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Juristische Blätter

Heft 3, März 2016, Band 138

Verkehrsopferentschädigung für eine in Österreich wohnhafte Person nach Unfall mit Fahrerflucht im EWR-Ausland

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§ 9 VOEG regelt ausschließlich die Folgen von Verkehrsunfällen in einem anderen Vertragsstaat des EWR und damit insbesondere in anderen Mitgliedstaaten der EU. Es ist daher offenkundig, dass diese Regelung unabhängig davon angewendet werden „will“, welches Recht nach allgemeinen kollisionsrechtlichen Grundsätzen auf den Anspruch des Geschädigten anzuwenden wäre. § 9 VOEG und jene weiteren Bestimmungen des VOEG, auf welche diese Regelung verweist, sind also Eingriffsnormen, die ihren Anwendungsbereich selbst umschreiben und unabhängig von jenem Recht Geltung beanspruchen, das nach dem allgemeinen IPR auf den davon erfassten Sachverhalt anwendbar wäre. Im Anwendungsbereich der Rom II-VO ermöglicht deren Art 16 die Anwendung der nach ihrem eigenen Geltungsanspruch anwendungswilligen Bestimmungen des VOEG.

Verweist § 9 VOEG auf die Bestimmungen zu Grund und Höhe des Anspruchs in Inlandsfällen, dann muss das dahin gedeutet werden, dass – von der Beurteilung von Vorfragen abgesehen – diese Punkte nach österreichischem Recht zu beurteilen sind.

Vorfrage für das Bestehen eines Anspruchs gegen den Fachverband ist das (hypothetische) Bestehen eines Schadenersatzanspruchs gegen den unbekannten Verursacher des Schadens. Ob ein solcher Schadenersatzanspruch bestünde, ist in Sachverhalten mit Auslandsberührung nach dem jeweils anwendbaren Recht zu beurteilen.

Die Kollisionsnormen des HStVÜ, die in Österreich nach Art 28 Rom II-VO vorrangig anzuwenden sind, bestimmen das auf die außervertragliche zivilrechtliche Haftung für Schäden aus einem Straßenverkehrsunfall anzuwendende Recht. Nach Art 2 Z 6 HStVÜ ist das Übereinkommen aber auf Ansprüche nicht anzuwenden, die von oder gegen „öffentliche Kraftfahrzeug-Garantiefonds“ geltend gemacht werden; ebenso auf jeden Haftungsausschluss, der in dem für diese Einrichtungen maßgebenden Recht vorgesehen ist. Art 2 Z 6 HStVÜ steht daher der Anwendung dieses Übereinkommens auf den gegen den beklagten Fachverband gerichteten Anspruch als solchen entgegen. Das HStVÜ ist aber im Zuge einer Vorfragenbeurteilung – konkret in Bezug auf das Bestehen eines hypothetischen Schadenersatzanspruchs gegen den unbekannten Schädiger iS von § 4 Abs 2 VOEG – anzuwenden.

Nach Art 3 HStVÜ ist im Regelfall das innerstaatliche Recht des Staats anzuwenden, in dessen Hoheitsgebiet sich der Unfall ereignet hat. Ist nur ein Fahrzeug an dem Unfall beteiligt und ist dieses Fahrzeug in einem anderen als dem Staat zugelassen, in dessen Hoheitsgebiet sich der Unfall ereignet hat, so ist gemäß Art 4 lit a HStVÜ in Abweichung von Art 3 das innerstaatliche Recht des Zulassungsstaats anzuwenden. Sind mehrere Fahrzeuge an dem Unfall beteiligt, so gilt dies gemäß Art 4 lit b HStVÜ nur, wenn alle Fahrzeuge im selben Staat zugelassen sind. Der Ausdruck „beteiligt“ iS der Art 4 lit a und b HStVÜ ist im objektiven (weiteren) Sinn dahin zu verstehen, dass das Fahrzeug beim Unfall eine – aktive oder passive – Rolle gespielt hat. Es muss als Verursacher in Betracht kommen und darf bei dem Verkehrsunfall nicht bloß eine zufällige Rolle spielen. Bleibt der Verursacher des Unfalls unbekannt, steht nicht fest, dass alle beteiligten Fahrzeuge im selben Staat zugelassen sind.

  • § 4 VOEG
  • Art 16 Rom II-VO
  • § 9 VOEG
  • Öffentliches Recht
  • OGH, 21.10.2015, 2 Ob 40/15v
  • Straf- und Strafprozessrecht
  • § 5 VOEG
  • Europa- und Völkerrecht
  • Art 28 Rom II-VO
  • Allgemeines Privatrecht
  • Art 3 HStVÜ
  • JBL 2016, 177
  • Art 4 HStVÜ
  • Zivilverfahrensrecht
  • BG Innere Stadt Wien, 31.07.2014, 29 C 909/13p
  • LGZ Wien, 27.11.2014, 36 R 315/14m
  • Arbeitsrecht

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