OGH 3 Ob 58/23k beschaftigt sich erneut mit der Haftung des Abschlussprufers gegenuber einem Vertragspartner der gepruften Gesellschaft (sog „Dritthaftung“). Der OGH bestatigt seine gefestigte Vorjudikatur, nach der sich die Dritthaftung auf einen (Prufungs-) Vertrag mit Schutzwirkungen zu Gunsten Dritter grundet und die Haftungshochstsumme (s § 275 Abs 2 UGB; § 62a BWG) fur alle Geschadigten nur einmal gilt. Zum ersten Mal spricht der OGH aus, dass bei der Verteilung dieser Haftungshochstsumme die geprufte Gesellschaft Vorrang gegenuber geschadigten Dritten geniest.
Heft 7, Juli 2024, Band 72
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Inhalt der Ausgabe
S. 472 - 485, Abhandlung
Vorrang der geprüften Gesellschaft bei der Abschlussprüferdritthaftung?
S. 486 - 501, Berichte und Analysen
EU-Taxonomie
Der „Europäische Grüne Deal“ zielt auf die Schaffung einer klimaneutralen Wirtschaft bzw Gesellschaft bis zum Jahr 2050 ab. Dabei stellt die EU-Taxonomie einen zentralen Bestandteil der Bemühungen der EU dar, nachhaltiges Wachstum zu fördern, Kapitalströme in umweltfreundliche Investitionen umzulenken und Greenwashing zu verhindern. Unter anderem erfordern die OffenlegungsVO sowie die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), dass Unternehmen über taxonomiekonforme Aktivitäten berichten. Allerdings birgt die Umsetzung der Maßnahmen Herausforderungen, vor allem in Bezug auf Komplexität und Bürokratie. Der folgende Beitrag gibt eine Bestandsaufnahme zum aktuellen Status der praktischen Gegebenheiten.
S. 502 - 508, Berichte und Analysen
Umsetzung der Verbandsklagen-Richtlinie
Viel zu spät und nach Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens ist nun der Entwurf der Umsetzung der Verbandsklagen-RL erschienen. In den rund 40 Stellungnahmen finden sich nicht nur zahlreiche Verbesserungsvorschläge, sondern auch umfassende Kritik am Entwurf – und dies in beide Richtungen: Es wird auf der einen Seite die Umsetzung als zu umfassend und weitreichend, sogar als „gold-plating“ kritisiert und auf der anderen Seite wird sie als zu lasch und wenig verbraucherfreundlich beurteilt. Aber auch die zivilprozessualen Regelungen kritisieren die Gerichte als nicht zu den bestehenden Regelungen passend und wenig praktikabel.
S. 509 - 510, Berichte und Analysen
Was ist eigentlich ... 360° Kommunikation?
S. 511 - 516, Rechtsprechung des OGH
Vorrang von Ansprüchen der Gesellschaft gegen den Abschlussprüfer.
§ 62a BWG; § 69 IO; § 275 UGB. Der geprüften Gesellschaft kommt bei Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Abschlussprüfer der Vorrang gegenüber den Schadenersatzansprüchen von Drittgläubigern zu. Wenn für Ansprüche mehrerer zu einer Gläubigergruppe gehörender Dritter (der Drittgläubiger) das Prinzip zeitlicher Priorität gilt, spricht schon dies gegen eine quotenmäßige Befriedigung im Verhältnis zwischen Drittgläubigern und der geprüften Gesellschaft. Dabei ist zudem zu berücksichtigen, dass § 275 Abs 2 UGB (und daher auch § 62a BWG) primär als Haftungsnorm zu Gunsten der geprüften Gesellschaft konzipiert ist. Daraus und aus dem primären Zweck der Abschlussprüfung, die Gesellschaft zu schützen, ist bei fahrlässiger Schädigung durch den Abschlussprüfer ein Anspruch der geprüften Gesellschaft auf vorrangige Befriedigung ihrer Forderungen aus dem begrenzten Haftungsfonds vor jenen der Drittgläubiger abzuleiten.
S. 516 - 519, Rechtsprechung des OGH
Zum Stimmrecht des Masseverwalters eines GmbH-Gesellschafters.
§ 2 IO, § 35 GmbHG. Im Konkurs eines Gesellschafters wird dessen Stimmrecht in der GmbH durch den Masseverwalter nur soweit ausgeübt, als es sich bei der Beschlussfassung um die Masse betreffende Angelegenheiten handelt. Die Bestellung oder Abberufung eines Geschäftsführers gehört grundsätzlich nicht zu den die Konkursmasse im Konkurs des Gesellschafters betreffenden Rechtshandlungen. Das Stimmrecht ist folglich nicht vom Masseverwalter, sondern weiterhin vom Schuldner auszuüben.
S. 519 - 524, Rechtsprechung des OGH
Zur Anfechtung gegen Ehefrau eines faktischen GmbH-Geschäftsführers.
§§ 32, 39, 123b, 139 IO. Der faktische hat gleich dem rechtlichen Geschäftsführer „Insiderstellung“, maW eine „besondere Informationsmöglichkeit“ über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners. Dies rechtfertigt, auch ihn als „Mitglied des Leitungsorgans“ iSd § 32 Abs 2 Z 1 IO zu qualifizieren. Nach § 32 Abs 2 letzter Satz IO sind auch die in § 32 Abs 1 IO aufgezählten nahen Angehörigen - hierunter die Ehegatten - der zuvor in § 32 Abs 2 IO genannten Personen nahe Angehörige. Als Ehegattin (§ 32 Abs 1 IO) eines faktischen Geschäftsführers und damit Mitglied des Leitungsorgans der Schuldnerin (§ 32 Abs 2 Z 1 IO) ist die Ehegattin daher selbst nahe Angehörige der Schuldnerin.
S. 524 - 526, Rechtsprechung des OGH
Zahlungen an einen Geschäftsunfähigen.
§§ 331, 877, 1424 ABGB. Wird Bereicherung eines Geschäftsunfähigen auf Grund eines mit ihm abgeschlossenen, aber ungültigen Geschäftes geltend gemacht, hat der Kläger den Eintritt der Bereicherung, der Beklagte aber zu beweisen, dass diese weggefallen sei, weil das Gut nicht mehr in seinen Händen ist oder nicht zu seinem Vorteil verwendet wurde. Nach der Rsp verbietet es jedoch die Schwierigkeit, die Erfüllung negativer Tatbestandsvoraussetzungen nachzuweisen, vom Geschäftsunfähigen bei der Geltendmachung eines Anspruchs nach § 1424 S 2 ABGB den strikten Nachweis zu fordern, was vom Empfangenen nicht zu seinem Nutzen verwendet wurde. Es genügt die Widerlegung jener Umstände, die für die Erzielung eines Nutzens iSd § 1424 Satz 2 ABGB sprechen.
Würde bereits die bloße Abhebung des Geldbetrags vom Konto des Geschäftsunfähigen eine Rückforderung unter Berücksichtigung der erwähnten Beweiserleichterung regelmäßig ausschließen, käme es faktisch zu der von der Rsp nicht gewünschten Beweislastumkehr zu Lasten des Kondiktionsgläubigers.
S. 526 - 528, Rechtsprechung des OGH
§ 92 ZPO: Ausländischer Rechtsträger mit inländischer Zweigstelle.
§ 92 ZPO. Die in § 92 Abs 1 ZPO vorgesehene Zustellung der Klage durch Aufnahme einer Mitteilung in die Ediktsdatei an einen ausländischen Rechtsträger, der seine Geschäftstätigkeit in Österreich durch eine Zweigniederlassung entfaltet, setzt jedenfalls voraus, dass die Zustellung weder an der im Firmenbuch eingetragenen (inländischen) Geschäftsanschrift der Zweigniederlassung noch an der aus dem Firmenbuch ersichtlichen (ausländischen) Anschrift des Rechtsträgers bewirkt werden konnte.
S. 528 - 530, Rechtsprechung des OGH
Berichtigung eines Vollzugsfehlers im Grundbuch gegen den Willen eines Rechteerwerbers.
§ 104 GBG. Eine Berichtigung iSd § 104 Abs 3 GBG setzt voraus, dass der Vollzugsfehler entweder keinerlei Rechtsfolgen nach sich gezogen hat oder aber ein nachträglicher Rechtserwerb vorliegt, bei dem Vertrauensschutz nicht rechtsbegründend wirkte. Die Erschwerung der Berichtigung eines Fehlers, der „irgendeine Rechtsfolge nach sich gezogen hat“, bezieht sich folglich nur auf den Fall, dass die Berichtigung mit einem mittlerweile eingetretenen Rechtserwerb kraft Vertrauens auf die Richtigkeit und Vollständigkeit des Grundbuchs kollidieren würde. Ob Vertrauensschutz besteht, kann grundsätzlich nicht vom Grundbuchgericht, sondern nur im streitigen Rechtsweg geklärt werden.
S. 530 - 531, Rechtsprechung des OGH
Zur Exekution auf Vermögensrechte (Rechte aus Schenkungswiderruf).
§ 326 EO. Für die Tauglichkeit eines Rechts als Exekutionsobjekt iSd §§ 326 ff EO genügt deren mittelbare Verwertbarkeit. Das Recht muss daher nicht selbst verwertbar sein, sondern es genügt, dass dessen Ausübung den Zugriff auf verwertbares Vermögen ermöglicht. Taugliches Exekutionsobjekt sind daher auch Ansprüche auf Feststellung der Nichtigkeit eines Schenkungsvertrags betreffend bestimmte mit Wohnungseigentum verbundene Liegenschaftsanteile sowie auf Löschung der aufgrund dieses Schenkungsvertrags erfolgten bücherlichen Eintragungen.
S. 531 - 534, Entscheidungen des EuGH
Art 16 Abs 1 Verbraucherkredit-RL ist dahingehend auszulegen, dass ein Verbraucher das Recht hat, vom Kreditgeber eine Kopie des Kreditvertrags sowie sämtliche Informationen zu verlangen, die nicht im Vertrag selbst enthalten s...
Vorlage zur Vorabentscheidung - Verbraucherschutz - Verbraucherkreditverträge - Richtlinie 2008/48/EG - Art 16 Abs 1 - Vertragliche Rechte und Pflichten - Vorzeitige Rückzahlung - Ermäßigung der Gesamtkosten des Verbraucherkredits - Verlust einer Ausfertigung des Vertrags - Recht, vom Kreditgeber eine Zweitausfertigung des Vertrags zu erhalten;
Art 16 Abs 1 der RL 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der RL 87/102/EWG des Rates ist dahin auszulegen, dass ein Verbraucher iSv Art 3 Buchst a dieser RL vom Kreditgeber eine Ausfertigung dieses Vertrags sowie alle Informationen zur Rückzahlung des Kredits fordern kann, die nicht im Vertrag selbst enthalten sind, aber unentbehrlich sind, um zum einen die Berechnung des Betrags zu überprüfen, den der Kreditgeber aufgrund der Ermäßigung der Gesamtkosten des Kredits schuldet, die sich aus seiner vorzeitigen Rückzahlung ergibt, und zum anderen, um es diesem Verbraucher zu ermöglichen, eventuell eine Klage auf Rückzahlung dieses Betrags zu erheben.
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