In der Rsp des OGH kann man eine Tendenz beobachten, das Beschlussmängelrecht der GmbH für Stimmbindungsvereinbarungen zu öffnen. Das Schrifttum hebt die wertvollen Verdienste hervor, die Syndikatsverträge bei der Ergänzung von Satzungen leisten. – Das Anliegen des nachstehenden Beitrages ist es, diesen Entwicklungen entgegenzutreten.
- ISSN Online: 1864-3434
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Inhalt der Ausgabe
Gutscheine erfreuen sich bei Unternehmern als Absatz- und Marketingform und bei Konsumenten insbesondere als Geschenkmöglichkeit großer Beliebtheit. Je nach Ausgestaltung können Leistungsgutscheine oder Wertgutscheine vorliegen.
Diesmal: Neue Entscheidungen der Kommission in Anwendung von DMA und DSA, Abgrenzung des DMA gegenüber dem Missbrauchsverbot des Art 102 AEUV und zu Strafzöllen auf E-Autos mit Ursprung in China sowie zwei EuGH-Urteile zum Schutzstatus des Wolfs und der Zulässigkeit von Abschüssen und Bejagung.
S. 524 - 527, Rechtsprechung
Vergaberecht: Zum Schadenersatz bei rechtswidrigem Ausschluss vom Vergabeverfahren
Art 2 Abs 1 lit c der RL 89/665/EWG in der durch die RL 2007/66/EG des EP und des Rates vom 11. Dezember 2007 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung oder Praxis entgegensteht, nach der es grundsätzlich ausgeschlossen ist, dass ein aufgrund einer rechtswidrigen Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers von einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags ausgeschlossener Bieter für den Schaden entschädigt wird, der ihm durch den Verlust der Chance entstanden ist, an diesem Verfahren teilzunehmen, um den betreffenden Auftrag zu erhalten.
S. 527 - 527, Rechtsprechung
Kartellrecht: Verzinsung von nachträglich rechtsgrundlos eingehobenen Geldbußen
Aus Art 266 Abs 1 AEUV ergibt sich, dass, wenn eine mit einem Beschluss der Kommission wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln verhängte Geldbuße durch ein Unionsgericht mit Ex-tunc-Wirkung für nichtig erklärt oder herabgesetzt wird, die Kommission verpflichtet ist, die vorläufig gezahlte Geldbuße ganz oder teilweise zuzüglich Zinsen für den Zeitraum von der vorläufigen Zahlung dieser Geldbuße bis zu ihrer Rückzahlung zurückzuerstatten.
Die Pflicht, rechtsgrundlos vereinnahmte Geldbeträge zuzüglich Zinsen zurückzuerstatten, gilt nicht nur für die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, sondern auch für die Behörden der MS.
Art 4 Abs 1 lit b und c der VO (EU) Nr 1307/2013 ist iVm ihrem Art 33 Abs 1 dahin auszulegen, dass er dem nicht entgegensteht, dass ein Betriebsinhaber Direktzahlungen iS von Art 1 lit a dieser VO für eine ihm gehörende Fläche erhält und diese Fläche als von ihm „verwalteter Betrieb“ und als ihm „zur Verfügung stehend“ eingestuft wird, wenn zum einen die Parzellen, aus denen sich diese Fläche zusammensetzt, gegen ein fixes Entgelt an vom Betriebsinhaber ausgewählte Nutzer zur Pflege und Ernte übergeben werden und zum anderen der Betriebsinhaber, ohne Anspruch auf den Ertrag der Fläche zu haben, die initiale Bodenbearbeitung, den Anbau, die laufende Bewässerung und, falls die Nutzer abwesend sind, sogar die Pflege der Parzellen übernimmt.
Art 9 Abs 1 lit a der RL 2003/88/EG ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, wonach bei einem Verstoß des Arbeitgebers gegen die nationalen Bestimmungen, mit denen diese unionsrechtliche Vorschrift umgesetzt wird und nach denen der Gesundheitszustand von Nachtarbeitern vor Aufnahme der Arbeit und dann regelmäßig unentgeltlich untersucht wird, der Anspruch des Nachtarbeiters auf eine Entschädigung wegen dieses Verstoßes voraussetzt, dass er den ihm daraus entstandenen Schaden nachweist.
Art 3 Abs 1 der RL 2001/29/EG ist dahin auszulegen, dass es unter den Begriff „öffentliche Wiedergabe“ in dieser Bestimmung fällt, wenn der Betreiber eines Hauses mit Mietapartments mit Absicht mit einer Zimmerantenne ausgestattete Fernsehgeräte, die ohne weiteres Tätigwerden Signale empfangen und die Übertragung von Sendungen ermöglichen, zur Verfügung stellt, sofern die Mieter dieser Apartments als „neues Publikum“ angesehen werden können.
Arbeitnehmer haben einmal monatlich einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf Übermittlung ihrer Arbeitszeitenaufzeichnungen, wenn sie diese nachweislich verlangen. Der Anspruch besteht nicht für Zeiträume, für die infolge Verjährung oder Verfall keine Ansprüche auf Entgelt mehr geltend gemacht werden können.
Die Erklärung eines Arbeitnehmers, eine Wiedereinstellungszusage nicht in Anspruch zu nehmen, lässt die Ansprüche aus der damit erfolgten Beendigung des Arbeitsverhältnisses unberührt.
Wird der Betrieb des früheren Arbeitgebers übernommen und ein neues Arbeitsverhältnis mit dem Erwerber abgeschlossen, ist diese Neubegründung nur wirksam, wenn dies für den Arbeitnehmer günstiger ist als der Übergang des früheren Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber des Betriebs. Hat der Arbeitnehmer bereits den höchstmöglichen Anspruch auf Abfertigung (alt) gegen den früheren Arbeitgeber erreicht, ist die Neubegründung für den Arbeitnehmer günstiger als der gesetzlich vorgesehene Übergang auf den Erwerber.
Es liegt ein personenbezogener Kündigungsgrund vor, wenn ein Außendienstmitarbeiter den Arbeitgeber über seine Arbeitszeit täuscht.
Ein Austrittsgrund wegen Gefährdung der Gesundheit durch Fortsetzung der Dienstleistung liegt erst vor, wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitliche Beeinträchtigung über 26 Wochen (§ 139 Abs 1 ASVG) andauern und den Arbeitnehmer an der Leistung der vereinbarten Tätigkeit hindern wird.
Eine Verbesserungszusage oder ein durchgeführter Verbesserungsversuch bedeuten in der Regel einen schlüssigen Verzicht des Verkäufers auf die Geltendmachung der Verspätung der Mängelrüge. Ein schlüssiger Verzicht muss vom insoweit beweisbelasteten Käufer in erster Instanz durch entsprechendes Tatsachenvorbringen geltend gemacht werden.
Die zum Zeitpunkt der Übergabe bloß befürchtete mangelnde Rechtsbeständigkeit der EG-Typengenehmigung, also die bloß befürchtete, aber nicht konkret drohende Aufhebung der Zulassung, ist kein Rechtsmangel.
Das Wissen des Schuldners als Treugeber über seine eigene Benachteiligungsabsicht ist der zum Zwecke der Treuhand eigens gegründete GmbH bzw deren Geschäftsführern zuzurechnen.
Ein „faktischer Geschäftsführer“ leitet das Unternehmen oder nimmt zumindest maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung ohne wirksam zum Geschäftsführer bestellt worden zu sein. Es kommt nicht entscheidend darauf an, ob es sich um einen Angestellten, Gesellschafter, Angehörigen oder Außenstehenden handelt.
Der faktische Geschäftsführer hat gleich dem rechtlichen eine „Insiderstellung“. Ihm kommt damit eine „besondere Informationsmöglichkeit“ über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners zu. Er ist daher ebenso als „Mitglied des Leitungsorgans“ iSd § 32 Abs 2 Z 1 IO zu qualifizieren und stehen damit Anfechtungsansprüche offen.
S. 542 - 543, Rechtsprechung
Verschmelzende Umwandlung; Schadenersatz wegen „Verlust“ der Geschäftsanteile; Verjährung; einheitlicher Schaden
Der drohenden Verjährung des Ersatzanspruchs für Folgeschäden ist mit einer Feststellungsklage innerhalb der Verjährungsfrist zu begegnen.
Die Anwendung der 30-jährigen Verjährungsfrist des § 1489 Satz 2 ABGB bedarf der Behauptung und des Beweises einer oder mehrerer gerichtlich strafbarer Handlungen. Die Tatbestandsvoraussetzungen sind im strafrechtlichen Sinn zu verstehen, daher muss auch die subjektive Tatseite verwirklicht sein.
Bei Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Abschlussprüfer kommt der geprüften Gesellschaft der Vorrang gegenüber den Schadenersatzansprüchen von Drittgläubigern zu.
Beim Anspruch auf vorrangige Befriedigung der geprüften Gesellschaft handelt es sich um einen anspruchsvernichtenden Einwand, der spätestens mit der Zahlung an die geprüfte Gesellschaft entsteht.
Für eine Haftung des Abschlussprüfers reicht es noch nicht aus, dass der Schaden nur deshalb entstanden ist, weil die vom Bekl geprüfte Gesellschaft wegen des allfällig fehlerhaften Bestätigungsvermerks noch Jahre weiterexistieren konnte, wodurch ein Investment des Kl (überhaupt erst) möglich war.
S. 544 - 545, Rechtsprechung
Treuwidrige Stimmabgabe; Zustimmungspflicht zur Ausübung des Fragerechts in Tochtergesellschaft
Die Annahme einer sich aus den Treuepflichten gegenüber der Gesellschaft ergebenden Zustimmungsverpflichtung ist regelmäßig nur ultima ratio. Dabei muss der Beschluss im Interesse der Gesellschaft unbedingt notwendig und dem widerstrebenden Gesellschafter auch zumutbar sein.
Bei der Verletzung eines Schutzgesetzes iSd § 1311 ABGB ist kein strenger Beweis des Kausalzusammenhangs zwischen der Schutzgesetzverletzung und dem eingetretenen Schaden erforderlich. Gelingt es der beweisbelasteten Partei trotz des herabgesetzten Beweismaßes nicht, die gewünschte Feststellung zu erreichen, so muss eine entsprechende Negativfeststellung zu ihren Lasten gehen.
§ 168b StGB und § 1 KartG (die daran anknüpfenden kartellrechtlichen Sanktionen) adressieren unterschiedliche Aspekte desselben „sozialen Problems“ („different aspects of the social misconduct“), nämlich § 168b StGB die durch eine Submissionsabsprache zumindest potenziell gefährdeten Vermögensinteressen des Auftraggebers im Vergabeverfahren und das KartG die durch eine solche Absprache gefährdete Wettbewerbsordnung.
Die diversionelle Erledigung des Strafverfahrens und die Feststellung nach § 28 KartG bilden komplementäre Sanktionen.
S. 551 - 556, Rechtsprechung
Absprache bei Vergabeverfahren; relevanter Jahresumsatz für die kartellrechtliche Geldbußenhöchstgrenze
Ob ein öffentlicher Auftraggeber einen Bieterwettbewerb herbeiführen muss, hängt vom konkret anzuwendenden Vergabeverfahren ab. Liegen die Voraussetzungen für eine Direktvergabe vor, kann eine Leistung zwar formfrei von einem ausgewählten geeigneten Unternehmer bezogen werden (§ 31 Abs 11 BVergG 2018). Eine Pflicht zur Herbeiführung eines (Bieter-)Wettbewerb besteht in diesem Fall nicht. Auch ohne einen solchen (vergaberechtlichen) Bieterwettbewerb darf das Angebot eines einzelnen Anbieters aber nicht auf einer nach § 1 KartG verpönten Vereinbarung (oder abgestimmten Verhaltensweise) beruhen. Der Auftraggeber kann nämlich nicht auf die Einhaltung des durch diese Bestimmung geschützten Wettbewerbs durch den Anbieter verzichten, sondern nur auf die Einholung von Vergleichsangeboten. Dies ergibt sich neben dem primär im Allgemeininteresse an einem funktionierenden Markt gelegenen Schutzzweck des Kartellverbots auch daraus, dass bei bezweckten Wettbewerbsbeschränkungen keine Umsetzungs- oder Durchführungshandlungen erforderlich sind.
Für die Bemessung der Höchstgrenze der Geldbuße ist auf das letzte normale Geschäftsjahr des gegen das Kartellverbot verstoßenden Unternehmers abzustellen.
Die von der österreichischen Rsp entwickelten Grundsätze, wonach ein aufklärender Hinweis eine bereits durch Blickfangelemente hervorgerufene Irreführung nicht verhindern kann, stehen nach wie vor im Einklang mit der Judikatur des EuGH.
Nach der Rsp des VfGH garantiert keine verfassungsrechtliche Bestimmung Parteirechte in einem Verfahren überhaupt oder in einem bestimmten Umfang (zB VfSlg 15.274/1998, 15.581/1999, 16.103/2001). Damit ist die Zuerkennung von Parteirechten freilich nicht in das Belieben des Gesetzgebers gestellt. Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ist verfassungsrechtlich insbesondere dadurch begrenzt, dass das die Parteirechte bestimmende Gesetz dem Gleichheitsgrundsatz unterliegt (VfSlg 11.934/1988, 12.240/1989, 14.512/1996 mwN, 19.617/2012; VfGH 6.3.2018, G129/2017; VfSlg 20.362/2020).
Gem § 48 Abs 1 Z 2 EisbG hat die (Eisenbahn-)Behörde auf Antrag eines berechtigten Eisenbahnunternehmens, eines Trägers der Straßenbaulast oder von Amts wegen die Auflassung eines Eisenbahnübergangs anzuordnen. Welchen Personen Parteistellung im Verfahren über die Anordnung der Auflassung einer Eisenbahnkreuzung gem § 48 Abs 1 Z 2 EisbG zukommt, ist nicht ausdrücklich geregelt. Nach der Rsp des VwGH haben in einem solchen Verfahren in jedem Fall das Eisenbahnunternehmen und der Träger der Straßenbaulast Parteistellung (VwGH 18.2.2015, 2013/03/0156).
Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass auch anderen Personen Parteistellung im Auflassungsverfahren nach § 48 Abs 1 Z 2 EisbG zukommt. Dies setzt allerdings voraus, dass diese Personen durch die Umgestaltung des Wegenetzes oder sonstige Ersatzmaßnahmen im Zusammenhang mit der Auflassung einer Eisenbahnkreuzung unmittelbar betroffen sind. Dies ist dann der Fall, wenn die von der Eisenbahnbehörde vorgesehenen Maßnahmen unmittelbar das Grundstückseigentum betreffen, indem etwa eine Enteignung von Grundstücksflächen oder eine unmittelbare Eigentumsbeschränkung vorgenommen wird. Eine bloß indirekte Auswirkung der Auflassung einer Eisenbahnkreuzung und die in diesem Zusammenhang angeordnete Umgestaltung des Wegenetzes oder sonstiger Ersatzmaßnahmen auf Personen (zB eine schlechtere Erreichbarkeit eines Grundstückes) begründen hingegen keinen Eingriff in subjektive Rechte und daher auch keine Parteistellung.
§ 48 Abs 1 Z 2 EisbG muss daher so ausgelegt werden, dass zunächst das betroffene Eisenbahnunternehmen und der betroffene Träger der Straßenbaulast sämtliche Voraussetzungen für die Auflassung der Eisenbahnkreuzung als subjektive Rechte geltend machen können. Darüber hinaus kommt auch jenen Personen Parteistellung im Verfahren über die Auflassung einer Eisenbahnkreuzung zu, welche durch die Auflassung der Eisenbahnkreuzung unmittelbar in ihrem Eigentum betroffen sind.
S. 560 - 560, Rechtsprechung
Zuständigkeit zur datenschutzrechtlichen Überprüfung einer Investorenwarnung
Gem § 92 Abs 11 erster Satz WAG 2018 kann die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) durch Kundmachung im Internet oder in einer Zeitung mit Verbreitung im gesamten Bundesgebiet die Öffentlichkeit informieren, dass eine namentlich genannte natürliche oder juristische Person zur Vornahme bestimmter Wertpapierdienstleistungsgeschäfte (§ 3 Abs 2 Z 1 bis 5 WAG 2018) nicht berechtigt ist, sofern diese Person dazu Anlass gegeben hat und eine Information der Öffentlichkeit erforderlich und im Hinblick auf mögliche Nachteile des Betroffenen verhältnismäßig ist.
Nach § 92 Abs 11 vierter Satz WAG 2018 kann der von der Veröffentlichung Betroffene eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Veröffentlichung in einem bescheidmäßig zu erledigenden Verfahren bei der FMA beantragen. Dieser Rechtschutzweg ist die Folge des Erkenntnisses VfSlg 18.747/2009, dessen Erwägungen auf den Beschwerdefall sinngemäß zu übertragen sind.
Im administrativen (Rechtsschutz-)Verfahren vor der FMA nach § 92 Abs 11 vierter Satz WAG 2018 ist folglich zu prüfen, ob die Veröffentlichung („Investorenwarnung“) gegen jegliche Vorschriften, sohin auch gegen das Grundrecht auf Datenschutz gem § 1 DSG verstößt. Sollte eine Verletzung unter anderem des Grundrechtes auf Geheimhaltung personenbezogener Daten einer natürlichen oder juristischen Person vorliegen, wäre die FMA gehalten, im Hinblick auf § 1 Abs 3 DSG die Veröffentlichung richtigzustellen oder zu widerrufen oder aus dem Internetauftritt zu entfernen.
Für die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit einer Investorenwarnung ist demnach ausschließlich die FMA zuständig. Für eine darüberhinausgehende Zuständigkeit der Datenschutzbehörde bei der Kontrolle von Investorenwarnungen verbleibt kein Raum.
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