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Heft 11, November 2012, Band 134
Produktbeobachtungspflicht / berechtigte Sicherheitserwartungen hinsichtlich Glasflaschen, die mit einem kohlensäurehaltigen Getränk gefüllt sind
- Originalsprache: Deutsch
- JBL Band 134
- Rechtsprechung, 6678 Wörter
- Seiten 722-729
- https://doi.org/10.33196/jbl201211072201
30,00 €
inkl MwStDer Hersteller eines Produkts ist zur Produktbeobachtung verpflichtet. Die dogmatische Grundlage dieser Pflicht findet sich in der Lehre von den Verkehrssicherungspflichten. Die Verkehrssicherungspflichten des Produzenten enden nicht im Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Produkts, sondern bestehen über diesen hinaus. Die Produktbeobachtungspflicht kann hingegen nicht aus dem PHG abgeleitet werden.
Die Fehlerhaftigkeit eines gefährlichen Produkts beurteilt sich immer nach dem jeweiligen Zeitpunkt seines Inverkehrbringens (vgl § 5 Abs 1 Z 3, Abs 2, § 6, § 7 Abs 2, § 8 Z 2 PHG). Bei Serienprodukten bedeutet dies, dass immer auf den Zeitpunkt abzustellen ist, in dem das jeweilige schadensstiftende Produkt in Verkehr gebracht wurde, nicht jedoch auf den Zeitpunkt der erstmaligen Einführung der Serie. Daraus folgt aber, dass der Produzent einer Serie auf nach der Serieneinführung gewonnene Erkenntnisse Bedacht zu nehmen und diese Erkenntnisse in der zukünftigen Produktion zu berücksichtigen hat, widrigenfalls das dann hergestellte Produkt fehlerhaft iSd § 5 PHG wäre; dabei hat der Produzent auch auf etwaige Miss- oder Fehlgebräuche seiner Produkte Rücksicht zu nehmen und zu reagieren.
Grundvoraussetzung eines jeden Fehlers iSd § 5 PHG ist die Enttäuschung einer Sicherheitserwartung. Dies gilt auch für den Bereich der Produktbeobachtungspflicht. Die nach § 5 PHG maßgebenden Sicherheitserwartungen sind nur berechtigt, wenn der Benutzer den Anforderungen an seine Eigenverantwortung gerecht wird, spricht doch § 5 Abs 1 Z 2 PHG vom Gebrauch des Produkts, mit dem billigerweise gerechnet werden kann. Somit soll das Risiko einer missbräuchlichen Produktverwendung nicht auf den Hersteller abgewälzt werden. Zu prüfen ist aber, ob das geübte Verbraucherverhalten für den Hersteller vorhersehbar war; denn nur für unvorhersehbare oder geradezu absurde Gebrauchsarten hat der Hersteller keinesfalls einzustehen. Darüber hinaus ist auch ein sozial übliches Verhalten für den Unternehmer ohne weiteres vorhersehbar. Auch unterhalb der Schwelle der Sozialüblichkeit ist mit bestimmten Verbrauchergewohnheiten zu rechnen, solange es sich nicht nur um einen theoretisch denkbaren, sondern um einen naheliegenden Abusus handelt.
Zu den Instruktionspflichten des Herstellers gehört es, den Benutzer auf gefährliche Eigenschaften des Produkts hinzuweisen und ihn unter Umständen selbst vor widmungswidrigem Gebrauch zu warnen.
Mehrwegflaschen werden gem § 6 PHG nach jeder Neubefüllung (wieder) in den Verkehr gebracht.
- § 1 PHG
- JBL 2012, 722
- OLG Innsbruck, 10.08.2011, 1 R 157/11i
- § 1319a ABGB
- OGH, 13.09.2012, 6 Ob 215/11b
- § 5 PHG
- § 1295 ABGB
- Öffentliches Recht
- § 1297 ABGB
- § 3 PHG
- Straf- und Strafprozessrecht
- § 1296 ABGB
- Europa- und Völkerrecht
- LG Feldkirch, 18.05.2011, 6 Cg 82/10m
- Allgemeines Privatrecht
- § 6 PHG
- Zivilverfahrensrecht
- Arbeitsrecht