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Kumulationsprinzip, Lohnvorgaben und Kontrolle
- Originalsprache: Deutsch
- WBL Band 33
- Rechtsprechung, 624 Wörter
- Seiten 180-180
- https://doi.org/10.33196/wbl201903018001
30,00 €
inkl MwStDas Sachlichkeitsgebot begrenzt den Spielraum des Gesetzgebers bei der Festlegung von Sanktionen für rechtswidriges Verhalten. Der VfGH vertritt in stRsp die Auffassung, dass es nicht unsachlich ist, wenn sich die Strafhöhe vor allem am Strafzweck orientiert, welcher nur dann erreicht wird, wenn die für den Fall des rechtswidrigen Verhaltens vorgesehene Strafe derart empfindlich ist, dass ein in der Regel normgemäßes Verhalten durchgesetzt werden kann. So darf der Gesetzgeber bei der Festsetzung der Strafdrohung für Verwaltungsübertretungen wegen unberechtigter Beschäftigung von Ausländern, insbesondere für Fälle einer lang andauernden Fortsetzung oder wiederholten Begehung der Straftat, den möglichen wirtschaftlichen Nutzen in Betracht ziehen, den der Täter durch das verbotene Verhalten erzielt. Andernfalls kann es bei ausreichend hohem wirtschaftlichem Interesse dazu kommen, dass der Strafbetrag als bloßer Preis des erwarteten Nutzens kalkuliert werde, und die Strafdrohung ihren Zweck verfehlt. Auch besteht ein gewisser sachlicher (Mittel-Ziel-)Zusammenhang zwischen dem Interesse an der Kontrolle des Arbeitsmarktes in Bezug auf die Ausländerbeschäftigung und dem Interesse am Unterbleiben unerwünschter Beschäftigung von Ausländern. Das Interesse an der Kontrolle erschöpft sich aber nicht im Interesse an der Verhinderung illegaler Beschäftigung. Wenn der Gesetzgeber die Kontrolle höher bewertet oder stärker gefährdet sieht, kann ihm schon deshalb nicht entgegengetreten werden, weil ihre Vereitelung das Verschleiern auch der unberechtigten Beschäftigung mehrerer Ausländer und die Wiederholung unberechtigter Beschäftigung ermöglicht. Im Übrigen sind die §§ 20 und 21 VStG geeignet, die Verhängung verfassungswidriger, weil überschießender Strafen gegenüber Privaten abzuwenden.
Gem § 7i Abs 4 Z 2 AVRAG ist der Überlasser im Zuge einer grenzüberscheitenden Arbeitskräfteüberlassung für das erstmalige Nicht-Bereitstellen der Lohnunterlagen an den Beschäftiger gemäß § 7d Abs 2 AVRAG für weniger als drei Arbeitnehmer mit einer Geldstrafe in Höhe von € 1.000,– bis zu € 10.000,– pro Arbeitnehmer zu bestrafen (Grundtatbestand). Für eine Begehung dieser Straftat mit mehr als drei betroffenen Arbeitnehmern verdoppelt sich die Geldstrafe auf mindestens € 2.000,– bis zu € 20.000,– pro Arbeitnehmer (qualifizierter Tatbestand). Dabei kann der VfGH nicht erkennen, dass zwischen den Mindeststrafdrohungen in § 7i Abs 4 AVRAG und dem Unrechtsgehalt der Tat und ihren wirtschaftlichen Folgen ein Missverhältnis bestünde. Von einem Exzess kann in Ansehung der Strafsätze angesichts des möglichen Nutzens einer längerdauernden Beschäftigung und im Hinblick darauf, dass im einzelnen Strafsatz auch sehr lange Zeit hindurch fortgesetzte Straftaten erfasst werden müssen, nicht die Rede sein. Dass § 7i Abs 4 AVRAG für das Nicht-Bereitstellen von Lohnunterlagen die gleichen Mindeststrafen wie für die Unterentlohnung gem § 7i Abs 5 AVRAG selbst vorsieht, dient dem Zweck, eine Umgehung zu verhindern. Andernfalls könnte es bei ausreichend hohem wirtschaftlichem Interesse dazu kommen, dass der Strafbetrag als bloßer Preis des erwarteten Nutzens kalkuliert wird und die Strafdrohung ihren Zweck verfehlt. Der Zweck der Strafnorm des § 7i Abs 4 AVRAG liegt letztlich – ebenso wie jener der Strafnorm des § 7i Abs 5 AVRAG – darin, das öffentliche Interesse an einem geregelten Arbeitsmarkt, am Schutz von Arbeitnehmern vor ausbeuterischen Lohn- und Arbeitsbedingungen sowie am Schutz von Unternehmen vor unlauterem Wettbewerb durch Lohn- und Sozialdumping zu wahren. Indem der Gesetzgeber die Strafdrohung für das Nicht-Bereitstellen der Lohnunterlagen pro Arbeitnehmer gemäß § 7i Abs 4 AVRAG festsetzt, nimmt er auf die Vervielfachung des Unrechtsgehaltes, aber auch auf die Erhöhung des wirtschaftlichen Nutzens bei Betroffenheit mehrerer Arbeitnehmer auf eine Weise Bedacht, die der Häufung von Straftaten und damit dem für das Verwaltungsstrafverfahren charakteristischen Kumulationsprinzip entspricht. Was die Strafsätze betrifft, führt das hier gewählte System nämlich zu einem ähnlichen Ergebnis wie der in § 22 Abs 2 VStG niedergelegte Grundsatz, dass die durch mehrere Übertretungen verwirkten Strafen nebeneinander zu verhängen sind. Der bloße Umstand, dass es im vorliegenden Fall, ähnlich wie bei der verbotenen Beschäftigung von Ausländern, leicht zur Vervielfachung des Unrechtsgehaltes kommen kann, ist kein Grund, an der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Verhängung gebündelter Strafen zu zweifeln.
- § 7i Abs 5 AVRAG
- Art 7 B-VG
- Allgemeines Wirtschaftsrecht
- VfGH, 04.10.2018, G 135/2018
- WBl-Slg 2019/55
- § 7i Abs 4 AVRAG
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