Wettbewerbsrecht: Zur Festsetzung der Mindesthonorare durch einen Berufsverband der Rechtsanwälte – Beschluss einer Unternehmensvereinigung – Keine Möglichkeit, sich bei einer bezweckten Wettbewerbsbeschränkung auf das Urteil W...
- Originalsprache: Deutsch
- WBLBand 38
- Rechtsprechung, 5704 Wörter
- Seiten 199 -204
- https://doi.org/10.33196/wbl202404019901
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1. Art 101 Abs 1 AEUV iVm Art 4 Abs 3 EUV ist dahin auszulegen, dass ein nationales Gericht, wenn es feststellen sollte, dass eine nach einer nationalen Regelung verbindliche VO, mit der die Mindesthonorare der Anwälte festgesetzt werden, gegen Art 101 Abs 1 AEUV verstößt, die Anwendung dieser nationalen Regelung auf die zur Zahlung der den Anwaltshonoraren entsprechenden Kosten verurteilte Partei ablehnen muss, und zwar auch dann, wenn diese Partei keinen Vertrag über Anwaltsdienstleistungen und Anwaltshonorare abgeschlossen hat.
2. Art 101 Abs 1 AEUV iVm Art 4 Abs 3 EUV ist dahin auszulegen, dass eine nationale Regelung, die es zum einen einem Rechtsanwalt und seinem Mandanten nicht erlaubt, eine Vergütung zu vereinbaren, die unter dem Mindestbetrag liegt, der durch eine von einem Berufsverband der Rechtsanwälte wie dem Visshia advokatski savet (Oberster Rat der Anwaltschaft) erlassene VO festgesetzt wurde, und es zum anderen dem Gericht nicht gestattet, die Erstattung eines unter diesem Mindestbetrag liegenden Honorarbetrags anzuordnen, als „bezweckte“ Wettbewerbsbeschränkung iS dieser Bestimmung anzusehen ist. Bei Vorliegen einer solchen Beschränkung können die angeblich mit dieser nationalen Regelung verfolgten legitimen Ziele nicht geltend gemacht werden, um das fragliche Verhalten dem in Art 101 Abs 1 AEUV enthaltenen Verbot von wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen und Verhaltensweisen zu entziehen.
3. Art 101 Abs 2 AEUV iVm Art 4 Abs 3 EUV ist dahin auszulegen, dass ein nationales Gericht, wenn es feststellt, dass eine nach einer nationalen Regelung verbindliche VO, mit der die Mindesthonorare der Anwälte festgesetzt werden, dem Verbot in Art 101 Abs 1 AEUV zuwiderläuft, die Anwendung dieser nationalen Regelung ablehnen muss, und zwar auch dann, wenn die in dieser VO vorgesehenen Mindestbeträge die tatsächlichen Marktpreise der Anwaltsdienstleistungen widerspiegeln.
- EuGH, 25.01.2024, Rs C-438/22, Em akaunt BG EOOD/Zastrahovatelno aktsionerno druzhestvo Armeets AD; Sofiyski rayonen sad [Rayongericht Sofia, Bulgarien]
- Art 101 Abs 2 AEUV iVm Art 2 der VO (EG) Nr 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln und Art 47 der Charta der Grundrechte der EU
- Art 101 Abs 1 AEUV
- Allgemeines Wirtschaftsrecht
- WBl-Slg 2024/47
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