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wirtschaftsrechtliche blätter

Heft 7, Juli 2020, Band 34

Koppensteiner, Hans-​Georg

Zum Anwendungsbereich des Erstattungsanspruchs gemäß § 9 Abs 1 EKEG bei einer auf Weisung der übergeordneten Konzerngesellschaft erfolgenden downstream-Kreditvergabe und zur Zulässigkeit des prima facie-Beweises

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§ 9 EKEG dient im Wesentlichen dazu, Umgehungskonstruktionen durch Einschaltung von Konzerngesellschaften zu erfassen. § 9 regelt Fälle, in denen typischerweise die (weisungsgebende) Gesellschafterin „Finanzierungsverantwortung“ hinsichtlich der Kreditnehmerin trägt. Typischer Weise kommt eine Sanierung der kreditnehmenden Gesellschaft der weisungsgebenden Gesellschaft zugute. Hingegen besteht typischer Weise kein wirtschaftliches Eigeninteresse der Kreditgeberin an der Sanierung der Kreditnehmerin. Ist die Weisung kausal für die Kreditgewährung und gereicht die Kreditgewährung der Kreditgeberin typischerweise zum Nachteil, so bewirkt der Erstattungsanspruch wirtschaftlich gesehen einen Ausgleich für den von der Kreditgeberin aufgrund der Weisung erlittenen Nachteil.

Anders als in der Konstellation des Schwesternkredits trägt bei einer downstream- Kreditvergabe, bei der die Kreditgeberin bereits erfasste Gesellschafterin der Kreditnehmerin ist, die kreditgebende Gesellschaft selbst „Finanzierungs-verantwortung“ für die Kreditnehmerin; eine Sanierung der Kreditnehmerin kommt typischerweise (auch) ihr zugute. In diesem Zusammenhang kann auch nicht ohne Weiteres stets davon ausgegangen werde, das die Kreditvergabe als Nachteil für die Kreditgeberin zu werten ist: Die kreditgebende Gesellschaft ist nämlich qualifiziert an der in der Krise befindlichen Gesellschaft beteiligt, was jedenfalls die wirtschaftliche Entscheidung erforderlich macht, ob und gegebenenfalls mit welcher Art der Finanzierung eine Sanierung der in der Krise befindlichen Gesellschaft versucht werden soll.

Unverändert gegenüber der Konstellation des Schwesternkredits bleibt allerdings der Befund, dass auch in Fällen der downstream – Kreditvergabe die Weisung des Gesellschafters dokumentiert, dass dieser ein Interesse an der Kreditvergabe an die in der Krise befindliche Konzerngesellschaft hat und auch gewillt ist, die Kreditvergabe gegen die Interessen der Kreditgeberin durchzusetzen.

Davon ausgehend ist die Anwendung des § 9 Abs 1 Satz 2 EKEG in einem Fall, in dem die Kreditvergabe auf Weisung der im Sinn des § 9 Abs 1 EKEG an der Kreditgeberin und der Kreditnehmerin beteiligten Konzerngesellschaft erfolgte, und in dem die kreditgebende Gesellschaft ihrerseits erfasste Gesellschafterin der kreditnehmenden Gesellschaft ist, nicht schlechthin ausgeschlossen. Denn § 9 Abs 1 Satz 2 dient dem Schutz der Gläubiger der kreditgebenden Gesellschaft, die bei Vorliegen des Zurechnungselements „Weisung“ vor dem „Einschieben“ weiterer Konzerngesellschaften geschützt werden. Ein solcher Schutzzweck kann aber auch im vertikalen Verhältnis zum Tragen kommen.

In einer solchen Konstellation kommt daher der Weisung als Zurechnungselement zur gemeinsamen Gesellschafterin das entscheidende Gewicht zu. Für den Begriff der Weisung ist zwar keine ausdrückliche Anordnung verlangt. Zu fordern ist aber die Ausübung der Lenkungsmöglichkeit der weisungsgebenden Gesellschaft derart, dass eine erkennbar nach außen tretende Willensäußerung der übergeordneten Konzerngesellschaft an die Kreditgeberin herangetragen wird, die den Handlungsspielraum der Gesellschaft einengt, sohin darin eine gewollte und tatsächlich bewirkte Einflussnahme auf den Handlungsspielraum der Gesellschaft zum Ausdruck kommt.

  • Koppensteiner, Hans-Georg
  • WBl-Slg 2020/130
  • HG Wien, 31.07.2018, 143Cg 1/16d-178
  • § 9 Abs 1 EKEG
  • § 83 GmbHG
  • Allgemeines Wirtschaftsrecht
  • OLG Wien, 29.03.2019, 5R 160/18p-193
  • § 14 EKEG
  • OGH, 23.04.2020, 6 Ob 154/19v

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