Der nachstehende Beitrag thematisiert gesamthaft die verfassungs- und verfahrensrechtlichen Determinanten des Revisionsvorverfahrens. Darauf aufbauend werden drei – in der Rsp und Literatur bisher uneinheitlich beantwortete – Spezialfragen herausgearbeitet und einem eigenen Lösungsvorschlag zugeführt.
- ISSN Online: 2309-5121
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Inhalt der Ausgabe
S. 279 - 285, News-Radar
Aktuelle Ereignisse und Entwicklungen in Gesetzgebung, Rechtsprechung und Praxis
S. 286 - 297, Aufsatz
Das Revisionsvorverfahren – Ein Rechtsmittelweg über strittiges Terrain
Der VwGH äußerte sich im Erk Ro 2020/01/0007 zur Frage, ob die mündliche Verkündung eines Bescheids unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung zulässig ist. Er verneinte dies, wobei seine Begründung nicht in jeder Hinsicht zu überzeugen vermag.
S. 302 - 309, Aufsatz
Die Zulässigkeit der audiovisuellen Einvernahme in Verwaltungsstrafverfahren vor dem Verwaltungsgericht nach Artikel 6 EMRK
Mit der Novelle BGBl I Nr 107/2021 wurde vom Gesetzgeber die Verlängerung des Verwaltungsrechtlichen COVID-19-Begleitgesetzes, somit auch den Regelungen zur audiovisuellen Einvernahme im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 3 Verwaltungsrechtliches COVID-19-Begleitgesetz, bis 31.12.2021 beschlossen. Daneben besteht eine Regelung zum Einsatz der Videotechnologie im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auch in § 25 Abs 6b VwGVG. In der Vergangenheit wurde in Strafverfahren bereits mehrfach der EGMR zur Zulässigkeit der Parteieneinvernahme per Videokonferenz und die Vereinbarkeit mit dem Recht auf ein faires Verfahren nach Art 6 EMRK befasst. Der vorliegende Beitrag analysiert die Grundsätze, unter denen der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte diese Art der Vernehmung in Hinblick auf die im Einzelnen in Art 6 EMRK verankerten Garantien in (Verwaltungs-)Strafsachen als zulässig erachtet, und stellt praktische Überlegung zu deren Einhaltung an.
S. 311 - 314, Verfahrensrecht
Fernbleiben von der mündlichen Verhandlung als Verletzung der Mitwirkungspflicht?
Das Fernbleiben einer Partei von einer mündlichen Verhandlung, mag es auch nicht entschuldigt sein, ist nicht in jedem Fall als Verweigerung einer gegebenenfalls bestehenden Mitwirkungspflicht anzusehen. Eine Verweigerung der Mitwirkungspflicht wird jedoch dann anzunehmen sein, wenn in der Ladung zur Verhandlung oder in einer sonstigen Verfahrensanordnung zuvor darauf hingewiesen wurde, dass die Teilnahme der Partei oder eines informierten Vertreters der Partei an der Verhandlung zur Klärung des Sachverhalts erforderlich ist. Unterbleibt in diesem Fall ohne ausreichende Gründe die gebotene Mitwirkung der Partei, so kann dies beweiswürdigend berücksichtigt werden. Liegen keine anderen Beweisergebnisse zum jeweiligen Beweisthema vor und ist es dem Verwaltungsgericht nicht möglich, sich amtswegig von den relevanten Umständen Kenntnis zu verschaffen, so kann dies auch eine Negativfeststellung zu den im Rahmen der Mitwirkungspflicht von der ausgebliebenen Partei unter Beweis zu stellenden Umständen rechtfertigen.
Durch die bescheidförmige Zurückweisung eines Antrags auf Aufhebung, Abänderung oder Nichtigerklärung eines rechtskräftigen Bescheids gemäß § 68 AVG kann niemand in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt sein. Der Partei, die dieses Recht beim Verwaltungsgericht geltend machen möchte, fehlt die Beschwerdelegitimation; Beschwerden gegen die Ablehnung sind zurückzuweisen.
S. 316 - 317, Verfahrensrecht
Qualifizierung einer Sicherungsanordnung gemäß Denkmalschutzgesetz als Mandatsbescheid iSd § 57 AVG
Ergibt sich bei einer Gesamtbetrachtung des Bescheids (Sicherungsanordnung betreffend Denkmalschutz), dass die Behörde nicht auf selbstständige Ermittlungen und die Einräumung des Parteiengehörs schlicht vergessen hat oder gar sehenden Auges ihr Verfahren mit Mängeln belasten wollte, sondern – weil es sich um unaufschiebbare Maßnahmen bei Gefahr im Verzug handelt – von der in § 57 Abs 1 AVG eingeräumten Berechtigung Gebrauch machte, den Bescheid ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen, handelt es sich um einen Mandatsbescheid. Auch die unrichtige Rechtsmittelbelehrung nimmt einem nach § 57 Abs 1 AVG erlassenen Bescheid nicht den Charakter als Mandatsbescheid.
Eine Beschwerde kann nicht in eine Vorstellung umgedeutet werden, sofern sich aus der Beschwerde eindeutig ergibt, dass der Beschwerdeführer eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts begehrt.
S. 317 - 319, Verfahrensrecht
Keine Anwendung des Grundsatzes „Beraten statt Strafen“ bei bereits beendeten Übertretungen
Nach dem Wortlaut des § 33a Abs 1 VStG ist das Ziel der in § 33a VStG festgelegten Maßnahmen die Beendigung des strafbaren Verhaltens oder der strafbaren Tätigkeiten und die Herstellung des den Verwaltungsvorschriften und behördlichen Verfügungen entsprechenden Zustandes. Damit werden in erster Linie sogenannte Dauerdelikte angesprochen. War die Übertretung bereits beendet und der Erfolg bereits eingetreten, so kommt die Anwendung des § 33a VStG für diese Übertretung nicht in Betracht.
Die Unmöglichkeit einer Strafverfolgung iSd § 37 Abs 1 Z 2 lit a und § 37 Abs 5 VStG wird jedenfalls dort im Regelfall nicht gegeben sein, wo entsprechende Rechtshilfeabkommen bestehen. Daraus folgt, dass bei Beschuldigten mit (Wohn-)Sitz im Ausland in Hinblick auf den betroffenen Staat zu prüfen ist, ob Rechtshilfeabkommen hinsichtlich grenzüberschreitender Verfahrensführung/Strafverfolgung bestehen und ob diese im konkreten Fall auch wirksam angewendet werden können.
Bei einer „vorläufigen Anordnung“ (in unmittelbarer Anwendung des Unionsrechts) handelt es sich um einen Beschluss eines VwG, dessen Anfechtbarkeit vor dem VwGH nicht ausgeschlossen ist. Insbesondere handelt es sich hiebei auch nicht um einen „verfahrensleitenden Beschluss“ iSd § 25a Abs 3 VwGG, weil dem angefochtenen Beschluss nicht bloß prozessleitende Funktion zukommt.
S. 325 - 327, Materienrecht
Legitimation zur Stellung eines Feststellungsantrags bezogen auf die eigene Gewerbeberechtigung
Die (grundsätzliche) Legitimation zur Stellung eines Feststellungsantrags bezogen auf die eigene Gewerbeberechtigung ergibt sich aus § 349 Abs 2 Z 1 iVm Abs 1 Z 1 GewO. Nicht jeder Gewerbeinhaber, sondern nur derjenige ist zur Antragstellung berufen, dessen Befugnisse bestritten werden oder der sie für sich in Anspruch nimmt.
Bei der Kurzarbeit kommt es zu einer Reduktion der Arbeitszeit bzw der verrichteten Arbeitsstunden, weshalb eine Anrechenbarkeit der COVID-19-Kurzarbeit-Zeiten iSd § 15 Abs 2 RAO nicht in Betracht kommt.
Der Berechtigung der Behörde zur Kontrolle der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG iSd § 50 Abs 4 GSpG steht die Pflicht des Betroffenen gegenüber, den genannten Behörden und Organen und den von diesen Behörden allenfalls herangezogenen Sachverständigen ua das Betreten von Betriebsstätten und Betriebsräumen zu ermöglichen. Ein Betreten dieser Räumlichkeiten durch einen Reporter ohne Zustimmung des Betroffenen findet in § 50 Abs 4 GSpG keine Deckung und verletzt den Betroffenen insofern in seinen Rechten.
S. 331 - 332, Materienrecht
Ablehnung einer Rot-Weiß-Rot-Karte (sonstige Schlüsselkraft) wegen fehlender Geschäftstätigkeit
Das AuslBG, aber auch das NAG setzen betreffend die Rot-Weiß-Rot-Karte sonstige Schlüsselkraft voraus, dass ein inländischer Arbeitgeber vorhanden ist, welcher eine Geschäftstätigkeit bereits ausübt. Dass es nach dem Willen des Gesetzgebers ausreichend ist, die Geschäftstätigkeit überhaupt erst durch die Einstellung der beantragten sonstigen Schlüsselkraft aufzunehmen, kann nicht unterstellt werden, zumal beispielsweise eine eigene Rot-Weiß-Rot-Karte für Start-up-Gründer vorgesehen ist.
S. 333 - 335, Materienrecht
Nachbarstellung zu einer Mobilfunkantennenanlage in baubehördlichen Verfahren
Ein Beschwerdeführer, dessen Nachbargrundstück von einer Mobilfunkantennenanlage ca 295 m Luftlinie entfernt ist, weist schon aufgrund der großen Entfernung dieser Anlage zu seinem Nachbargrundstück weder in einem Baubewilligungsverfahren nach § 2 Abs 1 BauPolG noch in einem baupolizeilichen Auftragsverfahren nach § 16 BauPolG gemäß § 7 Abs 1 Z 1 und Abs 5 BauPolG eine Parteistellung als Nachbar auf.
§ 22 BauTG 2015 begründet mangels Anführung in der taxativen Aufzählung des § 7a BauPolG keine subjektiv-öffentlichen bautechnischen Nachbarrechte.
Aus § 16 Abs 5 TSchG ergibt sich ausdrücklich, dass das Führen von Hunden an der Leine jedenfalls nicht als Anbindehaltung gilt. Es macht dabei auch keinen Unterschied, ob der Hund zu Fuß oder während einer Fahrradfahrt an der Leine „geführt“ wird. Das dem Beschwerdeführer vorgeworfene Verhalten bildet somit keinen Verstoß gegen das Verbot der Anbindehaltung für Hunde. Durch das Führen eines Hundes an der Leine während einer Fahrradfahrt wird dem Beschwerdeführer vielmehr ein Verhalten angelastet, welches gegen die Bestimmungen der StVO (§ 99 Abs 3 lit f) verstößt.
Aus § 33 EpiG ergibt sich klar, dass zur Entscheidung über Ansprüche, die auf § 32 EpiG gestützt werden, jene Bezirksverwaltungsbehörde zuständig ist, in deren Bereich „diese Maßnahmen getroffen wurden“, dh in deren örtlichen Wirkungsbereich die betreffenden Maßnahmen durchgeführt wurden oder ihre Wirkung entfalteten (somit richtet sich die Zuständigkeit nach dem „Wirkungsstatut“).
Es lässt sich weder aus dem BVG Pers. Freiheit bzw dem EpiG noch aus dem Erkenntnis des VfGH, mit welchem der zweite Satz im § 7 Abs 1a EpiG aufgehoben wurde, schließen, dass die Landesverwaltungsgerichte die zuständigen Gerichte zur Prüfung der Zulässigkeit der Freiheitsbeschränkung wären.
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