Keine analoge Anwendung der Kapitalerhaltungsvorschriften auf den atypisch stillen Gesellschafter einer GmbH & Co KG.
- Originalsprache: Deutsch
- OEBABand 66
- Rechtsprechung des OGH, 6549 Wörter
- Seiten 277 -283
- https://doi.org/10.47782/oeba201804027701
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§§ 161, 187 UGB; §§ 82 f GmbHG; §§ 3, 10, 18 EKEG.
1. Das Verbot der Einlagenrückgewähr betrifft nur Gesellschafter, deren Einlage „Eigenkapital“ ist. Einlagen eines atypisch stillen Gesellschafters sind nicht jedenfalls Eigenkapital. Außerhalb der von § 10 EKEG erfassten Konstellationen kann die Einlage des stillen Gesellschafters nur dann (materiell) Eigenkapital sein, wenn dies zwischen den Parteien entsprechend vereinbart wurde. Aufgrund der Privatautonomie steht es den Parteien des stillen Gesellschaftsvertrags frei, beliebige Rückzahlungsbeschränkungen zu vereinbaren. Ist die Einlage des atypisch stillen Gesellschafters dagegen materiell als Fremdkapital anzusehen, ist auch eine Mindestverzinsung der Einlage nicht prinzipiell unzulässig.
2. Während dem Kommanditisten in der Insolvenz der Kommanditgesellschaft grundsätzlich kein Konkursteilnahmeanspruch hinsichtlich seiner Einlage bzw seines Abfindungsanspruchs zukommt, kann der stille Gesellschafter nach § 187 Abs 1 UGB wegen der Einlage, soweit sie den Betrag des auf ihn fallenden Anteils am Verlust übersteigt, seine Forderung als Insolvenzgläubiger geltend machen. Die Einlage des stillen Gesellschafters wird somit vom Gesetz - im Gegensatz zur Rechtsstellung des Kommanditisten im Verhältnis zur Kommanditgesellschaft - grundsätzlich als Fremdkapital bewertet.
3. Wird dem stillen Gesellschafter aufgrund des Gesellschaftsvertrages auch eine Beteiligung an den stillen Reserven und am Firmenwert eingeräumt (atypische oder unechte stille Gesellschaft), so liegt eine Mitunternehmerschaft vor, wodurch ein Gläubigerrecht, aufgrund dessen ein Konkursteilnahmeanspruch als Konkursgläubiger gewährt würde, ausgeschlossen wird.
Beisätze:
Seit Inkrafttreten des EKEG ist die bisherige Rechtsprechung, die Einlagen des stillen Gesellschafters schon als Eigenkapital qualifizierte, wenn der Stille an den stillen Reserven bzw am Firmenwert beteiligt war oder wenn die Stellung des Stillen der eines Kommanditisten angenähert war, überholt. Selbst in den von § 10 Abs 2 EKEG erfassten Fällen liegt überdies nicht Eigenkapital, sondern bloß Eigenkapitalersatz vor.
Für den Anschluss der Gläubigerrechte ist in Übereinstimmung mit neuerer Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu fordern, dass der stille Gesellschafter an der Unternehmerinitiative und dem Unternehmerrisiko teilnimmt.
4. Da im Gegensatz zu der vor 2004 bestehenden Eigenkapitalersatzjudikatur das „Stehenlassen“ eines Kredits für die Eigenkapitalersatzfrage keine Rolle mehr spielt (§ 3 Abs 1 Z 3 EKEG), wird auch durch das „Stehenlassen“ einer Beteiligung als stiller Gesellschafter (als Dauerzustand) kein Sachverhalt iSd § 18 Abs 1 EKEG verwirklicht. Auf vor 2004 erworbene Beteiligungen als stiller Gesellschafter ist daher das EKEG nicht anzuwenden.
- Bollenberger, Raimund
- Kellner, Markus
- Edelmann, Ulrich
- OGH, 26.09.2017, 6 Ob 204/16t
- oeba-Slg 2018/2447
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