalen Gerichte nach den Umständen des Einzelfalls zu klären. Sie können dabei insbesondere berücksichtigen, inwieweit der Kunde vorab ausreichend informieret wurde, welche vorinstallierte Software sich auf dem Computer befindet, damit er eine informierte Kaufentscheidung treffen kann.

Redaktionelle Leitsätze

S. 511 - 521, Judikatur

EuGH: Haftung bei offenem WLAN

Art 12 Abs 1 EC-RL ist dahin auszulegen, dass das unentgeltliche Zurverfügungstellen des Zuganges zu einem Kommunikationsnetz durch ein Unternehmen ein „Dienst der Informationsgesellschaft“ iSv Art 12 Abs 1 EC-RL darstellt.

Art 12 Abs 1 EC-RL ist dahin auszulegen, dass der in dieser Bestimmung genannte Dienst, der darin besteht, Zugang zu einem Kommunikationsnetz zu vermitteln, bereits dann als erbracht anzusehen ist, wenn dieser Zugang den Rahmen des technischen, automatischen und passiven Vorgangs, der die erforderliche Übermittlung von Informationen gewährleistet, nicht überschreitet, ohne dass eine zusätzliche Anforderung erfüllt sein müsste.

Art 12 Abs 1 EC-RL ist dahin auszulegen, dass die in Art 14 Abs 1 Buchst b der Richtlinie vorgesehene Voraussetzung nicht im Rahmen von Art 12 Abs 1 der Richtlinie entsprechend gilt.

Art 12 Abs 1 in Verbindung mit Art 2 Buchst b EC-RL ist dahin auszulegen, dass es keine anderen Anforderungen als die in dieser Bestimmung genannte gibt, denen ein Diensteanbieter, der Zugang zu einem Kommunikationsnetz vermittelt, unterläge.

Art 12 Abs 1 EC-RL ist dahin auszulegen, dass es ihm zuwiderläuft, dass derjenige, der durch eine Verletzung seiner Rechte an einem Werk geschädigt worden ist, gegen einen Anbieter, der Zugang zu einem Kommunikationsnetz vermittelt, Ansprüche auf Schadensersatz und auf Erstattung der für sein Schadensersatzbegehren aufgewendeten Abmahnkosten oder Gerichtskosten geltend machen kann, weil dieser Zugang von Dritten für die Verletzung seiner Rechte genutzt worden ist. Hingegen ist diese Bestimmung dahin auszulegen, dass es ihr nicht zuwiderläuft, dass der Geschädigte die Unterlassung dieser Rechtsverletzung sowie die Zahlung der Abmahnkosten und Gerichtskosten von einem Anbieter, der Zugang zu einem Kommunikationsnetz vermittelt und dessen Dienste für diese Rechtsverletzung genutzt worden sind, verlangt, sofern diese Ansprüche darauf abzielen oder daraus folgen, dass eine innerstaatliche Behörde oder ein innerstaatliches Gericht eine Anordnung erlässt, mit der dem Diensteanbieter untersagt wird, die Fortsetzung der Rechtsverletzung zu ermöglichen.

Art 12 Abs 1 in Verbindung mit Abs 3 EC-RL ist unter Berücksichtigung der Erfordernisse des Grundrechtsschutzes und der Regelungen der Richtlinien 2001/29 und 2004/48 dahin auszulegen, dass er grundsätzlich nicht dem Erlass einer Anordnung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, mit der einem Diensteanbieter, der Zugang zu einem Kommunikationsnetz, das der Öffentlichkeit Anschluss an das Internet ermöglicht, vermittelt, unter Androhung von Ordnungsgeld aufgegeben wird, Dritte daran zu hindern, der Öffentlichkeit mittels dieses Internetanschlusses ein bestimmtes urheberrechtlich geschütztes Werk oder Teile davon über eine Internettauschbörse („peer-to-peer“) zur Verfügung zu stellen, wenn der Diensteanbieter die Wahl hat, welche technischen Maßnahmen er ergreift, um dieser Anordnung zu entsprechen, und zwar auch dann, wenn sich diese Wahl allein auf die Maßnahme reduziert, den Internetanschluss durch ein Passwort zu sichern, sofern die Nutzer dieses Netzes, um das erforderliche Passwort zu erhalten, ihre Identität offenbaren müssen und daher nicht anonym handeln können, was durch das vorlegende Gericht zu überprüfen ist.

Amtliche Leitsätze

S. 522 - 526, Judikatur

BGH: Zur irreführenden Werbung trotz Geo-Targeting

Mitbewerber im Sinne von § 2 Abs 1 Nr 3 UWG kann auch ein Unternehmen sein, dessen Waren oder Dienstleistungen die angesprochenen Verbraucher in dem Gebiet, in dem die beanstandete Werbung erscheint, nicht erwerben können.

Wer auf bundesweit ausgerichteten Portalen im Internet für Telekommunikationsdienstleistungen wirbt und weder aus der Natur der Sache noch aufgrund entsprechender Hinweise als allein lokal oder regional ausgerichtetes Unternehmen zu erkennen ist, erweckt den Eindruck einer grundsätzlich bundesweiten Verfügbarkeit seiner Waren und Dienstleistungen.

Für die Frage, ob ein relevanter Teil des Verkehrs irregeführt wird, ist allein auf die von der beanstandeten Werbung angesprochenen Verkehrskreise abzustellen.

5. Eine irreführende Werbung über die Verfügbarkeit eines Produkts ist lauterkeitsrechtlich auch dann erheblich, wenn die Werbung außerhalb seines Absatzgebiets trotz eines Geo-Targeting-Verfahrens noch in einem spürbaren Umfang (hier: 5 % der Abrufe der Werbung aus anderen Regionen) abrufbar bleibt.

6. Für die Frage, ob Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst werden, die sie andernfalls nicht getroffen hätten, steht das Aufsuchen einer Internetseite, auf der Produkte oder Dienstleistungen unmittelbar bestellt werden können, dem Betreten eines stationären Geschäfts gleich.

Amtliche Leitsätze

S. 527 - 530, Judikatur

Thiele, Clemens

OGH: Anti-Stalking EV bei familiärer Bildnisschutzverletzung

Für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382g EO genügt die (bescheinigte) Annahme eines unzulässigen, unmittelbar drohenden zukünftigen Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht des gefährdeten Antragstellers.

Gibt der nicht mehr obsorgeberechtigte Vater das anlässlich eines Kontakts mit seinem mj. Sohn angefertigte Lichtbild an Dritte weiter, die es dann auf einer Website veröffentlichen, so kann der Minderjährige, vertreten durch seine obsorgeberechtigte Mutter, gegen den Vater eine einstweilige Verfügung nach § 382g Abs 1 Z 4 EO erwirken.

Die Anti-Stalking-EV umfasst ein Veröffentlichungsverbot, aber keinen Löschungsanspruch, wenn der Gegner der gefährdeten Partei bescheinigtermaßen keinen zumutbaren Zugriff auf die Website hat.

Redaktionelle Leitsätze

S. 531 - 538, Judikatur

Thiele, Clemens

BGH: Zu den Pflichten eines Arztbewertungsportal-Betreibers

Ein Hostprovider ist zur Vermeidung einer Haftung als mittelbarer Störer grundsätzlich nicht verpflichtet, die von den Nutzern ins Netz gestellten Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Er ist aber verantwortlich, sobald er Kenntnis von den Rechtsverletzungen erlangt.

Ist der Hostprovider mit der Behauptung eines Betroffenen konfrontiert, ein von einem Nutzer eingestellter Beitrag verletze ihn in seinem Persönlichkeitsrecht, und ist die Beanstandung so konkret gefasst, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen unschwer bejaht werden kann, so ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den beanstandeten Beitrag Verantwortlichen erforderlich.

Zur Bestimmung, welcher Überprüfungsaufwand vom Hostprovider im Einzelfall zu verlangen ist, bedarf es einer umfassenden Interessenabwägung, bei der die betroffenen Grundrechte der Beteiligten zu berücksichtigen sind. Maßgebliche Bedeutung kommt dabei dem Gewicht der angezeigten Rechtsverletzung sowie den Erkenntnismöglichkeiten des Providers zu. Zu berücksichtigen sind aber auch Funktion und Aufgabenstellung des vom Provider betriebenen Dienstes sowie die Eigenverantwortung des für die persönlichkeitsbeeinträchtigende Aussage unmittelbar verantwortlichen – ggf zulässigerweise anonym auftretenden – Nutzers.

Der vom Betreiber eines Arztbewertungsportals verlangte Prüfungsaufwand darf den Betrieb des Portals weder wirtschaftlich gefährden noch unverhältnismäßig erschweren, hat aber zu berücksichtigen, dass eine gewissenhafte Prüfung der Beanstandungen von betroffenen Ärzten durch den Portalbetreiber eine entscheidende Voraussetzung dafür ist, dass die Persönlichkeitsrechte der (anonym oder pseudonym) bewerteten Ärzte beim Portalbetrieb hinreichend geschützt sind.

Amtliche Leitsätze

S. 539 - 540, Judikatur

dBVerfG: Wahre Tatsachenbehauptungen über Vorgänge aus der Sozialsphäre sind grundsätzlich hinzunehmen

Die Schwelle zur Persönlichkeitsrechtsverletzung wird regelmäßig erst überschritten, wo sie einen Persönlichkeitsschaden befürchten lässt, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht. Die Nennung des Namens im Rahmen einer der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglichen Bewertung berührt das Persönlichkeitsrecht des Genannten.

Hierbei darf der Einbruch in die persönliche Sphäre nicht weiter gehen, als eine angemessene Befriedigung des Informationsinteresses dies erfordert. Die für den Genannten entstehenden Nachteile müssen im rechten Verhältnis zur Schwere des geschilderten Verhaltens oder der sonstigen Bedeutung für die Öffentlichkeit stehen.

Maßgeblich ist, ob dem Betroffenen ein unverhältnismäßiger Verlust an sozialer Achtung droht.

Auch eine Äußerung drei Jahre nach dem Vorfall führt dies nicht zu einem Überwiegen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers. Es würde den Beschwerdeführer unverhältnismäßig in seiner Meinungsfreiheit einschränken, wenn er nach einer solchen Zeitspanne von ihm erlebte wahre Tatsachen nicht mehr äußern dürfte.

S. 541 - 543, EuGH Vorlagefragen

EuGH Vorlagefragen

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