Zur Abgrenzung des relevanten Marktes bei Bieterabsprachen
- Originalsprache: Deutsch
- WBLBand 28
- Rechtsprechung, 6173 Wörter
- Seiten 167 -173
- https://doi.org/10.33196/wbl201403016701
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Die Aufgabe der Marktabgrenzung bei der Beurteilung kartellrechtlicher Sachverhalte liegt darin, Wettbewerbsbeziehungen zu identifizieren. Mit der Abgrenzung eines Marktes in sowohl seiner sachlichen als auch seiner räumlichen Dimension soll ermittelt werden, welche konkurrierenden Unternehmen tatsächlich in der Lage sind, dem Verhalten der beteiligten Unternehmen Schranken zu setzen und sie daran zu hindern, sich einem wirksamen Wettbewerbsdruck zu entziehen.
Nach dem Bedarfsmarktkonzept ist die (funktionelle) Austauschbarkeit der Waren bzw Leistungen aus Sicht der Marktgegenseite wesentlich. Demnach umfasst der sachlich relevante Markt alle Waren und Dienstleistungen, die von den Verbrauchern nach ihren Eigenschaften, Preisen und ihrem Verwendungszweck als austauschbar (substituierbar) erachtet werden.
Für die Marktabgrenzung im Zusammenhang mit Bieterabsprachen bei Ausschreibungen gilt im Grundsatz nichts anderes: Relevante Wettbewerbsbeziehungen bestehen jedenfalls zwischen all jenen Unternehmen, die – aus Sicht des Ausschreibenden – den gleichen Leistungskatalog oder die gleiche Produktpalette anbieten. Für die Feststellung der relevanten Wettbewerbsverhältnisse ist im Bereich der Auftragsleistungen aber nicht mehr die Substituierbarkeit einzelner Güter, sondern vielmehr die Austauschbarkeit der Anbieter von entscheidender Bedeutung. Die durch die Leistungsbeschreibung in der Ausschreibung definierte Individualität der Leistung führt daher nicht automatisch dazu, dass mit jeder einzelnen Ausschreibung ein eigener sachlich relevanter Markt nur derjenigen gebildet wird, die auch tatsächlich an der Ausschreibung teilnehmen. In den relevanten Markt sind vielmehr alle Anbieter mit vergleichbarem know-how einzubeziehen, die aufgrund ihrer Angebotsumstellungsflexibilität in der Lage wären, den ausgeschriebenen Auftrag auszuführen. Ob sie sich am Ausschreibungsverfahren beteiligen oder nicht, ist demgegenüber unerheblich.
- WBl-Slg 2014/57
- § 23 KartG
- OGH als KOG, 02.12.2013, 16 Ok 6/12, „Wiener Wohnen“
- OLG Wien als KartellG, 13.07.2012, 27 Kt 20/09-15527 Kt 21/09-155
- Allgemeines Wirtschaftsrecht
- § 1 KartG
- § 2 Abs 2 Z 1 KartG
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