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Zeitschrift für Vergaberecht

Heft 4, August 2019, Band 19

Madl, Raimund

Vergaberechtsschutz steht nur gegen vom Bundesgesetzgeber im materiellen Vergaberecht als gesondert anfechtbar festgelegte Entscheidungen zu

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Für Bau- und Dienstleistungskonzessionen im Sektor bestimmt § 177 Abs 1 BVergG 2006, dass nur die in der zitierten Gesetzesstelle angeführten Paragraphen des BVergG 2006 auf das Vergabeverfahren anwendbar sind. § 2 BVergG 2006 ist im § 177 Abs 1 BVergG 2006 nicht angeführt. Mangels Anwendbarkeit des § 2 BVergG 2006 bestehen daher nach den materiell-rechtlichen Bestimmungen des BVergG 2006 bei Baukonzessionen im Sektor keine gesondert anfechtbaren Entscheidungen. Damit besteht ein wesentlicher Unterschied zur Vergabe von Baukonzessionen im klassischen Bereich, zumal im klassischen Bereich gemäß § 7 BVergG 2006 die Anwendbarkeit des § 2 BVergG 2006 nicht ausgeschlossen wird.

Der VfGH hat im Erkenntnis vom 11.12.2018, G 205/2018-19, klargestellt, dass es gemäß Art 14b B-VG nicht in die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers fällt, im Rahmen der Regelung des Vergaberechtsschutzes des jeweiligen Landes festzulegen, welche Entscheidungen gesondert anfechtbar sind. Vor dem Hintergrund dieses Erkenntnisses ist daher Versuchen, dem WVRG 2014 im Auslegungsweg etwaige gesondert anfechtbare Entscheidungen bei der Vergabe von Baukonzessionen im Sektor entnehmen zu wollen, von vornherein der Boden entzogen. Eine ausdrückliche Regelung, welche Entscheidungen bei Baukonzessionen im Sektor gesondert anfechtbar sind, enthält das WVRG nicht. Von einer Regelungslücke im WVRG 2014, die allenfalls durch Analogie zu schließen wäre, ist im Hinblick auf das zitierte VfGH-Erkenntnis nicht auszugehen, weil eine solche Regelung diesem VfGH-Erkenntnis zu Folge verfassungswidrig wäre und eine solche Analogie daher am Gebot der verfassungsgemäßen Interpretation scheitert. Es kann daher dem WVRG keine gesondert anfechtbare Entscheidung bei der Vergabe von Baukonzessionen im Sektor entnommen werden.

Die Bestimmung des § 1 Abs 1 WVRG ist im Zusammenhang mit § 7 Abs 2 WVRG zu lesen, welcher an das Vorliegen einer gesondert anfechtbaren Entscheidung anknüpft. Die Festlegung, welche Entscheidungen gesondert anfechtbar sind, fällt dem zitierten Erkenntnis des VfGH zu Folge in die Zuständigkeit des Bundes. Die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers zur Regelung des Vergaberechtsschutzes knüpft an die Entscheidungen an, die der Bundesgesetzgeber als gesondert anfechtbar festgelegt hat. Die Regelung des § 1 Abs 1 WVRG 2014 ist insoweit verfassungskonform – sowie im textlichen Zusammenhang mit § 7 Abs 2 WVRG 2014 – dahingehend auszulegen, dass Vergaberechtsschutz nur gegen vom Bundesgesetzgeber im materiellen Vergaberecht als gesondert anfechtbar festgelegte Entscheidungen zusteht.

Es obliegt dem Organisationsgesetzgeber des jeweiligen Mitgliedstaates, ob er den europarechtlich vorgesehenen Rechtsschutz durch Verwaltungsgerichte, durch ordentliche Gerichte oder auf andere europarechtskonforme Weise einräumt. Dadurch, dass der Bundesgesetzgeber im § 177 BVergG 2006 für Bau- und für Dienstleistungskonzessionen im Sektor die Anwendung des § 2 BVergG 2006 und damit etwaige gesondert anfechtbare Entscheidungen ausgeschlossen hat, hat er nicht etwa eine Rechtsschutzlücke geschaffen, sondern den Rechtsschutz in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte verwiesen.

Aus der Sektoren-RMRL, wonach die Mitgliedstaaten insbesondere auch für Baukonzessionen im Sektor sicherstellen müssen, dass gegen Zuschlagsentscheidungen der Auftraggeber wirksame Nachprüfungsverfahren angestrengt werden können, kann eine Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte mangels unmittelbarer Wirkung nicht abgeleitet werden.

  • Madl, Raimund
  • Entscheidungen
  • Sektorentätigkeit der Verkehrsdienstleistungen
  • Gerichte
  • Art 1 Abs 1 4. UAbs RL 92/13/EWG
  • gesondert anfechtbare
  • Konzessionen
  • § 7 WVRG
  • Art 2a Abs 1 RL 92/13/EWG
  • § 169 BVergG
  • § 2 BVergG
  • Mischtätigkeit
  • Hauptzweck
  • § 177 BVergG
  • § 1 JN
  • § 7 BVergG
  • § 1 WVRG
  • Vergaberecht
  • Bau- und Dienstleistungs-
  • RPA 2019, 218
  • Zuständigkeit der ordentlichen
  • Vergaberechtsschutz
  • VwG Wien, 10.01.2019, VGW-123/077/14687/2018-17, „Erneuerung und Betrieb von WC-Anlagen in U-Bahn-Stationen”

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