Wettkundenvermittlung und bundesstaatliche Kompetenzverteilung
- Originalsprache: Deutsch
- WBLBand 29
- Rechtsprechung, 357 Wörter
- Seiten 300 -300
- https://doi.org/10.33196/wbl201505030001
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Die in der Beschwerde geäußerte Ansicht, die Zurückweisung der Gewerbeanmeldung stehe mit der Kompetenzverteilung des B-VG nicht im Einklang, insbesondere sei das vom Beschwerdeführer angemeldete Gewerbe der „Privatgeschäftsvermittlung“ zuzuordnen und es bestehe kein zwingender Zusammenhang zwischen Vermittlungs- und Haupttätigkeit, widerspricht der Begründung des Erk des VfGH vom 2.10.2013, B 1316/2012. In diesem führte der VfGH zusammengefasst aus, gegen die Bestimmung des § 2 Abs 1 Z 22 GewO 1994, welche die Vermittlung und den Abschluss von Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen (Tätigkeit der Totalisateure und Buchmacher) vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung ausnehme, bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Diese einfachgesetzliche Ausnahmebestimmung entspreche vielmehr – so bereits das Erk VfSlg 1477/1932 – der Verfassungsrechtslage, weil die Regelung der Tätigkeit der „Buchmacher und Totalisateure“ nicht unter den Kompetenztatbestand des Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG „Gewerbe und Industrie“ falle, sondern gemäß Art 15 Abs 1 B-VG in der Zuständigkeit der Länder verbleibe. Die Vermittlung von Wettkunden sei im Rahmen eines einheitlichen Lebenssachverhaltes der Tätigkeit der Totalisateure und Buchmacher vorgeschaltet und in diesem Sinne untrennbar mit einer Veranstaltung im Sinne der von der Gewerbeordnung ausgenommenen Unternehmungen öffentlicher Belustigungen und Schaustellungen aller Art im Sinne des Art 15 Abs 3 B-VG verbunden. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die Vermittlung von Wettkunden an Buchmacher und Wettbüros sei dem Kompetenztatbestand der „öffentlichen Agentien und Privatgeschäftsvermittlung“ zuzuordnen, sei zu entgegnen, dass die Vermittlungstätigkeit per se kein systematisch entscheidendes Abgrenzungskriterium zu anderen Kompetenztatbeständen darstelle. Ungeachtet des Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG sei es nicht zwingend, Regelungen über die selbständige Tätigkeit der Vermittlung von Privatgeschäften kompetenzrechtlich anders einzuordnen als das betreffende Hauptgeschäft.
Die Rechtsansicht, § 2 Abs 1 Z 22 GewO 1994 erfasse ausschließlich die Wettvermittlung nach dem „Totalisatorprinzip“, nicht jedoch die Wettkundenvermittlung, weil eine gegenteilige Auslegung dem Wortlaut der genannten Bestimmung widerspreche, steht – ausgehend von der vom VfGH im zitierten Erk vorgenommenen kompetenzrechtlichen Zuordnung des Tatbestandes „Vermittlung von Wettkunden an Buchmacher und Totalisateure“ zur Zuständigkeit der Länder gemäß Art 15 Abs 3 B-VG sowie der zwischen der Tätigkeit der Totalisateure und Buchmacher und der Vermittlung von Wettkunden an diese bestehenden untrennbaren Verbindung – schon die gebotene verfassungskonforme Interpretation des Ausnahmetatbestandes entgegen.
- VwGH, 24.11.2014, 2013/04/0134
- WBl-Slg 2015/102
- Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG
- § 2 Abs 1 Z 22 GewO
- Allgemeines Wirtschaftsrecht
- Art 15 Abs 3 B-VG
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