Verarbeitung personenbezogener Daten durch Ärztebewertungsportal
- Originalsprache: Deutsch
- JBLBand 145
- Rechtsprechung, 4774 Wörter
- Seiten 48 -53
- https://doi.org/10.33196/jbl202301004801
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In seinem beruflichen Bereich muss sich der selbständig Tätige auf die Beobachtung seines Verhaltens durch die breitere Öffentlichkeit wegen der Wirkungen, die seine Tätigkeit für andere hat, und auf Kritik an seinen Leistungen einstellen. Dass unzulässige Äußerungen nicht sofort nach ihrer Einstellung in ein Bewertungsportal wieder gelöscht werden, ist ein systemimmanenter Umstand.
An der Verbreitung von Beleidigungen, unwahrer rufschädigender Tatsachenbehauptungen oder von Wertungsexzessen besteht kein von der Meinungsäußerungsfreiheit gedecktes Interesse. Ob Missbrauchsmöglichkeiten die Datenverarbeitung unzulässig machen, hängt davon ab, wie intensiv die zur Missbrauchsverhinderung denkbaren Maßnahmen sämtliche in die Interessenabwägung einzubeziehenden Grundrechte einschränken. Zu beurteilen ist dabei, ob die Missbrauchsgefahr derart massiv in die Interessen des bewerteten Arztes eingreift, dass sie die berechtigten Interessen des Portalbetreibers und der Portalnutzer überwiegen.
Die Bewertungen von Ärzten in einem Ärztebewertungsportal können die Arztwahl behandlungsbedürftiger Personen beeinflussen und sich dadurch unmittelbar auf den Wettbewerb mit anderen Ärzten auswirken und damit im Falle negativer Bewertungen sogar die berufliche Existenz des Bewerteten gefährden. Auf der anderen Seite steht – neben dem ebenfalls geschützten Eigeninteresse des Portalbetreibers am Betrieb des Portals – das ganz erhebliche Interesse, das die Öffentlichkeit an den im Portal angebotenen Informationen und Möglichkeiten hat. Das Ärztebewertungsportal kann dazu beitragen, dem Patienten bei der Arztwahl die aus seiner Sicht erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen, und ist grundsätzlich geeignet, zu mehr Leistungstransparenz im Gesundheitswesen beizutragen. Diesen Zweck kann es allenfalls (nur) noch eingeschränkt erfüllen, wenn es von der Zustimmung der bewerteten Ärzte abhängig wäre, die – etwa im Fall einer schwächeren Bewertung – zurückgenommen werden könnte.
- OLG Wien, 30.07.2021, 13 R 124/20f
- Art 11 GRC
- Art 10 EMRK
- Öffentliches Recht
- Straf- und Strafprozessrecht
- Europa- und Völkerrecht
- Allgemeines Privatrecht
- Zivilverfahrensrecht
- LGZ Wien, 23.07.2020, 27 Cg 28/19i
- § 27 Abs 1 ÄrzteG
- Art 6 DSGVO
- OGH, 29.08.2022, 6 Ob 198/21t
- JBL 2023, 48
- Arbeitsrecht
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