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wirtschaftsrechtliche blätter

Heft 5, Mai 2020, Band 34

Zur Geltendmachung von Ansprüchen aus Einlagenrückgewähr – Notgeschäftsführer oder Kollisionskurator

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Im Verfahren zur Bestellung eines Notgeschäftsführers nach § 15a GmbHG genießen die Gesellschafter und der bestellte Notgeschäftsführer Parteistellung. Nichts Anderes kann in einem Verfahren gelten, in dem für die Gesellschaft ein Kollisionskurator bestellt wird.

Nach herrschender Ansicht kommt die Bestellung eines Notgeschäftsführers auch dann in Betracht, wenn ein Geschäftsführer zwar vorhanden ist, aber eine Interessenkollision vorliegt. Die gerichtliche Bestellung eines Notgeschäftsführers setzt voraus, dass entweder überhaupt keine Geschäftsführer vorhanden oder vorhandene Geschäftsführer ganz allgemein oder im Einzelfall nicht handeln können. Ein Geschäftsführer ist auch dann nicht handlungsfähig, wenn er einem Interessenkonflikt unterliegt.

Allerdings soll die Bestellung eines Notgeschäftsführers nur ein Vertretungsdefizit beseitigen, nicht aber dazu dienen, Rechtshandlungen der Gesellschaft zu erzwingen. Dies steht im Einklang mit der stRSpr, wonach die gerichtliche Bestellung eines Notgeschäftsführers unzulässig ist, wenn ein Geschäftsführer bloß einzelne Geschäftsführungsmaßnahmen ablehnt. In einem solchen Fall liegt es an der Gesellschafterversammlung, die ihr notwendig erscheinenden Maßnahmen zu ergreifen.

Nach herrschender Auffassung kann statt oder vor der Bestellung eines Notgeschäftsführers (unter anderem) analog § 271 ABGB idF vor dem 2. ErwachsenenschutzG ein Kollisionskurator für die Gesellschaft bestellt werden. Da der Gesetzgeber des 2. ErwachsenenschutzG im hier interessierenden Zusammenhang in § 277 Abs 2 ABGB nF lediglich Umformulierungen der §§ 271 ff ABGB aF vornahm, hat sich mit Inkrafttreten des 2. ErwachsenenschutzG keine Änderung der Rechtslage ergeben. Diese Option kommt seit Einfügung des § 15a GmbHG insbesondere dann in Betracht, wenn keine weiteren dringenden Vertretungshandlungen als jene der konkreten Prozessführung anstehen.

Sowohl die Bestellung eines Notgeschäftsführers als auch jene eines Kollisionskurators haben gegenüber gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen lediglich subsidiären Charakter.

Da die Bestellung eines Kollisionskurators (lediglich) das Anfallen einer - kollisionsbehafteten – bestimmten Angelegenheit voraussetzt, ist zu prüfen, ob entsprechende Gesellschafterbeschlüsse bereits vorliegen bzw ob solche für einer Prozessführung gar nicht notwendig sind.

Für die Geltendmachung der Rückforderungsansprüche nach § 83 GmbHG bedarf es – anders als in den Fällen des § 35 Abs 1 Z 6 GmbHG – keines vorausgehenden Gesellschafterbeschlusses. Vielmehr wären Gesellschafterbeschlüsse, die sich gegen die Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs gesetzwidrig geleisteter Zahlungen richten, gemäß § 83 Abs 4 GmbHG nichtig.

Ansprüche der Gesellschaft aus dem Titel der unzulässigen Einlagenrückgewähr richten sich zwar grundsätzlich gegen den Gesellschafter (hier: die revisionsrekurswerbende GmbH). Allerdings wurde (im Zusammenhang mit Beschlussanfechtungen nach §§ 41 GmbHG) bereits klargestellt, dass eine, Ansprüche gegen eine Gesellschaft sichernde einstweilige Verfügung „zur Verstärkung des Unterlassungsgebots“ auch gegen deren Geschäftsführer gerichtet werden kann, selbst wenn dem Antragsteller gegen den Geschäftsführer ein eigener Anspruch nicht zusteht. Dieser Schutzgedanke lässt sich auch im Zusammenhang mit Ansprüchen aufgrund verbotener Einlagenrückgewähr jedenfalls dann nutzbar machen, wenn – wie hier – der Geschäftsführer der Gesellschafterin sich selbst oder nahen Angehörigen in Vertretung der Gesellschafterin Leistungen zukommen lässt, die dem Verbot der Einlagenrückgewähr unterliegen.

Mit der in § 48 GmbHG eröffneten Klagsführung durch die Gesellschafter wird die Klagemöglichkeit der Gesellschaft nicht verdrängt (arg: „auch von Gesellschaftern“ in § 48 Abs 1 GmbHG).

  • WBl-Slg 2020/94
  • LGZ Wien, 28.02.2019, 48R 15/19i-28
  • BG Innere Stadt Wien, 19.11.2018, 59P 71/16z-13
  • OGH, 24.10.2019, 6 Ob 71/19p
  • § 82 GmbHG
  • § 15a GmbHG
  • § 83 GmbHG
  • Allgemeines Wirtschaftsrecht
  • § 48 GmbHG
  • § 271 ABGB
  • § 277 ABGB

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