In der Hauptversammlung der beklagten Gesellschaft wurde beschlossen, die Anzahl der Kapitalvertreter im Aufsichtsrat von zwölf auf elf zu reduzieren. Der Oberste Gerichtshof bestätigte in seiner Entscheidung 6 Ob 225/20m die Nichtigerklärung dieses Beschlusses durch das Berufungsgericht, weil die Reduzierung ausschließlich dazu diente, das Recht auf Bestellung eines Minderheitenvertreters zu unterlaufen. Diese Entscheidung bietet Anlass dafür, die Auswirkungen der Nichtigerklärung auf die in der folgenden Hauptversammlung beschlossene weitere Reduzierung von elf auf zehn Mitglieder zu untersuchen. Der folgende Aufsatz geht überdies der Frage nach, ob die zwischen dem ersten Hauptversammlungsbeschluss und dessen Nichtigerklärung gefassten Aufsichtsratsbeschlüsse wirksam sind. Im Anschluss an die Begründung der erstgerichtlichen Entscheidung werden überdies Überlegungen dazu angestellt, ob eine ihr Eigenkapital erhöhende Gesellschaft einer an ihr rückbeteiligten Inferentin nicht rückzahlbare Zuschüsse gewähren darf, um dieser die Teilnahme an der Kapitalerhöhung zu ermöglichen.



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Inhalt der Ausgabe
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S. 327 - 333, Aufsatz
Philipp H. Zumbo -
S. 334 - 339, Aufsatz
Florian Vidreis / Alexander KoschellDer Planungssicherheit und adäquaten Risikoerfassung sowie -berücksichtigung kommt verstärkt bei internationalen und hochvolumigen Unternehmenstransaktionen eine zentrale Rolle zu. Wie unvermittelt Ereignisse auftreten können, die die Erfolgsaussichten des Zielunternehmens signifikant verschlechtern und ursprünglich zugrunde gelegte betriebswirtschaftliche Bewertungsmodelle nicht mehr rechtfertigen, bewies nicht zuletzt die Covid-19-Pandemie. Vor diesem Hintergrund rücken vor allem sogenannte MAC-Klauseln („Material Adverse Changes“-Klauseln) stärker in den transaktionalen Fokus.
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S. 340 - 340, Judikatur
Eine allgemeine Erkundigungs- und Prüfpflicht der Bank besteht nicht für alle Fälle denkunmöglicher Einlagenrückgewähr, sondern nur dort, wo sich der Verdacht so weit aufdrängt, dass er nahezu einer Gewissheit gleichkommt.
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S. 341 - 344, Judikatur
Ein Rechtsanwalt, der für eine GmbH Gelder verwaltet, hat vor Auszahlungen, die wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr nichtig seien würden, konkret zu warnen und darf diese nicht vornehmen.
Konkret muss der Rechtsanwalt darauf hinweisen, dass
die gewünschte Auszahlung offenkundig unzulässig ist;
die Einbringlichkeit des Rückersatzanspruches gegen den Gesellschafter gegebenenfalls unsicher ist.
Der Rechtsanwalt darf sich nicht mit gänzlich unkonkreten oder unplausibeln Erklärungen begnügen. Vielmehr muss er die zahlenmäßige Entsprechung der gewünschten Auszahlung mit dem ihm dargelegten Rechtsgrund (zB: Geschäftsführerentgelt, Mietzins) zumindest annähernd einschätzen können.
Hat die Gesellschaft wirtschaftliche Probleme bzw ist sogar schon ein Insolvenzeröffnungsverfahren anhängig, muss der Anwalt
hinterfragen und sich vergewissern, ob die Gesellschafter nicht in Wahrheit Eigenkapital zuführen bzw auf ihre Forderungen gegen die Gesellschaft verzichten wollten;
im Fall der Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens hinterfragen, ob nicht bereits im Kreditgewährungszeitpunkt eine Krise iSd § 2 EKEG vorlag und die Kredite daher eigenkapitalersetzend waren und einer Rückzahlungssperre unterliegen.
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S. 345 - 349, Judikatur
Beim Zweikontenmodell wird auf dem Kapitalkonto I nur die Einlage, die den Kapitalanteil bildet, gebucht. Sonst werden keine weiteren Buchungen mehr vorgenommen. Davon gesondert werden auf dem Kapitalkonto II Gewinne, Verluste und Entnahmen gebucht.
Durch die strikte Einhaltung des Zweikontenmodells wird eine Verwässerung von Fremd- und Eigenkapital vermieden. Diesfalls stellt ein Guthaben des Gesellschafters auf dem Kapitalkonto II eine unmittelbare Geldforderung gegen die Gesellschaft dar.
Wird das Zweikontenmodell hingegen nicht eingehalten, bedarf die Entnahme eines Guthabens durch den Gesellschafter eines vorherigen Gesellschafterbeschlusses.
Vertragliche Abweichungen sind im Gesellschaftsvertrag oder auch konkludent möglich, worauf unter Umständen eine langjährige vom Gesetz abweichende Übung schließen lässt.
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S. 350 - 352, Judikatur
Ein Gesellschafterbeschluss nach § 35 Abs 1 Z 6 GmbHG ist für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung nicht erforderlich.
Der geschäftsführende Alleingesellschafter unterliegt gegenüber der Gesellschaft keinem Wettbewerbsverbot.
Hält der Alleingesellschafter-Geschäftsführer seinen Geschäftsanteil treuhändig für einen Dritten und hat er mit diesem ein Wettbewerbsverbot vereinbart, liegt eine Vertragsverletzung gegenüber dem Treugeber vor. Einen Verstoß gegen das vereinbarte Konkurrenzverbot kann aber nur der Treugeber, nicht die Gesellschaft geltend machen.
Eine verbotene Einlagenrückgewähr liegt bei der Umleitung einer Geschäftschance erst dann vor, wenn sich die Erwerbschance in einer Weise verdichtet hat, dass ein Dritter für ihre Überlassung ein Entgelt zahlen würde.
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S. 353 - 353, Judikatur
Die gesetzliche Pflicht des Geschäftsführers zur Anmeldung von Änderungen kann vertraglich nicht abbedungen werden.
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S. 354 - 354, Judikatur
Die Löschung einer Kapitalgesellschaft im Firmenbuch hat nur deklarative Wirkung.
Bis zum Beweis des Gegenteils ist die Vermögenslosigkeit einer im Firmenbuch gelöschten Kapitalgesellschaft gewöhnlich anzunehmen.
Ein Anspruch der Gesellschaft gegen einen Haftpflichtversicherer oder eine Deckungszusage des Haftpflichtversicherers stellt ein Vermögen iSd § 93 Abs 5 GmbHG dar.
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S. 355 - 356, Judikatur
Eine weiche Patronatserklärung kommt als Mittel zur Vermeidung der rechnerischen Überschuldung nicht in Betracht. Wenn sich in der Ertrags- und Finanzplanung bereits Liquiditätslücken abzeichnen, lässt sich eine positive Fortführungsprognose bei einer bereits in der Krise befindlichen Gesellschaft damit nur ausnahmsweise begründen.
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S. 357 - 359, Firmenbuch-Praxis
Wilhelm BirnbauerUm bei einer GmbH & Co KG im engeren Sinn Auseinandersetzungsguthaben an ausgeschiedene Gesellschafter auszahlen zu können, kann nach der Rsp ua eine ordentliche Kapitalherabsetzung unter analoger Anwendung der §§ 54 ff GmbHG vorgenommen werden, um nicht gegen das analog anzuwendende Verbot der Einlagenrückgewähr zu verstoßen (vgl OGH 21.11.2017, 6 Ob 161/17w; OGH 18.02.2021, 6 Ob 207/20i). In der Firmenbuchpraxis stellt sich die Frage, ob im Rahmen dieses Verfahrens auch die „beabsichtigte Löschung“ von Kommanditisten in das Firmenbuch einzutragen ist, oder ob die Veröffentlichung eines Gläubigeraufrufes (§ 55 Abs 2 GmbHG) ausreichend ist.
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S. 360 - 375, Angrenzendes Steuerrecht
Sebastian KolmerIm Zuge des COVID-19-Steuermaßnahmengesetzes wurde die auf der „Anti-Tax-Avoidance-Directive“ (ATAD) basierende Zinsschranke in § 12a KStG eingeführt. Die Bestimmung des § 12a KStG ist mit 01.01.2021 in Kraft getreten und entfaltet ihre Wirkung auf alle Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2020 enden. Der Zinsüberhang der vom persönlichen Anwendungsbereich der Zinsschranke erfassten juristischen Personen kann nach Anwendung des § 12a KStG lediglich bis 30 % des steuerlichen EBITDA als Betriebsausgabe geltend gemacht werden. Im nachfolgenden Teil 1 des Beitrags sollen die internationalen und unionsrechtlichen Grundlagen der Zinsschranke analysiert werden. Teil 2 des Beitrags wird sich mit der Umsetzung der Zinsschranke in Österreich auseinandersetzen.