Was ist neu im Verlag Österreich?
Erfahren Sie es zuerst!

wirtschaftsrechtliche blätter

Heft 6, Juni 2015, Band 29

Zinsbegehren im Verfahren nach Art 137 B-VG

eJournal-Artikel

30,00 €

inkl MwSt
Sofortiger PDF-Download

Ansprüche aus der Zahlung einer Nichtschuld iSd §§ 1431 ff ABGB sind dann keine Materie des Privatrechts, wenn der Vermögenszuwachs auf einem öffentlich-rechtlichen Titel beruht. Die Zahlungen von Pönalezinsen an den Bund erfolgten auf Grund von Bescheiden der Finanzmarktaufsichtsbehörde und beruhen daher auf einem öffentlich-rechtlichen Titel iSd angeführten Judikatur.

Der EuGH nimmt in bestimmten Fällen einen gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz an, wonach im Fall der Erstattung von gemeinschaftsrechtswidrig entrichteten Abgaben eine gemeinschaftsrechtliche Verpflichtung bestehe, für den zu erstattenden Betrag auch Zinsen zu bezahlen. Von diesem Grundsatz ausgehend kam er in der Rechtssache Littlewoods Retail Ltd ua zu dem Ergebnis, „dass das Unionsrecht dahin auszulegen ist, dass nach ihm der Steuerpflichtige, der einen zu hohen Mehrwertsteuerbetrag entrichtet hat, der vom betreffenden Mitgliedsstaat unter Verstoß gegen die Mehrwertsteuervorschriften der Union erhoben worden war, Anspruch auf Erstattung der unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhobenen Steuer sowie Anspruch auf deren Verzinsung haben muss“ (Rz 34). In der Rechtssache Metallgesellschaft Ltd ua kam er deswegen zu dem Ergebnis, dass der gebotene Erstattungsbetrag in der Höhe der Zinsen liegt, weil der unionsrechtliche Verstoß darin gelegen war, dass Steuerleistungen vorzeitig zu entrichten waren.

Aus dieser Rsp kann nicht geschlossen werden, dass in allen Fällen der unionsrechtlich gebotene Erstattungsbetrag auch Zinsen umfasst. Bei Pönalezinsen handelt es sich um keine Steuern und auch um keine sonstigen Abgaben, sondern um sonstige Geldleistungen, die der Staat im Interesse der Ordnung des Wirtschaftslebens auferlegt, im konkreten Fall um Wettbewerbsvorteile auszugleichen, die ein Unternehmen durch die Nichteinhaltung von Ordnungsvorschriften über die Kapitalveranlagung erzielt. Dem Unionsrecht lässt sich lediglich entnehmen, dass die Verpflichtung besteht, die zu Unrecht entrichteten Geldbeträge zu erstatten, wobei es mangels einer unionsrechtlichen Regelung Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten ist, die zuständigen Gerichte zu bestimmen und die Verfahrensmodalitäten der Klagen zu regeln, die den Schutz der dem Bürger aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, sofern diese Modalitäten nicht weniger günstig ausgestaltet sind als die entsprechender innerstaatlicher Klagen und sie die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (vgl EuGH, Metallgesellschaft Ltd ua, Rz 85, und die dort angeführte Judikatur). Es ist dabei auch Sache des nationalen Rechts, alle mit der Erstattung zu Unrecht erhobener Abgaben zusammenhängenden Nebenfragen, wie etwa jene der Zahlung von Zinsen einschließlich des Zeitpunkts, von dem an die Zinsen zu berechnen sind, und jene des Zinssatzes, zu regeln (EuGH, Metallgesellschaft Ltd ua, Rz 86; Société Roquette Frères, Rz 9/13; Express Dairy Foods Limited, Rz 17).

Die Rückerstattungspflicht nach § 87 Abs 2 VfGG umfasst ausschließlich den zu Unrecht entrichteten Betrag sowie Verzugszinsen ab dem Zeitpunkt, zu dem dieser Betrag fällig gestellt wurde, also ab dem Zeitpunkt, in dem der Rechtsträger aufgefordert wurde, den Betrag zurückzuzahlen. Eine solche Rückzahlungsverpflichtung hat der VfGH in VfSlg 16.857/2003 auch für (den klagsgegenständlichen Zinsen völlig vergleichbare) Pönalezinsen gemäß § 97 BWG ausgesprochen, wobei er auch in diesem Fall außer Verzugszinsen keine (Vergütungs-)Zinsen zuerkannt hat.

Die privatrechtlichen Bestimmungen über ungerechtfertigte Bereicherungen finden auch im öffentlichen Recht direkt oder analog Anwendung, um vorhandene Lücken des öffentlichen Vermögensrechtes zu schließen (VfSlg 19.189/2010 mwN). Eine solche Lücke liegt jedoch nur vor, wenn nicht Gründe für die Annahme überwiegen – und auch nicht durch das Gebot verfassungskonformer Auslegung entkräftet werden –, der Gesetzgeber habe den behaupteten Anspruch nicht gewähren wollen (VfSlg 12.020/1989; s auch VfSlg 6093/1969, 10.279/1984, 10.519/1985, 16.036/2000). Eine solche ausdrückliche Regelung findet sich für den Fall einer Rückzahlungsverpflichtung infolge der Behebung eines Bescheides in § 87 Abs 2 VfGG bzw § 63 VwGG. Diese Bestimmungen sehen aber den Ersatz von Zinsen nicht vor. Daneben verbleibt für die Anwendung bereicherungsrechtlicher Bestimmungen kein Raum.

  • § 87 Abs 2 VfGG
  • WBl-Slg 2015/125
  • § 1433 ABGB
  • Allgemeines Wirtschaftsrecht
  • VfGH, 12.03.2015, A 5/2013A 7/2013
  • § 1432 ABGB
  • § 1431 ABGB

Weitere Artikel aus diesem Heft

WBL
Die GesBR neuer Prägung und der allgemeine Teil des Gesellschaftsrechts
Band 29, Ausgabe 6, Juni 2015
eJournal-Artikel

30,00 €

WBL
Europarecht: Das Neueste auf einen Blick
Band 29, Ausgabe 6, Juni 2015
eJournal-Artikel

30,00 €

30,00 €

30,00 €

WBL
1. Steuern
Band 29, Ausgabe 6, Juni 2015
eJournal-Artikel

30,00 €

WBL
2. Beihilfen
Band 29, Ausgabe 6, Juni 2015
eJournal-Artikel

30,00 €

WBL
3. Sozialpolitik
Band 29, Ausgabe 6, Juni 2015
eJournal-Artikel

30,00 €

WBL
3. Sozialpolitik
Band 29, Ausgabe 6, Juni 2015
eJournal-Artikel

30,00 €

WBL
4. Verbraucher
Band 29, Ausgabe 6, Juni 2015
eJournal-Artikel

30,00 €

WBL
Entlassung eines BR-Mitglieds
Band 29, Ausgabe 6, Juni 2015
eJournal-Artikel

30,00 €

WBL
Feststellungsinteresse bei Zusage einer Hinterbliebenenpension
Band 29, Ausgabe 6, Juni 2015
eJournal-Artikel

30,00 €

WBL
Irrtümlicher Urlaubsvorgriff; Sonderzahlungen im Krankenstand
Band 29, Ausgabe 6, Juni 2015
eJournal-Artikel

30,00 €

WBL
Lohnausfallprinzip und freie Dienstverhältnisse
Band 29, Ausgabe 6, Juni 2015
eJournal-Artikel

30,00 €

WBL
Zur Änderung der Stiftungsurkunde
Band 29, Ausgabe 6, Juni 2015
eJournal-Artikel

30,00 €

WBL
Berechnung des Urlaubsentgelts
Band 29, Ausgabe 6, Juni 2015
eJournal-Artikel

30,00 €

WBL
Zur Bestellung des Stiftungsprüfers
Band 29, Ausgabe 6, Juni 2015
eJournal-Artikel

30,00 €

30,00 €

WBL
Handeln im „geschäftlichen Verkehr“ durch VKI?
Band 29, Ausgabe 6, Juni 2015
eJournal-Artikel

30,00 €

WBL
Individualanträge gegen Hypo-Sondergesetze unzulässig
Band 29, Ausgabe 6, Juni 2015
eJournal-Artikel

30,00 €

WBL
Zinsbegehren im Verfahren nach Art 137 B-VG
Band 29, Ausgabe 6, Juni 2015
eJournal-Artikel

30,00 €

WBL
Verbot der Sonntagsöffnung von Verkaufsstellen
Band 29, Ausgabe 6, Juni 2015
eJournal-Artikel

30,00 €

WBL
Zeitpunkt der Erlassung von Erkenntnissen der Landesverwaltungsgerichte
Band 29, Ausgabe 6, Juni 2015
eJournal-Artikel

30,00 €