OGH: Fehlgeschlagene Zahnbehandlung im Ausland
- Originalsprache: Deutsch
- JMGBand 9
- Patientenrechte und Patientensicherheit, 6529 Wörter
- Seiten 220 -229
- https://doi.org/10.33196/jmg202403022001
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Anwendung materiellen österreichischen Rechts bei einer (teilweise) in Ungarn durchgeführten Zahnbehandlung, die in Österreich angebahnt wurde.
Der Vertrag zwischen einem Patienten und einem Zahnarzt ist zunächst wie jeder Arztvertrag ein sogenannter „freier“ Dienstvertrag. Wenn aber der Zahnarzt mit der Vornahme bestimmter zahnprothetischer Arbeiten beauftragt wird, treten zum Dienstvertrag auch Elemente eines Werkvertrags hinzu. Es ist daher gerechtfertigt, auf die Tätigkeit des Zahnarztes zum Beispiel das Gewährleistungsrecht des Werkvertrags nach § 1167 ABGB oder die Bestimmungen über die Warnpflicht nach § 1168a ABGB anzuwenden. Gegenstand des vorliegenden zahnärztlichen Behandlungsvertrags war das Ziehen des Zahns Nummer 16 sowie das Einsetzen zweier Implantate und 16 Metallkronen. Die Vorinstanzen gingen zutreffend davon aus, dass der vorliegende zahnärztliche Behandlungsvertrag als gemischter Vertrag, der auch Elemente des Werkvertrags enthält, zu beurteilen ist.
Das Problem des etwaigen Ersatzes der Sowieso-Kosten stellt sich dort, wo ein Werk einen bestimmten Erfolg aufweisen soll, dieser Erfolg aber mit den im Vertrag vorgesehenen qualitativ und/oder quantitativ einzusetzenden Mitteln nicht erreicht werden kann. Im vorliegenden Fall stellt sich die Frage des Ersatzes der Sowieso-Kosten schon aus dem Grund nicht, weil es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Herstellung des Zahnersatzes des Klägers durch die qualitativ und quantitativ vorgesehenen und auch eingesetzten Mittel der Beklagten nicht erreichbar gewesen wäre. Vielmehr steht im vorliegenden Fall fest, dass den Ärzten der Beklagten mehrfach Behandlungsfehler unterlaufen sind, die zu massiven Beschwerden des Klägers führten, deren Behandlung eine komplette Erneuerung der bestehenden Versorgung erfordert. Der Kläger macht damit nicht die Kosten zur Erreichung des Vertragszwecks, also jene einer fehlerfreien Gebisssanierung geltend, sondern solche Kosten, die für die Beseitigung der durch die Behandlungsfehler verursachten gesundheitlichen Beschwerden erforderlich sind. Zu den Heilungskosten gehört jeder Aufwand, der zur gänzlichen oder teilweisen Heilung des durch die Verletzung hervorgerufenen Zustands erforderlich ist. Zu ersetzen ist der zweckmäßig gemachte Aufwand. Der Frage nach Sowieso-Kosten kommt in diesem Zusammenhang keine Relevanz zu.
- Rudisch, Bernhard
- Zahnärztlicher Behandlungsvertrag
- zahnprothetische Arbeiten
- internationaler Verbrauchervertrag
- OGH, 24.10.2023, 7 Ob 122/23a
- JMG 2024, 220
- Gewährleistungsrecht
- § 1295 ABGB
- Art 17 Brüssel Ia-VO
- Art 6 Rom I-VO
- Schaden
- Sowieso-Kosten
- Art 12 Rom I-VO
- IPR
- § 1325 ABGB
- Schmerzengeld
- § 2 IPRG
- Art 18 Brüssel Ia-VO
- § 1168a ABGB
- § 1167 ABGB
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