Zur Frage, ob der Kommanditist vor Geltendmachung seines Gewinnanteils auf Herstellung eines richtigen Jahresabschlusses klagen muss oder auch sofort auf Auszahlung seines Gewinnanteils klagen kann – Mehrpersonale und zweiperso...
- Originalsprache: Deutsch
- WBLBand 34
- Rechtsprechung, 2577 Wörter
- Seiten 462 -465
- https://doi.org/10.33196/wbl202008046201
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Der Anspruch auf Gewinnauszahlung ist grundsätzlich gegen die Gesellschaft zu richten. Er entsteht grundsätzlich erst mit der Feststellung des Jahresabschlusses.
Sofern noch kein Jahresabschluss erstellt ist, hat ein Gesellschafter, der einen Gewinnausschüttungsanspruch geltend macht, zunächst dessen Aufstellung zu betreiben. Dies durch Klage gegen die geschäftsführenden Gesellschafter. Liegt bereits ein Jahresabschluss vor, der aber noch nicht festgestellt ist, ist zunächst die Feststellung des Jahresabschlusses, erforderlichenfalls durch Klage auf Zustimmung der übrigen Gesellschafter, zu begehren. Wurde demgegenüber, weil der Gesellschaftsvertrag insoweit einen Mehrheitsbeschluss vorsieht, der Jahresabschluss mit bloßer Stimmenmehrheit festgestellt, so ist dieser Beschluss nach allgemeinen Regeln anzufechten. Die vorgeschaltete Feststellung des richtigen Jahresabschlusses ist im Allgemeinen kein bloßer – unnötiger – Zwischenschritt, weil andernfalls bei mehreren Gesellschaftern jeder den seiner Ansicht nach richtigen Gewinnanspruch einklagen könnte. In jedem Verfahren wäre der Jahresabschluss nur als Vorfrage ohne Bindungswirkung für die übrigen Gesellschafter festzustellen. Im Ergebnis könnten die Gerichte, wenn die Gesellschaft mehrere Gesellschafter hat, so zur Feststellung unterschiedlicher Jahresabschlüsse und unterschiedlicher Gewinne gelangen. Dies wird vermieden, wenn zunächst ein richtiger Jahresabschluss als Grundlage für die Gewinnverteilung festgestellt wird.
Im vorliegenden Fall besteht jedoch die Besonderheit, dass die Gesellschaft nur aus einem (einzigen) Komplementär und einem (einzigen) Kommanditisten besteht. Dabei ist der Komplementär als Vertreter der Gesellschaft ohnedies am Verfahren beteiligt; durch seine Eigenschaft als Vertreter der Gesellschaft kann er seinen Tatsachen- und Rechtsstandpunkt unbeschränkt im Verfahren geltend machen.
Außerdem besteht in einer Konstellation wie der hier vorliegenden nicht die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen aufgrund von Klagen verschiedener Gesellschafter. Daher schadet nicht, wenn die (Un-)Richtigkeit des Jahresabschlusses nur als Vorfrage und damit ohne Bindungswirkung gegenüber anderen Gesellschaftern festgestellt wird. In dieser Sondersituation kann der Kläger daher sofort die Gesellschaft auf Leistung klagen. In diesem Fall ist als Vorfrage der sich aus einem zutreffenden Jahresabschluss ergebende Gewinn zu ermitteln. (Nur) Für diese Sonderkonstellation kann die sonst zur Herbeiführung der Fälligkeit erforderliche vorherige Feststellung des Jahresabschlusses entfallen.
- OGH, 23.01.2020, 6 Ob 219/19b
- WBl-Slg 2020/147
- § 406 ZPO
- LG Ried, 28.03.2019, 2Cg27/17a-36
- Allgemeines Wirtschaftsrecht
- OLG Linz, 22.08.2019, 1R 4/19m-42
- § 161 Abs 2 UGB
- § 120 UGB
- § 167 UGB
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