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wirtschaftsrechtliche blätter

Heft 4, April 2016, Band 30

Parteistellung im wasserrechtlichen Verfahren

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Nach stRsp steht das Recht zur Einbringung einer Berufung – soweit die Verwaltungsvorschriften nicht ausdrücklich anderes regeln – nur demjenigen zu, der im Verwaltungsverfahren die Stellung als (vom Bescheid betroffene) Partei iSd § 8 AVG innehat. Mit der Rechtsstellung als Partei ist das Berufungsrecht untrennbar verbunden, wobei nur jenen Parteien dieses Recht zusteht, deren Rechtsanspruch oder rechtliche Interessen durch den bekämpften Bescheid beeinträchtigt werden können. Allein der Umstand, dass der erstbehördliche Bescheid an die Rechtsmittelwerber bzw deren Vertreter wirksam zugestellt wurde und den Rechtsmittelwerbern im erstinstanzlichen Bescheid Parteistellung zuerkannt wurde, reicht somit nicht für die Berufungsbefugnis aus. Wesentlich ist vielmehr, ob ihnen tatsächlich Parteistellung im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren zukommt.

Um aus dem Titel des Grundeigentums eine nach dem WRG 1959 relevante Beeinträchtigung geltend machen zu können, müsste diese einen projektgemäß vorgesehenen Eingriff in die Substanz des Grundeigentums zum Gegenstand haben. Ein Grundeigentümer, der eine projektbedingte Beeinträchtigung seines Grundeigentums behauptet, hat darzutun, worin diese gelegen sein soll. Die bloße „Grundnachbarschaft“ als solche verleiht keine Parteistellung nach § 12 Abs 2 WRG 1959. Da den Grundeigentümern laut § 5 Abs 2 WRG 1959 das Recht zusteht, das nach § 3 Abs 1 lit a leg cit als Privatgewässer qualifizierte Grundwasser zu nutzen, kommt ihnen iSd § 12 Abs 2 leg cit auch das Recht zu, gem § 102 Abs 1 lit b leg cit in einem wasserrechtlichen Verfahren diese Befugnis als Partei geltend zu machen. Die Möglichkeit einer Beeinträchtigung des Grundwassers kann dem Grundeigentümer grundsätzlich Parteistellung im Wasserrechtsverfahren verschaffen, auch wenn er das Grundwasser nicht nützt. Im amtswegigen Verwaltungsverfahren ist es nicht Sache einer Partei, die Voraussetzungen ihrer Parteistellung unter Beweis zu stellen, sondern der Behörde ist die Obliegenheit auferlegt, von Amts wegen in die Prüfung der Frage einzutreten, ob ein sich am Verfahren beteiligendes Rechtssubjekt auf Basis entsprechenden Sachvorbringens Parteistellung genießt oder nicht.

Aus § 12 WRG 1959 iVm § 102 Abs 1 lit b WRG 1959 ergibt sich, dass Inhabern bestehender Rechte iSd § 12 Abs 2 WRG 1959 ein subjektiv-öffentliches Recht darauf zukommt, dass ihre Rechte durch ein zur Bewilligung beantragtes Vorhaben nicht beeinträchtigt werden. Bei jenen Grundeigentümern, deren Nutzung ihrer Grundstücke infolge Verschmutzung des Grundwassers durch das zur Bewilligung beantragte Straßenbauprojekt möglicherweise beeinträchtigt wird, handelt es sich um Personen, deren Grundeigentum durch die Errichtung und den Betrieb des Straßenbauprojektes gefährdet werden könnte. Diese Grundeigentümer, denen in dieser Hinsicht eine Parteistellung zukommt, haben demnach ein „ausreichendes Interesse“ nach den Kriterien des nationalen Rechts und gehören somit zur „betroffenen Öffentlichkeit“ iSv Art 1 Abs 2 der RL 2011/92. Im Rahmen dieser Parteistellung steht den Grundeigentümern auch ein subjektives Recht auf Einhaltung der gesetzlich normierten Zuständigkeit zu. Damit erfüllen die von einem eingereichten Projekt in ihren wasserrechtlich geschützten Rechten betroffenen Grundeigentümer in einem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren als Teil der betroffenen Öffentlichkeit die Anforderung eines ausreichenden Interesses nach den Kriterien des nationalen Rechts, um gegen eine E, dass kein UVP-Verfahren durchzuführen ist, einen Rechtsbehelf einlegen zu können.

Die Beschwerdeführer hatten nach der nationalen Rechtslage des § 3 Abs 7 UVP-G 2000 keine Parteistellung im Verfahren zur Erlassung des UVP-Feststellungsbescheides. Dieser Bescheid wurde ihnen entsprechend ihrem Vorbringen nicht zugestellt. Nach dem Urteil des EuGH vom 16. April 2015, C-570/13, „Gruber“, ist somit entgegen der bisherigen Rsp des VwGH davon auszugehen, dass der Feststellungsbescheid nach § 3 Abs 7 UVP-G 2000 gegenüber von einem eingereichten Projekt in ihren wasserrechtlich geschützten Rechten beeinträchtigten Grundeigentümern keine Bindungswirkung hat. Die belangte Behörde war somit betreffend die Beschwerdeführer von Amts wegen verpflichtet, die Zuständigkeit der erstinstanzlichen Behörde unter Berücksichtigung einer allfälligen UVP-Pflicht des eingereichten Vorhabens ohne Bindung an den rechtskräftigen Feststellungsbescheid auf Basis des Vorbringens der Beschwerdeführer zur behaupteten UVP-Pflicht zu prüfen, sich mit diesem Vorbringen inhaltlich auseinanderzusetzen und auf Grund nachvollziehbarer Feststellungen im angefochtenen Bescheid darzulegen, warum sie entgegen diesem Vorbringen vom Fehlen einer UVP-Pflicht und damit von der Zuständigkeit der erstinstanzlichen Behörde ausgeht.

  • VwGH, 17.12.2015, 2012/07/0137
  • WBl-Slg 2016/80
  • § 8 AVG
  • § 12 Abs 2 WRG
  • Art 1 Abs 2 RL 2011/92/EU des EP und des Rates über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten
  • § 3 Abs 7 UVP-G
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  • § 102 Abs 1 WRG

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