Die Europäische Zentralbank hat in ihrer Empfehlung vom 27.3.2020 dazu aufgerufen, dass Kreditinstitute zumindest bis 1.10.2020 keine Dividendenausschüttungen für das Geschäftsjahr 2019 vornehmen, keine Anteilsrückkäufe tätigen und keine Ausschüttungsverpflichtungen für das Geschäftsjahr 2020 eingehen sollen. Die Finanzmarktaufsicht hat sich dieser Empfehlung in ihrer Empfehlung vom 27.3.2020 angeschlossen.
Es soll zunächst untersucht werden, ob und in welchem Umfang Kreditinstitute den Empfehlungen zu folgen haben und welche Maßnahmen sie zur Befolgung der Empfehlungen ergreifen können. Sodann soll untersucht werden, ob aufgrund der COVID-19-Krise allgemeine gesellschaftsrechtliche Beschränkungen für Gewinnausschüttungen zu beachten sind und ob daher eine Empfehlung, von Ausschüttungen von Dividenden im Jahr 2020 gänzlich abzusehen, nicht nur auf Kreditinstitute, sondern auf alle Kapitalgesellschaften übertragen werden kann. Besonders relevant ist diese Fragestellung für Unternehmen, die in Konzernen mit zentraler Finanzierung eingebettet sind. Ausschüttungen an Konzerngesellschaften können für den gesamten Konzern überlebenswichtig sein, insbesondere wenn die Liquiditätsbeschaffung zentralisiert über eine Konzern-Clearing-Gesellschaft erfolgt. Hier geht es unter Umständen nicht nur um die Frage der Rückzahlung von Konzernfinanzierungen, sondern auch die Stützung von ertragsschwachen Gesellschaften durch ertragsstarke Konzerngesellschaften. Im Folgenden sollen diese Fragen an den Beispielen der Gesellschaft mit beschränkter Haftung und der Aktiengesellschaft erörtert werden.