


Zur Frage des Verlusts der österreichischen Staatsbürgerschaft nach § 27 Abs 1 iVm Abs 2 StbG durch eine Willenserklärung der gesetzlichen Vertreter
- Sprache:
- Deutsch
- Jahrgang:
- ZVGBand 11
- Inhalt:
- Materienrecht
- Umfang:
- 3071 Wörter, Seiten 546-550
20,00 €
inkl MwSt




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Ein minderjähriger Staatsbürger, der das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, muss sich nach § 27 Abs. 2 StbG die auf den Erwerb der fremden Staatsangehörigkeit gerichtete Willenserklärung seines gesetzlichen Vertreters zurechnen lassen bzw. kann diese den Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft bewirken (vgl. VwGH 10.2.2022, Ra 2021/01/0356; 7.9.2022, Ra 2022/01/0243, jeweils mwN). Da jedoch der Verlust der Staatsbürgerschaft nur eintritt, wenn der Staatsbürger eine auf den Erwerb der fremden Staatsbürgerschaft gerichtete „positive“ Willenserklärung abgibt, bewirkt eine primär auf ein anderes Ziel gerichtete Willenserklärung (z.B. Antritt eines Lehramtes an einer ausländischen Hochschule, Eheschließung) nicht den Verlust der Staatsbürgerschaft, auch wenn dem Betroffenen bekannt ist, dass damit der Erwerb der fremden Staatsbürgerschaft verbunden ist. Ebenso wenig tritt der Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft in dem Fall ein, dass jemand eine fremde Staatsbürgerschaft ohne „Erwerbswillen“ infolge eines einseitigen Aktes des fremden Staates erlangt (vgl. VwGH 21.2.2022, Ra 2022/01/0041, mwN).
Ungeachtet des bereits dargelegten Umstands, dass damit nicht von einem „Erwerb“ dieser Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers die Rede sein kann, war die Erklärung der Eltern des Beschwerdeführers vom 18.05.2022 primär auf ein anderes Ziel, nämlich auf die (für die Mutter des Beschwerdeführers verpflichtende) zivile Registrierung der Geburt des Beschwerdeführers, gerichtet. Das Mitwirken der Eltern des Beschwerdeführers an der Registrierung stellte jedenfalls keine positive Erklärung, die auf den „Erwerb“ der portugiesischen Staatsangehörigkeit durch den Beschwerdeführer abzielte, dar. Diese Erklärung konnte somit nicht den Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft nach § 27 Abs. 1 iVm Abs. 2 StbG bewirken, selbst wenn den Eltern des Beschwerdeführers bekannt gewesen wäre, dass damit die Zuerkennung der originären portugiesischen Staatsbürgerschaft verbunden ist.
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- VwG Wien, 17.07.2024, VGW-152/005/1897/2024
- ZVG-Slg 2024/70
- § 7 Abs 1 Z 2 StbG
- § 27 Abs 2 StbG
- Verwaltungsverfahrensrecht
- § 27 Abs 1 StbG
Ein minderjähriger Staatsbürger, der das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, muss sich nach § 27 Abs. 2 StbG die auf den Erwerb der fremden Staatsangehörigkeit gerichtete Willenserklärung seines gesetzlichen Vertreters zurechnen lassen bzw. kann diese den Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft bewirken (vgl. VwGH 10.2.2022, Ra 2021/01/0356; 7.9.2022, Ra 2022/01/0243, jeweils mwN). Da jedoch der Verlust der Staatsbürgerschaft nur eintritt, wenn der Staatsbürger eine auf den Erwerb der fremden Staatsbürgerschaft gerichtete „positive“ Willenserklärung abgibt, bewirkt eine primär auf ein anderes Ziel gerichtete Willenserklärung (z.B. Antritt eines Lehramtes an einer ausländischen Hochschule, Eheschließung) nicht den Verlust der Staatsbürgerschaft, auch wenn dem Betroffenen bekannt ist, dass damit der Erwerb der fremden Staatsbürgerschaft verbunden ist. Ebenso wenig tritt der Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft in dem Fall ein, dass jemand eine fremde Staatsbürgerschaft ohne „Erwerbswillen“ infolge eines einseitigen Aktes des fremden Staates erlangt (vgl. VwGH 21.2.2022, Ra 2022/01/0041, mwN).
Ungeachtet des bereits dargelegten Umstands, dass damit nicht von einem „Erwerb“ dieser Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers die Rede sein kann, war die Erklärung der Eltern des Beschwerdeführers vom 18.05.2022 primär auf ein anderes Ziel, nämlich auf die (für die Mutter des Beschwerdeführers verpflichtende) zivile Registrierung der Geburt des Beschwerdeführers, gerichtet. Das Mitwirken der Eltern des Beschwerdeführers an der Registrierung stellte jedenfalls keine positive Erklärung, die auf den „Erwerb“ der portugiesischen Staatsangehörigkeit durch den Beschwerdeführer abzielte, dar. Diese Erklärung konnte somit nicht den Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft nach § 27 Abs. 1 iVm Abs. 2 StbG bewirken, selbst wenn den Eltern des Beschwerdeführers bekannt gewesen wäre, dass damit die Zuerkennung der originären portugiesischen Staatsbürgerschaft verbunden ist.
- VwG Wien, 17.07.2024, VGW-152/005/1897/2024
- ZVG-Slg 2024/70
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