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ZIIR

Heft 4, November 2024, Band 12

eJournal-Heft
  • ISSN Online: 2309-754X

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Inhalt der Ausgabe

S. 386 - 387, Kurznachrichten und -Beiträge / Tagungsberichte

Peter Burgstaller

Aktuelle Ereignisse und Entwicklungen zum Informationsrecht

S. 388 - 393, Aufsatz

Manuel Löw

Ziviler Rechtsschutz bei Hass im Netz

Die Verlagerung des modernen Lebens in das Internet, insbesondere in den Bereich der sozialen Medien, schreitet voran und bringt zahlreiche rechtliche Herausforderungen mit sich. Diese sind vom Gesetzgeber ua durch das Hass-im-Netz-Bekämpfungsgesetz adressiert worden. Online-Hate kann dabei erhebliche psychische und physische Auswirkungen auf Betroffene haben. Der folgende Beitrag erörtert, welche zivilrechtlichen Normen zu beachten sind und welche Rechtsfolgen Hass im Netz haben kann.

S. 394 - 397, Aufsatz

Clemens Thiele

Reform des Europäischen Designrechts (Teil I) – Vom Gemeinschaftsgeschmacksmuster zum Unionsdesign

Der folgende Beitrag behandelt die bevorstehende Reform des EU-Designrechts und hebt wesentliche Änderungen und Neuerungen hervor. Im ersten Teil wird dabei auf die relevanten Bestimmungen der Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung (GGV), künftig Unionsdesignverordnung (UDV), sowie auf bisherige Rechtsprechung und Literatur zu ausgewählten Reformthemen eingegangen.

Ein in der nächsten Ausgabe der ZIIR folgender Teil 2 behandelt die wesentlich umfangreichere Design-RL, die an die Stelle der schon 25 Jahre alten Muster-RL treten soll.

S. 402 - 417, Judikatur

Clemens Thiele

OGH: Beteiligung an Shitstorm löst Solidarhaftung für Gesamtschadenersatz wegen Persönlichkeitsverletzung aus

Alle Beteiligten eines Shitstorms setzen regelmäßig ein konkret gefährliches und daher mit dem Kausalitätsverdacht belastetes Fehlverhalten, das bis auf den strikten Nachweis der Ursächlichkeit des Gesamtschadens alle haftungsbegründenden Elemente enthält. Damit ist das Unaufklärbarkeitsrisiko von den Beteiligten zu tragen. Sie haften als Gesamtschuldner.

Sowohl der vom Urhebergesetz gewährte Bildnisschutz als auch die Bestimmungen über den Datenschutz verbriefen der betroffenen Person höchstpersönlich zustehende Rechte.

Nach Art 82 DSGVO iVm § 29 Abs 1 DSG besteht keine „Bagatellgrenze“ oder Erheblichkeitsschwelle; auch für niederschwelligere, aus der Rechtsverletzung resultierende Gefühlsbeeinträchtigungen wie Ängste, Stress oder Leidenszustände aufgrund einer erfolgten oder auch nur drohenden Bloßstellung, Diskriminierung oder Ähnlichem ist ideeller Ersatz zu leisten.

Die gebotene wechselweise Anrechnung erwirkter Entschädigungen etwa nach § 87 Abs 2 iVm § 78 UrhG oder nach §§ 6ff MedienG sind auf den nach Art 82 Abs 1 DSGVO iVm § 29 DSG ermittelten Ersatzanspruch anzurechnen.

Die Bemessung des Schadens erfolgt somit – für die Datenschutzverletzung innerhalb der von der Unions-Rsp aufgezeigten Grenzen – nach nationalem Recht gemäß § 273 ZPO (hier: Zuspruch von € 3.000,00) für die datenschutzwidrigen Postings des Betroffenen auf Facebook zu erfolgen, der dadurch eine objektivierbare erhebliche schwere Kränkung (auch in Form der derben, herabsetzenden Kommentare) erlitten hat.

Redaktionelle Leitsätze

S. 418 - 422, Judikatur

Clemens Thiele

DSB: Datenschutzwidrige erkennungsdienstliche Maßnahme der Polizei

Die Erhebung personenbezogener Daten im Rahmen einer erkennungsdienstlichen Behandlung (hier: durch die Abnahme von Fingerabdrücken, die Erhebung von Körpermaßen und die Herstellung von Fotos) ist nur dann als Datenverarbeitung iSv § 36 Abs 1 DSG gemäß § 38 DSG rechtmäßig, wenn sie durch eine konkrete gesetzliche Grundlage gedeckt ist.

Eine solche Rechtsgrundlage für die Ermittlung der erkennungsdienstlichen Daten findet sich in § 65 SPG. Diese Vorschrift erfordert zusätzlich zum Verdacht einer begangenen Straftat eine wahrscheinliche Rückfallgefährdung, welcher die erkennungsdienstliche Maßnahme in geeigneter Weise entgegenwirken können muss.

Ist aufgrund der Persönlichkeit des erkennungsdienstlich Behandelten und der Umstände der konkreten Tat im Zeitpunkt der Erfassung der erkennungsdienstlichen Daten von einer äußerst geringen Wahrscheinlichkeit auszugehen, dass der Betroffene weitere gefährliche Angriffe begehen und sich der Verfolgung entziehen werde, ist eine Vorbeugung dieser Angriffe durch die umfassende Identitätsfeststellung nicht erforderlich. Folglich hätte die Verantwortliche (hier: LPD Oberösterreich) auf Basis dieser Prognose zum Schluss kommen müssen, dass die erkennungsdienstliche Behandlung nicht erforderlich war.

Die solcherart unrechtmäßige Erhebung personenbezogener Daten durch die Sicherheitsbehörden stellt einen Verstoß gegen das Recht auf Geheimhaltung iSv § 1 DSG dar.

Redaktionelle Leitsätze

S. 423 - 430, Judikatur

Clemens Thiele

EuGH: Verletzung der datenschutzrechtlichen Informationspflicht berechtigt zur Verbandsklage

Eine Verletzung der Informationspflichten nach Art 13 Abs 1 lit c und e iVm Art 12 Abs 1 DSGVO, wonach der betroffenen Person spätestens bei der Datenerhebung Informationen über den Zweck der Datenverarbeitung und die Empfänger der Daten in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache zu übermitteln sind, erfüllt die Voraussetzung des Art 80 Abs 2 DSGVO für die Erhebung einer Verbandsklage.

Für die Erhebung einer Verbandsklage iSv Art 80 Abs 2 DSGVO ist es ausreichend, dass eine vertretene Person von der Datenverarbeitung konkret betroffen ist oder individuell bestimmt werden könnte.

Nach dem Recht der Mitgliedstaaten befugte Verbände zur Wahrung von Verbraucherinteressen (hier: Bundesverband der Verbraucherzentralen Deutschlands) können gegen Verletzungen der in der DSGVO vorgesehenen Rechte gegebenenfalls mit Klagen vorgehen, die auf Rechtsvorschriften zum Schutz der Verbraucher oder zur Bekämpfung unlauterer Geschäftspraktiken beruhen.

Redaktionelle Leitsätze

S. 431 - 436, Judikatur

Clemens Thiele

VwGH: Beschwerdeeinbringung an erweiterte behördliche E-Mail-Adresse

Die Erhebung einer Beschwerde per E-Mail ist als „schriftliches Anbringen“ iSv § 13 AVG zu qualifizieren und zulässig. Mit E-Mails können Anbringen jedoch nur insoweit an die Behörde übermittelt werden, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind.

Der behördliche oder verwaltungsgerichtliche E-Mail-Verkehr kann „organisatorischen Beschränkungen“ iSv § 13 Abs 2 letzter Satz AVG unterworfen werden. Die Festlegung etwa einer ganz bestimmten Einbringungsadresse für E-Mails stellt nämlich keine Angelegenheit des „Verwaltungsverfahrensrechts“ dar, sondern des Verwaltungsorganisationsrechts. § 13 Abs 2 AVG knüpft daher lediglich an Regelungen an, die ihre Grundlage in der Verwaltungsorganisation haben.

Durch das in § 13 Abs 2 letzter Satz AVG normierte Gebot der Publizität wird gewährleistet, dass jedermann erkennen kann, ob entsprechende „organisatorische Beschränkungen“ (durch das Organisationsrecht) für schriftliche Anbringen in Form von elektronischen Eingaben festgelegt worden sind. Solche „organisatorische Beschränkungen“ bestehen zB in Beschränkungen auf bestimmte Formen der elektronischen Übermittlung oder Beschränkungen auf bestimmte elektronische Adressen oder Übermittlungszeiten.

Verwendet ein Einschreiter eine solche im Internet kundgemachte E-Mail-Adresse, ist seine Eingabe wirksam eingebracht; andere Einbringungsmöglichkeiten bzw elektronische Postadressen müssen unzweifelhaft und unmittelbar dem Einbringer von der Behörde kommuniziert worden sein, um eine Fristwahrung zu bewirken.

Redaktionelle Leitsätze

S. 437 - 442, Judikatur

Janine De Monte

KG Berlin: Auch bei Verlängerung eines Mobilfunkvertrags maximale Vertragslaufzeitbegrenzung von 24 Monaten

Die Verwendung einer Klausel in AGB, wonach ein Mobilfunkanbieter beauftragt wird, im Anschluss an die noch offene Laufzeit eines aufrechten Vertragsverhältnisses diese um weitere 24 Monate zu verlängern, verstößt gegen § 309 Nr 9 lit a BGB, da die Verlängerung erst nach Ablauf der aktuellen Laufzeit beginnt und sich somit zum Zeitpunkt der Vereinbarung eine Laufzeit von insgesamt mehr als 24 Monaten ergibt.

§ 309 Nr 9 lit a BGB bezieht sich auf sämtliche Verträge, die durch aktuelle Willenserklärungen – im Gegensatz zu fiktiven bzw vorweggenommenen – zustande kommen.

Die Verwendung einer solchen Klausel verstößt ebenso gegen § 43b S 1 dTKG aF und § 56 Abs 1 S 1 dTKG nF.

Die Formulierung „anfängliche Mindestlaufzeit“ in den genannten Bestimmungen des TKG führt nicht dazu, dass zwischen einem Neuabschluss und der Verlängerung eines bestehenden Vertrages zu unterscheiden ist.

Redaktionelle Leitsätze

S. 443 - 451, Judikatur

Clemens Thiele

OLG Graz: Firmenbuchrechtliche Unterscheidungskraft für „Know Center Research GmbH“

§ 18 UGB gilt nicht nur für neu gebildete Firmen, sondern auch für Firmenänderungen, weil jede Änderung der bisherigen Firma gleichzeitig die Wahl einer neuen Firma bedeutet.

Die Unterscheidungskraft setzt eine zur Unterscheidung des Unternehmens von anderen ausreichende Eigenart voraus. Diese ist gegeben, wenn die Bezeichnung vom Verkehr als individualisierender Herkunftshinweis auf das Unternehmen aufgefasst wird.

Die Kombination „Know Center“ stellt ein Kunstwort dar und ist aus grammatikalischen Erwägungen nicht bloß mit „Wissenszentrum“ zu übersetzen. Die Hinzufügung des Begriffes „Research“ macht die Kombination insgesamt nicht zu einer reinen Gattungsbezeichnung, sondern sorgt für eine „gewisse Originalität“, die eine entsprechende Firmenänderung iSv § 18 UGB zulässt.

Redaktionelle Leitsätze

S. 452 - 462, Judikatur

Clemens Thiele

OLG Wien: Grenzen der literarischen Parodie im politischen Meinungskampf

Eine politische Auseinandersetzung (hier: um drastische Gas- und Strompreiserhöhungen im Einflussbereich der Stadt Wien) fällt grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich des geschäftlichen Verkehrs nach dem Marken- oder Lauterkeitsrecht.

Die Parodie eines urheberrechtlich geschützten Werkes (hier: Name und bildliche Darstellung der Kinderbuchfigur „Räuber Hotzenplotz“) setzt eine deutliche Veränderung voraus, bei der das ursprüngliche Werk in den Hintergrund tritt. Die bloße Ergänzung mit einer Kurzbezeichnung (hier: „SPÖ“) und ein geflochtenes statt glatten Hutbandes unter Beibehaltung von Proportion und Farben vermögen keine eigenständige Nachschöpfung zu bewirken, sondern bleiben im Rahmen des dem Urheber vorbehaltenen Bearbeitungsrechts.

Die bloße Instrumentalisierung eines Werks zur Illustration politischer Aussagen stellt keinen zulässigen Eingriff in das Urheberrecht dar. Da die Klägerin ungewollt in eine politische Auseinandersetzung hineingezogen worden sei, ohne sich selbst positionieren zu können, und nicht nur die inhaltliche Kritik der Beklagten, sondern sogar das Räuber-Sujet ohne Eingriff in Urheberrechte vermittelt hätte werden können, schlägt die Interessenabwägung zugunsten der Klägerin aus.

Die Zitierfreiheit nach § 42f Abs 1 UrhG erfordert eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem zitierten Werk, während bloße Veranschaulichungen davon nicht gedeckt sind. Die Verarbeitung des Werks eines Dritten, der bislang nicht an der politischen Debatte teilgenommen hat, erfüllt keine Beleg-Funktion. Denn die Übernahme der bildlichen Darstellung setzt sich dadurch weder mit dem urheberrechtlich geschützten Objekt selbst auseinander noch ist sie erforderlich, um die Richtigkeit der Wiedergabe einer Information oder die Plausibilität einer Meinung zu belegen.

Die Bekanntheit einer Kinderbuchfigur (hier: „Räuber Hotzenplotz“) darf nicht ohne Zustimmung des Rechteinhabers für politische Zwecke verwendet werden, wenn dies den persönlich-geistigen oder wirtschaftlichen Interessen des Urhebers zuwiderläuft. Die Freiheit der Parodie endet daher keineswegs erst bei diskriminierenden Inhalten oder einer nachweislichen Verletzung materieller Interessen. Vielmehr ist eine umfassende Abwägung vorzunehmen, bei der hier auch das Interesse des Inhabers von Rechten an einem Kinderbuch zu berücksichtigen ist, nicht mit einer politischen Kampagne (welchen Inhalts auch immer) in Verbindung gebracht zu werden.

Redaktionelle Leitsätze

S. 463 - 466, Judikatur

Georg Bruckmüller

OGH: Verfahrensrechtlicher Geheimnisschutz

Der verfahrensrechtliche Geheimnisschutz nach § 26h UWG ist auf Verfahren beschränkt, die den rechtswidrigen Erwerb, die rechtswidrige Nutzung oder Offenlegung eines Geheimnisses gemäß §§ 26c ff UWG zum Gegenstand haben.

Das Gericht darf die Parteien in seiner Entscheidung nicht mit einer Rechtsauffassung überraschen, die sie nicht beachtet haben und auf die sie das Gericht nicht aufmerksam gemacht hat.

Die Gerichte haben sich bei der Auslegung der nationalen Vorschrift so weit wie möglich an Wortlaut und Zweck der Richtlinie zu orientieren und Rechtsbegriffe, die in der Richtlinie und im innerstaatlichen Recht übereinstimmen, entsprechend den unionsrechtlichen Begriffen auszulegen.

Nur dann, wenn eine Frage der Auslegung des EGV (hier – Frage nach der Reichweite des Art 177 EWGV) bereits Gegenstand einer Vorabentscheidung des EuGH war oder die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass die Beantwortung der Frage gar nicht zweifelhaft sein kann, ist das nationale Gericht seiner Vorlagepflicht enthoben.

Amtliche Leitsätze

S. 467 - 470, Judikatur

OGH: Bildzitat und Bildnutzung in der Berichterstattung – angemessenes Entgelt

Für die Zulässigkeit der Veröffentlichung eines Lichtbildes (auch eines Filmes) als Bildzitat – auch unter Berücksichtigung von Art 10 EMRK – ist Voraussetzung, dass das in einem Bericht wiedergegebene Werk Zitat- und Belegfunktion hat.

Ein Zitat darf nicht zu dem Zweck gebraucht werden, das Werk um seiner selbst Willen der Allgemeinheit zur Kenntnis zu bringen. Das bloße Anführen zur Veranschaulichung oder Illustration geht über den engen Zitatbegriff hinaus; es reicht damit nicht aus, dass die Veröffentlichung des Werkes nur dazu diente, die Berichterstattung des Nutzers zu illustrieren, um so die Aufmerksamkeit der Leser auf den Bericht zu lenken.

Die Nutzung des zitierten Werks muss damit gegenüber den Aussagen des Nutzers akzessorischer Natur sein; das Zitat darf nicht so umfangreich sein, dass es die normale Verwertung des Lichtbildes (bzw des Videos) beeinträchtigt oder die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers ungebührlich verletzt werden.

Nach dem klaren Wortlaut von Art 5 Abs 3 lit d InfoRL können die Mitgliedstaaten Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf die in Art 2 und 3 InfoRL vorgesehenen Rechte für Zitate „zu Zwecken wie Kritik oder Rezensionen“ vorsehen.

Aus § 42c UrhG kann keine allgemeine Rechtfertigung für die Verwertung von Lichtbildern, die Tagesereignisse zeigen oder damit in Zusammenhang stehen, abgeleitet werden.

Art 5 Abs 3 lit c InfoRL stellt keine Maßnahme zur vollständigen Harmonisierung der Reichweite der in ihm aufgeführten Ausnahmen oder Beschränkungen dar, weshalb die Auslegung des § 42c UrhG einen den Nationalstaaten eingeräumten Spielraum betrifft.

Nach § 86 Abs 1 UrhG besteht die herauszugebende Bereicherung in dem angemessenen Entgelt, das der Benutzer für die Gestattung der Nutzung hätte bezahlen müssen.

Der Rechteinhaber soll so gestellt werden, als hätte er dem Verletzer die Nutzung des unbefugt verwendeten Rechts durch Vertrag eingeräumt und dafür ein Entgelt vereinbart; Richtschnur dafür hat zu sein, was redliche und vernünftige Parteien vereinbart hätten.

Nach § 87 Abs 3 UrhG kann der Verletzte als Ersatz des schuldhaft zugefügten Vermögensschadens nach § 87 Abs 1 UrhG das Doppelte des ihm nach § 86 UrhG gebührenden Entgelts begehren. Für die Höhe des angemessenen Entgelts nach § 86 UrhG ist der Rechteinhaber behauptungs- und beweispflichtig; gegebenenfalls ist das angemessene Entgelt nach § 273 ZPO zu schätzen.

Die Feststellung des üblichen Entgelts ist eine irrevisible Tatfrage; ob ein Entgelt nach den im konkreten Fall gegebenen Umständen angemessen ist, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung.

Die Festsetzung des angemessenen Entgelts gemäß § 273 ZPO selbst ist als grundsätzlich revisible rechtliche Beurteilung zu qualifizieren; die konkreten Umstände sind aber stark einzelfallbezogen und haben daher regelmäßig keine über den konkreten Fall hinausgehende Bedeutung.

Redaktionelle Leitsätze

S. 471 - 477, Judikatur

Clemens Thiele

BGH: Künstliche Intelligenz (KI) nicht als Erfinder iSd PatG anzuerkennen

Erfinder im Sinne von § 37 Abs 1 dPatG kann nur eine natürliche Person sein. Ein maschinelles, aus Hard- oder Software bestehendes System kann auch dann nicht als Erfinder benannt werden, wenn es über Funktionen künstlicher Intelligenz verfügt.

Die Benennung einer natürlichen Person als Erfinder ist auch dann möglich und erforderlich, wenn zum Auffinden der beanspruchten technischen Lehre ein System mit künstlicher Intelligenz eingesetzt worden ist.

Die Benennung einer natürlichen Person als Erfinder im dafür vorgesehenen amtlichen Formular genügt nicht den Anforderungen aus § 37 Abs 1 dPatG, wenn zugleich beantragt wird, die Beschreibung um den Hinweis zu ergänzen, die Erfindung sei durch eine künstliche Intelligenz generiert oder geschaffen worden.

Die Ergänzung einer hinreichend deutlichen Erfinderbenennung um die Angabe, der Erfinder habe eine näher bezeichnete künstliche Intelligenz zur Generierung der Erfindung veranlasst, ist rechtlich unerheblich und rechtfertigt nicht die Zurückweisung der Anmeldung nach § 42 Abs 3 dPatG.

Amtliche Leitsätze

S. 478 - 489, Judikatur

Clemens Thiele

OLG Wien: Anforderungen an die Erkennbarkeit von Satire und Namensverwendung

Die Freiheit der Meinungsäußerung nach Art 10 EMRK umfasst auch satirische Äußerungen, die provokant, verletzend oder beunruhigend wirken können. Einschränkungen dieses Grundrechts sind nur dann zulässig, wenn sie eng ausgelegt werden und ihre Notwendigkeit überzeugend nachgewiesen wird.

Der durchschnittliche Adressat eines als Informationsschreiben aufgemachten Rundbriefes (hier: Wirtshausbriefe an Gaststättenbetreiber) ist in der Lage, satirische Inhalte zu erkennen, wenn die Darstellung durch Übertreibung und Verzerrung der Realität eindeutig von einer politischen Äußerung abweicht. Dabei kommt es auf die Gesamtbetrachtung und den Kontext der Veröffentlichung an.

Die direkte Zusendung satirischer Briefe an die Adressaten kann eine zulässige Form der künstlerischen Meinungsäußerung sein, insbesondere wenn diese auf eine politische Diskussion abzielt, die bereits in der Öffentlichkeit breit rezipiert wurde, und zeitnah eine Aufklärung der Empfänger über diese satirische Aktion durch den Verbreiter erfolgt.

Politische Parteien müssen als öffentliche Akteure weitergehende Kritik hinnehmen als Privatpersonen. Eine satirische Auseinandersetzung mit ihren politischen Forderungen überschreitet nicht ohne Weiteres die Grenzen der Zulässigkeit, auch wenn dabei ihr Name oder Logo verwendet wird.

Solange das Hauptziel einer satirischen Aktion die Auseinandersetzung mit einem politischen Thema ist und keine primär kommerziellen Interessen verfolgt werden, liegt kein wettbewerbsrechtlich relevanter Verstoß vor.

Redaktionelle Leitsätze

S. 490 - 496, Judikatur

Clemens Thiele

OLG Wien: Ideeller Schadenersatz für Medieninhaberin wegen „Schmutzkübel-Kampagne“ des Konkurrenzunternehmens

Eine Äußerung iSv § 7 UWG ist unwahr, wenn ihr sachlicher Kern im Zeitpunkt der Äußerung nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Zur Abwehr eines (Schadenersatz)anspruchs wegen Herabsetzung eines anderen Marktteilnehmers hat der Beklagte die Wahrheit der herabsetzenden Behauptung zu beweisen.

Größere juristische Personen können wegen ihrer Struktur keinen Schadenersatzanspruch wegen „erlittener Kränkung“ haben; ihnen ist aber eine dem richterlichen Ermessen unterliegende Geldbuße nach § 16 Abs 2 UWG (idF vor BGBl I 110/2020), zuzusprechen, wenn mit einem ernstlich beeinträchtigenden Wettbewerbsverstoß eine Verletzung des äußeren sozialen Geltungsanspruchs als Teil des Persönlichkeitsrechts verbunden ist. Es muss sich aber um eine besonders schwere Beeinträchtigung der sozialen Wertstellung der betroffenen juristischen Person handeln.

Gradmesser für die Höhe des Schadens sind der von der betroffenen juristischen Person erlangte Ruf und seine durch die Schwere der Wettbewerbsverletzung herbeigeführte Beeinträchtigung. Die konkrete Bemessung anhand dieser Kriterien ist in das richterliche Ermessen nach § 273 ZPO gestellt (hier: Zuspruch iHv € 10.000,00 für die unwahre, herabsetzende Behauptung, die Klägerin betreibe eine bösartige Schmutzkübel-Kampgne).

Redaktionelle Leitsätze

S. 497 - 498, EuGH Vorlagefragen

EuGH Vorlagefragen

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