Schadenersatz wegen Verletzung von Spielerschutzvorschriften auf Basis der durch ein aufhebendes VfGH-Erkenntnis zu § 25 Abs 3 GSpG geschaffenen Rechtslage
- Originalsprache: Deutsch
- JBLBand 146
- Rechtsprechung, 5189 Wörter
- Seiten 649 -654
- https://doi.org/10.33196/jbl202410064901
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Auf Basis der aktuellen Fassung des § 25 Abs 3 GSpG (BGBl I 3/2023) hat die Spielbank bei begründeter Annahme der Gefährdung des Existenzminimums sowohl Bonitätseinkünfte einzuholen als auch ein Beratungs- und Informationsgespräch mit dem Spielteilnehmer zu führen und diesen zu seiner Einkommens- und Vermögenssituation zu befragen.
Die Änderung der Rechtslage durch ein aufhebendes Erkenntnis des VfGH ist in jeder Lage des Verfahrens, auch noch in dritter Instanz, zu beachten. Im Bereich der Verschuldenshaftung bildet dabei der Zeitpunkt der schädigenden Handlung den intertemporal maßgeblichen Anknüpfungspunkt. Bei einem eine Gesetzesbestimmung aufhebenden Erkenntnis des VfGH hängt die Auswirkung auf anhängige Verfahren allerdings vom Ausspruch des VfGH ab. Besteht im Hinblick auf die neue Rechtslage Erörterungsbedarf, ist die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen. Die Parteien müssen Gelegenheit haben, zur neuen Rechtslage ein Vorbringen zu erstatten.
Es entspricht zwar der Rsp, dass die Urteile der Vorinstanzen nicht aufgehoben werden dürfen, um dem Kläger ein Vorbringen zu ermöglichen, das er bislang nicht einmal angedeutet hat. Die Prozessleitungspflicht geht also nicht so weit, den Kläger etwa auf Rechtsgründe, die sich nicht einmal andeutungsweise aus den vorgetragenen (und allenfalls zu ergänzenden oder zu präzisierenden) Tatsachen ergeben, sondern ein anderes Tatsachenvorbringen erfordern, hinweisen zu müssen. Diese Rsp ist aber im Fall der Änderung der Rechtslage, die die Geltendmachung anderer Rechtsgründe (und das dafür erforderliche Tatsachenvorbringen) überhaupt erst ermöglicht, nicht anzuwenden. Im Fall der Maßgeblichkeit einer geänderten Rechtslage kann dem Kläger daher die erst durch diese Änderung ermöglichte Geltendmachung weiterer Anspruchsgrundlagen (und das Vorbringen der rechtserzeugenden Tatsachen dazu) nicht verwehrt werden. Mit Blick auf das Recht auf ein faires Verfahren (Art 6 Abs 1 EMRK) kann dem Kläger hier auch nicht vorgehalten werden, er hätte die Konsequenzen seiner eigenen Rechtsauffassung zu § 25 Abs 3 GSpG antizipieren und ein Eventualvorbringen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auch für den Fall zu erstatten gehabt, dass § 25 Abs 3 GSpG insoweit als verfassungswidrig aufgehoben wird.
- § 25 Abs 3 GSpG idF BGBl I 3/2023
- OGH, 05.02.2024, 5 Ob 33/23y
- OLG Linz, 23.01.2023, 12 R 25/22s
- LG Linz, 22.08.2022, 15 Cg 3/22t
- JBL 2024, 649
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