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JBL

Heft 5, Mai 2024, Band 146

eJournal-Heft
  • ISSN Online: 1613-7639

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Inhalt der Ausgabe

S. 277 - 291, Aufsatz

Peter G. Mayr

Die Anfechtungsbeschränkung nach § 45 JN

Durch § 45 JN wird die Anfechtungsmöglichkeit von Entscheidungen über die sachliche Zuständigkeit im Zivilverfahrensrecht drastisch eingeschränkt. Die Anwendung dieser Vorschrift in der Praxis wirft allerdings eine Vielzahl von Fragen und Problemen auf, die im vorliegenden Beitrag näher behandelt werden.

S. 292 - 301, Aufsatz

Bettina Nunner-Krautgasser

Freie Bewertung des Streitgegenstandes gemäß § 56 Abs 2 JN und Rechtsschutz des Beklagten

Die freie Bewertung eines (nicht von Vornherein in der Zahlung eines Geldbetrags bestehenden) Streitgegenstandes gemäß § 56 Abs 2 JN durch den Kläger kann den Rechtsschutz des Beklagten massiv beeinträchtigen: Denn sowohl eine übermäßig hohe als auch eine übermäßig niedrige Bewertung hat ganz erheblichen Einfluss auf die faktischen Möglichkeiten der Rechtsverfolgung, dies nicht zuletzt im Zusammenhang mit der Rechtsmittelzulässigkeit. Im folgenden Beitrag werden insbesondere Probleme einer Unterbewertung aufgezeigt und Lösungsmöglichkeiten dargelegt.

S. 302 - 303, Aufsatz

Brigitta Zöchling-Jud

Rudolf Welser †

S. 304 - 312, Rechtsprechung

Rechtsberatung durch die BBU GmbH nicht hinreichend unabhängig

Teile von Bestimmungen im BBU-G und BFA-VG betreffend die Rechtsberatung und -vertretung durch die BBU GmbH sind verfassungswidrig, da sie die gesetzlich statuierte Unabhängigkeit der Rechtsberater nicht hinreichend absichern. Die Anforderungen der GRC an die Unabhängigkeit werden nicht effektiv gewährleistet, wenn diese in vertraglichen Regelungen ausgestaltet ist, die zwischen dem BMI und der Geschäftsführung der BBU GmbH, die in gesellschaftsrechtlicher Sicht an Weisungen des BMI gebunden ist, abgeschlossen werden. Die privatrechtsförmige Gestaltung der BBU GmbH ist hingegen verfassungskonform und verstößt nicht gegen Art 20 Abs 1 B-VG. Die Funktion von Rechtsberatung und -vertretung als (einheitlicher) Komplementärmechanismus zur Gewährleistung effektiver Rechtsdurchsetzung im verwaltungsbehördlichen und -gerichtlichen Verfahren des Fremden stellt Privatwirtschaftsverwaltung und nicht schlichte Hoheitsverwaltung dar. Zudem begründet diese Tätigkeit keine (funktionelle) Zuordnung zur staatlichen Verwaltung.

S. 312 - 318, Rechtsprechung

Wirkung eines Verstoßes gegen ein Bestreitungsverbot durch gesetzlichen Vertreter zulasten der wirksam vertretenen Kinder

Der Erblasser bestimmt innerhalb des Zulässigen die Reichweite des Bestreitungsverbots, was durch Auslegung der Erklärung zu erforschen ist. Die Auslegung einer letztwilligen Verfügung richtet sich nach dem wahren Willen des Erblassers im Zeitpunkt der Verfügung, der in ihrem Wortlaut zumindest angedeutet sein muss. Die Auslegung einer letztwilligen Verfügung hat möglichst so zu erfolgen, dass der vom Erblasser beabsichtigte Erfolg eintritt. Es ist also mittels Auslegung der letztwilligen Verfügung zu klären, in welchen Fällen die Resolutivbedingung wirksam sein soll.

Die Bestreitung des letzten Willens für den Fall, dass nur die Echtheit oder der Sinn der Erklärung angefochten wird, bleibt nach der hier maßgeblichen Rechtslage vor dem ErbRÄG 2015 (vgl § 720 ABGB aF) – aber auch nach neuem Recht (§ 712 Abs 2 ABGB idF ErbRÄG 2015) – ungeachtet einer solchen Klausel sanktionslos. Bereits zur alten Rechtslage war anerkannt, dass Entsprechendes gilt, wenn sittenwidrige oder gesetzlich verbotene Anordnungen bekämpft oder Verstöße gegen zwingende Formvorschriften eingewendet werden, was in § 712 Abs 2 ABGB idF ErbRÄG 2015 ausdrücklich normiert wird.

Das Recht nach § 810 ABGB setzt keine Geschäftsfähigkeit des Erben voraus; die Verwaltung und Vertretung erfolgt unter Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters. Mehreren Miterben steht die Berechtigung gemeinsam zu. Grundsätzlich muss sich der Vertretene nach § 1017 ABGB die dem Umfang des Auftrages entsprechende Vertretungstätigkeit seines Vertreters wie seine eigenen Handlungen zurechnen lassen. Dies gilt auch für die gesetzliche Vertretung des Kindes, soweit es sich um Maßnahmen im Rahmen des ordentlichen Wirtschaftsbetriebes handelt oder wenn bei Maßnahmen, die zum außerordentlichen Wirtschaftsbetrieb zählen, eine pflegschaftsbehördliche Genehmigung vorliegt.

Stellt sich ein Bestreitungsverbot als resolutiv bedingtes „negatives Testament“ dar, hat ein Verstoß gegen diese Anordnung den Ausschluss vom gesetzlichen Erbrecht zur Folge, weil die Anordnung sonst (mangels verfügter Ersatzerbschaft) keine praktische Wirkung hätte. Verstößt eine von den (wirksam vertretenen) Kindern erhobene Klage gegen die Bestreitungsklausel, steht dies dem gesetzlichen Erbrecht der Kinder iS des letzten Willens des Erblassers entgegen.

Pflichtteilsansprüche fallen als „erbrechtliche Ansprüche“ unter § 176 Abs 1 AußStrG; vom daran anknüpfenden Abs 2 leg cit sind minderjährige Kinder als „schutzberechtigte Personen“ umfasst. Bereits mit der zugunsten der Kinder bewirkten Nachlassabsonderung gemäß § 812 ABGB aF kann die Befriedigung ihrer Pflichtteilsansprüche iS des § 176 Abs 2 AußStrG sichergestellt sein.

S. 318 - 320, Rechtsprechung

Keine Anwendung des AnerbenG im Verlassenschaftsverfahren bei einen Erbhof betreffender Schenkung auf den Todesfall nach dem ErbRÄG 2015

Auf Grundlage der durch das ErbRÄG 2015 eingeführten „Vertragslösung“ führt das Bestehen einer einen Erbhof betreffenden Schenkung auf den Todesfall nicht zur Anwendung des AnerbenG im Verlassenschaftsverfahren selbst.

S. 320 - 323, Rechtsprechung

Ersatz des Schockschadens Dritter, die nicht als nahe Angehörige anzusehen sind, nur bei „qualifizierter Unfallbeteiligung“

Die Zuerkennung eines Schockschadenersatzes an Dritte, die nicht als nahe Angehörige anzusehen sind, bedarf eines der rechtlichen Sonderbeziehung gleichwertigen Zurechnungsgrundes. Ein solcher muss nicht zwingend in der ganz unmittelbaren Involviertheit in das Unfallgeschehen (etwa als Unfallgegner oder Beifahrer) oder in der Gefährdung der eigenen körperlichen Sicherheit des Schockgeschädigten durch den Schädiger liegen. Erforderlich ist aber jedenfalls, dass der Dritte bei gebotener wertungsmäßiger Gesamtbetrachtung der Erstschädigung objektiv in gravierender Weise direkt ausgesetzt war („qualifizierte Unfallbeteiligung“).

S. 323 - 328, Rechtsprechung

Bernhard Burtscher

Regress des Gebäudeversicherers gegen leicht fahrlässig handelnden Mieter, auf den die Versicherungsprämien abgewälzt wurden, ausgeschlossen (Judikaturänderung)

In der Gebäudeversicherung kann die Auslegung des Versicherungsvertrags konkludent einen Regressverzicht des Versicherers für die Fälle ergeben, dass der Mieter einen Schaden am Gebäude durch leichte Fahrlässigkeit verursacht hat (hier: Überwälzung der Versicherungsprämien in der Gebäudeversicherung auf den Mieter im Rahmen der Betriebskosten). Dem Versicherer ist der Regress auch dann verwehrt, wenn der Mieter eine Haftpflichtversicherung unterhält.

S. 328 - 331, Rechtsprechung

Thomas Klicka

Umfang der Sperrwirkung der Zurücknahme der Klage gegen einen GesbR-Gesellschafter unter Anspruchsverzicht im Verhältnis zur Klage aus demselben Vertrag gegen alle GesbR-Gesellschafter als Solidarschuldner

Die Zurücknahme der Klage unter Anspruchsverzicht wirkt nur dann als Prozesshindernis, wenn die Parteien und der Streitgegenstand im Vorprozess und im Folgeverfahren ident sind. Der prozessuale Begriff des Streitgegenstands wird durch das Klagebegehren und den rechtserzeugenden Sachverhalt bestimmt. Als rechtserzeugender Sachverhalt, über den nur einmal entschieden werden kann, sind jene Tatsachen zu werten, die zur Erfüllung des in Anspruch genommenen materiell-rechtlichen Tatbestands erforderlich sind.

Bei Verbindlichkeiten der Gesellschafter einer GesbR ist zwischen den gesellschaftsbezogenen Verbindlichkeiten und allfälligen Privatverbindlichkeiten der Gesellschafter zu unterscheiden. Mangels Rechtspersönlichkeit der GesbR (§ 1175 Abs 2 ABGB) sind allerdings die Gesellschafter die Zurechnungssubjekte der gesellschaftsbezogenen Rechte und Pflichten und auch die Vertragspartner des Dritten. Für gesellschaftsbezogene Ansprüche ordnet § 1199 ABGB die Solidarhaftung der Gesellschafter an. Daher kann ein Gesellschaftsgläubiger nach § 891 ABGB für die Erfüllung der Verbindlichkeit alle, mehrere oder auch nur einen Gesellschafter in Anspruch nehmen.

Wird eine Klage, mit der ein Anspruch auf vertraglichen Schadenersatz gegenüber nur einem GesbR-Gesellschafter verfolgt wird, unter Anspruchsverzicht zurückgenommen, steht einer Klage aus demselben Vertrag gegen alle GesbR-Gesellschafter die Sperrwirkung des § 237 Abs 4 ZPO entgegen.

S. 331 - 333, Rechtsprechung

Suchtmitteldelinquenz und Sexualdelikt – gleiche schädliche Neigung

Für die Anwendung des § 39 Abs 1 StGB ist im Einzelfall zu prüfen, ob das zu beurteilende Verhalten – kriminologisch betrachtet – gleichartig iS des § 39 Abs 1 iVm § 71 StGB ist. Suchtmitteldelinquenz in Form des Anbietens oder der Weitergabe von Suchtgift an Dritte nach § 27 Abs 2a SMG als gegen die menschliche Gesundheit und körperliche Integrität gerichtete, mit Strafe bedrohte Handlung beruht auf der gleichen schädlichen Neigung wie eine Sexualstraftat nach § 205 Abs 1, 3 Fall 4 StGB.

S. 333 - 336, Rechtsprechung

Roland Kier

Kein subjektives Recht auf Verfahrenstrennung – auch nicht „als präventive Maßnahme“ zum Schutz von Grundrechten

Über einen Antrag des Beschuldigten auf Verfahrenstrennung hat die StA unter Berücksichtigung der in § 27 StPO genannten Kriterien (Vermeidung von Verfahrensverzögerungen, Verkürzung von Haft) im Rahmen gebundenen Ermessens zu entscheiden. Gegen die ablehnende Entscheidung steht kein Einspruch an das Gericht zu. Durch die unterlassene Trennung wurde keine Ermittlungs- oder Zwangsmaßnahme iS des § 106 Abs 1 Z 2 StPO angeordnet; dem Beschuldigten wurde selbst im Fall missbräuchlicher Nichtausschöpfung des Ermessensspielraums die „Ausübung eines Rechts“ iS des § 106 Abs 1 Z 1 StPO nicht verwehrt: § 27 Abs 1 StPO weist dem Beschuldigten schon seinem Wortlaut nach keinen Anspruch auf Verfahrenstrennung zu.

Die Gefahr von Verletzungen des Beschleunigungsgebots oder von Datenschutzrechten gebietet keine Verfahrenstrennung. Erleidet der Beschuldigte aus der gemeinsamen Verfahrensführung Nachteile, stehen diesem Rechtsmittel- oder Rechtsbehelfe offen.

S. 336 - 339, Rechtsprechung

Recht auf Kopien

Art 15 Abs 3 S 1 DSGVO räumt dem Betroffenen neben seinem Recht auf Auskunft gemäß Art 15 Abs 1 DSGVO kein zusätzliches – eigenständiges – Recht auf Kopien von Auszügen aus Dokumenten, ganzen Dokumenten oder Auszügen aus Datenbanken, die seine personenbezogenen Daten enthalten, ein. Art 15 Abs 3 (S 1) DSGVO stellt nämlich nach der Rsp des EuGH (bloß) eine Regelung für die Form der Unterrichtung dar, die erforderlichenfalls sicherstellen soll, dass die zu gewährende Auskunft auf verständliche Art erfolgt.