Der österreichische Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte („ÖRV“) schafft die vertragliche Grundlage für inländische OTC-Derivate. Der primäre Vertragszweck hängt eng mit der insolvenz- und aufsichtsrechtlichen Anerkennung des „Liquidationsnetting“ („Close-out-Netting“) zusammen (§§ 20 Abs 4, 25b Abs 2 IO; Art 295-298 CRR). Dieser Vertragszweck muss auf das vertrauenstheoretische Verständnis der einzelnen Klauseln des ÖRV zurückwirken. Der Beitrag weist nach, dass der ÖRV keine Ausstiegsklausel („walk-away“-Klausel) enthält, die bei Vertragsende eine exklusive Anspruchsberechtigung der erfüllenden, solventen oder nicht in Liquidation befindlichen Partei vorsehen würde.
Heft 9, September 2024, Band 72
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Inhalt der Ausgabe
S. 615 - 615, Börseblick
Aktien im Spannungsfeld zwischen Berichtssaison, Zinserwartungen und Politik
S. 626 - 635, Abhandlung
Interne Kontrollsysteme (IKS) in österreichischen Banken
Die Rolle von ESG im IKS von Banken zielt auf eine ganzheitliche Identifikation, Bewertung und Mitigation von Risiken ab. Die Komplexität der ESG-Faktoren erfordert eine sorgfältige Abstimmung und ein tiefes Verständnis der beteiligten Stakeholder. In einer österreichweiten Studie wurden dazu 55 Experten aus Banken, Aufsicht, Prüfung und Beratung interviewt. Der Beitrag untersucht regulatorische Entwicklungen zur ESG-Integration ins IKS österreichischer Banken, beleuchtet Herausforderungen und zeigt praxisrelevante Faktoren auf, die die Integration von ESG-Aspekten ins IKS basierend auf Expertensicht begünstigen und beschleunigen können.
S. 636 - 641, Berichte und Analysen
Die diskretionären Eigenmittelkomponenten am Beispiel der national systemrelevanten österreichischen Banken – Update 2024
Höhe, Zusammensetzung und Qualität der von Banken zu haltenden regulatorischen Eigenmittel beruhen auf mehreren Komponenten, die in „automatische“, d.h. regelgebundene, und „diskretionäre“, d.h. einzelfallbezogene und bankspezifische Komponenten unterteilt werden können.
Aufbauend auf dem Beitrag in ÖBA 5/2023 wird in diesem Update die Veränderung der diskretionären Komponenten (Systemrisikopuffer, Puffer für national systemrelevante Banken und SREP-Zuschlag) für das Jahr 2024 (im Vergleich mit den Daten der Jahre 2021 bis 2023) analysiert.
Der Entwicklung der bankaufsichtlichen Komponenten wird die Entwicklung der Spreads für Credit Default Swaps der national relevanten Banken mit CDS-Notierung gegenübergestellt. So wie Veränderungen der diskretionären Komponenten Rückschlüsse auf veränderte Einschätzungen des Risikos und der Resilienz von Banken seitens der Bankenaufsicht zulassen, so zeigen die CDS-Spreads die implizite Risikoeinschätzung des Marktes an. Die festgestellte allgemeine Erhöhung der diskretionären Komponenten seitens der Bankenaufsicht (mit Ausnahme des SREP-Zuschlags der Volksbank Wien) kontrastiert mit der Entwicklung der CDS-Spreads, die - nach einem starken Anstieg im Zeitraum Anfang 2022 bis Frühjahr 2023 - bei drei von vier Banken wieder zu einem niedrigen Niveau (etwa entsprechend dem Niveau von Sommer 2021) zurückgekehrt sind. Nur der CDS-Spread der RBI verharrt weiterhin auf dem hohen Niveau von 2022. Insofern scheint die implizite Einschätzung von Risikopotenzial und Resilienz durch Bankenaufsicht und CDS-Markt bei diesen drei Banken zu divergieren.
Die Gewinnprognosen für globale Aktien sind für 2024 und 2025 positiv. Das globale Gewinnwachstum wird heuer +6,1% (J/J) betragen und im nächsten Jahr auf +12,7% (J/J) ansteigen. Die Sektoren, die heuer den größten Beitrag zum Gewinnwachstum leisten, sind Technologie, Finanzen, Gesundheit und der zyklische Konsum.
Die Konsensus-Prognosen für das Gewinnwachstum globaler Aktien sind für 2025 aufwärts gerichtet. Der Aufwärtstrend des globalen Aktienmarktindex wird daher weiter andauern. Die Aussicht auf die Einleitung eines neuen Zinssenkungszyklus durch die Fed ab September 2024 unterstützt ebenfalls die positive Entwicklung der Aktienmärkte. Wie bereits in den vergangenen Jahren unterstützt die ungebrochene Nachfrage der globalen Notenbanken nach Gold eine steigende Goldpreisentwicklung, ebenso die Abschwächung des globalen Wirtschaftswachstums und die anhaltend hohe geopolitische Unsicherheit.
S. 649 - 650, Berichte und Analysen
Was sind eigentlich ... Geldbörsen & Wallets?
S. 651 - 655, Rechtsprechung des OGH
Zur Haftung des Abschlussprüfers bei der Bewertung immaterieller Vermögenswerte.
§ 1299 ABGB. Ein Abschlussprüfer als Sachverständiger iSd § 1299 ABGB, der sein Gutachten erkennbar auf das Fachwissen eines anderen (spezialisierten) Sachverständigen stützt, haftet für diesen regelmäßig nicht. Diese rechtliche Wertung ist grds unabhängig von der Frage, welche Art von Sacheinlage durch den Abschlussprüfer geprüft wird und kann daher auch für immaterielle Gegenstände des Anlagevermögens wie Marken herangezogen werden. Dementsprechend ist der Abschlussprüfer (nur) zu einer Plausibilitätsprüfung verpflichtet, die etwa dann erfüllt wird, wenn mehrfach Ergänzungen vom Vorstand und dem Controller sowie dem zur Bewertung beigezogenen Unternehmen iSd ISA 500, 540 verlangt werden, diese intern mit Hilfe verschiedener Experten und Ansätze hinterfragt werden, und auch eine Einschätzung des Aufsichtsratsvorsitzenden eingeholt wird.
S. 655 - 659, Rechtsprechung des OGH
Grenzüberschreitender Wertpapierkauf: Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens zu Art 6 Rom I-VO.
Art 3 Klausel-RL; Art 6, 3 Rom I-VO; § 57 WAG 2018. Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens zu Art 6 Rom I-VO
I. Dem EuGH werden gem Art 267 AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Sind die Rechtsfolgen von Aufträgen zum Erwerb von Finanzprodukten, die ein im Staat A (hier Italien) ansässiger Verbraucher aufgrund einer ständigen Geschäftsbeziehung einer im Staat B (hier Österreich) ansässigen Bank erteilt, nach dem Recht zu beurteilen, das sich aus Art 6 der VO (EG) Nr 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.6.2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I VO) ergibt, wenn die Voraussetzungen für die Anwendung von Art 6 Rom I VO zwar bei Erteilen der einzelnen Aufträge, nicht aber schon bei Aufnahme der Geschäftsbeziehung gegeben waren und die Parteien zu diesem Zeitpunkt für die gesamte Geschäftsbeziehung nach Art 3 Rom I VO das Recht des Staates B gewählt hatten?
2. Falls Frage 1 bejaht wird: Ist die Ausnahme des Art 6 Abs 4 lit a Rom I VO anwendbar, wenn eine Bank auf Grundlage eines Vertrags Konten für einen in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Verbraucher eröffnet und iwF aufgrund von Aufträgen des Verbrauchers für diesen Finanzprodukte erwirbt, die den Konten zugeschrieben werden, wobei der Verbraucher die Aufträge (auch) im Weg der Fernkommunikation erteilen kann?
3. Falls Frage 1 bejaht und Frage 2 verneint wird:
Ist eine vor Eintreten der Voraussetzungen für die Anwendung von Art 6 Rom I VO getroffene Rechtswahl nach Eintreten dieser Voraussetzungen als missbräuchlich iSv Art 3 Abs 1 der RL 93/13/ EWG (Klauselrichtlinie) anzusehen, wenn darin nicht auf die Rechtsfolgen des Art 6 Abs 2 Rom I VO hingewiesen wurde?
II. Das Verfahren über das Rechtsmittel der klagenden Partei wird bis zum Einlangen der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union gem § 90a Abs 1 GOG ausgesetzt.
S. 659 - 661, Rechtsprechung des OGH
Zum Rechtsmissbrauch bei der Bankgarantie.
§§ 880a, 1170b ABGB; § 381 EO. Die Schutzwürdigkeit des Begünstigten aus einer Bankgarantie ist dann nicht mehr gegeben und Rechtsmissbrauch anzunehmen, wenn er eine Leistung in Anspruch nimmt, obwohl schon eindeutig feststeht, dass er keinen derartigen Anspruch gegen den Dritten hat und daher das Erhaltene jedenfalls sofort wieder herauszugeben hätte. Ein Missbrauchsfall liegt nur dann vor, wenn das Nichtbestehen des Anspruchs des Begünstigten im Valutaverhältnis zur Zeit der Inanspruchnahme der Garantie evident erwiesen ist. Die Beweislast trifft nach allgemeinen Grundsätzen denjenigen, der sich auf Rechtsmissbrauch beruft, wobei schon relativ geringe Zweifel am Rechtsmissbrauch den Ausschlag zugunsten des Rechtsausübenden geben.
S. 662 - 665, Rechtsprechung des OGH
Bitcoin: Keine Anwendbarkeit des ZaDiG 2018.
§ 1 BWG; § 1 E-GeldG; §§ 1, 4, 67, 87 ZaDiG 2018. Das Vorliegen eines Zahlungsvorgangs sowie eines Zahlungskontos setzt voraus, dass sie sich auf „Geldbeträge“, also Banknoten und Münzen, Giralgeld oder E Geld beziehen. Bitcoins sind aber weder (auf eine gesetzliche Währung lautende) Banknoten und Münzen noch Giralgeld oder E-Geld. Eine direkte Anwendung des ZaDiG 2018 (insb dessen §§ 67, 87) scheitert daher an der fehlenden Eigenschaft von Bitcoins als „Geld“ und dem folgend am Fehlen eines Zahlungsvorgangs und - wie hier - am Fehlen der Eigenschaft der Beklagten als Zahlungsdienstleister.
S. 665 - 666, Rechtsprechung des OGH
Exekutionsaufschiebung: Zur Gefahr eines nicht oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteils.
§§ 39, 42, 44 EO. Die Aufschiebung der Exekution setzt nach § 44 Abs 1 EO voraus, dass die Gefahr eines nicht oder schwer ersetzbaren Vermögensnachteils des Aufschiebungswerbers offenkundig ist oder von ihm konkret und schlüssig behauptet und bescheinigt wird.
Bei der Pfändung und Verwertung des Geschäftsanteils einer GmbH ist ein Vermögensnachteil des die Aufschiebung des Exekutionsverfahrens beantragenden Verpflichteten erst in einem Verfahrensstadium offenkundig, in dem bereits ein Schätzungsgutachten vorliegt und daher der Verkauf des Geschäftsanteils unmittelbar bevorsteht. Wenn der Verpflichtete die Aufschiebung aber schon in der Anfangsphase des Exekutionsverfahrens beantragt, hat er den durch die Fortsetzung des Verfahrens drohenden Vermögensnachteil konkret zu behaupten und bescheinigen.
§§ 983, 988 ABGB. Schon vor dem DaKRÄG 2010 war die Zulässigkeit der Begründung einer Darlehensschuld durch Novation anerkannt. Da der Darlehensvertrag nach dem geltenden Recht nun sogar ein Konsensualvertrag ist, der bereits mit der Willenseinigung der Parteien zustande kommt und nur mehr die Rückgabepflicht des Darlehensnehmers an die Übergabe der Sachen knüpft (§ 983 ABGB), begegnet das „Darlehen kraft Novation“ weiterhin keinen Bedenken.
S. 667 - 668, Rechtsprechung des OGH
Anfechtung: Zum Kennenmüssen der Benachteiligungsabsicht.
§ 2 AnfO; § 439 EO. Die Frage, ob dem Anfechtungsgegner die Benachteiligungsabsicht des Schuldners bekannt sein hätte müssen, hängt im Allgemeinen von den Umständen des Einzelfalls ab und ist daher nicht erheblich iSd § 502 Abs 1 ZPO. Ebenso ist die Frage, wie weit die Nachforschungspflicht des Anfechtungsgegners reicht, eine von den Umständen des Einzelfalls abhängige Frage.
Ob dem Anfechtungsgegner Fahrlässigkeit zur Last fällt, bestimmt sich nach den ihm im Zeitpunkt der Vornahme der anzufechtenden Rechtshandlung zu Gebote stehenden Auskunftsmitteln, dem Maß ihrer ihm vernunftgemäß zuzumutenden Heranziehung und der Ordnungsmäßigkeit ihrer Bewertung. Maßgeblich sind nicht nur die äußeren Umstände, unter denen die Rechtshandlung vorgenommen wurde (Inhalt, auffällige Zeit oder Heimlichkeit der Vornahme), sondern es ist auch auf Elemente in der Person des „anderen Teils“ (zB Branchenkollege, Hausbank, Rechtsanwalt) abzustellen.
S. 668 - 672, Entscheidungen des VwGH
Zu den Voraussetzungen für das Vorliegen eines AIF iSd AIFMG.
§ 2 Abs 1 AIFMG, § 17 AVG;
Voraussetzung für das Vorliegen eines AIF ist es zunächst, dass ein Organismus für gemeinsame Anlagen von einer Anzahl von Anlegern Kapital einsammelt, um es gemäß einer festgelegten Anlagestrategie zum Nutzen dieser Anleger zu investieren. Erst wenn überhaupt eine Anlagestrategie festgelegt wurde, um das eingesammelte Kapital zum Nutzen der Anleger zu investieren, stellt sich die Frage, ob das eingesammelte Kapital unmittelbar der operativen Tätigkeit dient, weil ansonsten bereits aus dem erstgenannten Grund kein AIF vorliegt. Dass das angesammelte Kapital irgendeinem näher definierten Zweck zugeführt werden soll, reicht nicht aus, um bereits von einer Anlagestrategie im Sinn des § 2 Abs 1 Z 1 AIFMG auszugehen. Insbesondere dann nicht, wenn es sich dabei lediglich um den Zweck der „allgemeinen Unternehmensfinanzierung“ handelt. Ausgehend von den Leitlinien der ESMA ist ein Organismus dann kein AlF, wenn er einen allgemein-kommerziellen oder -industriellen Zweck verfolgt.
S. 672 - 672, Entscheidungen des VwGH
Unzulässigkeit eines Alternativvorwurfes mit Blick auf die unterschiedlichen Tatbestände des § 35 Abs 1 und 2 FM-GwG.
§ 35 Abs 1 und 2 FM-GwG;
Bei § 35 Abs 1 und Abs 2 FM-GwG handelt es sich um unterschiedliche Tatbestände: Während die gem Abs 1 der juristischen Person zuzurechnende Pflichtverletzung direkt von der Führungsperson begangen wird, geht Abs 2 davon aus, dass die Pflichtverletzung durch einen Mitarbeiter begangen wird, was erst dann der juristischen Person zurechenbar ist, wenn eine Führungsperson die Pflichtverletzung durch mangelnde Überwachung oder Kontrolle ermöglicht hat.
Wenn die zur Last gelegte Sorgfaltspflichtverletzung („Anlasstat“) aus untauglichen Vorkehrungen zur Verhinderung derartiger Sorgfaltsverstöße resultiert und nicht Folge der Missachtung an sich tauglicher Sicherheitsvorkehrungen durch Mitarbeiter ist, kann die Strafbarkeit der juristischen Person nicht sowohl auf § 35 Abs 1 als auch auf § 35 Abs 2 FM-GwG gestützt werden.
S. 672 - 672, Entscheidungen des VwGH
Dritte haben keine Parteistellung und daher auch keine Akteneinsicht im aufsichtsbehördlichen Verfahren nach § 70 Abs 1 BWG.
§ 70 Abs 1 BWG, § 8 AVG, § 17 AVG;
§ 70 Abs 1 BWG normiert lediglich Aufsichtsbefugnisse der FMA in ihrem Zuständigkeitsbereich als Bankenaufsichtsbehörde, die sie jederzeit zur Beaufsichtigung der Kreditinstitute, Kreditinstitute-Verbündeten und der Kreditinstitutsgruppen wahrnehmen kann. Im aufsichtsrechtlichen Verfahren haben Dritte keine Parteistellung iSd § 8 AVG und somit auch kein Akteneinsichtsrecht gem § 17 AVG.
S. 672 - 672, Entscheidungen des VwGH
Kein Verzicht auf die Registrierung als AIFM durch den Insolvenzverwalter.
§ 1 AIFMG;
Im Hinblick auf den Charakter der Registrierung nach dem AIFMG als subjektiv-öffentliches Recht zur Verwaltung eines AIF ist der Insolvenzverwalter nicht legitimiert, auf die Registrierung als AIFM zu verzichten.
S. 672 - 673, Entscheidungen des VfGH
Zuständigkeit der FMA (und nicht der Datenschutzbehörde) für die (auch) datenschutzrechtlichen Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Investorenwarnung.
§ 92 Abs 11 WAG 2018, DSGVO;
Im administrativen Rechtsschutzverfahren vor der FMA nach § 92 Abs 11 vierter Satz WAG 2018 ist zu prüfen, ob die Veröffentlichung (Investorenwarnung) gegen jegliche Vorschriften, sohin auch gegen das Grundrecht auf Datenschutz gem § 1 DSG verstößt.
Die FMA hat dementsprechend über Antrag der von einer Investorenwarnung betroffenen (natürlichen oder juristischen) Person im Verfahren nach § 92 Abs 11 vierter Satz WAG 2018 zu prüfen, ob die rechtlichen Voraussetzungen für eine Investorenwarnung vorliegen und damit (auch) eine Verletzung des Rechtes auf Geheimhaltung personenbezogener Daten im Sinne des § 1 Abs 1 DSG auszuschließen ist. Sollte eine Verletzung unter anderem des Grundrechtes auf Geheimhaltung personenbezogener Daten einer natürlichen oder juristischen Person vorliegen, wäre die FMA gemäß § 92 Abs 11 vierter Satz WAG 2018 gehalten, im Hinblick auf § 1 Abs 3 DSG die Veröffentlichung richtigzustellen oder zu widerrufen oder aus dem Internetauftritt zu entfernen.
Auch bei einer behaupteten Änderung des einer Investorenwarnung nach § 92 Abs 11 erster Satz WAG 2018 zugrunde liegenden Sachverhaltes ist ausschließlich die FMA zuständig, über eine Beschwerde unter anderem wegen einer behaupteten Verletzung des Grundrechtes auf Datenschutz gem § 1 DSG zu entscheiden.
DSGVO, § 1 DSG, § 39 BWG, KI-RMV, § 7 VKrG, § 256 IO;
Die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Datenverarbeitung im Rahmen der „Warnliste der österreichischen Banken“ (Bankenwarnliste) richtet sich nach dem DSG und der DSGVO. Die Bankenwarnliste dient dem Gläubigerschutz und der Risikominimierung. Es besteht ein berechtigtes Interesse der am Betrieb der Bankenwarnliste beteiligten Bankinstitute an der Verarbeitung von negativen Zahlungserfahrungsdaten von Kunden, das deren Verarbeitung iSd Art 6 Abs 1 lit f DSGVO rechtfertigt.
S. 673 - 673, Entscheidungen des VfGH
Die Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung (KIM-V) ist gesetzeskonform.
Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung (KIMV), § 23h BWG;
Sowohl aus der Empfehlung des Finanzmarktstabilitätsgremiums als auch aus der gutachtlichen Äußerung der OeNB sowie der Empfehlung des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (ESRB) vom 2.12.2021 zu mittelfristigen Anfälligkeiten des Wohnimmobiliensektors Österreichs (ESRB/2021/11), ABl 17.3.2022, C 122/9, geht in eingehend begründeter und nachvollziehbarer Form hervor, dass die nach § 23h BWG notwendigen Voraussetzungen für die Erlassung der angefochtenen Bestimmungen sowohl zum Zeitpunkt der Erlassung der KIM-V als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung des VfGH (nach wie vor) vorliegen. Darüber hinaus ist es der FMA gemäß § 23h Abs 6 BWG aufgetragen, in Zukunft zu prüfen, ob und inwieweit es unverändert notwendig ist, die auf § 23h BWG gestützte KIM-V aufrecht zu erhalten, gegebenenfalls an neue Verhältnisse anzupassen oder aufzuheben.
S. 673 - 673, Entscheidungen des VfGH
Der Ausschluss des gesamten Finanzsektors vom Fixkostenzuschuss, Ausfallsbonus und Verlustersatz nach dem COVID-19-Förderrecht ist gesetzes- und verfassungskonform.
Fixkostenzuschuss-VO, Ausfallsbonus-VO, Verlustersatz-VO;
Es liegt innerhalb des dem Verordnungsgeber zustehenden Spielraumes, einen ganzen Sektor, nämlich den Finanzsektor, zu dem ua alle Unternehmen, welche Bankgeschäfte im Sinne des BWG durchführen, gehören, gleichermaßen von den in der Fixkostenzuschuss-VO, der Ausfallsbonus-VO und der Verlustersatz-VO festgelegten finanziellen Mitteln auszuschließen. Der Verordnungsgeber ist dementsprechend nicht verpflichtet, bei der Festlegung des Kreises der begünstigten Unternehmen danach zu differenzieren, welche Bankgeschäfte ein (Kredit-)Institut betreibt.
S. 673 - 680, Entscheidungen des EuGH
Wenn im Falle eines Zahlungsausfalles ein Verbraucherkreditvertrag aufgrund einer Klausel vorzeitig fällig gestellt werden kann, muss das Gericht bei der Kontrolle der Missbräuchlichkeit dieser Klausel miteinbeziehen können, ob...
Vorlage zur Vorabentscheidung - Missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen - Verbraucherkreditvertrag - Richtlinie 93/13/ EWG - Art 1 Abs 2 - Klausel, die auf einer bindenden Rechtsvorschrift beruht - Art 3 Abs 1, Art 4 Abs 1, Art 6 Abs 1 und Art 7 Abs 1 - Klausel über die vorzeitige Fälligstellung - Gerichtliche Nachprüfung - Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf die Vertragsverstöße des Verbrauchers - Art 7 und 38 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union - Grundpfandrechtlich gesicherter Vertrag - Außergerichtlicher Verkauf der Wohnung des Verbrauchers in der Rechtssache C-598/21;
Art 3 Abs 1, Art 4 Abs 1, Art 6 Abs 1 und Art 7 Abs 1 der Richtlinie 93/13/ EWG des Rates vom 5.4.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen sind im Licht der Art 7 und 38 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, wonach bei der gerichtlichen Kontrolle der Missbräuchlichkeit einer in einem Verbraucherkreditvertrag enthaltenen Klausel über die vorzeitige Fälligstellung nicht berücksichtigt wird, ob die dem Gewerbetreibenden eingeräumte Möglichkeit, das ihm aus dieser Klausel erwachsende Recht auszuüben, im Hinblick auf Kriterien verhältnismäßig ist, die insb mit der Schwere des Verstoßes des Verbrauchers gegen seine Vertragspflichten, wie dem Betrag der Raten, die im Verhältnis zu dem Gesamtbetrag des Kredits und der Laufzeit des Vertrags nicht gezahlt wurden, sowie mit der Möglichkeit zusammenhängen, dass die Anwendung dieser Klausel dazu führt, dass der Gewerbetreibende die aufgrund der Klausel geschuldeten Beträge durch den Verkauf der Familienwohnung des Verbrauchers ohne jegliches gerichtliches Verfahren einziehen kann.
S. 673 - 673, Entscheidungen des VfGH
Kein hinreichend effektiver Rechtsschutz durch die Zurückweisung von Beschwerden gegen die Abberufung der Geschäftsleiter einer betrieblichen Vorsorgekasse gem § 70 Abs 4b BWG durch die FMA.
BMSVG, § 70 BWG, Art 83 Abs 2 B-VG, Rechtsstaatsprinzip;
Nach § 70 Abs 4 BWG erteilte Aufträge der FMA richten sich an den beaufsichtigten Rechtsträger, der allenfalls die negativen Konsequenzen einer Nichtbefolgung des Auftrages - wie den Vollzug der Zwangsstrafe oder letztlich sogar den Verlust der Konzession - zu tragen hat. Die abberufenen Geschäftsleiter sind demgegenüber nicht Normadressaten der aufsichtsrechtlichen Bestimmungen des § 70 Abs 4 (und 4b) BWG und haben daher für sich keine eigene Rechtsschutzmöglichkeit.
Ein den rechtsstaatlichen Grundsätzen genügender, faktisch effizienter Rechtsschutz für den beaufsichtigten Rechtsträger kann in der vorliegenden Konstellation nur im Beschwerdeverfahren gegen den Abberufungsbescheid bzw die Abberufungsentscheidung sichergestellt werden.
Fallbezogen hätte daher das BVwG die Beschwerden gegen die Abberufungsbescheide nicht mangels Rechtsschutzinteresses zurückweisen dürfen (Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gem Art 83 Abs 2 B-VG).
S. 673 - 673, Entscheidungen des VfGH
Verstoß von § 10 WiEReG idF BGBl I 62/2019 gegen § 1 DSG iVm Art 8 EMRK.
§ 10 WiEReG idF BGBl I 62/2019, § 1 DSG, Art 8 EMRK;
§ 10 WiEReG idF BGBl I 62/2019 war wegen Verstoßes gegen § 1 DSG iVm Art 8 EMRK verfassungswidrig.
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