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Heft 6, Dezember 2024, Band 11

eJournal-Heft
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2312-1920

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Inhalt der Ausgabe

  • Doppelt bedingte und grobe Fahrlässigkeit

    S. 549 - 555, Aufsatz

    Martin Stricker

    Seit fast zehn Jahren besteht im StGB eine Legaldefinition der groben Fahrlässigkeit. Der Beurteilungsmaßstab grob fahrlässigen Verhaltens ist jedoch nach wie vor umstritten. Und bisher gar nicht geklärt sind die Auswirkungen der groben Fahrlässigkeit auf den Allgemeinen Teil des StGB. Hier stellt sich etwa die Frage nach der Bedeutung der groben Fahrlässigkeit in Fällen der sog „doppelt bedingten Fahrlässigkeitshaftung“. Der vorliegende Beitrag bietet auf Grund allgemein dogmatischer Überlegungen eine Lösung dieser Frage an.

  • „Man frage nicht“: Das Fragerecht der beschuldigten Person im österreichischen Strafverfahren – effektives Verteidigungsmittel oder leeres Versprechen?

    S. 556 - 564, Aufsatz

    Alexia Stuefer

    Das Fragerecht der beschuldigten Person ist in Österreich zwar seit 1958 in der Verfassung verankert, die Analyse der Gerichtspraxis, der höchstgerichtlichen Rechtsprechung und der herrschenden Meinung zeigt, dass es seine normative Wirkung als in der Verfassung verbrieftes Grundrecht bis dato nicht entfalten konnte. Die Untersuchung legt eine, insbesondere im Konfliktfall, verfassungswidrige Praxis offen, da sie die – durch die Ratifikation der EMRK und deren Verankerung in der Verfassung herbeigeführte – Änderung der Strafprozessordnung vernachlässigt.

  • Bereits Bestehendes weitergedacht – Gesetzesvorschlag für ein konsensuales summarisches Strafverfahren

    S. 565 - 573, Aufsatz

    Heidelinde Luef-Kölbl

    Der Beitrag unterbreitet einen Vorschlag für die künftige Implementierung eines konsensualen summarischen Verfahrens, das in mehrerer Hinsicht dem Grundsatz der Prozessökonomie im Strafverfahren Rechnung tragen soll, und setzt sich mit dessen rechtsstaatlichen Implikationen auseinander.

  • Änderungen im Bereich des Finanzstrafgesetzes durch das Betrugsbekämpfungsgesetz 2024 Teil I (2. Teil)

    S. 574 - 576, Finanzstrafrecht Aktuell

    Christian Huber

    Mit den Novellierungen im Rahmen des Betrugsbekämpfungsgesetzes 2024 Teil I sollen insb die Regelungen über den Verkürzungszuschlag (§ 30a FinStrG) einer erleichterten Zugänglichkeit unterzogen werden sowie in § 51b FinStrG eine neue Finanzordnungswidrigkeit im Zusammenhang mit Scheinrechnungen und Scheinunternehmen eingeführt und ferner einige kleinere Änderungen im materiellen Recht und im Verfahrensrecht vorgenommen werden. Wegen des Umfangs der Änderungen wird dieser Beitrag geteilt, und im nunmehrigen zweiten Teil wird die Einführung der neuen Finanzordnungswidrigkeit des § 51b FinStrG erörtert. Die Änderungen bei den Berichtspflichten des § 200b FinStrG und die sonstigen Änderungen werden in einem abschließenden dritten Teil besprochen.

  • Drei Jahre operative Tätigkeit der Europäischen Staatsanwaltschaft – Rückblick und Ausblick

    S. 577 - 581, Europastrafrecht Aktuell

    Ursula Schmudermayer

    Am 1.6.2024 jährte sich die Aufnahme der operativen Tätigkeit der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA) zum dritten Mal. Ihre Aufgabe ist es, als Leiterin der Ermittlungsverfahren in Zusammenarbeit mit den nationalen Strafverfolgungsbehörden und Gerichten, sowie auch EUROPOL, EUROJUST und OLAF, durch die Aufdeckung und gerichtliche Verfolgung von Betrug zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union nicht nur letztere, sondern die europäische Wirtschaft und den europäischen Binnenmarkt im Allgemeinen zu schützen. Der Artikel befasst sich mit der bisherigen Entwicklung der Arbeitslast dieser transnationalen Strafverfolgungsbehörde, der Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und möglichen weiteren Entwicklungen.

  • Die Europäische Staatsanwaltschaft: Was ist gelungen, was nicht? Teil 1

    S. 582 - 589, Europastrafrecht Aktuell

    Fritz Zeder

    Die Europäische Staatsanwaltschaft nimmt ihre Aufgabe der Ermittlung, Verfolgung und Anklage von Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union seit über drei Jahren wahr. Bald werden es 24 Mitgliedstaaten sein, die an diesem Leuchtturmprojekt der europäischen Zusammenarbeit vollwertig mitwirken. Der Beitrag analysiert im Rückblick auf jene kritischen Eckpunkte, die im Lauf der Verhandlungen an der Verordnung (EU) 2017/1939 umstritten waren, den aktuellen Stand und zeigt auf, was gut läuft und wo Reformbedarf deutlich ist.

  • Grundrechtsschutz und Tätigkeit der Europäischen Staatsanwaltschaft – Anmerkungen des Verteidigers im Ausgangsverfahren zum Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 21.12.2023, C-281/22

    S. 590 - 594, Europastrafrecht Aktuell

    Wolfgang Gappmayer

    Ende vergangenen Jahres hatte sich der Europäische Gerichtshof mit Aspekten des Grundrechtsschutzes bei der Europäischen Staatsanwaltschaft (EuStA) auseinanderzusetzen. Wesentlich für das Verständnis der nachstehenden Ausführungen ist der Umstand, dass die Umsetzung der anzuwendenden europarechtlichen Normen in Österreich und Deutschland nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) nicht rechtskonform erfolgte. Im Hinblick darauf ist nachstehend zu unterscheiden zwischen der Rechtslage, wie sie bis zur Entscheidung des EuGH zu sein schien und der Rechtslage, wie sie seit dieser Entscheidung sein soll bzw. klargestellt wurde.

  • Anhaltung (auch) von zurechnungsfähigen Betroffenen im Verfahren zur Unterbringung in ein forensisch-therapeutisches Zentrum (§ 21 StGB) in Justizanstalten unzulässig

    S. 595 - 597, Judikatur

    Norbert Fritz

    Seit Inkrafttreten des Maßnahmenvollzugsanpassungsgesetzes 2022 am 1.3.2023 sind Verhängung und Fortsetzung der Untersuchungshaft (auch) in den Fällen des § 21 Abs 2 StGB unzulässig (§ 430 Abs 1 Z 4 StPO); erforderlichenfalls sind Betroffene in einem forensisch-therapeutischen Zentrum vorläufig unterzubringen (§ 431 StPO). Damit ist der von § 438 StPO idF BGBl I 2014/71 eröffneten Option die Grundlage entzogen.

  • Verweigerung der Akteneinsicht ohne Begründung

    S. 597 - 601, Judikatur

    Hubert Stanglechner

    Wenn die Staatsanwaltschaft die Verweigerung der Akteneinsicht lediglich auf eine Vorprüfung der eingegangenen Unterlagen durch das LKA stützt, werden die durch den Verteidiger beantragen Akteneinsichten faktisch und ohne Begründung verweigert. Obwohl dem (nunmehr) Angeklagten zwischenzeitlich vollständige Akteneinsicht gewährt wurde, ist die bereits erfolgte Rechtsverletzung festzustellen, da der rechtskonforme Zustand – zu den begehrten Zeitpunkten Akteneinsicht zu erhalten bzw für die elektronische Akteneinsicht freigeschaltet zu werden sowie Gründe für die Verweigerung der Akteneinsicht zu erfahren – nicht mehr herzustellen ist.

  • Medienunternehmen / Medienunternehmer / Medieninhaber; Anwendbarkeit von § 51 MedienG auf juristische und / oder natürliche Personen

    S. 601 - 604, Judikatur

    Stephanie Öner

    Bei der Ersetzung des Begriffs „Medienunternehmen“ durch „Medieninhaber“ im Wege des HiNBG ist dem Gesetzgeber ein Schreibfehler unterlaufen, wonach das Wort „Medienunternehmer“ (richtig wäre „Medienunternehmen“ gewesen) durch das Wort „Medieninhaber“ ersetzt“ werde. Dieser Schreibfehler wird im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) mit den Worten „Die Anweisung konnte nicht durchgeführt werden.“ kommentiert. Der Wille des Gesetzgebers ist aber eindeutig: Es sollte lediglich ein Redaktionsversehen der Mediengesetz-Novelle 2005 beseitigt werden, indem an die Stelle der Medienunternehmen Medieninhaber treten sollen.

    Verfassungskonform (ohne Verstoß gegen § 1 Abs 1 StGB, der nur die strafrechtliche Haftung betrifft) interpretiert erfasst § 51 MedienG juristische und natürliche Personen als Medieninhaber gleichermaßen.

  • Gegenstand einer Zeugenaussage, unzulässiger Erkundungsbeweis, Aktenwidrigkeit

    S. 604 - 607, Judikatur

    Ein Antrag auf Vernehmung der vom Angeklagten beigezogenen Person mit besonderem Fachwissen als Zeugen zum Beweis dafür, dass das Gutachten des vom Gericht beigezogenen psychiatrischen Sachverständigen aufgrund gravierender Mängel iS des § 127 Abs 3 StPO nicht lege artis erstattet worden sei und die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens unbedingt erforderlich sei, geht daran vorbei, dass nur sinnliche Wahrnehmungen über Tatsachen (§ 154 Abs 1 StPO) Gegenstand einer Zeugenaussage sind. Gleiches gilt für den Antrag auf Vernehmung als Zeugen zum Beweis dafür, dass der Angeklagte weder unter einer schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung noch an einer sexuellen Devianz iS des § 21 Abs 2 StGB leidet.

    Eine vom Angeklagten angestrebte Einholung eines psychologischen Sub-Gutachtens zielt bloß auf eine Überprüfung der Beurteilung des vom Gericht beigezogenen Experten aus dem Fachgebiet der Psychiatrie in der nicht indizierten Erwartung eines für den Angeklagten günstigeren Ergebnisses und damit auf eine unzulässige Erkundungsbeweisführung ab.

    Aktenwidrig im Sinn der Z 5 fünfter Fall ist ein Urteil nur dann, wenn es den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt.

  • Untreue durch Aktivierung und Einlösung von Rubbel- und Brieflosen ohne Kundenauftrag?

    S. 607 - 608, Judikatur

    Die Tathandlung des § 153 StGB liegt in einer missbräuchlichen Vornahme (oder Unterlassung) eines Rechtsgeschäftes oder einer sonstigen Rechtshandlung. Ein rein faktisches Handeln zum Nachteil des Machtgebers ohne rechtlichen Charakter kommt demnach als Tathandlung der Untreue nicht in Betracht.

  • Wahrung der Grundrechte nach der EU-Grundrechtecharta

    S. 608 - 612, Judikatur

    Die Wahrung der Grundrechte nach der GRC ist Sache des Mitgliedstaats des betrauten Delegierten Europäischen Staatsanwalts, und die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen den Ländern des betrauten und unterstützenden Delegierten Europäischem Staatsanwalts bleibt davon unberührt. Auch bei sensiblen Ermittlungsmaßen, wie der Durchsuchung von Privatwohnungen, obliegt es dem Mitgliedstaat, zu dem der betraute Delegierte Europäische Staatsanwalt gehört, im nationalen Recht angemessene und ausreichende Garantien wie eine gerichtliche Kontrolle vorzusehen, um die Rechtmäßigkeit und Erforderlichkeit solcher Maßnahmen sicherzustellen.

  • Suchtgift, Überlassen, Erwerb, Besitz, (Nicht)Erledigung der Anklage, Prozessgegenstand, Ausscheidung, Verbot wiederholter Strafverfolgung

    S. 613 - 615, Judikatur

    Die von der Staatsanwaltschaft unbekämpft gebliebene Nichterledigung der Anklage hinsichtlich des Erwerbs und Besitzes von Suchtgift (ohne diesbezüglich erfolgter Verfahrenstrennung) kommt einem Freispruch gleich. Ein nach Schluss der Verhandlung gefasster Beschluss auf Einstellung des Verfahrens gem § 37 SMG iVm § 35 SMG wegen dieser Vorwürfe verletzt das Gesetz in § 17 StPO.

  • Suchtgift, Erzeugung, Anbau, Vorsatz auf Suchtgiftmenge, Inverkehrsetzungsvorsatz, Begründungsmangel, Einziehung, Konfiskation

    S. 615 - 616, Judikatur

    Ein Einziehungserkenntnis betreffend „das sichergestellte Suchtgift“, das sich undifferenziert auf den gesamten Schuldspruch stützt, ist nicht gesetzeskonform, wenn nicht beurteilt werden kann, ob es in dessen rechtskräftigem Teil Deckung findet.

    Bloß vermutetes Marihuana und eine „cannabiskrautähnliche Substanz“ sind keine Suchtmittel und ihre Einziehung daher unzulässig.

    Der Ausspruch der Konfiskation eines Gegenstandes erfordert Feststellungen zur (intendierten) Verwendung dieses Gegenstands durch den Angeklagten bei Begehung der Straftaten und zum Eigentum an ihm zur Zeit der Entscheidung erster Instanz.

  • Anforderung an eine Vollzugsgerichtliche Entscheidung (1) ; Beschäftigung im eüH (2)

    S. 617 - 618, Judikatur

    Den Vollzugssenat trifft eine verfahrensrechtliche Verpflichtung zur maßgeblichen Sachverhaltsfeststellung. Wird dieser nicht nachgekommen, ist Rechtswidrigkeit anzunehmen. (1)

    Ein Spannungsverhältnis zwischen der Beschäftigung und der Persönlichkeit des Verurteilten oder dem Delikt, dessentwegen die Strafe verbüßt wird, ist im Rahmen der Prüfung nach § 156c Abs 1 Z 4 StVG zu berücksichtigen. (2)

  • Vollzugsortsänderung bei Untersuchungsgefangenen

    S. 618 - 618, Judikatur

    Ein pauschaler Verweis auf „die Erreichung der Haftzwecke“ wird der Begründungspflicht nicht gerecht.

  • Säumigkeit (1), subjektiv-öffentliche Rechte (2)

    S. 618 - 619, Judikatur

    Säumigkeit liegt nicht vor, wenn einem Ansuchen (formlos) entsprochen oder dieses formlos negativ entschieden wird (ohne dass eine Bescheidpflicht vorliegt). (1)

    Ein subjektiv-öffentliches Recht auf ein Gespräch mit einem bestimmten Mitarbeiter einer Vollzugseinrichtung ist dem StVG nicht zu entnehmen. (2)

  • Ordnungsstrafverfahren – Nichteinnahme von verordneter Medikation

    S. 619 - 619, Judikatur

    Zu den Gegenständen, die dem Strafgefangenen nach § 33 StVG nicht ordnungsgemäß überlassen wurden, zählen auch verborgen gesammelte (gehortete) Medikamente.

  • Ort des Erfolgseintritts bei der Übertragung von Blockchain-basierten Krypto-Assets

    S. 620 - 620, Judikatur

    Bei Krypto-Assets, die – wie alle bedeutenderen Kryptowährungen – auf der Distributed-Ledger-Technologie und der Blockchain-Methode basieren, erfolgt eine Transaktion durch Eintragung im Netzwerk, dass ein Teil der einem Teilnehmer zugerechneten Coins nun einem anderen Teilnehmer zugerechnet wird (Diehl in Omlor/Link [Hrsg], Handbuch Kryptowährungen und Token, 2. Aufl 2023, Kap.2, Rn 4).

    Die Krypto-Assets selbst bleiben jedoch – unabhängig von der jeweils verwendeten Wallet – stets auf „ihrer“ Blockchain „liegen“; es werden nur die durch die Zugangsschlüssel ausgewiesenen Eigentumsrechte an ihnen übertragen. Die Autorisierung durch den privaten und den öffentlichen Schlüssel verleiht insofern eine exklusive Dispositionsmöglichkeit, die der Stellung eines Eigentümers ähnlich ist (vgl Bernt, Kryptostrafrecht 101: zur strafrechtlichen Relevanz von Krypto-Assets, ÖJZ 2021, 924 [929]; Lehmann in Omlor/Link [Hrsg], Handbuch Kryptowährungen und Token, 2. Aufl 2023, Kap.5, Rn 249).

    Der wirtschaftliche Wert, der solchen Krypto-Assets innewohnt, beruht daher ausschließlich auf ihrer faktischen Übertragungsmöglichkeit, welche wiederum aus der Kenntnis des privaten Schlüssels resultiert (Lehmann in Omlor/Link [Hrsg], Handbuch Kryptowährungen und Token, 2. Aufl 2023, Kap.5, Rn 222 f).

    Ausgehend von diesen Erwägungen und der im Strafrecht gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise (RIS-Justiz RS0094171) folgend tritt der Vermögensschaden bei der Übertragung von Blockchain-basierten Krypto-Assets bereits mit dem Einsatz des privaten Schlüssels zur Signierung des Transaktionswunsches ein (vgl Völkel in Piska/Völkel, Blockchain rules2 1. Kapitel Rz 1.33, 1.39 f, 1.127, 1.134 f [bezüglich der Verwaltung der Schlüssel durch Intermediäre siehe auch Rz 1.137 und Gw 163/22m, JSt 2022, 572]).

    Als Ort des Erfolgseintritts ist demnach jener Ort anzusehen, an dem der Transaktionswunsch durch Einsatz des privaten Schlüssels zur Verfügung über eine bestimmte Adresse vervollständigt wurde (so schon OLG Wien 23 Bs 2/23x).

  • Im Ermittlungsverfahren ist die Abgabe von (Befund und) Gutachten auch in mündlicher Form möglich, maW besteht keine (generelle) Beschränkung auf bloß schriftliche Gutachtensabgabe

    S. 620 - 621, Judikatur

    Eine im Ermittlungsverfahren bestehende generelle Beschränkung auf bloß schriftliche Gutachtensabgabe (idS aber – ohne Begründung – Hinterhofer, WK-StPO § 127 Rz 10 f) ist weder aus dem Gesetzeswortlaut der §§ 126 f StPO noch aus den Materialien (vgl Schwaighofer, Die neue Strafprozessordnung S. 267 ff) ableitbar.

    Vielmehr sprechen die in § 127 Abs 3 StPO explizit vorgesehene Möglichkeit, Bedenken gegen das eingeholte Gutachten durch Befragung zu beseitigen, sowie auch die in den Materialien proklamierte Anlehnung an die Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland (vgl Schwaighofer, Die neue Strafprozessordnung S. 268), die auch im Vorverfahren die Möglichkeit mündlicher Gutachtenserstattung eröffnet (vgl § 82 dStPO), durchaus dafür, im Ermittlungsverfahren (auch) die Abgabe mündlicher Gutachten zuzulassen (vgl auch Bertel/Venier, StPO2 § 127 Rz 2: „idR schriftlich“ und Dangl/Wess in LiK-StPO § 127 Rz 12: „grundsätzlich schriftlich“).

    Gerade wenn (wie vorliegend) das mündlich deponierte – den Beschuldigten entlastende – Gutachten des Sachverständigen darin besteht, angesichts der Eindeutigkeit der Sachlage durch (allfällige) schriftliche Ausfertigung desselben nicht weiter zur Wahrheitsfindung beitragen zu können, erscheint eine solche kurze mündliche (von der Staatsanwaltschaft mittels Amtsvermerks veraktete) Gutachtenserstattung schon aus den – vom Gesetzgeber just betreffend die Bestimmung des Gutachtensumfangs normierten (§ 126 Abs 2c StPO) – Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit (vgl dazu Hinterhofer, WK-StPO § 126 Rz 49; Kirschenhofer in Schmölzer/Mühlbacher, StPO 12 § 126 Rz 28 ff) angebracht.

  • Vorabentscheidungsersuchen des Juzgado Central de Instrucción nº 6 de Madrid (Ermittlungsgericht, Spanien) im Strafverfahren der Europäischen Staatsanwaltschaft gegen I.R.O. und F.J.L.R., C-292/23

    S. 622 - 623, Judikatur

    Fritz Zeder

    1. Ist Art 42 Abs 1 der Verordnung 2017/1939 dahin auszulegen, dass er einer nationalen Vorschrift wie Art 90 der Ley Orgánica 9/2021 vom 1.7.2021 entgegensteht, die eine Verfahrenshandlung der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA) mit Rechtswirkungen gegenüber Dritten (im dargelegten Sinne), wie den in der Verfügung vom 2.2.2023 enthaltenen Beschluss des Delegierten Europäischen Staatsanwalts (DEUStA), Zeugen zu laden, von der gerichtlichen Kontrolle ausschließt?

    2. Sind die Art 6 und 48 GRC sowie Art 7 der Richtlinie (EU) 2016/343 dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Vorschrift wie Art 90 in Verbindung mit Art 42 Abs 1 und 3 sowie Art 43 der Ley Orgánica 9/2021 vom 1.7.2021 entgegenstehen, die eine Verfahrenshandlung der EUStA, wie den Beschluss des DEUStA, einen Dritten als Zeugen zu laden, im Hinblick auf den nach vernünftigem Ermessen zu erwarten ist, dass er an den Taten, wegen deren ermittelt wird, beteiligt ist, von der gerichtlichen Kontrolle ausschließt?

    3. Sind Art 19 Abs 1 Unterabs 2 EUV und Art 86 Abs 3 AEUV dahin auszulegen, dass sie einem System gerichtlicher Kontrolle wie demjenigen entgegenstehen, das in den Art 90 und 91 der Ley Orgánica 9/2021 in Bezug auf nach Art 42 Abs 1 und Art 43 der Ley Orgánica 9/2021 erlassene Handlungen der DEUStA vorgesehen ist, das eine vom DEUStA in Ausübung seiner Ermittlungsbefugnisse erlassene Verfügung von der gerichtlichen Kontrolle ausschließt und das in keinem Äquivalenzverhältnis zu den nationalen Verfahrensvorschriften steht, die die Anfechtung von Beschlüssen regeln, die von Ermittlungsrichtern in Ausübung ihrer Ermittlungsbefugnisse erlassen wurden?

    4. Ist Art 2 EUV, in dem die Werte des Rechtsstaats niedergelegt sind, auf die sich die Union gründet, in Verbindung mit dem Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz und dem Recht auf ein faires Verfahren nach Art 47 GRC sowie dem in Art 19 Abs 1 Unterabs 2 EUV vorgesehenen Effektivitätsgrundsatz dahin auszulegen, dass er einem System gerichtlicher Kontrolle der Handlungen der DEUStA entgegensteht, das die Situationen für eine Anfechtung auf eine abschließende Zahl von Fällen beschränkt, wie die im spanischen Recht in den Art 90 und 91 der Ley Orgánica 9/2021 vorgesehenen?

  • Rechtsprechungsübersicht EGMR – Kurzinfo

    S. 624 - 626, Judikatur

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