


Maßstab für die Verhängung von Schubhaft gegen Unionsbürger
- Sprache:
- Deutsch
- Jahrgang:
- ZVGBand 11
- Inhalt:
- Materienrecht
- Umfang:
- 3440 Wörter, Seiten 541-545
20,00 €
inkl MwSt




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Die Verhängung von Schubhaft über einen Unionsbürger kann eine Beschränkung des in Art. 4 Abs. 1 der Freizügigkeitsrichtlinie verbürgten Ausreiserechtes darstellen, für die (abgesehen vom Schutz der öffentlichen Gesundheit) Gründe der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit iSd Art. 27 der Freizügigkeitsrichtlinie gegeben sein müssen. Es muss also – neben den Tatbestandsvoraussetzungen des § 76 Abs. 2 Z 2 FPG aufgrund der Vorgaben des Unionsrechts – auch iSd UAbs. 2 des Art. 27 Abs. 2 der Freizügigkeitsrichtlinie aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr vorliegen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.
Unabhängig von der in § 80 Abs. 2 bis 5 FPG normierten abstrakten Schubhafthöchstdauer ist Schubhaft (immer) nur dann gerechtfertigt, wenn der Eingriff zum Zweck der Maßnahme notwendig ist und nur soweit der Freiheitsentzug nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht (VwGH 19.9.2019, Ra 2019/21/0204). Dementsprechend ist in § 76 Abs. 2 Z 2 FPG vorgeschrieben, dass die Schubhaft verhältnismäßig sein muss. In Anbetracht dessen sind aber die vom EuGH angestellten Überlegungen, wonach die Abschiebung eines Unionsbürgers in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union bei einer Durchschnittsbetrachtung rascher zu bewerkstelligen sein wird als die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen in einen Drittstaat, auch in einem Fall, in dem kein Eingriff in das Freizügigkeitsrecht erfolgt, bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft im Hinblick auf ihre Dauer zu berücksichtigen (EuGH 22.6.2021, Ordre des barreaux francophones et germanophone u.a., C-718/19). Schon aufgrund der im Regelfall anzunehmenden rascheren Durchführbarkeit der Abschiebung ist somit im Fall der über einen Unionsbürger verhängten Schubhaft ein gegenüber der Dauer einer über einen Drittstaatsangehörigen verhängten Schubhaft strengerer Maßstab anzulegen.
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- VwGH, 04.07.2024, Ro 2022/21/0008
- § 76 FrPolG
- Art 4 Abs 1 Unionsbürger-RL
- ZVG-Slg 2024/69
- § 42 Abs 1 VwGG
- Verwaltungsverfahrensrecht
Die Verhängung von Schubhaft über einen Unionsbürger kann eine Beschränkung des in Art. 4 Abs. 1 der Freizügigkeitsrichtlinie verbürgten Ausreiserechtes darstellen, für die (abgesehen vom Schutz der öffentlichen Gesundheit) Gründe der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit iSd Art. 27 der Freizügigkeitsrichtlinie gegeben sein müssen. Es muss also – neben den Tatbestandsvoraussetzungen des § 76 Abs. 2 Z 2 FPG aufgrund der Vorgaben des Unionsrechts – auch iSd UAbs. 2 des Art. 27 Abs. 2 der Freizügigkeitsrichtlinie aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr vorliegen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.
Unabhängig von der in § 80 Abs. 2 bis 5 FPG normierten abstrakten Schubhafthöchstdauer ist Schubhaft (immer) nur dann gerechtfertigt, wenn der Eingriff zum Zweck der Maßnahme notwendig ist und nur soweit der Freiheitsentzug nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht (VwGH 19.9.2019, Ra 2019/21/0204). Dementsprechend ist in § 76 Abs. 2 Z 2 FPG vorgeschrieben, dass die Schubhaft verhältnismäßig sein muss. In Anbetracht dessen sind aber die vom EuGH angestellten Überlegungen, wonach die Abschiebung eines Unionsbürgers in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union bei einer Durchschnittsbetrachtung rascher zu bewerkstelligen sein wird als die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen in einen Drittstaat, auch in einem Fall, in dem kein Eingriff in das Freizügigkeitsrecht erfolgt, bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft im Hinblick auf ihre Dauer zu berücksichtigen (EuGH 22.6.2021, Ordre des barreaux francophones et germanophone u.a., C-718/19). Schon aufgrund der im Regelfall anzunehmenden rascheren Durchführbarkeit der Abschiebung ist somit im Fall der über einen Unionsbürger verhängten Schubhaft ein gegenüber der Dauer einer über einen Drittstaatsangehörigen verhängten Schubhaft strengerer Maßstab anzulegen.
- VwGH, 04.07.2024, Ro 2022/21/0008
- § 76 FrPolG
- Art 4 Abs 1 Unionsbürger-RL
- ZVG-Slg 2024/69
- § 42 Abs 1 VwGG
- Verwaltungsverfahrensrecht